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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Hautflügler. Faltenwespen. Eumeniden.
die Vorderflügel nur zwei geschlossene Cubitalzellen, das Kopfschild nimmt in einer vordern Aus-
randung die Oberlippe auf, und die Zunge endigt in zwei feine Fädchen. Das Schildchen
reitet
auf dem dahinter liegenden Theile, dem sogenannten Hinterschildchen. Die Fühler endlich
erscheinen aus nur acht Gliedern zusammengesetzt, weil die letzten, nach vorn keulenartig
anschwellenden, zu dicht an einander liegen, um erkannt werden zu können. Mit den eben erwähnten
Kennzeichen stattete Mutter Natur die Massariden aus, etwa dreißig Arten, welche in warmen
Ländern leben und auch in zweien, Celonites apiformis und Ceramius Fonscolombi, dem süd-
lichen Europa angehören. Einer andern Art der ersten Gattung sagt man nach, daß sie im
Jugendzustande schmarotzend von der Larve einer Scolia lebe. Die Eumeniden, Lehm- oder
Mauerwespen, bilden die zweite Sippe. Sie haben im Vorderflügel drei geschlossene Unter-
randzellen (man könnte sogar von vier sprechen, weil der Cubitus meist bis zum Flügelsaume
reicht), eine lange, dreitheilige Zunge, fadenförmige Taster, sechsgliederige an den Kiefern, vier-
gliederige an der Unterlippe, ein herzförmiges oder ovales, nie in einen Zahn auslaufendes Kopf-
schild; die Augen reichen bis zur Wurzel der Kinnbacken herab und sind am Jnnenrande, nahe
dem Scheitel, tief ausgeschnitten. Die gebrochenen Fühler verdicken sich schwach nach vorn und
bestehen aus zwölf oder dreizehn Gliedern. Die Kinnbacken, länger als breit, pflegen schnabel-
artig nach unten zu stehen. Die Krallen der Füße tragen an der Jnnenseite einen, in seltenen
Fällen mehrere Zähnchen und die Mittelschienen nur einen Sporn. Wie die vorigen leben sie
einzeln, vorzugsweise in Lehmwänden, steilen Abhängen fetten Sandes, einige in trockenen Pflanzen-
stengeln, in welchen sie Zellenreihen von Erde anlegen (Odynerus rubicola), unsere heimischen
Arten wenigstens nie in schlichter Erde oder lockerem Sande, und versorgen ihre Brut ein für
allemal mit der gehörigen Portion eingetragener Jnsektenlarven.

Die Vespiden endlich oder Papierwespen leben allermeist gesellig, haben unfrucht-
bare Weibchen als Arbeiter, bauen sehr künstliche Nester, in denen diese die Brut auffüttern, wie
die Honigbienen. Aeußerlich stimmen sie sonst in allen Stücken mit den vorigen, haben aber
einfache Fußklauen, an den Mittelschienen zwei Sporen, eine kurze, vierlappige Zunge, kürzere
Kinnbacken, bis zu deren Wurzel die Augen nicht herabreichen, und ein mehr viereckiges Kopfschild.
Die beiden letzten Sippen führten bei Linne den Gattungsnamen Vespa.

