vollkommen rein aufgekauften Schwämme werden in den Magazinen der Großhändler -- man sollte es kaum glauben! -- künstlich mit Sand beschwert, indem man sie mit Sand durcheinander schaufelt. Es wird kaum eine andere Waare geben, die man auf so verrückte Weise behandelt. Der Einzelverkauf geschieht bekanntlich nach dem Gewicht, da aber Jedermann mit dem Händler weiß, daß eine gehörige Portion Sand mit ins Gewicht fällt, so ist trotz des Gewichtskaufes die Form des Schwammes und die Güte des Gewebes maßgebend.
Gleich bei Beginn meiner wissenschaftlichen Studien über die Spongien lenkte ich meine Blicke natürlich auch auf die Schwammfischerei in den adriatischen Gewässern. Jch machte Fischer und Behörden aufmerksam, daß der Ertrag durch eine vernünftige Regelung der Fischerei erheblich gesteigert werden müßte, wenn man sich z. B. dahin einigte, daß höchstens jedes dritte Jahr eine und dieselbe Lokalität abgesucht werden und die kleinen, im Handel fast ganz werthlosen Exemplare gar nicht gesammelt werden dürften. Diese Vorstellungen sind bisher an der Unvernunft der Fischer völlig gescheitert. Einen anderen Weg, die Produktion zu steigern, habe ich durch die künstliche Schwammzucht eingeschlagen. Die seit fünf Jahren hierauf gerichteten Versuche und Unternehmungen haben von Seite der österreichischen Regierung und der Börsedeputation in Triest die nachhaltigste Förderung erfahren. Jch schloß aus der Natur dieser niederen Organismen überhaupt und nach Erfahrungen, die einzelne Naturforscher, besonders Lieberkühn bei der wissenschaftlichen Beobachtung an ungebräuchlichen Schwammarten gemacht, daß, wenn man einen frischen Badeschwamm in passende Stücke theilen und dieselben geschützt und leicht erreichbar wieder ins Meer senken würde, daß diese anwachsen und sich zu neuen vollständigen Schwämmen entwickeln müßten. So ist es denn auch gekommen, das Prinzip hat sich vollkommen bewährt, und nach vielerlei praktischen Mißgriffen, die bei einem solchen Unternehmen nicht ausbleiben konnten, bin ich mit meinem Freunde, dem Telegraphenbeamten Buccich in Lesina, so weit, daß wir in der schönen Bucht von Socolizza eine ganze Zucht, gegen 2000 Exemplare, aufweisen können.
Die zur Zertheilung bestimmten Schwämme werden in nächster Umgebung oder auch in Entfernung einiger Seemeilen aufgesucht und in einem durchlöcherten Kasten, befestigt, daß sie sich nicht beschädigen und drücken können, nach der Zuchtstation gebracht. Dort werden sie zertheilt, was bei der Zähigkeit des Schwammes und der Leichtigkeit, mit der die flüssige Sarcode ausfließt, mit sehr scharsem Messer zu geschehen hat, dann die Theilstücke von einem bis drei Kubikzoll entweder mittelst hölzerner, oben mit einem Knopf versehener Nägel an einem kastenähnlichen Gestell befestigt, oder sie werden zu zwei und drei auf Stäbchen oder sogar auf, mit Cantschuk überzogenen Kupferdraht aufgereiht. Die Hauptbedingung für das Fortkommen ist, daß die Stücke nicht direktes Licht empfangen, auch wenn sie 20 bis 30 Fuß tief versenkt sind. Einem schlimmen Feinde, der sich neuerdings gezeigt hat, dem Bohrwurm (Teredo), scheint mit Erfolg begegnet werden zu können, indem die Gestelle mit Steinkohlentheer imprägnirt werden. Durch geschickte Handgriffe, welche Herr Buccich bei der Anpflanzung anwendet, ist er so weit gekommen, daß in neuester Zeit von den auf den Stäbchen und dem Draht befestigten Stecklingen nur ein Procent mißrathen sind, und alle Schwämme unserer Anlage haben eine schöne schwarze glänzende Farbe, die natürliche. Auch auf losen Steinen wurde eine Partie von Theilstücken befestigt, und sie sind in kürzester Zeit darauf angewachsen.
