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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Die Edelfische. Nacktaale. Drillfische.

Der Zitteraal kann nach Humboldt eine Länge von 51/4, nach Schomburgk eine solche von
7 Fuß und ein Gewicht von 40 bis 50 Pfund erreichen. Ein 3 Fuß 10 Zoll langer Fisch, welchen
Humboldt untersuchte, wog 10 Pfund. Die Färbung scheint vielfach abzuändern. Diejenigen,
welche Humboldt sing, waren schön olivengrün, der Kopf unten lebhaft gelb und roth gemischt, mit
zwei Reihen gelber Flecken, welche gleichständig über den Rücken vom Kopfe bis zum Schwanzende
verlaufen. Jeder Flecken umschließt eine Ausführungsröhre, und die Haut des Thieres ist auch
beständig mit einem Schleim bedeckt, welcher, wie Volta gezeigt hat, die Elektricität zwanzig bis
dreißig Mal besser leitet als reines Wasser. Als der Beachtung werth fügt Humboldt hinzu, daß
kein Thier mit elektrischen Organen in der Luft lebe, sondern in einer die Elektricität leitenden
Flüssigkeit, und daß kein elektrischer Fisch mit Schuppen bedeckt ist. Die fleischige Zunge ist mit
gelben Wärzchen bedeckt, der Magen schwielig, die Schwimmblase ungewöhnlich groß, nämlich zwei
und einen halb Fuß lang; sie läuft weit über das Ende des Darmes hinaus, neben den Rückenmuskeln
fort, während der Mastdarm dicht am Kopfe mündet. Etwa vier Fünftheile der Leibeslänge werden
von dem elektrischen Organ eingenommen. Dasselbe liegt an der Unterseite des Schwanzes und besteht
aus Längsbündeln, welche ihrerseits aus einer großen Anzahl häutiger, nah aneinander liegender,
fast wagrechter Plättchen zusammengesetzt und durch Längshäute in Zellen getheilt sind. Sie werden
von einer gallertartigen Masse angefüllt.

Ueber die Wirkungen haben die früheren Beobachter manches Richtige, aber auch manches
Unrichtige mitgetheilt, letzteres namentlich, soweit es sich um die Anwendung der elektrischen Thätigkeit
des Fisches in der Heilkunde handelt. Sehr bald erkannte man, daß es vollkommen in der Willkür
des Fisches liegt, Schläge auszutheilen. Bajon berührte einen Zitteraal mit dem Finger, ohne
Etwas zu empfinden, bekam aber kleine Schläge, wenn er den Finger auf den Rücken legte. Als
derselbe Fisch beim Wechseln des Wassers auf den Boden gefallen war und kein Neger ihn aufheben
wollte, ergriff er ihn selbst am Schwanze, bekam aber einen so fürchterlichen Schlag, daß er fast
umfiel und der Kopf eine Zeitlang eingenommen war. Eine Katze, welche einen fast todten Zitter-
aal anbeißen wollte, sprang mit heftigem Geschrei zurück, ein Hund, welcher einen andern beleckte,
desgleichen. Walsh brachte ein Metallblättchen auf eine Glasscheibe, spaltete sie in der Mitte von
einander, reizte den Fisch, mit welchem er das Metallblättchen in Verbindung brachte und machte so
einen Funken sichtbar. Humboldt führte alle vor ihm angestellten Versuche weiter aus und theilt
hierüber ungefähr Folgendes mit: "Hält man zwei Leiter, aber nur einen halben Zoll von einander,
an den feuchten Leib, so empfängt bald der eine, bald der andere einen Schlag; der Aal hat mithin
jeden Theil des Leibes in seiner Gewalt, ist also nicht mit einer elektrischen Maschine zu vergleichen.
Trennt man Hirn und Herz vom Leibe durch Abschneiden des Kopfes, so endigt die elektrische
Wirkung wie die Muskelbewegung, während die Schlangen und der Flußaal beim geringsten Neize
in Krämpfe gerathen. Das ausgeschnittene Herz des Zitteraales schlug eine Viertelstunde lang,
beim Galvanisiren nach zwanzig Minuten aufs Neue; der ausgeschnittene Kopf bewegte zehn
Minuten lang die Kiefern, rührte sich aber ebenso wenig als irgend ein anderer Leibestheil bei der
Anwendung von Zink und Silber. Bei anderen Thieren pflegen die Erscheinungen umgekehrt zu
sein. Man hat geglaubt, man müsse, um einen Schlag zu fühlen, eine Kette bilden, also mit zwei
Punkten des Fisches in Berührung kommen; allein man empfängt den Schlag, auch wenn man auf
einem Nichtleiter steht und den Fisch nur an einer Stelle berührt. Thut man Dies vermittels trockenen
Holzes, so fühlt man Nichts; stellt man sich auf dieses nicht leitende Holz und reizt man ihn mit
einem Draht, so empfindet man die Schläge im Arme und im Knie, ohne daß man den Durchgang
durch die Schenkel merkt. Hierdurch unterscheiden sich also die Aale vom Zitterrochen. Hält man
diesen auf eine Metallplatte, so fühlt man Nichts, wohl aber, sobald man mit der anderen Hand sein
elektrisches Organ berührt. Glas, Siegellack, Schwefel oder trockenes Holz leiten nicht, Zink am
Besten, Gold, Eisen, Silber, Kupfer der Reihenfolge nach schwächer. Berühren sich zwei Personen,
so fühlen oft beide die schwachen Ströme, einen starken aber nur diejenigen, welche mit dem Fische in

