zurück gehen läßt, von einem Ende des Strandes bis zum anderen seine Schritte so lenkend, als sollte der Sand gepflügt werden. Und warum beobachtet der Fischer das Pferd so aufmerksam? Horch! Was sagt er? Er ruft dem kleinen, das Pferd reitenden Buben zu, heran zu kommen, und nun geht er selbst eilig an den Strand, wie das Thier und sein kleiner Reiter aus Ufer kommen. Wir wollen gehen und sehen."
"Der Mann ist höflich und mittheilsam und weiht uns in das ganze Geheimniß ein, das in der That sogleich offenbar wird, sobald wir an Ort und Stelle gekommen. Das Pferd zieht ein Netz hinter sich her, dessen Mündung über einen länglichen, eifernen Rahmen gespannt ist. Nach hinten läuft das Netz spitz zu, ist aber nicht zugestrickt, sondern blos mit einer Schnur zugebunden. Der Eisen- rahmen hält die Netzmündung offen und kratzt den Seeboden ab, während das Pferd, mit dessen Geschirr es durch eine Leine verbunden, vorwärts geht. Nun ist der Sandgrund gerade hier mit einer Art eßbarer Krebse belebt, der Garneele (Shrimp) oder, wie das Volk hier sagt, der Sand- Garneele, um sie von der Felsen-Garneele (Palaemon serratus) zu unterscheiden. Das Maß dieser Sand-Garneelen wird, wie der Fischer sagt, zu einem Schilling an die Fischhändler verkauft."
"Das Pferd, welches im leichten Sande und drei Fuß tief im Wasser waten und den schweren Apparat nach sich ziehen muß, hat schwere Arbeit und kommt offenbar gern aufs Trockne, wo es, sobald das Schleppnetz am Ufer, angehalten wird. Nachdem der Fischer ein Tuch auf dem Sande ausgebreitet, bindet er die Schnur auf und schüttelt das Gewimmel auf das Tuch. Es sind mehr als zwei Maß, und da der Fischer deshalb in guter Laune und außerdem von Natur höflich, wagen wir es, einen Handel vorzuschlagen. Für eine kleine Münze dürfen wir uns allen Wegwurf auflesen, nämlich Alles, was nicht Garneele ist. Letztere sind sehr schön. Bell gibt ihre Länge auf 21/2 Zoll an, von dieser hier ist aber die Mehrzahl länger als 3 Zoll. Die meisten sind Weibchen, die ihre Eier zwischen den Afterfüßen ihres Hinterleibes tragen. Das Thier ist weniger zierlich, als manche andere Garneelen. Seine Farbe ist ein blasses, ins Grün spielendes Braun; untersucht man es aber genau, so löst es sich in eine Anhäufung von schwarzen, grau- braunen und orangenen Flecken auf, von denen bei starker Vergrößerung viele sternförmig erscheinen."
"Sehr lustig ist es zu sehen, wie schnell und gewandt die Garneele sich im Sande placirt. Wenn das Wasser einen oder zwei Zoll tief ist, läßt sich das Thier ruhig zu Boden fallen. Dann sieht man auf einen Augenblick wie eine kleine Staubwolke sich auf beiden Seiten erheben, und der Körper sinkt so tief ein, bis sein Rücken fast in einer Ebene mit dem ihn umgebenden Sande liegt. Nun wird der Nutzen der eigenthümlichen Färbung offenbar: die dicht bei einander stehenden Flecken in verschiedenen Tinten von Braun, Grau und Noth gleichen den Farben des Sandes so vollkommen, daß man die Granate, die man noch eben sich hat vergraben sehen, im nächsten Augenblicke nicht mehr unterscheiden kann. Nur die an der Spitze des Kopfes, wie die Dach- stubenfenster auf den holländischen Häusern angebrachten Augen stehen wie ein paar Wachtposten leuchtend hervor, und so liegt das Thier ruhig und vor den meisten Feinden sicher, wenn nicht die eiserne Lippe des Schleppnetzes den Sand aufrührt und die armen Garneelen aufstört und in die Mündung des Netzes treibt."
