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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869.

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Aal.
auf sich, und es ergab sich, daß dieser dunkle Streifen von einer unzähligen Menge junger Aale
gebildet wurde, welche dicht an der Oberfläche des Flusses stromaufwärts zogen und sich dabei stets
so nah und unmittelbar am Ufer hielten, daß sie alle Krümmungen und Ausbuchtungen desselben
mitmachten. Die Breite dieses aus Fischen bestehenden Streifens mochte an der Stelle, wo beobachtet
wurde, etwa einen Fuß betragen; wie groß die Mächtigkeit desselben nach unten sei, konnte nicht in
Erfahrung gebracht werden. So dicht gedrängt aber schwammen hier die jungen Aale, daß man bei
jedem Zuge, welchen man mit einem Gefäße durch das Wasser that, eine große Menge der Fische erhielt,
und diese für die Anwohner der Elbe insoweit lästig wurden, als letztere, solange der Zug der Fische
dauerte, kein Wasser aus der Elbe schöpfen konnten, welches nicht von den kleinen Fischen angefüllt
gewesen wäre. Die Größe der einzelnen jungen Aale betrug durchschnittlich wohl drei bis vier Zoll;
die Dicke ihrer Leiber erreichte ungefähr die eines Gänsekieles. Vereinzelt schwammen Aale von
bedeutender Größe dazwischen; doch mochte wohl keiner über acht Zoll lang gewesen sein. Dieser
wunderbare Zug der Fische dauerte ununterbrochen in gleicher Stärke den ganzen Tag hindurch und
setzte sich auch noch am folgenden fort; am Morgen des dritten Tages aber war nirgends mehr einer
der jungen Aale zu sehen."

Young entnahm am 28. April 1842 eine Anzahl solcher, zwischen anderthalb und zwei Zoll
messender Aale dem Flusse und setzte sie in einen wohl verwahrten Teich. Sie wuchsen ungemein
rasch zu ansehnlicher Größe heran und wurden so zahm, daß sie ihnen zugeworfenes Fleisch sofort
verschlangen. Gegen Annäherung des Winters verschwanden sie sämmtlich; im nächsten Frühlinge
aber erschienen sie, sobald das Wetter warm wurde, wieder und zeigten sich ebenso zutraulich als vor-
her. Am 21. Oktober 1843 untersuchte Stücke hatten bis dahin bereits fünfundzwanzig Zoll an
Länge erreicht. Trevelyan beobachtete Aehnliches. Er hielt Aale in einem kleinen Gartenteiche
neun bis zehn Jahre lang. Auch sie lagen während der kalten Jahreszeit im Winterschlafe, kamen
wenigstens blos, wenn die Sonne sehr warm schien, hervor. Ende Aprils nahmen sie zuerst einzelne
Würmer zu sich; während des Sommers aber schienen sie unersättlich zu sein, und einer von ihnen
fraß dann zwanzig bis dreißig lange Würmer nach einander. Anfänglich hatte man verabsäumt, sie
zu füttern; deshalb machte sich einer über den anderen her, und der stärkere fraß die schwächeren auf.
Gewöhnlich lagen sie ruhig auf dem Grunde des Teiches; nahte sich jedoch Jemand von der ihnen
bekannten Familie, so erschienen sie sofort an der Oberfläche, um zu sehen, was es gäbe, und nahmen
entweder die ihnen gereichte Nahrung in Empfang oder spielten mit dem ihnen vorgehaltenen Finger.
Ende Julis wurden sie unruhig und versuchten zu entkommen; gegen Ende des August oder im
Anfange des September zogen sie sich in ihre Winterherberge zurück. Auf Otahaiti sollen, laut
Ellis, Aale zu denjenigen Thieren gehören, welche mit besonderer Vorliebe in Gefangenschaft
gehalten werden. Man weist ihnen drei bis vier Fuß tiefe, theilweise mit Wasser gefüllte Höhlen
zum Aufenthalte an und pflegt und füttert sie sorgfältig, so daß sie eine erstaunliche Größe erreichen.
Sie bleiben in ihren Löchern, kommen aber hervor, wenn der Pfleger sie ruft, fressen auch vertrauens-
voll aus dessen Hand.

