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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Bärenkrebs. Gemeiner Flußkrebs. Steinkrebs. Hummer.
Seine südliche Grenze geht bis in die Kerka und den Zirknitzer See in Krain, bis Nizza, das
ganze Pogebiet und Neapel. Jm südlichen Rußland kommt er bei Nicolajew im Buggebiete vor.
Die Flußkrebse des Dniester, Dnieper und der Wolga, der Krim und des Kankasus, sowie einiger
anderer südrussischer Gebiete, welche als drei besondere Arten beschrieben wurden, sind so wenig
streng von unserm gemeinen Flußkrebs unterschieden, daß sie als bloße Abarten gelten dürfen.
Die Begriffe von Art und Abart sind zwar keineswegs fest, wir können aber einstweilen bei der
Bestimmung der alten Schule uns beruhigen, daß wir unter Abart eine Thierform verstehen,
welche nur durch geringe, durch direkte Uebergänge vermittelte und offenbar durch klimatische und
örtliche Einwirkungen hervorgebrachte Merkmale von der eigentlichen, festen und sogenannten
Stammart abweicht.

Wir finden wohl im Verlauf unseres Werkes noch Raum und Zeit, auf diese und andere
höhere, den Kern der Naturgeschichte bildende Fragen etwas einzugehen.

Jm Süden unseres Welttheiles findet sich eine durch braungelbe Färbung und eine Reihe
von Minutien vom Flußkrebs abweichende Art, der Steinkrebs (Astacus saxatilis). Das
Vorkommen desselben in dem einsamen und abgeschlossenen Branasee der istrischen Jnsel Cherso
wurde vor einigen Jahren von dem Breslauer Zoologen Grube bestätigt. Der höher als das
Meer liegende, rings von Bergen umgebene See erwies sich als sehr wenig bevölkert; mit einer
Abart der Plötze und einigen Hechten fanden sich nur zahlreiche Steinkrebse. Später wurde auch
noch aus der Tiefe von 180 Fuß ein kleiner Ringelwurm heraufgeholt. Man fragt vielleicht, wie
wohl der Krebs und seine übrigen Genossen in dieses öde, aller Zuflüsse entbehrende Wasser
anfänglich gelangt sei, eine Frage, welche bei allen isolirten Thiergebieten wiederkehrt und eigentlich
nur im Zusammenhange mit den allgemeinen Gesetzen der geographischen Verbreitung der Lebe-
wesen und der sie beeinflussenden Naturerscheinungen und Naturgewalten genügend gelöst werden
kann. Jn unserem Falle können wir uns vorläufig darauf berufen, daß die istrischen und dalma-
tinischen Jnseln in nicht allzuferner Vorzeit durch gewaltige Erdbeben vom Festlande losgerissen
wurden und ihre jetzige Gestaltung und Niveauverhältnisse erhielten, wobei, was von fast allen
nicht fliegenden Land- und Süßwasserbewohnern aller Jnseln gilt, eine Reihe der Thiere des
festen Landes mit isolirt wurde. Die beiden angeführten Arten stehen dem in Nordamerika, Chili
und Neuholland gefundenen Flußkrebse sehr nahe.

Auch der Hummer (Astacus marinus, Homarus vulgaris) unterscheidet sich vom Flußkrebs
durch so geringfügige Merkmale, daß man, systematisirend, eigentlich kaum nöthig hat, ihn in eine
andere Gattung zu versetzen. So hat er einen schmaleren Stirnfortsatz, und die am Grunde der
äußeren Fühler stehende Schuppe, welche blattförmig ist bei den Flußkrebsen, ist bei den Hummern
schmal und zahnartig. Der gemeine Hummer der europäischen Meere findet sich von der nor-
wegischen Küste an bis in das Mittelmeer, ist jedoch hier nicht besonders häufig, während seine
eigentliche Heimat die norwegischen Gestade sind. Dort findet er sich mit vielen anderen See-
thieren vorzugsweise auf der ungeheueren Terrasse oder Bank, die sich neben dem Festlande hin-
zieht, und von welcher aus ein jäher Absturz in den Ocean erfolgt. Obwohl nun natürlich der
Hummer in seinem ganzen Verbreitungsbezirke gefangen wird, ist er doch nur für die Fischer
einer großen Strecke der norwegischen Küste eine nachhaltige Erwerbsquelle. Man fängt sie in
großen Körben, in welche sie als nächtliche Thiere auch nur bei nächtlicher Weile und in dunklen
Nächten hineinzukriechen pflegen. Der größte Verbrauch an Hummern findet in England statt,
welches die Waare fast ausschließlich direkt von Norwegen bezieht. Kleine, schnell segelnde Schiffe,
mit doppeltem Boden, der als Hummerbehälter dient, segeln in der guten Jahreszeit hin
und wieder.