Aehnlich, wie der Fang der Granaten an der englischen Küste, ist er natürlich überall, nur daß in der Regel die armen Fischer ihn nicht so großartig mit Hilfe eines Rosses betreiben, sondern ihre kleineren, über eiserne oder hölzerne Nahmen gespannten Netze selbst schieben oder ziehen.
Eine der schönsten, den Crangons sich anreihenden Garneelen ist die nur im Mittelmeere sich findende Lysmata seticauda, deren korallenrothe Körperfarbe mit weißlichen Längsstreifen sie vor Allen kenntlich macht.
Nur einige Garneelen leben in den süßen Gewässern, so in den Flüssen des südlichen Frank- reichs und an anderen Orten des südlichen Europa die Gattung Caridina. Eine bloß ver- kümmerte Art derselben ist wohl die in den Grottengewässern des Karstes, z. B. in der adelsberger Grotte lebende Troglocaris Schmidtii. Die Verkümmerung bezieht sich auf die Augen, welche
Nephrops. Gemeiner Crangon.
zurück gehen läßt, von einem Ende des Strandes bis zum anderen ſeine Schritte ſo lenkend, als ſollte der Sand gepflügt werden. Und warum beobachtet der Fiſcher das Pferd ſo aufmerkſam? Horch! Was ſagt er? Er ruft dem kleinen, das Pferd reitenden Buben zu, heran zu kommen, und nun geht er ſelbſt eilig an den Strand, wie das Thier und ſein kleiner Reiter aus Ufer kommen. Wir wollen gehen und ſehen.“
„Der Mann iſt höflich und mittheilſam und weiht uns in das ganze Geheimniß ein, das in der That ſogleich offenbar wird, ſobald wir an Ort und Stelle gekommen. Das Pferd zieht ein Netz hinter ſich her, deſſen Mündung über einen länglichen, eifernen Rahmen geſpannt iſt. Nach hinten läuft das Netz ſpitz zu, iſt aber nicht zugeſtrickt, ſondern blos mit einer Schnur zugebunden. Der Eiſen- rahmen hält die Netzmündung offen und kratzt den Seeboden ab, während das Pferd, mit deſſen Geſchirr es durch eine Leine verbunden, vorwärts geht. Nun iſt der Sandgrund gerade hier mit einer Art eßbarer Krebſe belebt, der Garneele (Shrimp) oder, wie das Volk hier ſagt, der Sand- Garneele, um ſie von der Felſen-Garneele (Palaemon serratus) zu unterſcheiden. Das Maß dieſer Sand-Garneelen wird, wie der Fiſcher ſagt, zu einem Schilling an die Fiſchhändler verkauft.“
„Das Pferd, welches im leichten Sande und drei Fuß tief im Waſſer waten und den ſchweren Apparat nach ſich ziehen muß, hat ſchwere Arbeit und kommt offenbar gern aufs Trockne, wo es, ſobald das Schleppnetz am Ufer, angehalten wird. Nachdem der Fiſcher ein Tuch auf dem Sande ausgebreitet, bindet er die Schnur auf und ſchüttelt das Gewimmel auf das Tuch. Es ſind mehr als zwei Maß, und da der Fiſcher deshalb in guter Laune und außerdem von Natur höflich, wagen wir es, einen Handel vorzuſchlagen. Für eine kleine Münze dürfen wir uns allen Wegwurf aufleſen, nämlich Alles, was nicht Garneele iſt. Letztere ſind ſehr ſchön. Bell gibt ihre Länge auf 2½ Zoll an, von dieſer hier iſt aber die Mehrzahl länger als 3 Zoll. Die meiſten ſind Weibchen, die ihre Eier zwiſchen den Afterfüßen ihres Hinterleibes tragen. Das Thier iſt weniger zierlich, als manche andere Garneelen. Seine Farbe iſt ein blaſſes, ins Grün ſpielendes Braun; unterſucht man es aber genau, ſo löſt es ſich in eine Anhäufung von ſchwarzen, grau- braunen und orangenen Flecken auf, von denen bei ſtarker Vergrößerung viele ſternförmig erſcheinen.“