Ein ungemein artenreiches, über die ganze Erde verbreitetes Geschlecht der Lehmwespen,
welches die eine Grundgestalt des Hinterleibes vergegenwärtigt, ist Odynerus. Dieser nämlich
anhangend, beginnt mit einem mehr oder weniger glockenförmigen Gliede, welches in der Weise
schmäler als das zweite wird, daß der Hinterleib an der Verbindungsstelle beider etwas einge-
schnürt erscheint und besonders am Bauche eine tiefe Grube bekommt, das Kopfschild ist ausge-
randet und läuft seitlich in je ein Zähnchen aus. Schwarz, lebhaft gelbe Binden am Hinterleibe
und vielleicht noch gelbe Fleckchen am Kopfe oder Thorax, stellt sich als die fast allen Arten
gemeinsame Tracht heraus. Das kleinere, schlankere Männchen hat eine etwas breitere Hinter-
leibsspitze mit zwei Anhängen an den Geschlechtswerkzeugen, welche nach dem Tode nicht selten
wie zwei kleine Stacheln, jederseits einer, aus jener hervorragen, außerdem charakterisirt es
sich bei vielen Arten noch durch die an der Spitze spiralig nach außen umgebogenen Fühler.
Man hat in Rücksicht auf kleine Abweichungen von diesem allgemeinen Bau, ob z. B. der Hinter-
rücken gerundet oder kantig, das erste Segment gerundet, oder durch eine Querleiste vorn in
einen steilabfallenden vordern und einen horizontalen hintern Theil geschieden ist, ob die Kinnbacken
drei, auch vier, oder ob sie fünf Zähne an der Kaufläche haben, ob die rücklaufenden Adern näher
oder ferner von den Enden der zweiten Cubitalzelle münden u. s. w., in neueren Zeiten verschiedene
Gattungen davon abgetrennt, welche aber entschieden vielfach in einander übergehen.

Die Mauer-Lehmwespe (Odynerus parietum) ändert in der gelben Zeichnung und der
Größe (3--6 Linien) manchfach ab und hat daher von den Entomologen mehrere Namen erhalten.

Die Hautflügler. Faltenwespen. Eumeniden.
die Vorderflügel nur zwei geſchloſſene Cubitalzellen, das Kopfſchild nimmt in einer vordern Aus-
randung die Oberlippe auf, und die Zunge endigt in zwei feine Fädchen. Das Schildchen
reitet
auf dem dahinter liegenden Theile, dem ſogenannten Hinterſchildchen. Die Fühler endlich
erſcheinen aus nur acht Gliedern zuſammengeſetzt, weil die letzten, nach vorn keulenartig
anſchwellenden, zu dicht an einander liegen, um erkannt werden zu können. Mit den eben erwähnten
Kennzeichen ſtattete Mutter Natur die Maſſariden aus, etwa dreißig Arten, welche in warmen
Ländern leben und auch in zweien, Celonites apiformis und Ceramius Fonscolombi, dem ſüd-
lichen Europa angehören. Einer andern Art der erſten Gattung ſagt man nach, daß ſie im
Jugendzuſtande ſchmarotzend von der Larve einer Scolia lebe. Die Eumeniden, Lehm- oder
Mauerwespen, bilden die zweite Sippe. Sie haben im Vorderflügel drei geſchloſſene Unter-
randzellen (man könnte ſogar von vier ſprechen, weil der Cubitus meiſt bis zum Flügelſaume
reicht), eine lange, dreitheilige Zunge, fadenförmige Taſter, ſechsgliederige an den Kiefern, vier-
gliederige an der Unterlippe, ein herzförmiges oder ovales, nie in einen Zahn auslaufendes Kopf-
ſchild; die Augen reichen bis zur Wurzel der Kinnbacken herab und ſind am Jnnenrande, nahe
dem Scheitel, tief ausgeſchnitten. Die gebrochenen Fühler verdicken ſich ſchwach nach vorn und
beſtehen aus zwölf oder dreizehn Gliedern. Die Kinnbacken, länger als breit, pflegen ſchnabel-
artig nach unten zu ſtehen. Die Krallen der Füße tragen an der Jnnenſeite einen, in ſeltenen
Fällen mehrere Zähnchen und die Mittelſchienen nur einen Sporn. Wie die vorigen leben ſie
einzeln, vorzugsweiſe in Lehmwänden, ſteilen Abhängen fetten Sandes, einige in trockenen Pflanzen-
ſtengeln, in welchen ſie Zellenreihen von Erde anlegen (Odynerus rubicola), unſere heimiſchen
Arten wenigſtens nie in ſchlichter Erde oder lockerem Sande, und verſorgen ihre Brut ein für
allemal mit der gehörigen Portion eingetragener Jnſektenlarven.

