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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Die Schnabelkerfe. Blattläuse.
grünlich schwarzen Untergrund, schraubenartig geringelte Fühler auf zwei sehr kurzen Grund-
gliedern. Jm Mai sitzen die ersteren nach der Ueberwinterung an den Blattstielen und saugen;
dadurch entsteht anfänglich eine Anschwellung, welche ringsum einen Wall aufwirft, so daß sich
das Thier bald in einer Grube befindet, von deren Rändern es mit der Zeit überwachsen wird.
Hierin bildet sich nun die fast nur aus Geflügelten bestehende Kolonie, welche hervordringen und sich
weiter verbreiten, sobald im Herbst die Galle durch eine Längsspalte ihnen den Ausweg
eröffnet hat.

Sehr nahe mit der eben erwähnten Wolllaus verwandt ist die Blattlaus der kleinen
Rüsterngalle
(Tetraneura ulmi). Während die Wollläuse im Hinterflügel zwei Schrägadern
haben, kommt nur eine bei den Gallenläusen (Tetraneura) vor. Unsere Art lebt in den
bohnengroßen Gallen auf der Oberseite der Rüsterblätter, welche ihre anfängliche rothe Farbe
mit einer gelben vertauschen und sich im Juni durch ein unregelmäßiges Loch auf dem Gipfel
öffnen, damit die schwarzen und nackten, am Hinterleib dunkelgrünen, geflügelten Blattläuse heraus
können; auch hier ist die Urheberin der Galle ein ungeflügeltes, grünes und kahles Weibchen von
mehr kugeliger Gestalt. Die bekannten "Taschen oder Narren", welche bisweilen statt der guten
Zwetschen an den Bäumen einzeln vorkommen, rühren von einem Gattungsgenossen der
Zwetschen-Gallenlaus (T. pruni) her.

Man darf die oben erwähnten bohnengroßen Gallen an den Rüsterblättern nicht mit den
blasigen Auftreibungen verwechseln, welche allmälig das ganze Blatt einnehmen und wie Säcke
von der Größe einer Wallnuß bis zu der einer Faust an den Ulmenbüschen herabhängen und
diese verunstalten. Sie rühren von der Rüstern-Haargallenlaus (Schizoneura lanuginosa)
her, einer Blattlaus, welche im geflügelten Zustand ihre schwarze Grundfarbe am Hinterleibe,
besonders dessen Spitze mit weißem Flaum überzieht und sich durch eine zweizinkige Gabelader
unter dem Flügelmal auszeichnet. Die eine Linie messenden ungeflügelten Jndividuen verdecken
ihre schwarze Grundfarbe durch bläulichweißes Wollhaar und haben nur vier kurze Glieder in
ihren Fühlern. Ausgangs Juli oder im August öffnet sich die Galle am obern Ende durch ein
unregelmäßiges Loch. Außer den beiden erwähnten Ulmenläusen leben noch zwei seltnere Arten
an den Blättern desselben Baumes.

Zu den größeren und plumperen Pflanzenparasiten gehören die Baumläuse (Lachnus),
welche sechsgliedrige Fühler, statt der Saftröhren nur höckerartige Drüsen, eine ein- oder zwei-
gabelige Ader (Cubitus) unter dem Male des vorderen und zwei Schrägadern im hinteren Flügel
haben. Von den 18 deutschen Arten möge die Weiden-Baumlaus (L. punctatus) ein Bild
dieser Gattung veranschaulichen. Dieselbe, am Körper aschgrau, an den Beinen braun, hat auf
dem Hinterleibe vier Reihen schwarzer, sammtartiger Punkte, und die Wurzel der Schenkel gelblich.

[Abbildung] Weiden-Baumlaus
(Lachnus punctatus), sechssach vergrößert.
Man findet sie an Weidenschößlingen der Flußufer nicht
selten. -- Die Eichen-Baumlaus (L. quercus) mißt
in ihrer ungeflügelten Form gegen drei Linien, im
Schnabel das Dreifache und erglänzt in Braun; ihre
Fühler, deren letztes Glied das vorhergehende an Länge
übertrifft, befinden sich in fortwährend tastender Be-
wegung. Die 1/2 Linie kürzeren flügeltragenden Jndi-
viduen sind schwarz und behaart und am linienför-
migen Flügelmale zu erkennen. Obschon die Art den
alten Forschern Linne und Reaumur bekannt war,
gibt es doch noch manchen unklaren Punkt in ihrer Entwickelungsgeschichte. "Jm Anfang des
Oktobers (1837)", berichtet v. Heyden, "fand ich unter der losen Rinde einer alten Eiche eine
Kolonie der großen Blattlausart L. quercus Linne's. Es waren etwa zwanzig erwachsene,
21/2 Linien lange Ammen oder Weibchen. Jn ihrer Umgebung saß eine Anzahl Jndividuen von

Die Schnabelkerfe. Blattläuſe.
grünlich ſchwarzen Untergrund, ſchraubenartig geringelte Fühler auf zwei ſehr kurzen Grund-
gliedern. Jm Mai ſitzen die erſteren nach der Ueberwinterung an den Blattſtielen und ſaugen;
dadurch entſteht anfänglich eine Anſchwellung, welche ringsum einen Wall aufwirft, ſo daß ſich
das Thier bald in einer Grube befindet, von deren Rändern es mit der Zeit überwachſen wird.
Hierin bildet ſich nun die faſt nur aus Geflügelten beſtehende Kolonie, welche hervordringen und ſich
weiter verbreiten, ſobald im Herbſt die Galle durch eine Längsſpalte ihnen den Ausweg
eröffnet hat.