Die Edelfiſche. Nacktaale. Drillfiſche.

Der Zitteraal kann nach Humboldt eine Länge von 5¼, nach Schomburgk eine ſolche von
7 Fuß und ein Gewicht von 40 bis 50 Pfund erreichen. Ein 3 Fuß 10 Zoll langer Fiſch, welchen
Humboldt unterſuchte, wog 10 Pfund. Die Färbung ſcheint vielfach abzuändern. Diejenigen,
welche Humboldt ſing, waren ſchön olivengrün, der Kopf unten lebhaft gelb und roth gemiſcht, mit
zwei Reihen gelber Flecken, welche gleichſtändig über den Rücken vom Kopfe bis zum Schwanzende
verlaufen. Jeder Flecken umſchließt eine Ausführungsröhre, und die Haut des Thieres iſt auch
beſtändig mit einem Schleim bedeckt, welcher, wie Volta gezeigt hat, die Elektricität zwanzig bis
dreißig Mal beſſer leitet als reines Waſſer. Als der Beachtung werth fügt Humboldt hinzu, daß
kein Thier mit elektriſchen Organen in der Luft lebe, ſondern in einer die Elektricität leitenden
Flüſſigkeit, und daß kein elektriſcher Fiſch mit Schuppen bedeckt iſt. Die fleiſchige Zunge iſt mit
gelben Wärzchen bedeckt, der Magen ſchwielig, die Schwimmblaſe ungewöhnlich groß, nämlich zwei
und einen halb Fuß lang; ſie läuft weit über das Ende des Darmes hinaus, neben den Rückenmuskeln
fort, während der Maſtdarm dicht am Kopfe mündet. Etwa vier Fünftheile der Leibeslänge werden
von dem elektriſchen Organ eingenommen. Daſſelbe liegt an der Unterſeite des Schwanzes und beſteht
aus Längsbündeln, welche ihrerſeits aus einer großen Anzahl häutiger, nah aneinander liegender,
faſt wagrechter Plättchen zuſammengeſetzt und durch Längshäute in Zellen getheilt ſind. Sie werden
von einer gallertartigen Maſſe angefüllt.