Die von Buccich in Socolizza angelegte Zuchtstation trägt noch das Gepräge des Versuches; frühestens nach drei Jahren haben die angepflanzten Schwämme eine für den Handel geeignete Größe erreicht. Jeder Zweifel an dem Gelingen der künstlichen Schwammzucht kann aber als beseitigt betrachtet werden. Jnteressant und beklagenswerth ist das Verhalten der Schwammfischer diesen zu ihrem Besten unternommenen Versuchen gegenüber. Anfangs lachten sie mich natürlich aus, später zerstörten sie einen Theil der Anlagen. Bei meiner letzten Anwesenheit in Lesina, im Frühjahr 1868, luden wir sie ein, unsere gezogenen Schwämme zu besehen. Es erschienen vier Mann, Spott und Verachtung in ihren Mienen zur Schau tragend. Wer beschreibt aber ihr
Schwämme.
vollkommen rein aufgekauften Schwämme werden in den Magazinen der Großhändler — man ſollte es kaum glauben! — künſtlich mit Sand beſchwert, indem man ſie mit Sand durcheinander ſchaufelt. Es wird kaum eine andere Waare geben, die man auf ſo verrückte Weiſe behandelt. Der Einzelverkauf geſchieht bekanntlich nach dem Gewicht, da aber Jedermann mit dem Händler weiß, daß eine gehörige Portion Sand mit ins Gewicht fällt, ſo iſt trotz des Gewichtskaufes die Form des Schwammes und die Güte des Gewebes maßgebend.
Gleich bei Beginn meiner wiſſenſchaftlichen Studien über die Spongien lenkte ich meine Blicke natürlich auch auf die Schwammfiſcherei in den adriatiſchen Gewäſſern. Jch machte Fiſcher und Behörden aufmerkſam, daß der Ertrag durch eine vernünftige Regelung der Fiſcherei erheblich geſteigert werden müßte, wenn man ſich z. B. dahin einigte, daß höchſtens jedes dritte Jahr eine und dieſelbe Lokalität abgeſucht werden und die kleinen, im Handel faſt ganz werthloſen Exemplare gar nicht geſammelt werden dürften. Dieſe Vorſtellungen ſind bisher an der Unvernunft der Fiſcher völlig geſcheitert. Einen anderen Weg, die Produktion zu ſteigern, habe ich durch die künſtliche Schwammzucht eingeſchlagen. Die ſeit fünf Jahren hierauf gerichteten Verſuche und Unternehmungen haben von Seite der öſterreichiſchen Regierung und der Börſedeputation in Trieſt die nachhaltigſte Förderung erfahren. Jch ſchloß aus der Natur dieſer niederen Organismen überhaupt und nach Erfahrungen, die einzelne Naturforſcher, beſonders Lieberkühn bei der wiſſenſchaftlichen Beobachtung an ungebräuchlichen Schwammarten gemacht, daß, wenn man einen friſchen Badeſchwamm in paſſende Stücke theilen und dieſelben geſchützt und leicht erreichbar wieder ins Meer ſenken würde, daß dieſe anwachſen und ſich zu neuen vollſtändigen Schwämmen entwickeln müßten. So iſt es denn auch gekommen, das Prinzip hat ſich vollkommen bewährt, und nach vielerlei praktiſchen Mißgriffen, die bei einem ſolchen Unternehmen nicht ausbleiben konnten, bin ich mit meinem Freunde, dem Telegraphenbeamten Buccich in Leſina, ſo weit, daß wir in der ſchönen Bucht von Socolizza eine ganze Zucht, gegen 2000 Exemplare, aufweiſen können.