„Sehr luſtig iſt es zu ſehen, wie ſchnell und gewandt die Garneele ſich im Sande placirt. Wenn das Waſſer einen oder zwei Zoll tief iſt, läßt ſich das Thier ruhig zu Boden fallen. Dann ſieht man auf einen Augenblick wie eine kleine Staubwolke ſich auf beiden Seiten erheben, und der Körper ſinkt ſo tief ein, bis ſein Rücken faſt in einer Ebene mit dem ihn umgebenden Sande liegt. Nun wird der Nutzen der eigenthümlichen Färbung offenbar: die dicht bei einander ſtehenden Flecken in verſchiedenen Tinten von Braun, Grau und Noth gleichen den Farben des Sandes ſo vollkommen, daß man die Granate, die man noch eben ſich hat vergraben ſehen, im nächſten Augenblicke nicht mehr unterſcheiden kann. Nur die an der Spitze des Kopfes, wie die Dach- ſtubenfenſter auf den holländiſchen Häuſern angebrachten Augen ſtehen wie ein paar Wachtpoſten leuchtend hervor, und ſo liegt das Thier ruhig und vor den meiſten Feinden ſicher, wenn nicht die eiſerne Lippe des Schleppnetzes den Sand aufrührt und die armen Garneelen aufſtört und in die Mündung des Netzes treibt.“
Aehnlich, wie der Fang der Granaten an der engliſchen Küſte, iſt er natürlich überall, nur daß in der Regel die armen Fiſcher ihn nicht ſo großartig mit Hilfe eines Roſſes betreiben, ſondern ihre kleineren, über eiſerne oder hölzerne Nahmen geſpannten Netze ſelbſt ſchieben oder ziehen.
Eine der ſchönſten, den Crangons ſich anreihenden Garneelen iſt die nur im Mittelmeere ſich findende Lysmata seticauda, deren korallenrothe Körperfarbe mit weißlichen Längsſtreifen ſie vor Allen kenntlich macht.
Nur einige Garneelen leben in den ſüßen Gewäſſern, ſo in den Flüſſen des ſüdlichen Frank- reichs und an anderen Orten des ſüdlichen Europa die Gattung Caridina. Eine bloß ver- kümmerte Art derſelben iſt wohl die in den Grottengewäſſern des Karſtes, z. B. in der adelsberger Grotte lebende Troglocaris Schmidtii. Die Verkümmerung bezieht ſich auf die Augen, welche
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[645/0689]
Nephrops. Gemeiner Crangon.
zurück gehen läßt, von einem Ende des Strandes bis zum anderen ſeine Schritte ſo lenkend, als
ſollte der Sand gepflügt werden. Und warum beobachtet der Fiſcher das Pferd ſo aufmerkſam?
Horch! Was ſagt er? Er ruft dem kleinen, das Pferd reitenden Buben zu, heran zu kommen,
und nun geht er ſelbſt eilig an den Strand, wie das Thier und ſein kleiner Reiter aus Ufer
kommen. Wir wollen gehen und ſehen.“
„Der Mann iſt höflich und mittheilſam und weiht uns in das ganze Geheimniß ein, das in
der That ſogleich offenbar wird, ſobald wir an Ort und Stelle gekommen. Das Pferd zieht ein Netz
hinter ſich her, deſſen Mündung über einen länglichen, eifernen Rahmen geſpannt iſt. Nach hinten läuft
das Netz ſpitz zu, iſt aber nicht zugeſtrickt, ſondern blos mit einer Schnur zugebunden. Der Eiſen-
rahmen hält die Netzmündung offen und kratzt den Seeboden ab, während das Pferd, mit deſſen
Geſchirr es durch eine Leine verbunden, vorwärts geht. Nun iſt der Sandgrund gerade hier mit
einer Art eßbarer Krebſe belebt, der Garneele (Shrimp) oder, wie das Volk hier ſagt, der Sand-
Garneele, um ſie von der Felſen-Garneele (Palaemon serratus) zu unterſcheiden. Das Maß dieſer
Sand-Garneelen wird, wie der Fiſcher ſagt, zu einem Schilling an die Fiſchhändler verkauft.“
