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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Magenbreme des Pferdes. Nasenbreme des Schafes.
und durchsichtig ist. Man meint, diese Blase, welche man auch bei Tachinen und anderen Mus-
ciden im Jugendalter wahrnehmen kann, leiste beim Abstoßen des Deckels gute Dienste. Mit
dem vollkommenen Abtrocknen der neugebornen Fliege verschwindet dieselbe, und die Breme fliegt
nun unter Gebrumm aus, um sich zu paaren. Sie gehört zu denen, welche hohe Punkte auf-
suchen. Auf einer kahlen Anhöhe, welche nie von Pferden besucht wird, umschwärmte mich am
6. August eine Pferdemagenfliege, setzte sich an meinen Rock und ließ sich fangen. Das
befruchtete Weibchen geht nun bei heiterem, warmen Wetter an seine Arbeit. Flüchtig und unstät
umschwärmt es das Pferd, welches ihm auf der Weide, dem Acker, der Landstraße zugänglich
wird, umklammert sein Haar, so lange als nöthig ist, um ein Ei (a), auch wohl einige daran zu
kleben, fliegt auf, kommt in derselben Absicht wieder und fährt damit fort, so lange Witterung,
Tageszeit und der Aufenthalt des Pferdes, Esels oder Maulthieres im Freien es ihm gestatten;
in den Stall oder in das Wasser folgt es niemals. Der weibliche Hinterleib enthält ungefähr
siebenhundert dieser sonderbar gestalteten, erst weißen, später gelblichen Eier. Aus ihnen kriechen
nach wenigen Tagen die Larven aus, indem sie oben das Deckelchen abstoßen, in ihrer Ent-
wickelung durch die Wärme der Luft und die Ausdünstung des Rosses begünstigt. Jnstinktmäßig
schlängeln sich die jungen Maden (c) nach den Lippen des Thieres oder werden wegen des Haut-
reizes, welchen sie erzeugen, weggeleckt und verschluckt. Bei der Schwierigkeit, an den Ort ihrer
Bestimmung zu gelangen, in Folge deren manche Larve zu Grunde geht, stattete die Natur den
weiblichen Eierstock mit zahlreichen Eiern aus. Nach zweimaliger Häutung nimmt die Larve die
Form von Fig. b an, ist fleischroth von Farbe, etwas niedergedrückt und an den Leibesringen
mit Ausschluß der letzten durch doppelte, nach hinten gerichtete Stachelkränze rauh. Vorn unter-
scheidet man zwei aus- und einziehbare Wärzchen an der obern und zwei querstehende Hornhaken,
die zum Festhalten dienen, an der untern Seite; zwischen beiden letzteren öffnet sich der Mund
in einer Längsspalte. Am stumpfen Asterende liegen in Querfurchen die schwer zu erkennenden
Oeffnungen der Luftlöcher. Jm Magen haken sich die Larven fest, einzelne auch im Schlunde,
und man findet sie in von ihnen gebildeten Gruben oder Zellen, besonders bei Weidepferden nicht
selten in förmlichen Nestern von funfzig bis hundert Stück beisammen, größere und kleinere. Sie
saugen an der Schleimhaut wie Blutegel, erzeugen Grübchen und nach und nach größere Höhlungen,
welche eine eiterähnliche Flüssigkeit als ihre Nahrung absondern. Diese Stellen vernarben wieder,
wenn sie von den Larven verlassen sind. Aufangs wachsen die Maden sehr schnell und ändern
bisweilen auch ihren Aufenthaltsort. Haben sie durchschnittlich etwa zehn Monate hindurch ihr
Unwesen im Magen getrieben, so verlassen sie das gequälte Thier im Laufe des Mai, Juni oder
Juli in dessen Excrementen. Auf ihrem langen Wege durch die Därme, welchen sie, unterstützt
durch die peristaltischen Bewegungen derselben, in verhältnißmäßig kurzer Zeit zurücklegen, scheinen
sie ihre letzte Entwickelung zu erlangen, wenigstens hat es in nur äußerst seltenen Fällen gelingen
wollen, aus solchen Larven Fliegen zu erziehen, welche dem Magen zu Grunde gegangener Pferde
entnommen wurden. Auf der Erde angelangt, gräbt sich die Larve senkrecht in dieselbe, bis das
Ende des Leibes davon bedeckt ist, kehrt sich um, schrumpft ein und wird zum harten Tönnchen (d),
dessen vordere Athmungswerkzeuge wie zwei Ohren hervortreten. Zur Ausbildung der Fliege sind
bei einigermaßen günstigen Witterungsverhältnissen durchschnittlich sechs Wochen ausreichend. --
Man kennt noch sechs andere Magenöstriden, welche fast alle im Pferde, überhaupt aber nur in
Einhufern leben.