Sehr nahe mit der eben erwähnten Wolllaus verwandt iſt die Blattlaus der kleinen
Rüſterngalle
(Tetraneura ulmi). Während die Wollläuſe im Hinterflügel zwei Schrägadern
haben, kommt nur eine bei den Gallenläuſen (Tetraneura) vor. Unſere Art lebt in den
bohnengroßen Gallen auf der Oberſeite der Rüſterblätter, welche ihre anfängliche rothe Farbe
mit einer gelben vertauſchen und ſich im Juni durch ein unregelmäßiges Loch auf dem Gipfel
öffnen, damit die ſchwarzen und nackten, am Hinterleib dunkelgrünen, geflügelten Blattläuſe heraus
können; auch hier iſt die Urheberin der Galle ein ungeflügeltes, grünes und kahles Weibchen von
mehr kugeliger Geſtalt. Die bekannten „Taſchen oder Narren“, welche bisweilen ſtatt der guten
Zwetſchen an den Bäumen einzeln vorkommen, rühren von einem Gattungsgenoſſen der
Zwetſchen-Gallenlaus (T. pruni) her.

Man darf die oben erwähnten bohnengroßen Gallen an den Rüſterblättern nicht mit den
blaſigen Auftreibungen verwechſeln, welche allmälig das ganze Blatt einnehmen und wie Säcke
von der Größe einer Wallnuß bis zu der einer Fauſt an den Ulmenbüſchen herabhängen und
dieſe verunſtalten. Sie rühren von der Rüſtern-Haargallenlaus (Schizoneura lanuginosa)
her, einer Blattlaus, welche im geflügelten Zuſtand ihre ſchwarze Grundfarbe am Hinterleibe,
beſonders deſſen Spitze mit weißem Flaum überzieht und ſich durch eine zweizinkige Gabelader
unter dem Flügelmal auszeichnet. Die eine Linie meſſenden ungeflügelten Jndividuen verdecken
ihre ſchwarze Grundfarbe durch bläulichweißes Wollhaar und haben nur vier kurze Glieder in
ihren Fühlern. Ausgangs Juli oder im Auguſt öffnet ſich die Galle am obern Ende durch ein
unregelmäßiges Loch. Außer den beiden erwähnten Ulmenläuſen leben noch zwei ſeltnere Arten
an den Blättern deſſelben Baumes.

Zu den größeren und plumperen Pflanzenparaſiten gehören die Baumläuſe (Lachnus),
welche ſechsgliedrige Fühler, ſtatt der Saftröhren nur höckerartige Drüſen, eine ein- oder zwei-
gabelige Ader (Cubitus) unter dem Male des vorderen und zwei Schrägadern im hinteren Flügel
haben. Von den 18 deutſchen Arten möge die Weiden-Baumlaus (L. punctatus) ein Bild
dieſer Gattung veranſchaulichen. Dieſelbe, am Körper aſchgrau, an den Beinen braun, hat auf
dem Hinterleibe vier Reihen ſchwarzer, ſammtartiger Punkte, und die Wurzel der Schenkel gelblich.

