entdeckten verschieden und gehören einer anderen Art an. Wagner hat inzwischen das voll- kommene Jnsekt auch erzogen. Die winzigen Fliegen haben zunächst für uns weniger Jnteresse, wir halten nur daran fest, daß es lebendig gebärende Fliegenlarven gibt und daß die Jungen sich aller Wahrscheinlichkeit nach aus Eiern im Leibe der Mutter entwickeln.
Abgesehen von den eben erzählten, mit allen bisherigen Beobachtungen im geraden Wider- spruche stehenden Fällen, wird bei den Jnsekten mit vollkommener Verwandlung die Larve zu einer ruhenden Puppe (Nymphe) und wenn man auch bei denen mit unvollkommener Metamor- phose von einer solchen spricht, so meint man der Analogie nach die Larve, welche nach ihrer letzten Häutung die Flügelstumpfe bekommen hat. Die Puppe zeigt bereits alle Theile des Jmago, Fühler, die noch zusammengeschrumpften Flügel, die sechs Beine, sie alle liegen, jedes, wie der übrige Körper in ein zartes Häutchen eingehüllt, an der Vorderseite angedrückt, die angezogenen Beine unter einander oder von den Flügeln theilweise gedeckt. Wird es nöthig, eine Puppe näher zu bezeichnen, so nennt man die auf die eben angegebene Art gebildete eine gemeiselte oder zusammengekauerte Puppe. Bei den Schmetterlingen wird die gemeiselte Puppe noch mit einer gegliederten Hornhaut überzogen, welche durch Nähte, Eindrücke und Erhabenheiten die Lage der vorhergenannten Theile und des Saugrüffels gleichfalls erkennen läßt und in ihrem geringelten Hinterleibe oft sehr beweglich zu sein pflegt. Bei den Fliegenmaden erhärtet häufig zuletzt die Haut zu einer tonnenförmigen Hülfe, in welcher die eigentliche Puppe eingeschlossen ist; dergleichen meint man, wenn von Tonnenpüppchen die Rede ist, denen dann die nackten Puppen, z. B. der Mücken entgegengestellt werden. Die Tonnenpüppchen darf man nicht verwechseln mit den sehr oft ebenso geformten, loseren oder dichteren und dann oft pergamentartigen Gespinnsten, welche als Cocons gewisse Puppen, besonders häufig bei den Schmetterlingen, außer den sie schützenden Häuten noch weiter umhüllen und so recht eigentlich den Sarg bilden, in welchem der kleine Scheintodte seiner Auferstehung entgegenharrt.
Natürlich erscheint es, daß die Puppe sich allemal da finden müsse, wo die Larve lebte, und doch trifft diese Annahme nicht immer zu. Jch wüßte keine in der Erde lebende Larve zu nennen, die zur Verpuppung aus derselben herausginge, genug dagegen, die auf Blättern, in Früchten oder im Stengel, ja in anderen Thieren hausen und zur Verpuppung die Erde oder die verborgen lebenden wenigstens das Freie aufsuchen. Worin die Nothwendigkeit dieser Ortsveränderung liege, läßt sich nicht immer angeben; denn wenn man sagen wollte, die bohrend lebenden Raupen müßten aus ihren Verstecken vor der Verpuppung herausgehen, weil der Schmetterling, der keine beißenden Mundtheile hat, sich aus dem Schilfstengel, dem Holze etc. nicht hervorarbeiten könne, so scheint diese Annahme gerechtfertigt, ist aber in der Wirklichkeit nicht begründet. Gerade von diesen bleiben vielleicht die meisten auch als Puppe da, wo die Raupe lebte, dieser gab es aber der Jnstinkt ein, vor ihrer Verwandelung ein Flugloch zu nagen bis auf die äußerste feine Pflanzen- haut oder auch bis in das Freie und es dann wieder mit feinem Gespinnst zu verschließen, welches der künftige Schmetterling eben so leicht wie jene stehengelassene dünne Pflanzenhaut durch- bricht. Uebrigens sind sehr viele Puppen mit Dörnchen oder sonstigen, dem Auge wenig bemerk- baren Einrichtungen versehen, mit denen sie an ihrer Umgebung haften, um so dem ausschlüpfenden Jmago einen gewissen Widerstand entgegenzusetzen und so die ermüdende Arbeit bedeutend zu erleichtern. Wenn gewisse Wasserlarven dieses Element zur Verpuppung verlassen, so hängt dies mit der jetzt eintretenden Veränderung ihrer Athmungswerkzeuge auf das Engste zusammen. Die Kiemen werden nämlich durch Tracheen ersetzt. Es bleiben indeß noch genug Fälle übrig, in denen wir bekennen müssen: warum dies hier so, dort anders sei, wissen wir nicht; die Natur hat es einmal so eingerichtet, vielleicht will sie uns nur ihre unendliche Manchfaltigkeit, ihre unbe- grenzte Erfindungsgabe zur Anschauung bringen.
Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
entdeckten verſchieden und gehören einer anderen Art an. Wagner hat inzwiſchen das voll- kommene Jnſekt auch erzogen. Die winzigen Fliegen haben zunächſt für uns weniger Jntereſſe, wir halten nur daran feſt, daß es lebendig gebärende Fliegenlarven gibt und daß die Jungen ſich aller Wahrſcheinlichkeit nach aus Eiern im Leibe der Mutter entwickeln.
Abgeſehen von den eben erzählten, mit allen bisherigen Beobachtungen im geraden Wider- ſpruche ſtehenden Fällen, wird bei den Jnſekten mit vollkommener Verwandlung die Larve zu einer ruhenden Puppe (Nymphe) und wenn man auch bei denen mit unvollkommener Metamor- phoſe von einer ſolchen ſpricht, ſo meint man der Analogie nach die Larve, welche nach ihrer letzten Häutung die Flügelſtumpfe bekommen hat. Die Puppe zeigt bereits alle Theile des Jmago, Fühler, die noch zuſammengeſchrumpften Flügel, die ſechs Beine, ſie alle liegen, jedes, wie der übrige Körper in ein zartes Häutchen eingehüllt, an der Vorderſeite angedrückt, die angezogenen Beine unter einander oder von den Flügeln theilweiſe gedeckt. Wird es nöthig, eine Puppe näher zu bezeichnen, ſo nennt man die auf die eben angegebene Art gebildete eine gemeiſelte oder zuſammengekauerte Puppe. Bei den Schmetterlingen wird die gemeiſelte Puppe noch mit einer gegliederten Hornhaut überzogen, welche durch Nähte, Eindrücke und Erhabenheiten die Lage der vorhergenannten Theile und des Saugrüffels gleichfalls erkennen läßt und in ihrem geringelten Hinterleibe oft ſehr beweglich zu ſein pflegt. Bei den Fliegenmaden erhärtet häufig zuletzt die Haut zu einer tonnenförmigen Hülfe, in welcher die eigentliche Puppe eingeſchloſſen iſt; dergleichen meint man, wenn von Tonnenpüppchen die Rede iſt, denen dann die nackten Puppen, z. B. der Mücken entgegengeſtellt werden. Die Tonnenpüppchen darf man nicht verwechſeln mit den ſehr oft ebenſo geformten, loſeren oder dichteren und dann oft pergamentartigen Geſpinnſten, welche als Cocons gewiſſe Puppen, beſonders häufig bei den Schmetterlingen, außer den ſie ſchützenden Häuten noch weiter umhüllen und ſo recht eigentlich den Sarg bilden, in welchem der kleine Scheintodte ſeiner Auferſtehung entgegenharrt.
