dreißig Fuß tief so deutlich, daß alle über einige Zoll große Gegenstände auf das Genaueste zu unterscheiden und zu erkennen waren. Die Thiere scheinen von dem ungewohnten, viele gewiß im Schlafe überraschenden Glanze wie betäubt zu werden. Besonders die Fische bleiben meist unbe- weglich stehen, und auch die sonst äußerst vorsichtigen Tintenschnecken und Langusten lassen sich nun beschleichen. Ueber den Rand des Bootes gebeugt, diese in wunderbaren Farben und Schatten spielende stumme, geheimnißvolle Welt zu betrachten, war ein Hochgenuß. Schon lagen eine Anzahl Fische, auch ein Riesenexemplar einer Tintenschnecke vor uns, als Freund Boglich abermals winkte und auf eine dicht mit Tang bewachsene Stelle des Grundes zeigte. Da, fast ganz überdeckt von den Pflanzen, den Hinterleib in einer Spalte bergend, mit den langen Fühl- hörnern spielend und tastend, saß eine prächtige Languste; noch einige Momente und die verhängniß- volle Lanze schwebte über ihr, so schnell, als der Arm ihn zu führen vermochte, erfolgte der Stoß und das Thier lag, im Todeskampfe gewaltig mit dem Schwanze schlagend, zu unseren Füßen. Erst nach Mitternacht kehrten wir heim, ich, um am folgenden Morgen eine andere Languste für meine Sammlung zu präpariren, während andere Hände die Beute unserer nächtlichen Fischerei zu einem lucullischen, durch feuerigen, dalmatinischen Wein gewürzten Mahle zubereiteten. Eine dritte, im Netze gefangene und völlig unversehrte Languste hielten wir einige Tage, mit einem Stricke an einen Stein gebunden, im Meere. Obgleich sie hinreichenden Spielraum hatte, verhielt sie sich doch sehr still und langweilig, ob, weil sie überhaupt keine Gedanken hatte oder weil sie zum Bewußtsein ihrer hoffnungslosen Lage gekommen, ist nicht zu sagen.
Man findet die Langusten jetzt oft in den größeren Aquarien, so im Hamburger zusammen mit Hummern und Taschenkrebsen. Wie der Custos des Aquariums bemerkte, gaben sie Töne von sich, und zwar geschah dieß nur dann, wenn sie mit ihren großen Fühlhörnern starke Bewegungen machten, z. B., wenn sie dieselben gebrauchten, um Angriffe ihrer Kameraden beim Essen abzuweisen. Der bekannte Hamburger Naturforscher Möbius hörte, von dem Custos auf- merksam gemacht, diese Töne auch und bezeichnet sie als dem Knarren ähnlich, welches entsteht, wenn man das Oberleder eines Stiefels gegen ein Stuhl- oder Tischbein drückt. Dieses Knarren lassen die Langusten auch hören, wenn man sie aus dem Wasser hebt, es klingt dann noch lauter, als man es aus dem Wasser heraus vernimmt. Es fand sich nun, daß das Jnstrument, mit welchem die Töne erzeugt werden, eine runde Platte ist, welche an dem untersten der beweglichen Glieder ihrer äußeren Fühler sitzt und zwar oben an der inneren Seite derselben. Das Knarren entsteht, indem ein behaartes Feld der Platte über die glatte Fläche des festen Ringes gleitet, mit welchem das erste bewegliche Fühlerglied verbunden ist. Man wird durch diese Töne und ihre Hervor- bringung an den Knurrhahn (Dactylopterus, ein Seefisch -- s. Bd. V, S. 494 --) erinnert, der ebenfalls ein lautes Knarren hervorbringt, indem er die Gelenkflächen des Kiemendeckels über einander gleiten läßt, abgesehen von vielen Jnsekten, welche durch Reiben verschiedener Körpertheile gegen einander ähnliche Geräusche hervorbringen.