Die Vespiden endlich oder Papierwespen leben allermeiſt geſellig, haben unfrucht-
bare Weibchen als Arbeiter, bauen ſehr künſtliche Neſter, in denen dieſe die Brut auffüttern, wie
die Honigbienen. Aeußerlich ſtimmen ſie ſonſt in allen Stücken mit den vorigen, haben aber
einfache Fußklauen, an den Mittelſchienen zwei Sporen, eine kurze, vierlappige Zunge, kürzere
Kinnbacken, bis zu deren Wurzel die Augen nicht herabreichen, und ein mehr viereckiges Kopfſchild.
Die beiden letzten Sippen führten bei Linné den Gattungsnamen Vespa.

Ein ungemein artenreiches, über die ganze Erde verbreitetes Geſchlecht der Lehmwespen,
welches die eine Grundgeſtalt des Hinterleibes vergegenwärtigt, iſt Odynerus. Dieſer nämlich
anhangend, beginnt mit einem mehr oder weniger glockenförmigen Gliede, welches in der Weiſe
ſchmäler als das zweite wird, daß der Hinterleib an der Verbindungsſtelle beider etwas einge-
ſchnürt erſcheint und beſonders am Bauche eine tiefe Grube bekommt, das Kopfſchild iſt ausge-
randet und läuft ſeitlich in je ein Zähnchen aus. Schwarz, lebhaft gelbe Binden am Hinterleibe
und vielleicht noch gelbe Fleckchen am Kopfe oder Thorax, ſtellt ſich als die faſt allen Arten
gemeinſame Tracht heraus. Das kleinere, ſchlankere Männchen hat eine etwas breitere Hinter-
leibsſpitze mit zwei Anhängen an den Geſchlechtswerkzeugen, welche nach dem Tode nicht ſelten
wie zwei kleine Stacheln, jederſeits einer, aus jener hervorragen, außerdem charakteriſirt es
ſich bei vielen Arten noch durch die an der Spitze ſpiralig nach außen umgebogenen Fühler.
Man hat in Rückſicht auf kleine Abweichungen von dieſem allgemeinen Bau, ob z. B. der Hinter-
rücken gerundet oder kantig, das erſte Segment gerundet, oder durch eine Querleiſte vorn in
einen ſteilabfallenden vordern und einen horizontalen hintern Theil geſchieden iſt, ob die Kinnbacken
drei, auch vier, oder ob ſie fünf Zähne an der Kaufläche haben, ob die rücklaufenden Adern näher
oder ferner von den Enden der zweiten Cubitalzelle münden u. ſ. w., in neueren Zeiten verſchiedene
Gattungen davon abgetrennt, welche aber entſchieden vielfach in einander übergehen.

Die Mauer-Lehmwespe (Odynerus parietum) ändert in der gelben Zeichnung und der
Größe (3—6 Linien) manchfach ab und hat daher von den Entomologen mehrere Namen erhalten.