Auch Holland versorgt sich auf diese Weise von Norwegen aus. Daß sie hier in der That
sehr gemeine Thiere sind, erfährt man auf Reisen längs der Küste, da sie in Privat- und Gast-
häusern und auf den Dampfbooten eine fast tägliche Speise sind. Jch selbst kaufte in Bergen

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Bärenkrebs. Gemeiner Flußkrebs. Steinkrebs. Hummer.
Seine ſüdliche Grenze geht bis in die Kerka und den Zirknitzer See in Krain, bis Nizza, das
ganze Pogebiet und Neapel. Jm ſüdlichen Rußland kommt er bei Nicolajew im Buggebiete vor.
Die Flußkrebſe des Dnieſter, Dnieper und der Wolga, der Krim und des Kankaſus, ſowie einiger
anderer ſüdruſſiſcher Gebiete, welche als drei beſondere Arten beſchrieben wurden, ſind ſo wenig
ſtreng von unſerm gemeinen Flußkrebs unterſchieden, daß ſie als bloße Abarten gelten dürfen.
Die Begriffe von Art und Abart ſind zwar keineswegs feſt, wir können aber einſtweilen bei der
Beſtimmung der alten Schule uns beruhigen, daß wir unter Abart eine Thierform verſtehen,
welche nur durch geringe, durch direkte Uebergänge vermittelte und offenbar durch klimatiſche und
örtliche Einwirkungen hervorgebrachte Merkmale von der eigentlichen, feſten und ſogenannten
Stammart abweicht.

Wir finden wohl im Verlauf unſeres Werkes noch Raum und Zeit, auf dieſe und andere
höhere, den Kern der Naturgeſchichte bildende Fragen etwas einzugehen.

Jm Süden unſeres Welttheiles findet ſich eine durch braungelbe Färbung und eine Reihe
von Minutien vom Flußkrebs abweichende Art, der Steinkrebs (Astacus saxatilis). Das
Vorkommen deſſelben in dem einſamen und abgeſchloſſenen Branaſee der iſtriſchen Jnſel Cherſo
wurde vor einigen Jahren von dem Breslauer Zoologen Grube beſtätigt. Der höher als das
Meer liegende, rings von Bergen umgebene See erwies ſich als ſehr wenig bevölkert; mit einer
Abart der Plötze und einigen Hechten fanden ſich nur zahlreiche Steinkrebſe. Später wurde auch
noch aus der Tiefe von 180 Fuß ein kleiner Ringelwurm heraufgeholt. Man fragt vielleicht, wie
wohl der Krebs und ſeine übrigen Genoſſen in dieſes öde, aller Zuflüſſe entbehrende Waſſer
anfänglich gelangt ſei, eine Frage, welche bei allen iſolirten Thiergebieten wiederkehrt und eigentlich
nur im Zuſammenhange mit den allgemeinen Geſetzen der geographiſchen Verbreitung der Lebe-
weſen und der ſie beeinfluſſenden Naturerſcheinungen und Naturgewalten genügend gelöſt werden
kann. Jn unſerem Falle können wir uns vorläufig darauf berufen, daß die iſtriſchen und dalma-
tiniſchen Jnſeln in nicht allzuferner Vorzeit durch gewaltige Erdbeben vom Feſtlande losgeriſſen
wurden und ihre jetzige Geſtaltung und Niveauverhältniſſe erhielten, wobei, was von faſt allen
nicht fliegenden Land- und Süßwaſſerbewohnern aller Jnſeln gilt, eine Reihe der Thiere des
feſten Landes mit iſolirt wurde. Die beiden angeführten Arten ſtehen dem in Nordamerika, Chili
und Neuholland gefundenen Flußkrebſe ſehr nahe.

