ein Schwamm (Suberites domuncula) gerade nur auf solchen von Einsiedlerkrebsen benutzten Schneckengehäusen ansetzt. Je eifriger der Krebs herumkutschirt, desto besser gedeiht der Schwamm, der sehr bald in Form einer korkigen, gelbröthlichen Masse das Gehäus überzieht und nunmehr für die Jnsassen sehr bedenklich wird. Macht sich derselbe nämlich nicht bei Zeiten aus dem Staube, so überwuchert der Schwamm dergestalt den Ausgang des Hauses, daß der Einsiedler gar nicht mehr herauskann. Man findet sie sehr häufig in dieser elenden Lage, daß kaum noch ein Löchelchen da ist, durch welches sie mit den gestielten Augen sich über die Außenwelt orientiren und mit den Spitzen einer Scheere kümmerlich Nahrung hereinholen können, bis sie natürlich endlich dem Hungertode überliefert werden.
Zahlreiche Arten sind, gleich so vielen Krabben, Landthiere und versehn sich auch meist mit der Gattung Bulimus angehörigen Landschnecken-Gehäusen, welche sie auf ihren oft weiten und beschwerlichen Wanderungen mit sich schleppen. Alle diese leben in heißeren Klimaten. Die in unseren Meeren vorkommenden vielen Formen zählen zur Gattung Pagurus. Die meisten leben unmittelbar am Strande, der stellenweise von ihnen so belebt ist, daß Alles durch einander wimmelt. Andre halten sich in größeren Tiefen auf, wie Pagurus Pridauxii, ein Einsiedlerkrebs, auf dessen Schneckenhaus sich fast ausnahmslos ein der Familie der schönen Seerosen angehöriger Polyp findet, die Mantel-Actinie, Actinia (Adamsia) palliata. Jch habe den Krebs mit seiner Aftermietherin besonders häufig mit dem Schleppnetz aus der Tiefe des breiten Canals von Zara erhalten. Es ist ein weiteres Beispiel für die merkwürdige Verkettung des Daseins ganz verschiedener organischer Wesen. Der bekannte englische Naturforscher Gosse, der sich besonders um die Einführung der Aquarien verdient gemacht und über die darin gehaltenen Thiere eine Reihe werthvoller Beob- achtungen gemacht hat, theilt über das Zusammenleben jener Thiere folgendes mit: "Der Ge- fährte der Seeanemone, welcher den Namen des Herrn Prideaur aus Plymouth, seines Entdeckers, trägt, ist ausschließlich eine Tiefwasser-Art. An verschiedenen Stellen unserer Küste gefunden kommt er unveränderlich in dieser Vergesellschaftung vor. Jch glaube, der Krebs lebt unter allen Um- ständen nur mit der Anemone und diese mit ihm. Es werden allerdings von Forbes*) Beispiele angeführt, wo der eine ohne die andre im Schleppnetz herauf kam, aber ich glaube, daß dieß nur geschah, wenn das unsanfte Schleppnetz den Krebs erschreckt hatte und ihn vermochte, das Schnecken- haus zu räumen und seine Freundin zu verlassen. Ueber die Anemone muß vorausgeschickt werden, daß sie zur Familie der Sagartien gehört, von prächtiger Farbe und merkwürdiger Gestalt ist. Sie ist gewöhnlich röthlich braun in ihrem untern Theil, während nach oben die Farbe in ein Schneeweiß übergeht. Das Ganze ist mit rosig-pupurnen Flecken gesprenkelt und umgeben von einem blaß-scharlachenen Randsaum. Die Fühler und die Fußscheibe -- (über diese Organe ist unten im Abschnitt über die Polypen Ausführlicheres mitzutheilen) -- sind rein weiß. Sie er- reicht eine ziemliche Ausdehnung und hat die Eigenthümlichkeit, daß sie nicht, wie bei den übrigen Seeanemonen, kreisrund ist, sondern länglich, indem sich die Basis in zwei seitliche Lappen aus- breitet. Das Thier wählt immer die innere Lippe eines Schneckengehäuses, um sich anzuheften, und die zwei Fußlappen legen sich nach und nach um die Mündung des Gehäuses, bis sie am Außenrand an einander stoßen und hier verwachsen; so bildet das Thier einen Ring."
