Jch bestätige im vollen Umfange, was mein College von dem anziehenden Schauspiele sagt, welches der unter ein nur mäßig vergrößerndes Mikroskop gelegte lebende Wasserfloh gewährt. Alljährlich erfahre ich, wie gerade bei diesen Demonstrationen meine Studenten und andere Natur- freunde in laute Rufe des Erstaunens und der Bewunderung ausbrechen. Man hat, um diese Thierchen und ähnliche von allen Seiten betrachten zu können, sich einer mit einer Furche versehenen Glastafel als Unterlage (Objektträger) zu bedienen, in welche Furche man den Wasserfloh auch auf die Rückenkante legen kann.
Das Aussehen der Wasserflöhe ist sehr eigenthümlich. Ueber den mit einer zweiklappigen Schale versehenen Rumpf ragt ein gewölbter, beschnabelter und von einem besonderen Helm bedeckter Kopf (A) hervor. Unter dem Ende des Schnabels liegen die inneren Fühlhörner, in zarte, nervöse Tastfäden ausgehend. Gleich unter der oberen Wölbung befindet sich das große Auge, das durch eine Anzahl Muskeln gedreht werden kann. Die äußeren Fühler (T) sind zu mächtigen, ästigen Ruderorganen umgestaltet, durch deren Schläge die hüpfende, flohähnliche Bewegung geschieht. Sehr versteckt unter dem Kopfhelm und der vorderen Bucht der Schalen, liegen die aus Oberlippe, Ober- und Unterkiefer bestehenden Mundtheile. Die zweiklappige Schale (S) ist eine Hautausbreitung desjenigen Körperabschnittes, welcher der Brust der Jnsekten entspricht. Gerade bei unseren Thieren läßt sich eine gewisse Aehnlichkeit mit den Flügeln der Jnsekten nicht verkennen, mit denen man auch, und wohl mit ebenso vielem Recht, die Seitentheile des Panzers der Zehnfüßer verglichen hat. Nur bei einzelnen durchsichtigen Jnsektenlarven kann man, am lebenden Thiere, so genau das Herz (H) und seine Thätigkeit beobachten, als an den Wasserflöhen. Es liegt in der Mittellinie des Körpers am Rücken und hat meist die Form einer rundlichen Blase. Mit einer mundähnlichen Spalte schnappt es in raschem Pulsiren das Blut und die Blutkörperchen auf, um es auf der anderen Seite durch eine zweite Spalte wieder aus- zuspeien und fortzutreiben. Als Athmungsorgane dienen die blattförmigen Anhänge der vier bis sechs Paar Beine. Auch diese Krebse haben einen, dem "Schwanz" des Flußkrebses entsprechenden Nachleib, welcher frei unter der Schale liegt und mit Krallen oder zwei Schwanz- borsten (C) endigt. Er wird als ein kräftiges Ruderorgan benutzt.
Die männlichen Wasserflöhe sind durchgängig kleiner als die Weibchen und zeichnen sich bei den meisten Arten durch anders gestaltete, innere Antennen und ein zum Festhalten umgebildetes, erstes Beinpaar aus. Die Weibchen bringen, wie seit lange bekannt, zweierlei Eier hervor, Sommereier und Wintereier. Letztere sind unter anderm durch stärkere, schützende Hüllen unterschieden. Das Erscheinen der "Sommer-" oder "Winter- eier" hängt übrigens viel weniger von der Jahreszeit, als von dem Erscheinen der Männchen ab. Die sogenannten Sommereier entstehen nämlich und entwickeln sich zu neuer Brut, ohne befruchtet zu sein, erinnern also an jene Eier der Bienenkönigin, aus welchen die Drohnen hervorgehen, oder an jene "Keime" der Blattläuse, aus welchen sich die Sommergenerationen entwickeln. Sobald in bestimmter Jahres- zeit die Daphniden-Männchen auftauchen, gibt es "Winter- eier". Die Verpackung derselben in das sogenannte Ephip- pium (Sattel) ist sehr merkwürdig. Es löst sich nämlich
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Ephippium des Acanthocercus.
entweder die ganze Schale oder ein Theil derselben ab und umschließt als Schutzhülle zwei oder ein ganzes Paketchen von Eiern. Jnsofern sie nun in dieser Verpackung, trotz dem Aus- trocknen der Gewässer und trotz dem Froste, den Winter überdauern, ist die Benennung "Wintereier" allerdings bezeichnend.
Die zahlreichen Gattungen weichen namentlich, neben der Gesammtgestaltung des Leibes, durch eine verschiedene Zahl der Füße und durch die Bildung der Ruderarme ab. So hat Sida
Waſſerfloh.