Auch der Hummer (Astacus marinus, Homarus vulgaris) unterſcheidet ſich vom Flußkrebs
durch ſo geringfügige Merkmale, daß man, ſyſtematiſirend, eigentlich kaum nöthig hat, ihn in eine
andere Gattung zu verſetzen. So hat er einen ſchmaleren Stirnfortſatz, und die am Grunde der
äußeren Fühler ſtehende Schuppe, welche blattförmig iſt bei den Flußkrebſen, iſt bei den Hummern
ſchmal und zahnartig. Der gemeine Hummer der europäiſchen Meere findet ſich von der nor-
wegiſchen Küſte an bis in das Mittelmeer, iſt jedoch hier nicht beſonders häufig, während ſeine
eigentliche Heimat die norwegiſchen Geſtade ſind. Dort findet er ſich mit vielen anderen See-
thieren vorzugsweiſe auf der ungeheueren Terraſſe oder Bank, die ſich neben dem Feſtlande hin-
zieht, und von welcher aus ein jäher Abſturz in den Ocean erfolgt. Obwohl nun natürlich der
Hummer in ſeinem ganzen Verbreitungsbezirke gefangen wird, iſt er doch nur für die Fiſcher
einer großen Strecke der norwegiſchen Küſte eine nachhaltige Erwerbsquelle. Man fängt ſie in
großen Körben, in welche ſie als nächtliche Thiere auch nur bei nächtlicher Weile und in dunklen
Nächten hineinzukriechen pflegen. Der größte Verbrauch an Hummern findet in England ſtatt,
welches die Waare faſt ausſchließlich direkt von Norwegen bezieht. Kleine, ſchnell ſegelnde Schiffe,
mit doppeltem Boden, der als Hummerbehälter dient, ſegeln in der guten Jahreszeit hin
und wieder.

Auch Holland verſorgt ſich auf dieſe Weiſe von Norwegen aus. Daß ſie hier in der That
ſehr gemeine Thiere ſind, erfährt man auf Reiſen längs der Küſte, da ſie in Privat- und Gaſt-
häuſern und auf den Dampfbooten eine faſt tägliche Speiſe ſind. Jch ſelbſt kaufte in Bergen