„Das Pferd, welches im leichten Sande und drei Fuß tief im Waſſer waten und den ſchweren
Apparat nach ſich ziehen muß, hat ſchwere Arbeit und kommt offenbar gern aufs Trockne, wo
es, ſobald das Schleppnetz am Ufer, angehalten wird. Nachdem der Fiſcher ein Tuch auf dem
Sande ausgebreitet, bindet er die Schnur auf und ſchüttelt das Gewimmel auf das Tuch. Es
ſind mehr als zwei Maß, und da der Fiſcher deshalb in guter Laune und außerdem von Natur
höflich, wagen wir es, einen Handel vorzuſchlagen. Für eine kleine Münze dürfen wir uns allen
Wegwurf aufleſen, nämlich Alles, was nicht Garneele iſt. Letztere ſind ſehr ſchön. Bell gibt
ihre Länge auf 2½ Zoll an, von dieſer hier iſt aber die Mehrzahl länger als 3 Zoll. Die meiſten
ſind Weibchen, die ihre Eier zwiſchen den Afterfüßen ihres Hinterleibes tragen. Das Thier iſt
weniger zierlich, als manche andere Garneelen. Seine Farbe iſt ein blaſſes, ins Grün ſpielendes
Braun; unterſucht man es aber genau, ſo löſt es ſich in eine Anhäufung von ſchwarzen, grau-
braunen und orangenen Flecken auf, von denen bei ſtarker Vergrößerung viele ſternförmig erſcheinen.“
„Sehr luſtig iſt es zu ſehen, wie ſchnell und gewandt die Garneele ſich im Sande placirt.
Wenn das Waſſer einen oder zwei Zoll tief iſt, läßt ſich das Thier ruhig zu Boden fallen.
Dann ſieht man auf einen Augenblick wie eine kleine Staubwolke ſich auf beiden Seiten erheben,
und der Körper ſinkt ſo tief ein, bis ſein Rücken faſt in einer Ebene mit dem ihn umgebenden
Sande liegt. Nun wird der Nutzen der eigenthümlichen Färbung offenbar: die dicht bei einander
ſtehenden Flecken in verſchiedenen Tinten von Braun, Grau und Noth gleichen den Farben des Sandes
ſo vollkommen, daß man die Granate, die man noch eben ſich hat vergraben ſehen, im nächſten
Augenblicke nicht mehr unterſcheiden kann. Nur die an der Spitze des Kopfes, wie die Dach-
ſtubenfenſter auf den holländiſchen Häuſern angebrachten Augen ſtehen wie ein paar Wachtpoſten
leuchtend hervor, und ſo liegt das Thier ruhig und vor den meiſten Feinden ſicher, wenn nicht
die eiſerne Lippe des Schleppnetzes den Sand aufrührt und die armen Garneelen aufſtört und in
die Mündung des Netzes treibt.“
Aehnlich, wie der Fang der Granaten an der engliſchen Küſte, iſt er natürlich überall, nur
daß in der Regel die armen Fiſcher ihn nicht ſo großartig mit Hilfe eines Roſſes betreiben,
ſondern ihre kleineren, über eiſerne oder hölzerne Nahmen geſpannten Netze ſelbſt ſchieben oder ziehen.
Eine der ſchönſten, den Crangons ſich anreihenden Garneelen iſt die nur im Mittelmeere
ſich findende Lysmata seticauda, deren korallenrothe Körperfarbe mit weißlichen Längsſtreifen ſie
vor Allen kenntlich macht.
Nur einige Garneelen leben in den ſüßen Gewäſſern, ſo in den Flüſſen des ſüdlichen Frank-
reichs und an anderen Orten des ſüdlichen Europa die Gattung Caridina. Eine bloß ver-
kümmerte Art derſelben iſt wohl die in den Grottengewäſſern des Karſtes, z. B. in der adelsberger
Grotte lebende Troglocaris Schmidtii. Die Verkümmerung bezieht ſich auf die Augen, welche
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 645. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/689>, abgerufen am 23.11.2024.
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