"Jch habe oft mit Jnteresse darüber nachgedacht, auf welche Weise wohl das gehörige Größen- verhältniß zwischen der Mantelactinie und der Muschel bei dem allmäligen Wachsthum der ersteren im Gleichgewicht bleibe. Offenbar besteht nämlich ein solches richtiges Verhältniß zwischen beiden, indem die jungen Mantelanemonen auf kleinen, die ausgewachsenen auf großen Schneckengehäusen sitzen. Der Krebs kann von einer kleineren in eine größere übersiedeln, wenn er das Bedürfniß einer geräumigeren Wohnung fühlt. Und da wir wissen, daß sein Kamerad, der Bernhardkrebs
*) Ein englischer Forscher, welcher sich um die Kenntnisse der geographischen Verbreitung der Bewohner unserer Meere hohe Verdienste erworben.
Eremitenkrebs und Mantel-Actinie.
ein Schwamm (Suberites domuncula) gerade nur auf ſolchen von Einſiedlerkrebſen benutzten Schneckengehäuſen anſetzt. Je eifriger der Krebs herumkutſchirt, deſto beſſer gedeiht der Schwamm, der ſehr bald in Form einer korkigen, gelbröthlichen Maſſe das Gehäus überzieht und nunmehr für die Jnſaſſen ſehr bedenklich wird. Macht ſich derſelbe nämlich nicht bei Zeiten aus dem Staube, ſo überwuchert der Schwamm dergeſtalt den Ausgang des Hauſes, daß der Einſiedler gar nicht mehr herauskann. Man findet ſie ſehr häufig in dieſer elenden Lage, daß kaum noch ein Löchelchen da iſt, durch welches ſie mit den geſtielten Augen ſich über die Außenwelt orientiren und mit den Spitzen einer Scheere kümmerlich Nahrung hereinholen können, bis ſie natürlich endlich dem Hungertode überliefert werden.
Zahlreiche Arten ſind, gleich ſo vielen Krabben, Landthiere und verſehn ſich auch meiſt mit der Gattung Bulimus angehörigen Landſchnecken-Gehäuſen, welche ſie auf ihren oft weiten und beſchwerlichen Wanderungen mit ſich ſchleppen. Alle dieſe leben in heißeren Klimaten. Die in unſeren Meeren vorkommenden vielen Formen zählen zur Gattung Pagurus. Die meiſten leben unmittelbar am Strande, der ſtellenweiſe von ihnen ſo belebt iſt, daß Alles durch einander wimmelt. Andre halten ſich in größeren Tiefen auf, wie Pagurus Pridauxii, ein Einſiedlerkrebs, auf deſſen Schneckenhaus ſich faſt ausnahmslos ein der Familie der ſchönen Seeroſen angehöriger Polyp findet, die Mantel-Actinie, Actinia (Adamsia) palliata. Jch habe den Krebs mit ſeiner Aftermietherin beſonders häufig mit dem Schleppnetz aus der Tiefe des breiten Canals von Zara erhalten. Es iſt ein weiteres Beiſpiel für die merkwürdige Verkettung des Daſeins ganz verſchiedener organiſcher Weſen. Der bekannte engliſche Naturforſcher Goſſe, der ſich beſonders um die Einführung der Aquarien verdient gemacht und über die darin gehaltenen Thiere eine Reihe werthvoller Beob- achtungen gemacht hat, theilt über das Zuſammenleben jener Thiere folgendes mit: „Der Ge- fährte der Seeanemone, welcher den Namen des Herrn Prideaur aus Plymouth, ſeines Entdeckers, trägt, iſt ausſchließlich eine Tiefwaſſer-Art. An verſchiedenen Stellen unſerer Küſte gefunden kommt er unveränderlich in dieſer Vergeſellſchaftung vor. Jch glaube, der Krebs lebt unter allen Um- ſtänden nur mit der Anemone und dieſe mit ihm. Es werden allerdings von Forbes*) Beiſpiele angeführt, wo der eine ohne die andre im Schleppnetz herauf