Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.Hummeln. liegend, wie in unserer Abbildung, oder enger unter einander verbunden, je nach der geringernoder größern Zahl der gleichalten Larven und ihrem damit zusammenhängenden weiteren oder dicht gedrängteren Beieinandersein, wurden lange für die Zellen der Hummeln gehalten. Sind sie erst leer und von dem frühern Jnsassen oben geöffnet, so wird auch mitunter Futter hineingetragen, damit für böse Tage, welche das Ausfliegen nicht erlauben, kein Mangel eintrete. Aus den Cocons schlüpfen im Anfange nur Arbeiter, die man stets an ihrer bedeutenderen Kleinheit erkennt. Sie helfen nun der Stammmutter, bringen Futter herbei, verbinden die Puppentönnchen mit einander, die Futterüberbleibsel dabei verwendend, wie es scheint, überziehen einzelne Partien im Neste mit einer Harzschicht, eine durch den Nestbau bedingte Eigenthümlichkeit der Mooshummeln. Kurz ihre Thätigkeit kennt kein Ende. Von früh bis zum späten Abend lassen sich geschäftige Hummeln sehen und hören. An trüben, unfreundlichen Tagen, wenn sich gern jedes andere Jnsekt in seinen Schlupfwinkeln verborgen hält, spät des Abends, wenn die anderen, nicht nächtlichen schon zur Ruhe gegangen sind, brummt eine einsame Hummel von Blume zu Blume, es kommt ihr auch [Abbildung]
Weibchen und Arbeiter der Erdhummel (Bombus terrestris) nebst dem theilweise aufgedeckten Neste. nicht darauf an, im Schooße einer größern zu übernachten, einen Sturm und Regenschauer darinabzuwarten, ja Wahlberg sah sie im hohen Norden, in der Finmark und in Lappland, an hellen Sommernächten arbeiten. Später im Jahre erscheinen kleinere Weibchen, welche nur Drohneneier legen, und Männchen, und zuletzt, gegen den Herbst hin, auch große Weibchen, welche zur Ueber- winterung bestimmt sind. Wenn es möglich wäre, die Hummelnester einer so sorgfältigen Beobach- tung zu unterwerfen, wie die Bienenstöcke, so würde für Einzelnheiten in ihrem Leben mehr Verständniß da sein, während zur Zeit noch nicht Alles klar liegt. So scheint der Honig, welchen man in den leeren Cocons gefunden, dazu bestimmt zu sein, um die königliche, große Mutter aus der Larve zu erziehen, indem sich nach der Analogie annehmen läßt, daß sie einer bessern Kost bedürfe, als die anderen Familienglieder. Zwischen den großen Weibchen und der Stammmutter sollen anfänglich einige Zwistigkeiten vorkommen, die aber bald bei dem durchaus gutmüthigen Charakter der Hummeln ohne Kämpfe beigelegt werden; ob letztere immer noch am Leben, wenn diese zum Vorschein kommen, wäre eine Gegenfrage, welche ich eher verneinen, als bejahen möchte. Jn einer Familie von hundert Köpfen rechnet man jetzt etwa 25 Männchen, 15 Weibchen und den Nest auf die Arbeiter. Von Mitte September bis Mitte Oktober fällt die Zeit, in welcher sich die großen Weibchen paaren; auf einem Baumstumpfe, einer Mauer, oder einer andern, Hummeln. liegend, wie in unſerer Abbildung, oder enger unter einander verbunden, je nach der geringernoder größern Zahl der gleichalten Larven und ihrem damit zuſammenhängenden weiteren oder dicht gedrängteren Beieinanderſein, wurden lange für die Zellen der Hummeln gehalten. Sind ſie erſt leer und von dem frühern Jnſaſſen oben geöffnet, ſo wird auch mitunter Futter hineingetragen, damit für böſe Tage, welche das Ausfliegen nicht erlauben, kein Mangel eintrete. Aus den Cocons ſchlüpfen im Anfange nur Arbeiter, die man ſtets an ihrer bedeutenderen Kleinheit erkennt. Sie helfen nun der Stammmutter, bringen Futter herbei, verbinden die Puppentönnchen mit einander, die Futterüberbleibſel dabei verwendend, wie es ſcheint, überziehen einzelne Partien im Neſte mit einer Harzſchicht, eine durch den Neſtbau bedingte Eigenthümlichkeit der Mooshummeln. Kurz ihre Thätigkeit kennt kein Ende. Von früh bis zum ſpäten Abend laſſen ſich geſchäftige Hummeln ſehen und hören. An trüben, unfreundlichen Tagen, wenn ſich gern jedes andere Jnſekt in ſeinen Schlupfwinkeln verborgen hält, ſpät des Abends, wenn die anderen, nicht nächtlichen ſchon zur Ruhe gegangen ſind, brummt eine einſame Hummel von Blume zu Blume, es kommt ihr auch [Abbildung]