Die zur Zertheilung beſtimmten Schwämme werden in nächſter Umgebung oder auch in Entfernung einiger Seemeilen aufgeſucht und in einem durchlöcherten Kaſten, befeſtigt, daß ſie ſich nicht beſchädigen und drücken können, nach der Zuchtſtation gebracht. Dort werden ſie zertheilt, was bei der Zähigkeit des Schwammes und der Leichtigkeit, mit der die flüſſige Sarcode ausfließt, mit ſehr ſcharſem Meſſer zu geſchehen hat, dann die Theilſtücke von einem bis drei Kubikzoll entweder mittelſt hölzerner, oben mit einem Knopf verſehener Nägel an einem kaſtenähnlichen Geſtell befeſtigt, oder ſie werden zu zwei und drei auf Stäbchen oder ſogar auf, mit Cantſchuk überzogenen Kupferdraht aufgereiht. Die Hauptbedingung für das Fortkommen iſt, daß die Stücke nicht direktes Licht empfangen, auch wenn ſie 20 bis 30 Fuß tief verſenkt ſind. Einem ſchlimmen Feinde, der ſich neuerdings gezeigt hat, dem Bohrwurm (Teredo), ſcheint mit Erfolg begegnet werden zu können, indem die Geſtelle mit Steinkohlentheer imprägnirt werden. Durch geſchickte Handgriffe, welche Herr Buccich bei der Anpflanzung anwendet, iſt er ſo weit gekommen, daß in neueſter Zeit von den auf den Stäbchen und dem Draht befeſtigten Stecklingen nur ein Procent mißrathen ſind, und alle Schwämme unſerer Anlage haben eine ſchöne ſchwarze glänzende Farbe, die natürliche. Auch auf loſen Steinen wurde eine Partie von Theilſtücken befeſtigt, und ſie ſind in kürzeſter Zeit darauf angewachſen.
Die von Buccich in Socolizza angelegte Zuchtſtation trägt noch das Gepräge des Verſuches; früheſtens nach drei Jahren haben die angepflanzten Schwämme eine für den Handel geeignete Größe erreicht. Jeder Zweifel an dem Gelingen der künſtlichen Schwammzucht kann aber als beſeitigt betrachtet werden. Jntereſſant und beklagenswerth iſt das Verhalten der Schwammfiſcher dieſen zu ihrem Beſten unternommenen Verſuchen gegenüber. Anfangs lachten ſie mich natürlich aus, ſpäter zerſtörten ſie einen Theil der Anlagen. Bei meiner letzten Anweſenheit in Leſina, im Frühjahr 1868, luden wir ſie ein, unſere gezogenen Schwämme zu beſehen. Es erſchienen vier Mann, Spott und Verachtung in ihren Mienen zur Schau tragend. Wer beſchreibt aber ihr
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[1022/1080]
Schwämme.
vollkommen rein aufgekauften Schwämme werden in den Magazinen der Großhändler — man
ſollte es kaum glauben! — künſtlich mit Sand beſchwert, indem man ſie mit Sand durcheinander
ſchaufelt. Es wird kaum eine andere Waare geben, die man auf ſo verrückte Weiſe behandelt.
Der Einzelverkauf geſchieht bekanntlich nach dem Gewicht, da aber Jedermann mit dem Händler
weiß, daß eine gehörige Portion Sand mit ins Gewicht fällt, ſo iſt trotz des Gewichtskaufes die
Form des Schwammes und die Güte des Gewebes maßgebend.
