Von der Lebensweise dieser Thiere gibt uns das Nachfolgende eine Vorstellung.
"Eines Tages", so erzählt Darwin, "ergötzte mich das Betragen eines Doppelzähners, welcher, nahe am Ufer schwimmend, gefangen wurde. Es ist bekannt, daß dieser Fisch sich in eine fast kugelige Gestalt ausdehnen kann. Nachdem er eine kurze Zeit aus dem Wasser gehoben und dann wieder eingetaucht worden war, nahm er eine beträchtliche Menge von Wasser und Luft durch den Mund und vielleicht auch durch die Kiemenöffnungen auf. Dieser Hergang geschieht auf doppelte Art: die Luft wird verschluckt und dann in die Bauchhöhle gedrängt, während ihren Rücktritt eine äußerlich sichtbare Muskelzusammenziehung hindert; das Wasser indessen geht in einem Strome durch das offene und bewegungslose Maul ein; die Thätigkeit des Aufnehmens desselben muß also in einer Aufsaugung beruhen. Die Haut auf dem Bauche ist viel lockerer als die auf dem Rücken; deshalb dehnt sich während des Aufblasens die untere Fläche weit mehr aus als die obere, und der Fisch schwimmt mit seinem Rücken nach unten. Cuvier bezweifelt das Letztere, aber mit Unrecht. Der
[Abbildung]
Der Jgelfisch (Diodon hystrix). Nat. Größe bis 1 Fuß.
Zweizähner bewegt sich nicht nur in einer geraden Linie vorwärts, sondern kann sich auf beide Seiten drehen. Letztere Bewegung wird allein mit Hilfe der Brustflossen bewirkt, und der zusammen- gefallene Schwanz dabei nicht gebraucht." Als der Leib mit soviel Luft angefüllt war, erhoben sich die Kiemenöffnungen über das Wasser; wurde aber ein Wasserstrom durch den Mund aufgenommen, so floß es beständig durch die letzteren aus. Hatte sich der Fisch eine Zeit lang aufgebläht gehabt, so trieb er gewöhnlich Luft und Wasser durch die Kiemenlöcher und den Mund mit beträchtlicher Gewalt herauf. Er konnte willkürlich einen Theil des Wassers von sich geben; und es ist deshalb glaublich, daß diese Flüssigkeit zum Theil eingenommen wird, um die bezügliche Schwere zu regeln.
"Unser Doppelzähner besaß mehrere Vertheidigungsmittel. Er konnte heftig beißen und Wasser aus einiger Entfernung aus seinem Maule auswerfen, wobei er gleichzeitig durch die Bewegung seiner Kinnladen ein sonderbares Geräusch hervorbrachte. Während und in Folge des Aufblasens wurden die Wärzchen, mit denen seine Haut bedeckt ist, steif und spitz; aber der merkwürdigste Umstand war, daß er, in die Hand genommen, eine sehr schöne karminrothe, fadige Absonderung von
Allgemeines.
Von der Lebensweiſe dieſer Thiere gibt uns das Nachfolgende eine Vorſtellung.
„Eines Tages“, ſo erzählt Darwin, „ergötzte mich das Betragen eines Doppelzähners, welcher, nahe am Ufer ſchwimmend, gefangen wurde. Es iſt bekannt, daß dieſer Fiſch ſich in eine faſt kugelige Geſtalt ausdehnen kann. Nachdem er eine kurze Zeit aus dem Waſſer gehoben und dann wieder eingetaucht worden war, nahm er eine beträchtliche Menge von Waſſer und Luft durch den Mund und vielleicht auch durch die Kiemenöffnungen auf. Dieſer Hergang geſchieht auf doppelte Art: die Luft wird verſchluckt und dann in die Bauchhöhle gedrängt, während ihren Rücktritt eine äußerlich ſichtbare Muskelzuſammenziehung hindert; das Waſſer indeſſen geht in einem Strome durch das offene und bewegungsloſe Maul ein; die Thätigkeit des Aufnehmens deſſelben muß alſo in einer Aufſaugung beruhen. Die Haut auf dem Bauche iſt viel lockerer als die auf dem Rücken; deshalb dehnt ſich während des Aufblaſens die untere Fläche weit mehr aus als die obere, und der Fiſch ſchwimmt mit ſeinem Rücken nach unten. Cuvier bezweifelt das Letztere, aber mit Unrecht. Der
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Der Jgelfiſch (Diodon hystrix). Nat. Größe bis 1 Fuß.