Natürlich erſcheint es, daß die Puppe ſich allemal da finden müſſe, wo die Larve lebte, und doch trifft dieſe Annahme nicht immer zu. Jch wüßte keine in der Erde lebende Larve zu nennen, die zur Verpuppung aus derſelben herausginge, genug dagegen, die auf Blättern, in Früchten oder im Stengel, ja in anderen Thieren hauſen und zur Verpuppung die Erde oder die verborgen lebenden wenigſtens das Freie aufſuchen. Worin die Nothwendigkeit dieſer Ortsveränderung liege, läßt ſich nicht immer angeben; denn wenn man ſagen wollte, die bohrend lebenden Raupen müßten aus ihren Verſtecken vor der Verpuppung herausgehen, weil der Schmetterling, der keine beißenden Mundtheile hat, ſich aus dem Schilfſtengel, dem Holze ꝛc. nicht hervorarbeiten könne, ſo ſcheint dieſe Annahme gerechtfertigt, iſt aber in der Wirklichkeit nicht begründet. Gerade von dieſen bleiben vielleicht die meiſten auch als Puppe da, wo die Raupe lebte, dieſer gab es aber der Jnſtinkt ein, vor ihrer Verwandelung ein Flugloch zu nagen bis auf die äußerſte feine Pflanzen- haut oder auch bis in das Freie und es dann wieder mit feinem Geſpinnſt zu verſchließen, welches der künftige Schmetterling eben ſo leicht wie jene ſtehengelaſſene dünne Pflanzenhaut durch- bricht. Uebrigens ſind ſehr viele Puppen mit Dörnchen oder ſonſtigen, dem Auge wenig bemerk- baren Einrichtungen verſehen, mit denen ſie an ihrer Umgebung haften, um ſo dem ausſchlüpfenden Jmago einen gewiſſen Widerſtand entgegenzuſetzen und ſo die ermüdende Arbeit bedeutend zu erleichtern. Wenn gewiſſe Waſſerlarven dieſes Element zur Verpuppung verlaſſen, ſo hängt dies mit der jetzt eintretenden Veränderung ihrer Athmungswerkzeuge auf das Engſte zuſammen. Die Kiemen werden nämlich durch Tracheen erſetzt. Es bleiben indeß noch genug Fälle übrig, in denen wir bekennen müſſen: warum dies hier ſo, dort anders ſei, wiſſen wir nicht; die Natur hat es einmal ſo eingerichtet, vielleicht will ſie uns nur ihre unendliche Manchfaltigkeit, ihre unbe- grenzte Erfindungsgabe zur Anſchauung bringen.
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Ein Blick auf das Leben der Geſammtheit.
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wir halten nur daran feſt, daß es lebendig gebärende Fliegenlarven gibt und daß die Jungen
ſich aller Wahrſcheinlichkeit nach aus Eiern im Leibe der Mutter entwickeln.
Abgeſehen von den eben erzählten, mit allen bisherigen Beobachtungen im geraden Wider-
ſpruche ſtehenden Fällen, wird bei den Jnſekten mit vollkommener Verwandlung die Larve zu
einer ruhenden Puppe (Nymphe) und wenn man auch bei denen mit unvollkommener Metamor-
phoſe von einer ſolchen ſpricht, ſo meint man der Analogie nach die Larve, welche nach ihrer letzten
Häutung die Flügelſtumpfe bekommen hat. Die Puppe zeigt bereits alle Theile des Jmago,
Fühler, die noch zuſammengeſchrumpften Flügel, die ſechs Beine, ſie alle liegen, jedes, wie der
übrige Körper in ein zartes Häutchen eingehüllt, an der Vorderſeite angedrückt, die angezogenen
Beine unter einander oder von den Flügeln theilweiſe gedeckt. Wird es nöthig, eine Puppe näher
zu bezeichnen, ſo nennt man die auf die eben angegebene Art gebildete eine gemeiſelte oder
zuſammengekauerte Puppe. Bei den Schmetterlingen wird die gemeiſelte Puppe noch mit
einer gegliederten Hornhaut überzogen, welche durch Nähte, Eindrücke und Erhabenheiten die Lage
der vorhergenannten Theile und des Saugrüffels gleichfalls erkennen läßt und in ihrem geringelten
Hinterleibe oft ſehr beweglich zu ſein pflegt. Bei den Fliegenmaden erhärtet häufig zuletzt die
Haut zu einer tonnenförmigen Hülfe, in welcher die eigentliche Puppe eingeſchloſſen iſt; dergleichen
meint man, wenn von Tonnenpüppchen die Rede iſt, denen dann die nackten Puppen, z. B.