Gleich bei Beginn meiner wiſſenſchaftlichen Studien über die Spongien lenkte ich meine
Blicke natürlich auch auf die Schwammfiſcherei in den adriatiſchen Gewäſſern. Jch machte Fiſcher
und Behörden aufmerkſam, daß der Ertrag durch eine vernünftige Regelung der Fiſcherei erheblich
geſteigert werden müßte, wenn man ſich z. B. dahin einigte, daß höchſtens jedes dritte Jahr eine und
dieſelbe Lokalität abgeſucht werden und die kleinen, im Handel faſt ganz werthloſen Exemplare
gar nicht geſammelt werden dürften. Dieſe Vorſtellungen ſind bisher an der Unvernunft der
Fiſcher völlig geſcheitert. Einen anderen Weg, die Produktion zu ſteigern, habe ich durch die
künſtliche Schwammzucht eingeſchlagen. Die ſeit fünf Jahren hierauf gerichteten Verſuche
und Unternehmungen haben von Seite der öſterreichiſchen Regierung und der Börſedeputation in
Trieſt die nachhaltigſte Förderung erfahren. Jch ſchloß aus der Natur dieſer niederen Organismen
überhaupt und nach Erfahrungen, die einzelne Naturforſcher, beſonders Lieberkühn bei der
wiſſenſchaftlichen Beobachtung an ungebräuchlichen Schwammarten gemacht, daß, wenn man einen
friſchen Badeſchwamm in paſſende Stücke theilen und dieſelben geſchützt und leicht erreichbar
wieder ins Meer ſenken würde, daß dieſe anwachſen und ſich zu neuen vollſtändigen Schwämmen
entwickeln müßten. So iſt es denn auch gekommen, das Prinzip hat ſich vollkommen bewährt,
und nach vielerlei praktiſchen Mißgriffen, die bei einem ſolchen Unternehmen nicht ausbleiben
konnten, bin ich mit meinem Freunde, dem Telegraphenbeamten Buccich in Leſina, ſo weit, daß
wir in der ſchönen Bucht von Socolizza eine ganze Zucht, gegen 2000 Exemplare, aufweiſen können.
Die zur Zertheilung beſtimmten Schwämme werden in nächſter Umgebung oder auch in
Entfernung einiger Seemeilen aufgeſucht und in einem durchlöcherten Kaſten, befeſtigt, daß ſie ſich
nicht beſchädigen und drücken können, nach der Zuchtſtation gebracht. Dort werden ſie zertheilt,
was bei der Zähigkeit des Schwammes und der Leichtigkeit, mit der die flüſſige Sarcode ausfließt,
mit ſehr ſcharſem Meſſer zu geſchehen hat, dann die Theilſtücke von einem bis drei Kubikzoll
entweder mittelſt hölzerner, oben mit einem Knopf verſehener Nägel an einem kaſtenähnlichen
Geſtell befeſtigt, oder ſie werden zu zwei und drei auf Stäbchen oder ſogar auf, mit Cantſchuk
überzogenen Kupferdraht aufgereiht. Die Hauptbedingung für das Fortkommen iſt, daß die
Stücke nicht direktes Licht empfangen, auch wenn ſie 20 bis 30 Fuß tief verſenkt ſind. Einem
ſchlimmen Feinde, der ſich neuerdings gezeigt hat, dem Bohrwurm (Teredo), ſcheint mit Erfolg
begegnet werden zu können, indem die Geſtelle mit Steinkohlentheer imprägnirt werden. Durch
geſchickte Handgriffe, welche Herr Buccich bei der Anpflanzung anwendet, iſt er ſo weit gekommen,
daß in neueſter Zeit von den auf den Stäbchen und dem Draht befeſtigten Stecklingen nur ein
Procent mißrathen ſind, und alle Schwämme unſerer Anlage haben eine ſchöne ſchwarze glänzende
Farbe, die natürliche. Auch auf loſen Steinen wurde eine Partie von Theilſtücken befeſtigt, und
ſie ſind in kürzeſter Zeit darauf angewachſen.
Die von Buccich in Socolizza angelegte Zuchtſtation trägt noch das Gepräge des Verſuches;
früheſtens nach drei Jahren haben die angepflanzten Schwämme eine für den Handel geeignete
Größe erreicht. Jeder Zweifel an dem Gelingen der künſtlichen Schwammzucht kann aber als
beſeitigt betrachtet werden. Jntereſſant und beklagenswerth iſt das Verhalten der Schwammfiſcher
dieſen zu ihrem Beſten unternommenen Verſuchen gegenüber. Anfangs lachten ſie mich natürlich
aus, ſpäter zerſtörten ſie einen Theil der Anlagen. Bei meiner letzten Anweſenheit in Leſina,
im Frühjahr 1868, luden wir ſie ein, unſere gezogenen Schwämme zu beſehen. Es erſchienen
vier Mann, Spott und Verachtung in ihren Mienen zur Schau tragend. Wer beſchreibt aber ihr
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 1022. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/1080>, abgerufen am 23.11.2024.
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