Jch beſtätige im vollen Umfange, was mein College von dem anziehenden Schauſpiele ſagt, welches der unter ein nur mäßig vergrößerndes Mikroſkop gelegte lebende Waſſerfloh gewährt. Alljährlich erfahre ich, wie gerade bei dieſen Demonſtrationen meine Studenten und andere Natur- freunde in laute Rufe des Erſtaunens und der Bewunderung ausbrechen. Man hat, um dieſe Thierchen und ähnliche von allen Seiten betrachten zu können, ſich einer mit einer Furche verſehenen Glastafel als Unterlage (Objektträger) zu bedienen, in welche Furche man den Waſſerfloh auch auf die Rückenkante legen kann.
Das Ausſehen der Waſſerflöhe iſt ſehr eigenthümlich. Ueber den mit einer zweiklappigen Schale verſehenen Rumpf ragt ein gewölbter, beſchnabelter und von einem beſonderen Helm bedeckter Kopf (A) hervor. Unter dem Ende des Schnabels liegen die inneren Fühlhörner, in zarte, nervöſe Taſtfäden ausgehend. Gleich unter der oberen Wölbung befindet ſich das große Auge, das durch eine Anzahl Muskeln gedreht werden kann. Die äußeren Fühler (T) ſind zu mächtigen, äſtigen Ruderorganen umgeſtaltet, durch deren Schläge die hüpfende, flohähnliche Bewegung geſchieht. Sehr verſteckt unter dem Kopfhelm und der vorderen Bucht der Schalen, liegen die aus Oberlippe, Ober- und Unterkiefer beſtehenden Mundtheile. Die zweiklappige Schale (S) iſt eine Hautausbreitung desjenigen Körperabſchnittes, welcher der Bruſt der Jnſekten entſpricht. Gerade bei unſeren Thieren läßt ſich eine gewiſſe Aehnlichkeit mit den Flügeln der Jnſekten nicht verkennen, mit denen man auch, und wohl mit ebenſo vielem Recht, die Seitentheile des Panzers der Zehnfüßer verglichen hat. Nur bei einzelnen durchſichtigen Jnſektenlarven kann man, am lebenden Thiere, ſo genau das Herz (H) und ſeine Thätigkeit beobachten, als an den Waſſerflöhen. Es liegt in der Mittellinie des Körpers am Rücken und hat meiſt die Form einer rundlichen Blaſe. Mit einer mundähnlichen Spalte ſchnappt es in raſchem Pulſiren das Blut und die Blutkörperchen auf, um es auf der anderen Seite durch eine zweite Spalte wieder aus- zuſpeien und fortzutreiben. Als Athmungsorgane dienen die blattförmigen Anhänge der vier bis ſechs Paar Beine. Auch dieſe Krebſe haben einen, dem „Schwanz“ des Flußkrebſes entſprechenden Nachleib, welcher frei unter der Schale liegt und mit Krallen oder zwei Schwanz- borſten (C) endigt. Er wird als ein kräftiges Ruderorgan benutzt.
Die männlichen Waſſerflöhe ſind durchgängig kleiner als die Weibchen und zeichnen ſich bei den meiſten Arten durch anders geſtaltete, innere Antennen und ein zum Feſthalten umgebildetes, erſtes Beinpaar aus. Die Weibchen bringen, wie ſeit lange bekannt, zweierlei Eier hervor, Sommereier und Wintereier. Letztere ſind unter anderm durch ſtärkere, ſchützende Hüllen unterſchieden. Das Erſcheinen der „Sommer-“ oder „Winter- eier“ hängt übrigens viel weniger von der Jahreszeit, als von dem Erſcheinen der Männchen ab. Die ſogenannten Sommereier entſtehen nämlich und entwickeln ſich zu neuer Brut, ohne befruchtet zu ſein, erinnern alſo an jene Eier der Bienenkönigin, aus welchen die Drohnen hervorgehen, oder an jene „Keime“ der Blattläuſe, aus welchen ſich die Sommergenerationen entwickeln. Sobald in beſtimmter Jahres- zeit die Daphniden-Männchen auftauchen, gibt es „Winter- eier“. Die Verpackung derſelben in das ſogenannte Ephip- pium (Sattel) iſt ſehr merkwürdig. Es löſt ſich nämlich
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Ephippium des Acanthocercus.
entweder die ganze Schale oder ein Theil derſelben ab und umſchließt als Schutzhülle zwei oder ein ganzes Paketchen von Eiern. Jnſofern ſie nun in dieſer Verpackung, trotz dem Aus- trocknen der Gewäſſer und trotz dem Froſte, den Winter überdauern, iſt die Benennung „Wintereier“ allerdings bezeichnend.
Die zahlreichen Gattungen weichen namentlich, neben der Geſammtgeſtaltung des Leibes, durch eine verſchiedene Zahl der Füße und durch die Bildung der Ruderarme ab. So hat Sida
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Jch beſtätige im vollen Umfange, was mein College von dem anziehenden Schauſpiele ſagt,
welches der unter ein nur mäßig vergrößerndes Mikroſkop gelegte lebende Waſſerfloh gewährt.