Die Schaf-Dasselfliege, Nasenbreme des Schafes (Oestrus oder Cephalomyia ovis)
gehört zu einer zweiten Reihe der Oestriden. Sie ist ein braunes, fast nacktes Thier, dessen Hinter-
leib durch weiße Seidenhärchen gewürfelt erscheint. Stirn und Rückenschild sind durch schwarze
Wärzchen rauh und die Flügel mit einer Spitzenquerader versehen. Man findet die Fliegen
an Stellen, wo Schafe zu weiden pflegen, in Mauerlöchern, zwischen Rindenrissen von Baum-
stämmen still sitzend, so daß man sie wegnehmen kann, und zwar im August und September.

Magenbreme des Pferdes. Naſenbreme des Schafes.
und durchſichtig iſt. Man meint, dieſe Blaſe, welche man auch bei Tachinen und anderen Mus-
ciden im Jugendalter wahrnehmen kann, leiſte beim Abſtoßen des Deckels gute Dienſte. Mit
dem vollkommenen Abtrocknen der neugebornen Fliege verſchwindet dieſelbe, und die Breme fliegt
nun unter Gebrumm aus, um ſich zu paaren. Sie gehört zu denen, welche hohe Punkte auf-
ſuchen. Auf einer kahlen Anhöhe, welche nie von Pferden beſucht wird, umſchwärmte mich am
6. Auguſt eine Pferdemagenfliege, ſetzte ſich an meinen Rock und ließ ſich fangen. Das
befruchtete Weibchen geht nun bei heiterem, warmen Wetter an ſeine Arbeit. Flüchtig und unſtät
umſchwärmt es das Pferd, welches ihm auf der Weide, dem Acker, der Landſtraße zugänglich
wird, umklammert ſein Haar, ſo lange als nöthig iſt, um ein Ei (a), auch wohl einige daran zu
kleben, fliegt auf, kommt in derſelben Abſicht wieder und fährt damit fort, ſo lange Witterung,
Tageszeit und der Aufenthalt des Pferdes, Eſels oder Maulthieres im Freien es ihm geſtatten;
in den Stall oder in das Waſſer folgt es niemals. Der weibliche Hinterleib enthält ungefähr
ſiebenhundert dieſer ſonderbar geſtalteten, erſt weißen, ſpäter gelblichen Eier. Aus ihnen kriechen
nach wenigen Tagen die Larven aus, indem ſie oben das Deckelchen abſtoßen, in ihrer Ent-
wickelung durch die Wärme der Luft und die Ausdünſtung des Roſſes begünſtigt. Jnſtinktmäßig
ſchlängeln ſich die jungen Maden (c) nach den Lippen des Thieres oder werden wegen des Haut-
reizes, welchen ſie erzeugen, weggeleckt und verſchluckt. Bei der Schwierigkeit, an den Ort ihrer
Beſtimmung zu gelangen, in Folge deren manche Larve zu Grunde geht, ſtattete die Natur den
weiblichen Eierſtock mit zahlreichen Eiern aus. Nach zweimaliger Häutung nimmt die Larve die
Form von Fig. b an, iſt fleiſchroth von Farbe, etwas niedergedrückt und an den Leibesringen
mit Ausſchluß der letzten durch doppelte, nach hinten gerichtete Stachelkränze rauh. Vorn unter-
ſcheidet man zwei aus- und einziehbare Wärzchen an der obern und zwei querſtehende Hornhaken,
die zum Feſthalten dienen, an der untern Seite; zwiſchen beiden letzteren öffnet ſich der Mund
in einer Längsſpalte. Am ſtumpfen Aſterende liegen in Querfurchen die ſchwer zu erkennenden
Oeffnungen der Luftlöcher. Jm Magen haken ſich die Larven feſt, einzelne auch im Schlunde,
und man findet ſie in von ihnen gebildeten Gruben oder Zellen, beſonders bei Weidepferden nicht
ſelten in förmlichen Neſtern von funfzig bis hundert Stück beiſammen, größere und kleinere. Sie
ſaugen an der Schleimhaut wie Blutegel, erzeugen Grübchen und nach und nach größere Höhlungen,