kam, aber ich glaube, daß dieß nur geſchah, wenn das unſanfte Schleppnetz den Krebs erſchreckt hatte und ihn vermochte, das Schnecken- haus zu räumen und ſeine Freundin zu verlaſſen. Ueber die Anemone muß vorausgeſchickt werden, daß ſie zur Familie der Sagartien gehört, von prächtiger Farbe und merkwürdiger Geſtalt iſt. Sie iſt gewöhnlich röthlich braun in ihrem untern Theil, während nach oben die Farbe in ein Schneeweiß übergeht. Das Ganze iſt mit roſig-pupurnen Flecken geſprenkelt und umgeben von einem blaß-ſcharlachenen Randſaum. Die Fühler und die Fußſcheibe — (über dieſe Organe iſt unten im Abſchnitt über die Polypen Ausführlicheres mitzutheilen) — ſind rein weiß. Sie er- reicht eine ziemliche Ausdehnung und hat die Eigenthümlichkeit, daß ſie nicht, wie bei den übrigen Seeanemonen, kreisrund iſt, ſondern länglich, indem ſich die Baſis in zwei ſeitliche Lappen aus- breitet. Das Thier wählt immer die innere Lippe eines Schneckengehäuſes, um ſich anzuheften, und die zwei Fußlappen legen ſich nach und nach um die Mündung des Gehäuſes, bis ſie am Außenrand an einander ſtoßen und hier verwachſen; ſo bildet das Thier einen Ring.“
„Jch habe oft mit Jntereſſe darüber nachgedacht, auf welche Weiſe wohl das gehörige Größen- verhältniß zwiſchen der Mantelactinie und der Muſchel bei dem allmäligen Wachsthum der erſteren im Gleichgewicht bleibe. Offenbar beſteht nämlich ein ſolches richtiges Verhältniß zwiſchen beiden, indem die jungen Mantelanemonen auf kleinen, die ausgewachſenen auf großen Schneckengehäuſen ſitzen. Der Krebs kann von einer kleineren in eine größere überſiedeln, wenn er das Bedürfniß einer geräumigeren Wohnung fühlt. Und da wir wiſſen, daß ſein Kamerad, der Bernhardkrebs
*) Ein engliſcher Forſcher, welcher ſich um die Kenntniſſe der geographiſchen Verbreitung der Bewohner unſerer Meere hohe Verdienſte erworben.
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Eremitenkrebs und Mantel-Actinie.
ein Schwamm (Suberites domuncula) gerade nur auf ſolchen von Einſiedlerkrebſen benutzten
Schneckengehäuſen anſetzt. Je eifriger der Krebs herumkutſchirt, deſto beſſer gedeiht der Schwamm,
der ſehr bald in Form einer korkigen, gelbröthlichen Maſſe das Gehäus überzieht und nunmehr
für die Jnſaſſen ſehr bedenklich wird. Macht ſich derſelbe nämlich nicht bei Zeiten aus dem
Staube, ſo überwuchert der Schwamm dergeſtalt den Ausgang des Hauſes, daß der Einſiedler gar
nicht mehr herauskann. Man findet ſie ſehr häufig in dieſer elenden Lage, daß kaum noch ein
Löchelchen da iſt, durch welches ſie mit den geſtielten Augen ſich über die Außenwelt orientiren
und mit den Spitzen einer Scheere kümmerlich Nahrung hereinholen können, bis ſie natürlich
endlich dem Hungertode überliefert werden.
Zahlreiche Arten ſind, gleich ſo vielen Krabben, Landthiere und verſehn ſich auch meiſt mit
der Gattung Bulimus angehörigen Landſchnecken-Gehäuſen, welche ſie auf ihren oft weiten und
beſchwerlichen Wanderungen mit ſich ſchleppen. Alle dieſe leben in heißeren Klimaten. Die in
unſeren Meeren vorkommenden vielen Formen zählen zur Gattung Pagurus. Die meiſten leben
unmittelbar am Strande, der ſtellenweiſe von ihnen ſo belebt iſt, daß Alles durch einander wimmelt.