Weibchen und Arbeiter der Erdhummel (Bombus terrestris) nebſt dem theilweiſe aufgedeckten Neſte. nicht darauf an, im Schooße einer größern zu übernachten, einen Sturm und Regenſchauer darinabzuwarten, ja Wahlberg ſah ſie im hohen Norden, in der Finmark und in Lappland, an hellen Sommernächten arbeiten. Später im Jahre erſcheinen kleinere Weibchen, welche nur Drohneneier legen, und Männchen, und zuletzt, gegen den Herbſt hin, auch große Weibchen, welche zur Ueber- winterung beſtimmt ſind. Wenn es möglich wäre, die Hummelneſter einer ſo ſorgfältigen Beobach- tung zu unterwerfen, wie die Bienenſtöcke, ſo würde für Einzelnheiten in ihrem Leben mehr Verſtändniß da ſein, während zur Zeit noch nicht Alles klar liegt. So ſcheint der Honig, welchen man in den leeren Cocons gefunden, dazu beſtimmt zu ſein, um die königliche, große Mutter aus der Larve zu erziehen, indem ſich nach der Analogie annehmen läßt, daß ſie einer beſſern Koſt bedürfe, als die anderen Familienglieder. Zwiſchen den großen Weibchen und der Stammmutter ſollen anfänglich einige Zwiſtigkeiten vorkommen, die aber bald bei dem durchaus gutmüthigen Charakter der Hummeln ohne Kämpfe beigelegt werden; ob letztere immer noch am Leben, wenn dieſe zum Vorſchein kommen, wäre eine Gegenfrage, welche ich eher verneinen, als bejahen möchte. Jn einer Familie von hundert Köpfen rechnet man jetzt etwa 25 Männchen, 15 Weibchen und den Neſt auf die Arbeiter. Von Mitte September bis Mitte Oktober fällt die Zeit, in welcher ſich die großen Weibchen paaren; auf einem Baumſtumpfe, einer Mauer, oder einer andern, <TEI> <text> <body> <floatingText> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0201" n="181"/><fw place="top" type="header">Hummeln.</fw><lb/> liegend, wie in unſerer Abbildung, oder enger unter einander verbunden, je nach der geringern<lb/> oder größern Zahl der gleichalten Larven und ihrem damit zuſammenhängenden weiteren oder dicht<lb/> gedrängteren Beieinanderſein, wurden lange für die Zellen der Hummeln gehalten. Sind ſie<lb/> erſt leer und von dem frühern Jnſaſſen oben geöffnet, ſo wird auch mitunter Futter hineingetragen,<lb/> damit für böſe Tage, welche das Ausfliegen nicht erlauben, kein Mangel eintrete. Aus den Cocons<lb/> ſchlüpfen im Anfange nur Arbeiter, die man ſtets an ihrer bedeutenderen Kleinheit erkennt. Sie<lb/> helfen nun der Stammmutter, bringen Futter herbei, verbinden die Puppentönnchen mit einander,<lb/> die Futterüberbleibſel dabei verwendend, wie es ſcheint, überziehen einzelne Partien im Neſte mit<lb/> einer Harzſchicht, eine durch den Neſtbau bedingte Eigenthümlichkeit der Mooshummeln. Kurz<lb/> ihre Thätigkeit kennt kein Ende. Von früh bis zum ſpäten Abend laſſen ſich geſchäftige Hummeln<lb/> ſehen und hören. An trüben, unfreundlichen Tagen, wenn ſich gern jedes andere Jnſekt in ſeinen<lb/> Schlupfwinkeln verborgen hält, ſpät des Abends, wenn die anderen, nicht nächtlichen ſchon zur<lb/> Ruhe gegangen ſind, brummt eine einſame Hummel von Blume zu Blume, es kommt ihr auch<lb/><figure><head><hi rendition="#c">Weibchen und Arbeiter der <hi rendition="#g">Erdhummel</hi> (<hi rendition="#aq">Bombus terrestris</hi>) nebſt dem theilweiſe aufgedeckten Neſte.</hi></head></figure><lb/> nicht darauf an, im Schooße einer größern zu übernachten, einen Sturm und Regenſchauer darin<lb/> abzuwarten, ja <hi rendition="#g">Wahlberg</hi> ſah ſie im hohen Norden, in der Finmark und in Lappland, an hellen<lb/> Sommernächten arbeiten. Später im Jahre erſcheinen kleinere Weibchen, welche nur Drohneneier<lb/> legen, und Männchen, und zuletzt, gegen den Herbſt hin, auch große Weibchen, welche zur Ueber-<lb/> winterung beſtimmt ſind. Wenn es möglich wäre, die Hummelneſter einer ſo ſorgfältigen Beobach-<lb/> tung zu unterwerfen, wie die Bienenſtöcke, ſo würde für Einzelnheiten in ihrem Leben mehr<lb/> Verſtändniß da ſein, während zur Zeit noch nicht Alles klar liegt. So ſcheint der Honig, welchen<lb/> man in den leeren Cocons gefunden, dazu beſtimmt zu ſein, um die königliche, große Mutter aus<lb/> der Larve zu erziehen, indem ſich nach der Analogie annehmen läßt, daß ſie einer beſſern Koſt<lb/> bedürfe, als die anderen Familienglieder. Zwiſchen den großen Weibchen und der Stammmutter<lb/> ſollen anfänglich einige Zwiſtigkeiten vorkommen, die aber bald bei dem durchaus gutmüthigen<lb/> Charakter der Hummeln ohne Kämpfe beigelegt werden; ob letztere immer noch am Leben, wenn<lb/> dieſe zum Vorſchein kommen, wäre eine Gegenfrage, welche ich eher verneinen, als bejahen möchte.<lb/> Jn einer Familie von hundert Köpfen rechnet man jetzt etwa 25 Männchen, 15 Weibchen und<lb/> den Neſt auf die Arbeiter. Von Mitte September bis Mitte Oktober fällt die Zeit, in welcher<lb/> ſich die großen Weibchen paaren; auf einem Baumſtumpfe, einer Mauer, oder einer andern,<lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </body> </text> </TEI> [181/0201]
Hummeln.