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[643/0687] Bärenkrebs. Gemeiner Flußkrebs. Steinkrebs. Hummer. Seine ſüdliche Grenze geht bis in die Kerka und den Zirknitzer See in Krain, bis Nizza, das ganze Pogebiet und Neapel. Jm ſüdlichen Rußland kommt er bei Nicolajew im Buggebiete vor. Die Flußkrebſe des Dnieſter, Dnieper und der Wolga, der Krim und des Kankaſus, ſowie einiger anderer ſüdruſſiſcher Gebiete, welche als drei beſondere Arten beſchrieben wurden, ſind ſo wenig ſtreng von unſerm gemeinen Flußkrebs unterſchieden, daß ſie als bloße Abarten gelten dürfen. Die Begriffe von Art und Abart ſind zwar keineswegs feſt, wir können aber einſtweilen bei der Beſtimmung der alten Schule uns beruhigen, daß wir unter Abart eine Thierform verſtehen, welche nur durch geringe, durch direkte Uebergänge vermittelte und offenbar durch klimatiſche und örtliche Einwirkungen hervorgebrachte Merkmale von der eigentlichen, feſten und ſogenannten Stammart abweicht. Wir finden wohl im Verlauf unſeres Werkes noch Raum und Zeit, auf dieſe und andere höhere, den Kern der Naturgeſchichte bildende Fragen etwas einzugehen. Jm Süden unſeres Welttheiles findet ſich eine durch braungelbe Färbung und eine Reihe von Minutien vom Flußkrebs abweichende Art, der Steinkrebs (Astacus saxatilis). Das Vorkommen deſſelben in dem einſamen und abgeſchloſſenen Branaſee der iſtriſchen Jnſel Cherſo wurde vor einigen Jahren von dem Breslauer Zoologen Grube beſtätigt. Der höher als das Meer liegende, rings von Bergen umgebene See erwies ſich als ſehr wenig bevölkert; mit einer Abart der Plötze und einigen Hechten fanden ſich nur zahlreiche Steinkrebſe. Später wurde auch noch aus der Tiefe von 180 Fuß ein kleiner Ringelwurm heraufgeholt. Man fragt vielleicht, wie wohl der Krebs und ſeine übrigen Genoſſen in dieſes öde, aller Zuflüſſe entbehrende Waſſer anfänglich gelangt ſei, eine Frage, welche bei allen iſolirten Thiergebieten wiederkehrt und eigentlich nur im Zuſammenhange mit den allgemeinen Geſetzen der geographiſchen Verbreitung der Lebe- weſen und der ſie beeinfluſſenden Naturerſcheinungen und Naturgewalten genügend gelöſt werden kann. Jn unſerem Falle können wir uns vorläufig darauf berufen, daß die iſtriſchen und dalma- tiniſchen Jnſeln in nicht allzuferner Vorzeit durch gewaltige Erdbeben vom Feſtlande losgeriſſen wurden und ihre jetzige Geſtaltung und Niveauverhältniſſe erhielten, wobei, was von faſt allen nicht fliegenden Land- und Süßwaſſerbewohnern aller Jnſeln gilt, eine Reihe der Thiere des feſten Landes mit iſolirt wurde. Die beiden angeführten Arten ſtehen dem in Nordamerika, Chili und Neuholland gefundenen Flußkrebſe ſehr nahe. Auch der Hummer (Astacus marinus, Homarus vulgaris) unterſcheidet ſich vom Flußkrebs durch ſo geringfügige Merkmale, daß man, ſyſtematiſirend, eigentlich kaum nöthig hat, ihn in eine andere Gattung zu verſetzen. So hat er einen ſchmaleren Stirnfortſatz, und die am Grunde der äußeren Fühler ſtehende Schuppe, welche blattförmig iſt bei den Flußkrebſen, iſt bei den Hummern ſchmal und zahnartig. Der gemeine Hummer der europäiſchen Meere findet ſich von der nor- wegiſchen Küſte an bis in das Mittelmeer, iſt jedoch hier nicht beſonders häufig, während ſeine eigentliche Heimat die norwegiſchen Geſtade ſind. Dort findet er ſich mit vielen anderen See- thieren vorzugsweiſe auf der ungeheueren Terraſſe oder Bank, die ſich neben dem Feſtlande hin- zieht, und von welcher aus ein jäher Abſturz in den Ocean erfolgt. Obwohl nun natürlich der Hummer in ſeinem ganzen Verbreitungsbezirke gefangen wird, iſt er doch nur für die Fiſcher einer großen Strecke der norwegiſchen Küſte eine nachhaltige Erwerbsquelle. Man fängt ſie in großen Körben, in welche ſie als nächtliche Thiere auch nur bei nächtlicher Weile und in dunklen Nächten hineinzukriechen pflegen. Der größte Verbrauch an Hummern findet in England ſtatt, welches die Waare faſt ausſchließlich direkt von Norwegen bezieht. Kleine, ſchnell ſegelnde Schiffe, mit doppeltem Boden, der als Hummerbehälter dient, ſegeln in der guten Jahreszeit hin und wieder. Auch Holland verſorgt ſich auf dieſe Weiſe von Norwegen aus. Daß ſie hier in der That ſehr gemeine Thiere ſind, erfährt man auf Reiſen längs der Küſte, da ſie in Privat- und Gaſt- häuſern und auf den Dampfbooten eine faſt tägliche Speiſe ſind. Jch ſelbſt kaufte in Bergen 41*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/687>, abgerufen am 28.09.2024.