Bei den Bestrebungen, allerlei Nahrung liefernde Thiere regelmäßig zu züchten, ihre Production zu vermehren und sie wohlfeiler und dem Volke zugänglicher zu machen, hat man natürlich auch die Langusten ins Auge gefaßt. Besonders haben sich Professor Coste in Frankreich und Herr von Erco in Triest viele Mühe damit gegeben. Von gelungener, vollständiger Aufzüchtung ist, so viel ich weiß, noch nichts zu berichten. Dagegen haben Coste's Zuchtversuche eine von anderen Zoologen ausgesprochene Vermuthung bestätigt, daß die als besondere Gattung Blattkrebs (Phyllosoma) beschriebene zarte Krebsform nichts anderes, als die Larve der Languste sei. Diese Blattkrebse, durch deren mit der Verbreitung der Langusten übereinstimmendes Vorkommen die Zusammengehörigkeit gleichfalls angezeigt wird und die 1 bis 2 Zoll messen, haben einen dünnen, blattförmigen, aus zwei Hauptabschnitten bestehenden Körper, mit langen Augenstielen und langen, fadenförmig dünnen Beinen. Aus der großen Wandelbarkeit ihrer Form und weil man nie
Taschenberg und Schmidt, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 41
Languſte. Blattkrebs.
dreißig Fuß tief ſo deutlich, daß alle über einige Zoll große Gegenſtände auf das Genaueſte zu unterſcheiden und zu erkennen waren. Die Thiere ſcheinen von dem ungewohnten, viele gewiß im Schlafe überraſchenden Glanze wie betäubt zu werden. Beſonders die Fiſche bleiben meiſt unbe- weglich ſtehen, und auch die ſonſt äußerſt vorſichtigen Tintenſchnecken und Languſten laſſen ſich nun beſchleichen. Ueber den Rand des Bootes gebeugt, dieſe in wunderbaren Farben und Schatten ſpielende ſtumme, geheimnißvolle Welt zu betrachten, war ein Hochgenuß. Schon lagen eine Anzahl Fiſche, auch ein Rieſenexemplar einer Tintenſchnecke vor uns, als Freund Boglich abermals winkte und auf eine dicht mit Tang bewachſene Stelle des Grundes zeigte. Da, faſt ganz überdeckt von den Pflanzen, den Hinterleib in einer Spalte bergend, mit den langen Fühl- hörnern ſpielend und taſtend, ſaß eine prächtige Languſte; noch einige Momente und die verhängniß- volle Lanze ſchwebte über ihr, ſo ſchnell, als der Arm ihn zu führen vermochte, erfolgte der Stoß und das Thier lag, im Todeskampfe gewaltig mit dem Schwanze ſchlagend, zu unſeren Füßen. Erſt nach Mitternacht kehrten wir heim, ich, um am folgenden Morgen eine andere Languſte für meine Sammlung zu präpariren, während andere Hände die Beute unſerer nächtlichen Fiſcherei zu einem luculliſchen, durch feuerigen, dalmatiniſchen Wein gewürzten Mahle zubereiteten. Eine dritte, im Netze gefangene und völlig unverſehrte Languſte hielten wir einige Tage, mit einem Stricke an einen Stein gebunden, im Meere. Obgleich ſie hinreichenden Spielraum hatte, verhielt ſie ſich doch ſehr ſtill und langweilig, ob, weil ſie überhaupt keine Gedanken hatte oder weil ſie zum Bewußtſein ihrer hoffnungsloſen Lage gekommen, iſt nicht zu ſagen.