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[198/0218] Die Hautflügler. Faltenwespen. Eumeniden. die Vorderflügel nur zwei geſchloſſene Cubitalzellen, das Kopfſchild nimmt in einer vordern Aus- randung die Oberlippe auf, und die Zunge endigt in zwei feine Fädchen. Das Schildchen reitet auf dem dahinter liegenden Theile, dem ſogenannten Hinterſchildchen. Die Fühler endlich erſcheinen aus nur acht Gliedern zuſammengeſetzt, weil die letzten, nach vorn keulenartig anſchwellenden, zu dicht an einander liegen, um erkannt werden zu können. Mit den eben erwähnten Kennzeichen ſtattete Mutter Natur die Maſſariden aus, etwa dreißig Arten, welche in warmen Ländern leben und auch in zweien, Celonites apiformis und Ceramius Fonscolombi, dem ſüd- lichen Europa angehören. Einer andern Art der erſten Gattung ſagt man nach, daß ſie im Jugendzuſtande ſchmarotzend von der Larve einer Scolia lebe. Die Eumeniden, Lehm- oder Mauerwespen, bilden die zweite Sippe. Sie haben im Vorderflügel drei geſchloſſene Unter- randzellen (man könnte ſogar von vier ſprechen, weil der Cubitus meiſt bis zum Flügelſaume reicht), eine lange, dreitheilige Zunge, fadenförmige Taſter, ſechsgliederige an den Kiefern, vier- gliederige an der Unterlippe, ein herzförmiges oder ovales, nie in einen Zahn auslaufendes Kopf- ſchild; die Augen reichen bis zur Wurzel der Kinnbacken herab und ſind am Jnnenrande, nahe dem Scheitel, tief ausgeſchnitten. Die gebrochenen Fühler verdicken ſich ſchwach nach vorn und beſtehen aus zwölf oder dreizehn Gliedern. Die Kinnbacken, länger als breit, pflegen ſchnabel- artig nach unten zu ſtehen. Die Krallen der Füße tragen an der Jnnenſeite einen, in ſeltenen Fällen mehrere Zähnchen und die Mittelſchienen nur einen Sporn. Wie die vorigen leben ſie einzeln, vorzugsweiſe in Lehmwänden, ſteilen Abhängen fetten Sandes, einige in trockenen Pflanzen- ſtengeln, in welchen ſie Zellenreihen von Erde anlegen (Odynerus rubicola), unſere heimiſchen Arten wenigſtens nie in ſchlichter Erde oder lockerem Sande, und verſorgen ihre Brut ein für allemal mit der gehörigen Portion eingetragener Jnſektenlarven. Die Vespiden endlich oder Papierwespen leben allermeiſt geſellig, haben unfrucht- bare Weibchen als Arbeiter, bauen ſehr künſtliche Neſter, in denen dieſe die Brut auffüttern, wie die Honigbienen. Aeußerlich ſtimmen ſie ſonſt in allen Stücken mit den vorigen, haben aber einfache Fußklauen, an den Mittelſchienen zwei Sporen, eine kurze, vierlappige Zunge, kürzere Kinnbacken, bis zu deren Wurzel die Augen nicht herabreichen, und ein mehr viereckiges Kopfſchild. Die beiden letzten Sippen führten bei Linné den Gattungsnamen Vespa. Ein ungemein artenreiches, über die ganze Erde verbreitetes Geſchlecht der Lehmwespen, welches die eine Grundgeſtalt des Hinterleibes vergegenwärtigt, iſt Odynerus. Dieſer nämlich anhangend, beginnt mit einem mehr oder weniger glockenförmigen Gliede, welches in der Weiſe ſchmäler als das zweite wird, daß der Hinterleib an der Verbindungsſtelle beider etwas einge- ſchnürt erſcheint und beſonders am Bauche eine tiefe Grube bekommt, das Kopfſchild iſt ausge- randet und läuft ſeitlich in je ein Zähnchen aus. Schwarz, lebhaft gelbe Binden am Hinterleibe und vielleicht noch gelbe Fleckchen am Kopfe oder Thorax, ſtellt ſich als die faſt allen Arten gemeinſame Tracht heraus. Das kleinere, ſchlankere Männchen hat eine etwas breitere Hinter- leibsſpitze mit zwei Anhängen an den Geſchlechtswerkzeugen, welche nach dem Tode nicht ſelten wie zwei kleine Stacheln, jederſeits einer, aus jener hervorragen, außerdem charakteriſirt es ſich bei vielen Arten noch durch die an der Spitze ſpiralig nach außen umgebogenen Fühler. Man hat in Rückſicht auf kleine Abweichungen von dieſem allgemeinen Bau, ob z. B. der Hinter- rücken gerundet oder kantig, das erſte Segment gerundet, oder durch eine Querleiſte vorn in einen ſteilabfallenden vordern und einen horizontalen hintern Theil geſchieden iſt, ob die Kinnbacken drei, auch vier, oder ob ſie fünf Zähne an der Kaufläche haben, ob die rücklaufenden Adern näher oder ferner von den Enden der zweiten Cubitalzelle münden u. ſ. w., in neueren Zeiten verſchiedene Gattungen davon abgetrennt, welche aber entſchieden vielfach in einander übergehen. Die Mauer-Lehmwespe (Odynerus parietum) ändert in der gelben Zeichnung und der Größe (3—6 Linien) manchfach ab und hat daher von den Entomologen mehrere Namen erhalten.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/218>, abgerufen am 25.11.2024.