Alle größeren Fischfresser stellen den Aalen eifrig nach, haben aber oft ihre liebe Noth mit
ihnen. Ungemein drollig sieht es aus, wenn man einem gefangenen, hungerigen Fischotter einige
Dutzend kleiner, lebender Aale in sein Wasserbecken wirft. Wie wir oben (Band I, Seite 562 ff.)
gesehen haben, kann dieser Marder des Wassers keine Ruhe finden, solange er noch etwas Lebendes
um sich weiß. Er stürzt sich in sein Becken, holt einen Aal, beißt ihm den Kopf ein, legt ihn auf die
Bank, fällt von Neuem ins Wasser, packt einen zweiten, erscheint an der alten Stelle und sieht zu
nicht geringer Ueberraschung, daß der vermeintliche Todte sich schon längst wieder fortgeringelt hat und
im Wasser sich bewegt, als wäre ihm Nichts geschehen. Darüber ärgerlich, versetzt das erboste Raub-
thier dem zweiten Gefangenen mehrere Bisse, und stürzt sich in die Fluten, um den ersten wiederzu-
holen; mittlerweile ist der zweite ebenfalls wieder entschlüpft, und so währt das Wechselspiel so lange,
bis der Otter sich entschließt, schleunigst ein Paar der nicht umzubringenden Wurmfische zu verzehren.

Aal.
auf ſich, und es ergab ſich, daß dieſer dunkle Streifen von einer unzähligen Menge junger Aale
gebildet wurde, welche dicht an der Oberfläche des Fluſſes ſtromaufwärts zogen und ſich dabei ſtets
ſo nah und unmittelbar am Ufer hielten, daß ſie alle Krümmungen und Ausbuchtungen deſſelben
mitmachten. Die Breite dieſes aus Fiſchen beſtehenden Streifens mochte an der Stelle, wo beobachtet
wurde, etwa einen Fuß betragen; wie groß die Mächtigkeit deſſelben nach unten ſei, konnte nicht in
Erfahrung gebracht werden. So dicht gedrängt aber ſchwammen hier die jungen Aale, daß man bei
jedem Zuge, welchen man mit einem Gefäße durch das Waſſer that, eine große Menge der Fiſche erhielt,
und dieſe für die Anwohner der Elbe inſoweit läſtig wurden, als letztere, ſolange der Zug der Fiſche
dauerte, kein Waſſer aus der Elbe ſchöpfen konnten, welches nicht von den kleinen Fiſchen angefüllt
geweſen wäre. Die Größe der einzelnen jungen Aale betrug durchſchnittlich wohl drei bis vier Zoll;
die Dicke ihrer Leiber erreichte ungefähr die eines Gänſekieles. Vereinzelt ſchwammen Aale von
bedeutender Größe dazwiſchen; doch mochte wohl keiner über acht Zoll lang geweſen ſein. Dieſer
wunderbare Zug der Fiſche dauerte ununterbrochen in gleicher Stärke den ganzen Tag hindurch und
ſetzte ſich auch noch am folgenden fort; am Morgen des dritten Tages aber war nirgends mehr einer
der jungen Aale zu ſehen.“

Young entnahm am 28. April 1842 eine Anzahl ſolcher, zwiſchen anderthalb und zwei Zoll
meſſender Aale dem Fluſſe und ſetzte ſie in einen wohl verwahrten Teich. Sie wuchſen ungemein
raſch zu anſehnlicher Größe heran und wurden ſo zahm, daß ſie ihnen zugeworfenes Fleiſch ſofort
verſchlangen. Gegen Annäherung des Winters verſchwanden ſie ſämmtlich; im nächſten Frühlinge
aber erſchienen ſie, ſobald das Wetter warm wurde, wieder und zeigten ſich ebenſo zutraulich als vor-
her. Am 21. Oktober 1843 unterſuchte Stücke hatten bis dahin bereits fünfundzwanzig Zoll an
Länge erreicht. Trevelyan beobachtete Aehnliches. Er hielt Aale in einem kleinen Gartenteiche
neun bis zehn Jahre lang. Auch ſie lagen während der kalten Jahreszeit im Winterſchlafe, kamen
wenigſtens blos, wenn die Sonne ſehr warm ſchien, hervor. Ende Aprils nahmen ſie zuerſt einzelne
Würmer zu ſich; während des Sommers aber ſchienen ſie unerſättlich zu ſein, und einer von ihnen
fraß dann zwanzig bis dreißig lange Würmer nach einander. Anfänglich hatte man verabſäumt, ſie
zu füttern; deshalb machte ſich einer über den anderen her, und der ſtärkere fraß die ſchwächeren auf.
Gewöhnlich lagen ſie ruhig auf dem Grunde des Teiches; nahte ſich jedoch Jemand von der ihnen
bekannten Familie, ſo erſchienen ſie ſofort an der Oberfläche, um zu ſehen, was es gäbe, und nahmen
entweder die ihnen gereichte Nahrung in Empfang oder ſpielten mit dem ihnen vorgehaltenen Finger.
Ende Julis wurden ſie unruhig und verſuchten zu entkommen; gegen Ende des Auguſt oder im
Anfange des September zogen ſie ſich in ihre Winterherberge zurück. Auf Otahaiti ſollen, laut
Ellis, Aale zu denjenigen Thieren gehören, welche mit beſonderer Vorliebe in Gefangenſchaft
gehalten werden. Man weiſt ihnen drei bis vier Fuß tiefe, theilweiſe mit Waſſer gefüllte Höhlen
zum Aufenthalte an und pflegt und füttert ſie ſorgfältig, ſo daß ſie eine erſtaunliche Größe erreichen.
Sie bleiben in ihren Löchern, kommen aber hervor, wenn der Pfleger ſie ruft, freſſen auch vertrauens-
voll aus deſſen Hand.