Andre halten ſich in größeren Tiefen auf, wie Pagurus Pridauxii, ein Einſiedlerkrebs, auf deſſen
Schneckenhaus ſich faſt ausnahmslos ein der Familie der ſchönen Seeroſen angehöriger Polyp findet,
die Mantel-Actinie, Actinia (Adamsia) palliata. Jch habe den Krebs mit ſeiner Aftermietherin
beſonders häufig mit dem Schleppnetz aus der Tiefe des breiten Canals von Zara erhalten. Es
iſt ein weiteres Beiſpiel für die merkwürdige Verkettung des Daſeins ganz verſchiedener organiſcher
Weſen. Der bekannte engliſche Naturforſcher Goſſe, der ſich beſonders um die Einführung der
Aquarien verdient gemacht und über die darin gehaltenen Thiere eine Reihe werthvoller Beob-
achtungen gemacht hat, theilt über das Zuſammenleben jener Thiere folgendes mit: „Der Ge-
fährte der Seeanemone, welcher den Namen des Herrn Prideaur aus Plymouth, ſeines Entdeckers,
trägt, iſt ausſchließlich eine Tiefwaſſer-Art. An verſchiedenen Stellen unſerer Küſte gefunden kommt
er unveränderlich in dieſer Vergeſellſchaftung vor. Jch glaube, der Krebs lebt unter allen Um-
ſtänden nur mit der Anemone und dieſe mit ihm. Es werden allerdings von Forbes *) Beiſpiele
angeführt, wo der eine ohne die andre im Schleppnetz herauf kam, aber ich glaube, daß dieß nur
geſchah, wenn das unſanfte Schleppnetz den Krebs erſchreckt hatte und ihn vermochte, das Schnecken-
haus zu räumen und ſeine Freundin zu verlaſſen. Ueber die Anemone muß vorausgeſchickt werden,
daß ſie zur Familie der Sagartien gehört, von prächtiger Farbe und merkwürdiger Geſtalt iſt.
Sie iſt gewöhnlich röthlich braun in ihrem untern Theil, während nach oben die Farbe in ein
Schneeweiß übergeht. Das Ganze iſt mit roſig-pupurnen Flecken geſprenkelt und umgeben von
einem blaß-ſcharlachenen Randſaum. Die Fühler und die Fußſcheibe — (über dieſe Organe iſt
unten im Abſchnitt über die Polypen Ausführlicheres mitzutheilen) — ſind rein weiß. Sie er-
reicht eine ziemliche Ausdehnung und hat die Eigenthümlichkeit, daß ſie nicht, wie bei den übrigen
Seeanemonen, kreisrund iſt, ſondern länglich, indem ſich die Baſis in zwei ſeitliche Lappen aus-
breitet. Das Thier wählt immer die innere Lippe eines Schneckengehäuſes, um ſich anzuheften,
und die zwei Fußlappen legen ſich nach und nach um die Mündung des Gehäuſes, bis ſie am
Außenrand an einander ſtoßen und hier verwachſen; ſo bildet das Thier einen Ring.“
„Jch habe oft mit Jntereſſe darüber nachgedacht, auf welche Weiſe wohl das gehörige Größen-
verhältniß zwiſchen der Mantelactinie und der Muſchel bei dem allmäligen Wachsthum der erſteren
im Gleichgewicht bleibe. Offenbar beſteht nämlich ein ſolches richtiges Verhältniß zwiſchen beiden,
indem die jungen Mantelanemonen auf kleinen, die ausgewachſenen auf großen Schneckengehäuſen
ſitzen. Der Krebs kann von einer kleineren in eine größere überſiedeln, wenn er das Bedürfniß
einer geräumigeren Wohnung fühlt. Und da wir wiſſen, daß ſein Kamerad, der Bernhardkrebs
*) Ein engliſcher Forſcher, welcher ſich um die Kenntniſſe der geographiſchen Verbreitung der
Bewohner unſerer Meere hohe Verdienſte erworben.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/679>, abgerufen am 23.11.2024.
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