welche eine eiterähnliche Flüſſigkeit als ihre Nahrung abſondern. Dieſe Stellen vernarben wieder,
wenn ſie von den Larven verlaſſen ſind. Aufangs wachſen die Maden ſehr ſchnell und ändern
bisweilen auch ihren Aufenthaltsort. Haben ſie durchſchnittlich etwa zehn Monate hindurch ihr
Unweſen im Magen getrieben, ſo verlaſſen ſie das gequälte Thier im Laufe des Mai, Juni oder
Juli in deſſen Excrementen. Auf ihrem langen Wege durch die Därme, welchen ſie, unterſtützt
durch die periſtaltiſchen Bewegungen derſelben, in verhältnißmäßig kurzer Zeit zurücklegen, ſcheinen
ſie ihre letzte Entwickelung zu erlangen, wenigſtens hat es in nur äußerſt ſeltenen Fällen gelingen
wollen, aus ſolchen Larven Fliegen zu erziehen, welche dem Magen zu Grunde gegangener Pferde
entnommen wurden. Auf der Erde angelangt, gräbt ſich die Larve ſenkrecht in dieſelbe, bis das
Ende des Leibes davon bedeckt iſt, kehrt ſich um, ſchrumpft ein und wird zum harten Tönnchen (d),
deſſen vordere Athmungswerkzeuge wie zwei Ohren hervortreten. Zur Ausbildung der Fliege ſind
bei einigermaßen günſtigen Witterungsverhältniſſen durchſchnittlich ſechs Wochen ausreichend. —
Man kennt noch ſechs andere Magenöſtriden, welche faſt alle im Pferde, überhaupt aber nur in
Einhufern leben.

Die Schaf-Daſſelfliege, Naſenbreme des Schafes (Oestrus oder Cephalomyia ovis)
gehört zu einer zweiten Reihe der Oeſtriden. Sie iſt ein braunes, faſt nacktes Thier, deſſen Hinter-
leib durch weiße Seidenhärchen gewürfelt erſcheint. Stirn und Rückenſchild ſind durch ſchwarze
Wärzchen rauh und die Flügel mit einer Spitzenquerader verſehen. Man findet die Fliegen
an Stellen, wo Schafe zu weiden pflegen, in Mauerlöchern, zwiſchen Rindenriſſen von Baum-
ſtämmen ſtill ſitzend, ſo daß man ſie wegnehmen kann, und zwar im Auguſt und September.

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[405/0431] Magenbreme des Pferdes. Naſenbreme des Schafes. und durchſichtig iſt. Man meint, dieſe Blaſe, welche man auch bei Tachinen und anderen Mus- ciden im Jugendalter wahrnehmen kann, leiſte beim Abſtoßen des Deckels gute Dienſte. Mit dem vollkommenen Abtrocknen der neugebornen Fliege verſchwindet dieſelbe, und die Breme fliegt nun unter Gebrumm aus, um ſich zu paaren. Sie gehört zu denen, welche hohe Punkte auf- ſuchen. Auf einer kahlen Anhöhe, welche nie von Pferden beſucht wird, umſchwärmte mich am 6. Auguſt eine Pferdemagenfliege, ſetzte ſich an meinen Rock und ließ ſich fangen. Das befruchtete Weibchen geht nun bei heiterem, warmen Wetter an ſeine Arbeit. Flüchtig und unſtät umſchwärmt es das Pferd, welches ihm auf der Weide, dem Acker, der Landſtraße zugänglich wird, umklammert ſein Haar, ſo lange als nöthig iſt, um ein Ei (a), auch wohl einige daran zu kleben, fliegt auf, kommt in derſelben Abſicht wieder und fährt damit fort, ſo lange Witterung, Tageszeit und der Aufenthalt des Pferdes, Eſels oder Maulthieres im Freien es ihm geſtatten; in den Stall oder in das Waſſer folgt es niemals. Der weibliche Hinterleib enthält ungefähr ſiebenhundert dieſer ſonderbar geſtalteten, erſt weißen, ſpäter gelblichen Eier. Aus ihnen kriechen nach wenigen Tagen die Larven aus, indem ſie oben das Deckelchen abſtoßen, in ihrer