Man findet die Languſten jetzt oft in den größeren Aquarien, ſo im Hamburger zuſammen mit Hummern und Taſchenkrebſen. Wie der Cuſtos des Aquariums bemerkte, gaben ſie Töne von ſich, und zwar geſchah dieß nur dann, wenn ſie mit ihren großen Fühlhörnern ſtarke Bewegungen machten, z. B., wenn ſie dieſelben gebrauchten, um Angriffe ihrer Kameraden beim Eſſen abzuweiſen. Der bekannte Hamburger Naturforſcher Möbius hörte, von dem Cuſtos auf- merkſam gemacht, dieſe Töne auch und bezeichnet ſie als dem Knarren ähnlich, welches entſteht, wenn man das Oberleder eines Stiefels gegen ein Stuhl- oder Tiſchbein drückt. Dieſes Knarren laſſen die Languſten auch hören, wenn man ſie aus dem Waſſer hebt, es klingt dann noch lauter, als man es aus dem Waſſer heraus vernimmt. Es fand ſich nun, daß das Jnſtrument, mit welchem die Töne erzeugt werden, eine runde Platte iſt, welche an dem unterſten der beweglichen Glieder ihrer äußeren Fühler ſitzt und zwar oben an der inneren Seite derſelben. Das Knarren entſteht, indem ein behaartes Feld der Platte über die glatte Fläche des feſten Ringes gleitet, mit welchem das erſte bewegliche Fühlerglied verbunden iſt. Man wird durch dieſe Töne und ihre Hervor- bringung an den Knurrhahn (Dactylopterus, ein Seefiſch — ſ. Bd. V, S. 494 —) erinnert, der ebenfalls ein lautes Knarren hervorbringt, indem er die Gelenkflächen des Kiemendeckels über einander gleiten läßt, abgeſehen von vielen Jnſekten, welche durch Reiben verſchiedener Körpertheile gegen einander ähnliche Geräuſche hervorbringen.
Bei den Beſtrebungen, allerlei Nahrung liefernde Thiere regelmäßig zu züchten, ihre Production zu vermehren und ſie wohlfeiler und dem Volke zugänglicher zu machen, hat man natürlich auch die Languſten ins Auge gefaßt. Beſonders haben ſich Profeſſor Coſte in Frankreich und Herr von Erco in Trieſt viele Mühe damit gegeben. Von gelungener, vollſtändiger Aufzüchtung iſt, ſo viel ich weiß, noch nichts zu berichten. Dagegen haben Coſte’s Zuchtverſuche eine von anderen Zoologen ausgeſprochene Vermuthung beſtätigt, daß die als beſondere Gattung Blattkrebs (Phyllosoma) beſchriebene zarte Krebsform nichts anderes, als die Larve der Languſte ſei. Dieſe Blattkrebſe, durch deren mit der Verbreitung der Languſten übereinſtimmendes Vorkommen die Zuſammengehörigkeit gleichfalls angezeigt wird und die 1 bis 2 Zoll meſſen, haben einen dünnen, blattförmigen, aus zwei Hauptabſchnitten beſtehenden Körper, mit langen Augenſtielen und langen, fadenförmig dünnen Beinen. Aus der großen Wandelbarkeit ihrer Form und weil man nie
Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 41
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[641/0683]
Languſte. Blattkrebs.
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Schlafe überraſchenden Glanze wie betäubt zu werden. Beſonders die Fiſche bleiben meiſt unbe-
weglich ſtehen, und auch die ſonſt äußerſt vorſichtigen Tintenſchnecken und Languſten laſſen ſich
nun beſchleichen. Ueber den Rand des Bootes gebeugt, dieſe in wunderbaren Farben und
Schatten ſpielende ſtumme, geheimnißvolle Welt zu betrachten, war ein Hochgenuß. Schon lagen
eine Anzahl Fiſche, auch ein Rieſenexemplar einer Tintenſchnecke vor uns, als Freund Boglich
abermals winkte und auf eine dicht mit Tang bewachſene Stelle des Grundes zeigte. Da, faſt
ganz überdeckt von den Pflanzen, den Hinterleib in einer Spalte bergend, mit den langen Fühl-
hörnern ſpielend und taſtend, ſaß eine prächtige Languſte; noch einige Momente und die verhängniß-
volle Lanze ſchwebte über ihr, ſo ſchnell, als der Arm ihn zu führen vermochte, erfolgte der Stoß
und das Thier lag, im Todeskampfe gewaltig mit dem Schwanze ſchlagend, zu unſeren Füßen.