[Abbildung] Weiden-Baumlaus
(Lachnus punctatus), ſechsſach vergrößert.
Man findet ſie an Weidenſchößlingen der Flußufer nicht
ſelten. — Die Eichen-Baumlaus (L. quercus) mißt
in ihrer ungeflügelten Form gegen drei Linien, im
Schnabel das Dreifache und erglänzt in Braun; ihre
Fühler, deren letztes Glied das vorhergehende an Länge
übertrifft, befinden ſich in fortwährend taſtender Be-
wegung. Die ½ Linie kürzeren flügeltragenden Jndi-
viduen ſind ſchwarz und behaart und am linienför-
migen Flügelmale zu erkennen. Obſchon die Art den
alten Forſchern Linné und Réaumur bekannt war,
gibt es doch noch manchen unklaren Punkt in ihrer Entwickelungsgeſchichte. „Jm Anfang des
Oktobers (1837)“, berichtet v. Heyden, „fand ich unter der loſen Rinde einer alten Eiche eine
Kolonie der großen Blattlausart L. quercus Linné’s. Es waren etwa zwanzig erwachſene,
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[514/0546] Die Schnabelkerfe. Blattläuſe. grünlich ſchwarzen Untergrund, ſchraubenartig geringelte Fühler auf zwei ſehr kurzen Grund- gliedern. Jm Mai ſitzen die erſteren nach der Ueberwinterung an den Blattſtielen und ſaugen; dadurch entſteht anfänglich eine Anſchwellung, welche ringsum einen Wall aufwirft, ſo daß ſich das Thier bald in einer Grube befindet, von deren Rändern es mit der Zeit überwachſen wird. Hierin bildet ſich nun die faſt nur aus Geflügelten beſtehende Kolonie, welche hervordringen und ſich weiter verbreiten, ſobald im Herbſt die Galle durch eine Längsſpalte ihnen den Ausweg eröffnet hat. Sehr nahe mit der eben erwähnten Wolllaus verwandt iſt die Blattlaus der kleinen Rüſterngalle (Tetraneura ulmi). Während die Wollläuſe im Hinterflügel zwei Schrägadern haben, kommt nur eine bei den Gallenläuſen (Tetraneura) vor. Unſere Art lebt in den bohnengroßen Gallen auf der Oberſeite der Rüſterblätter, welche ihre anfängliche rothe Farbe mit einer gelben vertauſchen und ſich im Juni durch ein unregelmäßiges Loch auf dem Gipfel öffnen, damit die ſchwarzen und nackten, am Hinterleib dunkelgrünen, geflügelten Blattläuſe heraus können; auch hier iſt die Urheberin der Galle ein ungeflügeltes, grünes und kahles Weibchen von mehr kugeliger Geſtalt. Die bekannten „Taſchen oder Narren“, welche bisweilen ſtatt der guten Zwetſchen an den Bäumen einzeln vorkommen, rühren von einem Gattungsgenoſſen der Zwetſchen-Gallenlaus (T. pruni) her. Man darf die oben erwähnten bohnengroßen Gallen an den Rüſterblättern nicht mit den blaſigen Auftreibungen verwechſeln, welche allmälig das ganze Blatt einnehmen und wie Säcke von der Größe einer Wallnuß bis zu der einer Fauſt an den Ulmenbüſchen herabhängen und dieſe verunſtalten. Sie rühren von der Rüſtern-Haargallenlaus (Schizoneura lanuginosa) her, einer Blattlaus, welche im geflügelten Zuſtand ihre ſchwarze Grundfarbe am Hinterleibe, beſonders deſſen Spitze mit weißem Flaum überzieht und ſich durch eine zweizinkige Gabelader unter dem Flügelmal auszeichnet. Die eine Linie meſſenden ungeflügelten Jndividuen verdecken ihre ſchwarze Grundfarbe durch bläulichweißes Wollhaar und haben nur vier kurze Glieder in ihren Fühlern. Ausgangs Juli oder im Auguſt öffnet ſich die Galle am obern Ende durch ein unregelmäßiges Loch. Außer den beiden erwähnten Ulmenläuſen leben noch zwei ſeltnere Arten an den Blättern deſſelben Baumes. Zu den größeren und plumperen Pflanzenparaſiten gehören die Baumläuſe (Lachnus), welche ſechsgliedrige Fühler, ſtatt der Saftröhren nur höckerartige Drüſen, eine ein- oder zwei- gabelige Ader (Cubitus) unter dem Male des vorderen und zwei Schrägadern im hinteren Flügel haben. Von den 18 deutſchen Arten möge die Weiden-Baumlaus (L. punctatus) ein Bild dieſer Gattung veranſchaulichen. Dieſelbe, am Körper aſchgrau, an den Beinen braun, hat auf dem Hinterleibe vier Reihen ſchwarzer, ſammtartiger Punkte, und die Wurzel der Schenkel gelblich. [Abbildung Weiden-Baumlaus (Lachnus punctatus), ſechsſach vergrößert.] Man findet ſie an Weidenſchößlingen der Flußufer nicht ſelten. — Die Eichen-Baumlaus (L. quercus) mißt in ihrer ungeflügelten Form gegen drei Linien, im Schnabel das Dreifache und erglänzt in Braun; ihre Fühler, deren letztes Glied das vorhergehende an Länge übertrifft, befinden ſich in fortwährend taſtender Be- wegung. Die ½ Linie kürzeren flügeltragenden Jndi- viduen ſind ſchwarz und behaart und am linienför- migen Flügelmale zu erkennen. Obſchon die Art den alten Forſchern Linné und Réaumur bekannt war, gibt es doch noch manchen unklaren Punkt in ihrer Entwickelungsgeſchichte. „Jm Anfang des Oktobers (1837)“, berichtet v. Heyden, „fand ich unter der loſen Rinde einer alten Eiche eine Kolonie der großen Blattlausart L. quercus Linné’s. Es waren etwa zwanzig erwachſene, 2½ Linien lange Ammen oder Weibchen. Jn ihrer Umgebung ſaß eine Anzahl Jndividuen von

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/546>, abgerufen am 23.11.2024.