Zweizähner bewegt ſich nicht nur in einer geraden Linie vorwärts, ſondern kann ſich auf beide Seiten drehen. Letztere Bewegung wird allein mit Hilfe der Bruſtfloſſen bewirkt, und der zuſammen- gefallene Schwanz dabei nicht gebraucht.“ Als der Leib mit ſoviel Luft angefüllt war, erhoben ſich die Kiemenöffnungen über das Waſſer; wurde aber ein Waſſerſtrom durch den Mund aufgenommen, ſo floß es beſtändig durch die letzteren aus. Hatte ſich der Fiſch eine Zeit lang aufgebläht gehabt, ſo trieb er gewöhnlich Luft und Waſſer durch die Kiemenlöcher und den Mund mit beträchtlicher Gewalt herauf. Er konnte willkürlich einen Theil des Waſſers von ſich geben; und es iſt deshalb glaublich, daß dieſe Flüſſigkeit zum Theil eingenommen wird, um die bezügliche Schwere zu regeln.
„Unſer Doppelzähner beſaß mehrere Vertheidigungsmittel. Er konnte heftig beißen und Waſſer aus einiger Entfernung aus ſeinem Maule auswerfen, wobei er gleichzeitig durch die Bewegung ſeiner Kinnladen ein ſonderbares Geräuſch hervorbrachte. Während und in Folge des Aufblaſens wurden die Wärzchen, mit denen ſeine Haut bedeckt iſt, ſteif und ſpitz; aber der merkwürdigſte Umſtand war, daß er, in die Hand genommen, eine ſehr ſchöne karminrothe, fadige Abſonderung von
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Allgemeines.
Von der Lebensweiſe dieſer Thiere gibt uns das Nachfolgende eine Vorſtellung.
„Eines Tages“, ſo erzählt Darwin, „ergötzte mich das Betragen eines Doppelzähners,
welcher, nahe am Ufer ſchwimmend, gefangen wurde. Es iſt bekannt, daß dieſer Fiſch ſich in eine
faſt kugelige Geſtalt ausdehnen kann. Nachdem er eine kurze Zeit aus dem Waſſer gehoben und
dann wieder eingetaucht worden war, nahm er eine beträchtliche Menge von Waſſer und Luft durch
den Mund und vielleicht auch durch die Kiemenöffnungen auf. Dieſer Hergang geſchieht auf doppelte
Art: die Luft wird verſchluckt und dann in die Bauchhöhle gedrängt, während ihren Rücktritt eine
äußerlich ſichtbare Muskelzuſammenziehung hindert; das Waſſer indeſſen geht in einem Strome durch
das offene und bewegungsloſe Maul ein; die Thätigkeit des Aufnehmens deſſelben muß alſo in einer
Aufſaugung beruhen. Die Haut auf dem Bauche iſt viel lockerer als die auf dem Rücken; deshalb
dehnt ſich während des Aufblaſens die untere Fläche weit mehr aus als die obere, und der Fiſch
ſchwimmt mit ſeinem Rücken nach unten. Cuvier bezweifelt das Letztere, aber mit Unrecht. Der
[Abbildung Der Jgelfiſch (Diodon hystrix). Nat. Größe bis 1 Fuß.]
Zweizähner bewegt ſich nicht nur in einer geraden Linie vorwärts, ſondern kann ſich auf beide Seiten
drehen. Letztere Bewegung wird allein mit Hilfe der Bruſtfloſſen bewirkt, und der zuſammen-
gefallene Schwanz dabei nicht gebraucht.“ Als der Leib mit ſoviel Luft angefüllt war, erhoben ſich
die Kiemenöffnungen über das Waſſer; wurde aber ein Waſſerſtrom durch den Mund aufgenommen,
ſo floß es beſtändig durch die letzteren aus. Hatte ſich der Fiſch eine Zeit lang aufgebläht gehabt,
ſo trieb er gewöhnlich Luft und Waſſer durch die Kiemenlöcher und den Mund mit beträchtlicher
Gewalt herauf. Er konnte willkürlich einen Theil des Waſſers von ſich geben; und es iſt deshalb
glaublich, daß dieſe Flüſſigkeit zum Theil eingenommen wird, um die bezügliche Schwere zu regeln.
„Unſer Doppelzähner beſaß mehrere Vertheidigungsmittel. Er konnte heftig beißen und Waſſer
aus einiger Entfernung aus ſeinem Maule auswerfen, wobei er gleichzeitig durch die Bewegung
ſeiner Kinnladen ein ſonderbares Geräuſch hervorbrachte. Während und in Folge des Aufblaſens
wurden die Wärzchen, mit denen ſeine Haut bedeckt iſt, ſteif und ſpitz; aber der merkwürdigſte
Umſtand war, daß er, in die Hand genommen, eine ſehr ſchöne karminrothe, fadige Abſonderung von
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 5. Hildburghausen, 1869, S. 751. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben05_1869/793>, abgerufen am 22.12.2024.
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