der Mücken entgegengeſtellt werden. Die Tonnenpüppchen darf man nicht verwechſeln mit
den ſehr oft ebenſo geformten, loſeren oder dichteren und dann oft pergamentartigen Geſpinnſten,
welche als Cocons gewiſſe Puppen, beſonders häufig bei den Schmetterlingen, außer den ſie
ſchützenden Häuten noch weiter umhüllen und ſo recht eigentlich den Sarg bilden, in welchem der
kleine Scheintodte ſeiner Auferſtehung entgegenharrt.
Natürlich erſcheint es, daß die Puppe ſich allemal da finden müſſe, wo die Larve lebte, und
doch trifft dieſe Annahme nicht immer zu. Jch wüßte keine in der Erde lebende Larve zu nennen,
die zur Verpuppung aus derſelben herausginge, genug dagegen, die auf Blättern, in Früchten oder
im Stengel, ja in anderen Thieren hauſen und zur Verpuppung die Erde oder die verborgen
lebenden wenigſtens das Freie aufſuchen. Worin die Nothwendigkeit dieſer Ortsveränderung liege,
läßt ſich nicht immer angeben; denn wenn man ſagen wollte, die bohrend lebenden Raupen
müßten aus ihren Verſtecken vor der Verpuppung herausgehen, weil der Schmetterling, der keine
beißenden Mundtheile hat, ſich aus dem Schilfſtengel, dem Holze ꝛc. nicht hervorarbeiten könne, ſo
ſcheint dieſe Annahme gerechtfertigt, iſt aber in der Wirklichkeit nicht begründet. Gerade von dieſen
bleiben vielleicht die meiſten auch als Puppe da, wo die Raupe lebte, dieſer gab es aber der
Jnſtinkt ein, vor ihrer Verwandelung ein Flugloch zu nagen bis auf die äußerſte feine Pflanzen-
haut oder auch bis in das Freie und es dann wieder mit feinem Geſpinnſt zu verſchließen,
welches der künftige Schmetterling eben ſo leicht wie jene ſtehengelaſſene dünne Pflanzenhaut durch-
bricht. Uebrigens ſind ſehr viele Puppen mit Dörnchen oder ſonſtigen, dem Auge wenig bemerk-
baren Einrichtungen verſehen, mit denen ſie an ihrer Umgebung haften, um ſo dem ausſchlüpfenden
Jmago einen gewiſſen Widerſtand entgegenzuſetzen und ſo die ermüdende Arbeit bedeutend zu
erleichtern. Wenn gewiſſe Waſſerlarven dieſes Element zur Verpuppung verlaſſen, ſo hängt dies
mit der jetzt eintretenden Veränderung ihrer Athmungswerkzeuge auf das Engſte zuſammen. Die
Kiemen werden nämlich durch Tracheen erſetzt. Es bleiben indeß noch genug Fälle übrig, in
denen wir bekennen müſſen: warum dies hier ſo, dort anders ſei, wiſſen wir nicht; die Natur hat
es einmal ſo eingerichtet, vielleicht will ſie uns nur ihre unendliche Manchfaltigkeit, ihre unbe-
grenzte Erfindungsgabe zur Anſchauung bringen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/30>, abgerufen am 23.11.2024.
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