Erſt nach Mitternacht kehrten wir heim, ich, um am folgenden Morgen eine andere Languſte für
meine Sammlung zu präpariren, während andere Hände die Beute unſerer nächtlichen Fiſcherei
zu einem luculliſchen, durch feuerigen, dalmatiniſchen Wein gewürzten Mahle zubereiteten. Eine
dritte, im Netze gefangene und völlig unverſehrte Languſte hielten wir einige Tage, mit einem
Stricke an einen Stein gebunden, im Meere. Obgleich ſie hinreichenden Spielraum hatte, verhielt
ſie ſich doch ſehr ſtill und langweilig, ob, weil ſie überhaupt keine Gedanken hatte oder weil ſie
zum Bewußtſein ihrer hoffnungsloſen Lage gekommen, iſt nicht zu ſagen.
Man findet die Languſten jetzt oft in den größeren Aquarien, ſo im Hamburger zuſammen
mit Hummern und Taſchenkrebſen. Wie der Cuſtos des Aquariums bemerkte, gaben ſie Töne
von ſich, und zwar geſchah dieß nur dann, wenn ſie mit ihren großen Fühlhörnern ſtarke
Bewegungen machten, z. B., wenn ſie dieſelben gebrauchten, um Angriffe ihrer Kameraden beim
Eſſen abzuweiſen. Der bekannte Hamburger Naturforſcher Möbius hörte, von dem Cuſtos auf-
merkſam gemacht, dieſe Töne auch und bezeichnet ſie als dem Knarren ähnlich, welches entſteht, wenn
man das Oberleder eines Stiefels gegen ein Stuhl- oder Tiſchbein drückt. Dieſes Knarren laſſen
die Languſten auch hören, wenn man ſie aus dem Waſſer hebt, es klingt dann noch lauter, als
man es aus dem Waſſer heraus vernimmt. Es fand ſich nun, daß das Jnſtrument, mit welchem
die Töne erzeugt werden, eine runde Platte iſt, welche an dem unterſten der beweglichen Glieder
ihrer äußeren Fühler ſitzt und zwar oben an der inneren Seite derſelben. Das Knarren entſteht,
indem ein behaartes Feld der Platte über die glatte Fläche des feſten Ringes gleitet, mit welchem
das erſte bewegliche Fühlerglied verbunden iſt. Man wird durch dieſe Töne und ihre Hervor-
bringung an den Knurrhahn (Dactylopterus, ein Seefiſch — ſ. Bd. V, S. 494 —) erinnert, der
ebenfalls ein lautes Knarren hervorbringt, indem er die Gelenkflächen des Kiemendeckels über
einander gleiten läßt, abgeſehen von vielen Jnſekten, welche durch Reiben verſchiedener Körpertheile
gegen einander ähnliche Geräuſche hervorbringen.
Bei den Beſtrebungen, allerlei Nahrung liefernde Thiere regelmäßig zu züchten, ihre Production
zu vermehren und ſie wohlfeiler und dem Volke zugänglicher zu machen, hat man natürlich auch
die Languſten ins Auge gefaßt. Beſonders haben ſich Profeſſor Coſte in Frankreich und Herr
von Erco in Trieſt viele Mühe damit gegeben. Von gelungener, vollſtändiger Aufzüchtung iſt,
ſo viel ich weiß, noch nichts zu berichten. Dagegen haben Coſte’s Zuchtverſuche eine von anderen
Zoologen ausgeſprochene Vermuthung beſtätigt, daß die als beſondere Gattung Blattkrebs
(Phyllosoma) beſchriebene zarte Krebsform nichts anderes, als die Larve der Languſte ſei. Dieſe
Blattkrebſe, durch deren mit der Verbreitung der Languſten übereinſtimmendes Vorkommen die
Zuſammengehörigkeit gleichfalls angezeigt wird und die 1 bis 2 Zoll meſſen, haben einen dünnen,
blattförmigen, aus zwei Hauptabſchnitten beſtehenden Körper, mit langen Augenſtielen und langen,
fadenförmig dünnen Beinen. Aus der großen Wandelbarkeit ihrer Form und weil man nie
Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben. VI.) 41
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/683>, abgerufen am 24.11.2024.
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