Alle größeren Fiſchfreſſer ſtellen den Aalen eifrig nach, haben aber oft ihre liebe Noth mit
ihnen. Ungemein drollig ſieht es aus, wenn man einem gefangenen, hungerigen Fiſchotter einige
Dutzend kleiner, lebender Aale in ſein Waſſerbecken wirft. Wie wir oben (Band I, Seite 562 ff.)
geſehen haben, kann dieſer Marder des Waſſers keine Ruhe finden, ſolange er noch etwas Lebendes
um ſich weiß. Er ſtürzt ſich in ſein Becken, holt einen Aal, beißt ihm den Kopf ein, legt ihn auf die
Bank, fällt von Neuem ins Waſſer, packt einen zweiten, erſcheint an der alten Stelle und ſieht zu
nicht geringer Ueberraſchung, daß der vermeintliche Todte ſich ſchon längſt wieder fortgeringelt hat und
im Waſſer ſich bewegt, als wäre ihm Nichts geſchehen. Darüber ärgerlich, verſetzt das erboſte Raub-
thier dem zweiten Gefangenen mehrere Biſſe, und ſtürzt ſich in die Fluten, um den erſten wiederzu-
holen; mittlerweile iſt der zweite ebenfalls wieder entſchlüpft, und ſo währt das Wechſelſpiel ſo lange,
bis der Otter ſich entſchließt, ſchleunigſt ein Paar der nicht umzubringenden Wurmfiſche zu verzehren.