Ent- wickelung durch die Wärme der Luft und die Ausdünſtung des Roſſes begünſtigt. Jnſtinktmäßig ſchlängeln ſich die jungen Maden (c) nach den Lippen des Thieres oder werden wegen des Haut- reizes, welchen ſie erzeugen, weggeleckt und verſchluckt. Bei der Schwierigkeit, an den Ort ihrer Beſtimmung zu gelangen, in Folge deren manche Larve zu Grunde geht, ſtattete die Natur den weiblichen Eierſtock mit zahlreichen Eiern aus. Nach zweimaliger Häutung nimmt die Larve die Form von Fig. b an, iſt fleiſchroth von Farbe, etwas niedergedrückt und an den Leibesringen mit Ausſchluß der letzten durch doppelte, nach hinten gerichtete Stachelkränze rauh. Vorn unter- ſcheidet man zwei aus- und einziehbare Wärzchen an der obern und zwei querſtehende Hornhaken, die zum Feſthalten dienen, an der untern Seite; zwiſchen beiden letzteren öffnet ſich der Mund in einer Längsſpalte. Am ſtumpfen Aſterende liegen in Querfurchen die ſchwer zu erkennenden Oeffnungen der Luftlöcher. Jm Magen haken ſich die Larven feſt, einzelne auch im Schlunde, und man findet ſie in von ihnen gebildeten Gruben oder Zellen, beſonders bei Weidepferden nicht ſelten in förmlichen Neſtern von funfzig bis hundert Stück beiſammen, größere und kleinere. Sie ſaugen an der Schleimhaut wie Blutegel, erzeugen Grübchen und nach und nach größere Höhlungen, welche eine eiterähnliche Flüſſigkeit als ihre Nahrung abſondern. Dieſe Stellen vernarben wieder, wenn ſie von den Larven verlaſſen ſind. Aufangs wachſen die Maden ſehr ſchnell und ändern bisweilen auch ihren Aufenthaltsort. Haben ſie durchſchnittlich etwa zehn Monate hindurch ihr Unweſen im Magen getrieben, ſo verlaſſen ſie das gequälte Thier im Laufe des Mai, Juni oder Juli in deſſen Excrementen. Auf ihrem langen Wege durch die Därme, welchen ſie, unterſtützt durch die periſtaltiſchen Bewegungen derſelben, in verhältnißmäßig kurzer Zeit zurücklegen, ſcheinen ſie ihre letzte Entwickelung zu erlangen, wenigſtens hat es in nur äußerſt ſeltenen Fällen gelingen wollen, aus ſolchen Larven Fliegen zu erziehen, welche dem Magen zu Grunde gegangener Pferde entnommen wurden. Auf der Erde angelangt, gräbt ſich die Larve ſenkrecht in dieſelbe, bis das Ende des Leibes davon bedeckt iſt, kehrt ſich um, ſchrumpft ein und wird zum harten Tönnchen (d), deſſen vordere Athmungswerkzeuge wie zwei Ohren hervortreten. Zur Ausbildung der Fliege ſind bei einigermaßen günſtigen Witterungsverhältniſſen durchſchnittlich ſechs Wochen ausreichend. — Man kennt noch ſechs andere Magenöſtriden, welche faſt alle im Pferde, überhaupt aber nur in Einhufern leben. Die Schaf-Daſſelfliege, Naſenbreme des Schafes (Oestrus oder Cephalomyia ovis) gehört zu einer zweiten Reihe der Oeſtriden. Sie iſt ein braunes, faſt nacktes Thier, deſſen Hinter- leib durch weiße Seidenhärchen gewürfelt erſcheint. Stirn und Rückenſchild ſind durch ſchwarze Wärzchen rauh und die Flügel mit einer Spitzenquerader verſehen. Man findet die Fliegen an Stellen, wo Schafe zu weiden pflegen, in Mauerlöchern, zwiſchen Rindenriſſen von Baum- ſtämmen ſtill ſitzend, ſo daß man ſie wegnehmen kann, und zwar im Auguſt und September.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/431>, abgerufen am 23.11.2024.