Ueber die Wirkungen haben die früheren Beobachter manches Richtige, aber auch manches
Unrichtige mitgetheilt, letzteres namentlich, ſoweit es ſich um die Anwendung der elektriſchen Thätigkeit
des Fiſches in der Heilkunde handelt. Sehr bald erkannte man, daß es vollkommen in der Willkür
des Fiſches liegt, Schläge auszutheilen. Bajon berührte einen Zitteraal mit dem Finger, ohne
Etwas zu empfinden, bekam aber kleine Schläge, wenn er den Finger auf den Rücken legte. Als
derſelbe Fiſch beim Wechſeln des Waſſers auf den Boden gefallen war und kein Neger ihn aufheben
wollte, ergriff er ihn ſelbſt am Schwanze, bekam aber einen ſo fürchterlichen Schlag, daß er faſt
umfiel und der Kopf eine Zeitlang eingenommen war. Eine Katze, welche einen faſt todten Zitter-
aal anbeißen wollte, ſprang mit heftigem Geſchrei zurück, ein Hund, welcher einen andern beleckte,
desgleichen. Walſh brachte ein Metallblättchen auf eine Glasſcheibe, ſpaltete ſie in der Mitte von
einander, reizte den Fiſch, mit welchem er das Metallblättchen in Verbindung brachte und machte ſo
einen Funken ſichtbar. Humboldt führte alle vor ihm angeſtellten Verſuche weiter aus und theilt
hierüber ungefähr Folgendes mit: „Hält man zwei Leiter, aber nur einen halben Zoll von einander,
an den feuchten Leib, ſo empfängt bald der eine, bald der andere einen Schlag; der Aal hat mithin
jeden Theil des Leibes in ſeiner Gewalt, iſt alſo nicht mit einer elektriſchen Maſchine zu vergleichen.
Trennt man Hirn und Herz vom Leibe durch Abſchneiden des Kopfes, ſo endigt die elektriſche
Wirkung wie die Muskelbewegung, während die Schlangen und der Flußaal beim geringſten Neize
in Krämpfe gerathen. Das ausgeſchnittene Herz des Zitteraales ſchlug eine Viertelſtunde lang,
beim Galvaniſiren nach zwanzig Minuten aufs Neue; der ausgeſchnittene Kopf bewegte zehn
Minuten lang die Kiefern, rührte ſich aber ebenſo wenig als irgend ein anderer Leibestheil bei der
Anwendung von Zink und Silber. Bei anderen Thieren pflegen die Erſcheinungen umgekehrt zu
ſein. Man hat geglaubt, man müſſe, um einen Schlag zu fühlen, eine Kette bilden, alſo mit zwei
Punkten des Fiſches in Berührung kommen; allein man empfängt den Schlag, auch wenn man auf
einem Nichtleiter ſteht und den Fiſch nur an einer Stelle berührt. Thut man Dies vermittels trockenen
Holzes, ſo fühlt man Nichts; ſtellt man ſich auf dieſes nicht leitende Holz und reizt man ihn mit
einem Draht, ſo empfindet man die Schläge im Arme und im Knie, ohne daß man den Durchgang
durch die Schenkel merkt. Hierdurch unterſcheiden ſich alſo die Aale vom Zitterrochen. Hält man
dieſen auf eine Metallplatte, ſo fühlt man Nichts, wohl aber, ſobald man mit der anderen Hand ſein
elektriſches Organ berührt. Glas, Siegellack, Schwefel oder trockenes Holz leiten nicht, Zink am
Beſten, Gold, Eiſen, Silber, Kupfer der Reihenfolge nach ſchwächer. Berühren ſich zwei Perſonen,
ſo fühlen oft beide die ſchwachen Ströme, einen ſtarken aber nur diejenigen, welche mit dem Fiſche in