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[743/0785] Aal. auf ſich, und es ergab ſich, daß dieſer dunkle Streifen von einer unzähligen Menge junger Aale gebildet wurde, welche dicht an der Oberfläche des Fluſſes ſtromaufwärts zogen und ſich dabei ſtets ſo nah und unmittelbar am Ufer hielten, daß ſie alle Krümmungen und Ausbuchtungen deſſelben mitmachten. Die Breite dieſes aus Fiſchen beſtehenden Streifens mochte an der Stelle, wo beobachtet wurde, etwa einen Fuß betragen; wie groß die Mächtigkeit deſſelben nach unten ſei, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. So dicht gedrängt aber ſchwammen hier die jungen Aale, daß man bei jedem Zuge, welchen man mit einem Gefäße durch das Waſſer that, eine große Menge der Fiſche erhielt, und dieſe für die Anwohner der Elbe inſoweit läſtig wurden, als letztere, ſolange der Zug der Fiſche dauerte, kein Waſſer aus der Elbe ſchöpfen konnten, welches nicht von den kleinen Fiſchen angefüllt geweſen wäre. Die Größe der einzelnen jungen Aale betrug durchſchnittlich wohl drei bis vier Zoll; die Dicke ihrer Leiber erreichte ungefähr die eines Gänſekieles. Vereinzelt ſchwammen Aale von bedeutender Größe dazwiſchen; doch mochte wohl keiner über acht Zoll lang geweſen ſein. Dieſer wunderbare Zug der Fiſche dauerte ununterbrochen in gleicher Stärke den ganzen Tag hindurch und ſetzte ſich auch noch am folgenden fort; am Morgen des dritten Tages aber war nirgends mehr einer der jungen Aale zu ſehen.“ Young entnahm am 28. April 1842 eine Anzahl ſolcher, zwiſchen anderthalb und zwei Zoll meſſender Aale dem Fluſſe und ſetzte ſie in einen wohl verwahrten Teich. Sie wuchſen ungemein raſch zu anſehnlicher Größe heran und wurden ſo zahm, daß ſie ihnen zugeworfenes Fleiſch ſofort verſchlangen. Gegen Annäherung des Winters verſchwanden ſie ſämmtlich; im nächſten Frühlinge aber erſchienen ſie, ſobald das Wetter warm wurde, wieder und zeigten ſich ebenſo zutraulich als vor- her. Am 21. Oktober 1843 unterſuchte Stücke hatten bis dahin bereits fünfundzwanzig Zoll an Länge erreicht. Trevelyan beobachtete Aehnliches. Er hielt Aale in einem kleinen Gartenteiche neun bis zehn Jahre lang. Auch ſie lagen während der kalten Jahreszeit im Winterſchlafe, kamen wenigſtens blos, wenn die Sonne ſehr warm ſchien, hervor. Ende Aprils nahmen ſie zuerſt einzelne Würmer zu ſich; während des Sommers aber ſchienen ſie unerſättlich zu ſein, und einer von ihnen fraß dann zwanzig bis dreißig lange Würmer nach einander. Anfänglich hatte man verabſäumt, ſie zu füttern; deshalb machte ſich einer über den anderen her, und der ſtärkere fraß die ſchwächeren auf. Gewöhnlich lagen ſie ruhig auf dem Grunde des Teiches; nahte ſich jedoch Jemand von der ihnen bekannten Familie, ſo erſchienen ſie ſofort an der Oberfläche, um zu ſehen, was es gäbe, und nahmen entweder die ihnen gereichte Nahrung in Empfang oder ſpielten mit dem ihnen vorgehaltenen Finger. Ende Julis wurden ſie unruhig und verſuchten zu entkommen; gegen Ende des Auguſt oder im Anfange des September zogen ſie ſich in ihre Winterherberge zurück. Auf Otahaiti ſollen, laut Ellis, Aale zu denjenigen Thieren gehören, welche mit beſonderer Vorliebe in Gefangenſchaft gehalten werden. Man weiſt ihnen drei bis vier Fuß tiefe, theilweiſe mit Waſſer gefüllte Höhlen zum Aufenthalte an und pflegt und füttert ſie ſorgfältig, ſo daß ſie eine erſtaunliche Größe erreichen. Sie bleiben in ihren Löchern, kommen aber hervor, wenn der Pfleger ſie ruft, freſſen auch vertrauens- voll aus deſſen Hand. Alle größeren Fiſchfreſſer ſtellen den Aalen eifrig nach, haben aber oft ihre liebe Noth mit ihnen. Ungemein drollig ſieht es aus, wenn man einem gefangenen, hungerigen Fiſchotter einige Dutzend kleiner, lebender Aale in ſein Waſſerbecken wirft. Wie wir oben (Band I, Seite 562 ff.) geſehen haben, kann dieſer Marder des Waſſers keine Ruhe finden, ſolange er noch etwas Lebendes um ſich weiß. Er ſtürzt ſich in ſein Becken, holt einen Aal, beißt ihm den Kopf ein, legt ihn auf die Bank, fällt von Neuem ins Waſſer, packt einen zweiten, erſcheint an der alten Stelle und ſieht zu nicht geringer Ueberraſchung, daß der vermeintliche Todte ſich ſchon längſt wieder fortgeringelt hat und im Waſſer ſich bewegt, als wäre ihm Nichts geſchehen. Darüber ärgerlich, verſetzt das erboſte Raub- thier dem zweiten Gefangenen mehrere Biſſe, und ſtürzt ſich in die Fluten, um den erſten wiederzu- holen; mittlerweile iſt der zweite ebenfalls wieder entſchlüpft, und ſo währt das Wechſelſpiel ſo lange, bis der Otter ſich entſchließt, ſchleunigſt ein Paar der nicht umzubringenden Wurmfiſche zu verzehren.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/785>, abgerufen am 22.12.2024.