Alljährlich erfahre ich, wie gerade bei dieſen Demonſtrationen meine Studenten und andere Natur-
freunde in laute Rufe des Erſtaunens und der Bewunderung ausbrechen. Man hat, um dieſe
Thierchen und ähnliche von allen Seiten betrachten zu können, ſich einer mit einer Furche verſehenen
Glastafel als Unterlage (Objektträger) zu bedienen, in welche Furche man den Waſſerfloh auch auf
die Rückenkante legen kann.
Das Ausſehen der Waſſerflöhe iſt ſehr eigenthümlich. Ueber den mit einer zweiklappigen
Schale verſehenen Rumpf ragt ein gewölbter, beſchnabelter und von einem beſonderen Helm
bedeckter Kopf (A) hervor. Unter dem Ende des Schnabels liegen die inneren Fühlhörner, in
zarte, nervöſe Taſtfäden ausgehend. Gleich unter der oberen Wölbung befindet ſich das große
Auge, das durch eine Anzahl Muskeln gedreht werden kann. Die äußeren Fühler (T) ſind zu
mächtigen, äſtigen Ruderorganen umgeſtaltet, durch deren Schläge die hüpfende, flohähnliche
Bewegung geſchieht. Sehr verſteckt unter dem Kopfhelm und der vorderen Bucht der Schalen,
liegen die aus Oberlippe, Ober- und Unterkiefer beſtehenden Mundtheile. Die zweiklappige
Schale (S) iſt eine Hautausbreitung desjenigen Körperabſchnittes, welcher der Bruſt der Jnſekten
entſpricht. Gerade bei unſeren Thieren läßt ſich eine gewiſſe Aehnlichkeit mit den Flügeln der
Jnſekten nicht verkennen, mit denen man auch, und wohl mit ebenſo vielem Recht, die Seitentheile
des Panzers der Zehnfüßer verglichen hat. Nur bei einzelnen durchſichtigen Jnſektenlarven kann
man, am lebenden Thiere, ſo genau das Herz (H) und ſeine Thätigkeit beobachten, als an den
Waſſerflöhen. Es liegt in der Mittellinie des Körpers am Rücken und hat meiſt die Form einer
rundlichen Blaſe. Mit einer mundähnlichen Spalte ſchnappt es in raſchem Pulſiren das Blut
und die Blutkörperchen auf, um es auf der anderen Seite durch eine zweite Spalte wieder aus-
zuſpeien und fortzutreiben. Als Athmungsorgane dienen die blattförmigen Anhänge der
vier bis ſechs Paar Beine. Auch dieſe Krebſe haben einen, dem „Schwanz“ des Flußkrebſes
entſprechenden Nachleib, welcher frei unter der Schale liegt und mit Krallen oder zwei Schwanz-
borſten (C) endigt. Er wird als ein kräftiges Ruderorgan benutzt.
Die männlichen Waſſerflöhe ſind durchgängig kleiner als die Weibchen und zeichnen ſich
bei den meiſten Arten durch anders geſtaltete, innere Antennen und ein zum Feſthalten umgebildetes,
erſtes Beinpaar aus. Die Weibchen bringen, wie ſeit lange bekannt, zweierlei Eier hervor,
Sommereier und Wintereier. Letztere ſind unter anderm durch ſtärkere, ſchützende Hüllen
unterſchieden. Das Erſcheinen der „Sommer-“ oder „Winter-
eier“ hängt übrigens viel weniger von der Jahreszeit, als
von dem Erſcheinen der Männchen ab. Die ſogenannten
Sommereier entſtehen nämlich und entwickeln ſich zu neuer
Brut, ohne befruchtet zu ſein, erinnern alſo an jene Eier
der Bienenkönigin, aus welchen die Drohnen hervorgehen,
oder an jene „Keime“ der Blattläuſe, aus welchen ſich die
Sommergenerationen entwickeln. Sobald in beſtimmter Jahres-
zeit die Daphniden-Männchen auftauchen, gibt es „Winter-
eier“. Die Verpackung derſelben in das ſogenannte Ephip-
pium (Sattel) iſt ſehr merkwürdig. Es löſt ſich nämlich
[Abbildung Ephippium des Acanthocercus.]
entweder die ganze Schale oder ein Theil derſelben ab und umſchließt als Schutzhülle zwei
oder ein ganzes Paketchen von Eiern. Jnſofern ſie nun in dieſer Verpackung, trotz dem Aus-
trocknen der Gewäſſer und trotz dem Froſte, den Winter überdauern, iſt die Benennung
„Wintereier“ allerdings bezeichnend.
Die zahlreichen Gattungen weichen namentlich, neben der Geſammtgeſtaltung des Leibes,
durch eine verſchiedene Zahl der Füße und durch die Bildung der Ruderarme ab. So hat Sida
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 661. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/705>, abgerufen am 23.11.2024.
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