liegend, wie in unſerer Abbildung, oder enger unter einander verbunden, je nach der geringern
oder größern Zahl der gleichalten Larven und ihrem damit zuſammenhängenden weiteren oder dicht
gedrängteren Beieinanderſein, wurden lange für die Zellen der Hummeln gehalten. Sind ſie
erſt leer und von dem frühern Jnſaſſen oben geöffnet, ſo wird auch mitunter Futter hineingetragen,
damit für böſe Tage, welche das Ausfliegen nicht erlauben, kein Mangel eintrete. Aus den Cocons
ſchlüpfen im Anfange nur Arbeiter, die man ſtets an ihrer bedeutenderen Kleinheit erkennt. Sie
helfen nun der Stammmutter, bringen Futter herbei, verbinden die Puppentönnchen mit einander,
die Futterüberbleibſel dabei verwendend, wie es ſcheint, überziehen einzelne Partien im Neſte mit
einer Harzſchicht, eine durch den Neſtbau bedingte Eigenthümlichkeit der Mooshummeln. Kurz
ihre Thätigkeit kennt kein Ende. Von früh bis zum ſpäten Abend laſſen ſich geſchäftige Hummeln
ſehen und hören. An trüben, unfreundlichen Tagen, wenn ſich gern jedes andere Jnſekt in ſeinen
Schlupfwinkeln verborgen hält, ſpät des Abends, wenn die anderen, nicht nächtlichen ſchon zur
Ruhe gegangen ſind, brummt eine einſame Hummel von Blume zu Blume, es kommt ihr auch
[Abbildung Weibchen und Arbeiter der Erdhummel (Bombus terrestris) nebſt dem theilweiſe aufgedeckten Neſte.]
nicht darauf an, im Schooße einer größern zu übernachten, einen Sturm und Regenſchauer darin
abzuwarten, ja Wahlberg ſah ſie im hohen Norden, in der Finmark und in Lappland, an hellen
Sommernächten arbeiten. Später im Jahre erſcheinen kleinere Weibchen, welche nur Drohneneier
legen, und Männchen, und zuletzt, gegen den Herbſt hin, auch große Weibchen, welche zur Ueber-
winterung beſtimmt ſind. Wenn es möglich wäre, die Hummelneſter einer ſo ſorgfältigen Beobach-
tung zu unterwerfen, wie die Bienenſtöcke, ſo würde für Einzelnheiten in ihrem Leben mehr
Verſtändniß da ſein, während zur Zeit noch nicht Alles klar liegt. So ſcheint der Honig, welchen
man in den leeren Cocons gefunden, dazu beſtimmt zu ſein, um die königliche, große Mutter aus
der Larve zu erziehen, indem ſich nach der Analogie annehmen läßt, daß ſie einer beſſern Koſt
bedürfe, als die anderen Familienglieder. Zwiſchen den großen Weibchen und der Stammmutter
ſollen anfänglich einige Zwiſtigkeiten vorkommen, die aber bald bei dem durchaus gutmüthigen
Charakter der Hummeln ohne Kämpfe beigelegt werden; ob letztere immer noch am Leben, wenn
dieſe zum Vorſchein kommen, wäre eine Gegenfrage, welche ich eher verneinen, als bejahen möchte.
Jn einer Familie von hundert Köpfen rechnet man jetzt etwa 25 Männchen, 15 Weibchen und
den Neſt auf die Arbeiter. Von Mitte September bis Mitte Oktober fällt die Zeit, in welcher
ſich die großen Weibchen paaren; auf einem Baumſtumpfe, einer Mauer, oder einer andern,
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