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[736/0778] Die Edelfiſche. Nacktaale. Drillfiſche. Der Zitteraal kann nach Humboldt eine Länge von 5¼, nach Schomburgk eine ſolche von 7 Fuß und ein Gewicht von 40 bis 50 Pfund erreichen. Ein 3 Fuß 10 Zoll langer Fiſch, welchen Humboldt unterſuchte, wog 10 Pfund. Die Färbung ſcheint vielfach abzuändern. Diejenigen, welche Humboldt ſing, waren ſchön olivengrün, der Kopf unten lebhaft gelb und roth gemiſcht, mit zwei Reihen gelber Flecken, welche gleichſtändig über den Rücken vom Kopfe bis zum Schwanzende verlaufen. Jeder Flecken umſchließt eine Ausführungsröhre, und die Haut des Thieres iſt auch beſtändig mit einem Schleim bedeckt, welcher, wie Volta gezeigt hat, die Elektricität zwanzig bis dreißig Mal beſſer leitet als reines Waſſer. Als der Beachtung werth fügt Humboldt hinzu, daß kein Thier mit elektriſchen Organen in der Luft lebe, ſondern in einer die Elektricität leitenden Flüſſigkeit, und daß kein elektriſcher Fiſch mit Schuppen bedeckt iſt. Die fleiſchige Zunge iſt mit gelben Wärzchen bedeckt, der Magen ſchwielig, die Schwimmblaſe ungewöhnlich groß, nämlich zwei und einen halb Fuß lang; ſie läuft weit über das Ende des Darmes hinaus, neben den Rückenmuskeln fort, während der Maſtdarm dicht am Kopfe mündet. Etwa vier Fünftheile der Leibeslänge werden von dem elektriſchen Organ eingenommen. Daſſelbe liegt an der Unterſeite des Schwanzes und beſteht aus Längsbündeln, welche ihrerſeits aus einer großen Anzahl häutiger, nah aneinander liegender, faſt wagrechter Plättchen zuſammengeſetzt und durch Längshäute in Zellen getheilt ſind. Sie werden von einer gallertartigen Maſſe angefüllt. Ueber die Wirkungen haben die früheren Beobachter manches Richtige, aber auch manches Unrichtige mitgetheilt, letzteres namentlich, ſoweit es ſich um die Anwendung der elektriſchen Thätigkeit des Fiſches in der Heilkunde handelt. Sehr bald erkannte man, daß es vollkommen in der Willkür des Fiſches liegt, Schläge auszutheilen. Bajon berührte einen Zitteraal mit dem Finger, ohne Etwas zu empfinden, bekam aber kleine Schläge, wenn er den Finger auf den Rücken legte. Als derſelbe Fiſch beim Wechſeln des Waſſers auf den Boden gefallen war und kein Neger ihn aufheben wollte, ergriff er ihn ſelbſt am Schwanze, bekam aber einen ſo fürchterlichen Schlag, daß er faſt umfiel und der Kopf eine Zeitlang eingenommen war. Eine Katze, welche einen faſt todten Zitter- aal anbeißen wollte, ſprang mit heftigem Geſchrei zurück, ein Hund, welcher einen andern beleckte, desgleichen. Walſh brachte ein Metallblättchen auf eine Glasſcheibe, ſpaltete ſie in der Mitte von einander, reizte den Fiſch, mit welchem er das Metallblättchen in Verbindung brachte und machte ſo einen Funken ſichtbar. Humboldt führte alle vor ihm angeſtellten Verſuche weiter aus und theilt hierüber ungefähr Folgendes mit: „Hält man zwei Leiter, aber nur einen halben Zoll von einander, an den feuchten Leib, ſo empfängt bald der eine, bald der andere einen Schlag; der Aal hat mithin jeden Theil des Leibes in ſeiner Gewalt, iſt alſo nicht mit einer elektriſchen Maſchine zu vergleichen. Trennt man Hirn und Herz vom Leibe durch Abſchneiden des Kopfes, ſo endigt die elektriſche Wirkung wie die Muskelbewegung, während die Schlangen und der Flußaal beim geringſten Neize in Krämpfe gerathen. Das ausgeſchnittene Herz des Zitteraales ſchlug eine Viertelſtunde lang, beim Galvaniſiren nach zwanzig Minuten aufs Neue; der ausgeſchnittene Kopf bewegte zehn Minuten lang die Kiefern, rührte ſich aber ebenſo wenig als irgend ein anderer Leibestheil bei der Anwendung von Zink und Silber. Bei anderen Thieren pflegen die Erſcheinungen umgekehrt zu ſein. Man hat geglaubt, man müſſe, um einen Schlag zu fühlen, eine Kette bilden, alſo mit zwei Punkten des Fiſches in Berührung kommen; allein man empfängt den Schlag, auch wenn man auf einem Nichtleiter ſteht und den Fiſch nur an einer Stelle berührt. Thut man Dies vermittels trockenen Holzes, ſo fühlt man Nichts; ſtellt man ſich auf dieſes nicht leitende Holz und reizt man ihn mit einem Draht, ſo empfindet man die Schläge im Arme und im Knie, ohne daß man den Durchgang durch die Schenkel merkt. Hierdurch unterſcheiden ſich alſo die Aale vom Zitterrochen. Hält man dieſen auf eine Metallplatte, ſo fühlt man Nichts, wohl aber, ſobald man mit der anderen Hand ſein elektriſches Organ berührt. Glas, Siegellack, Schwefel oder trockenes Holz leiten nicht, Zink am Beſten, Gold, Eiſen, Silber, Kupfer der Reihenfolge nach ſchwächer. Berühren ſich zwei Perſonen, ſo fühlen oft beide die ſchwachen Ströme, einen ſtarken aber nur diejenigen, welche mit dem Fiſche in

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 736. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/778>, abgerufen am 13.06.2024.