Thier und Mensch können in manchfaltigster Weise zu einer Verschleppung beitragen, zumal diese durch die Kleinheit und Leichtigkeit der Eier noch besonders begünstigt wird. Um ein nahe liegendes Beispiel hervorzuheben, brauche ich hier nur die Fliegen zu nennen und an die Beziehungen zu erinnern, welche diese Thiere eben sowohl zu den menschlichen Nahrungs- mitteln, wie den unsaubersten Gegenständen darbieten." Wirklich schützen kann also nur die penibelste Reinlichkeit und auch diese offenbar nicht unbedingt. Mit dem Genusse jeden nicht sorgfältig abgewaschenen Obstes, jeder Birne droht die Gefahr der Ansteckung, ja Leuckart will selbst das Mehl, mit dem die Bäcker ihre Waaren zu bestreuen pflegen, von der Schmuggelei mit Oryuris-Keimen nicht völlig frei sprechen, da die Eier, die etwa dem Getreide anhängen, wegen ihrer Kleinheit die Proceduren des Dreschens und Mahlens ungefährdet zu überstehen vermögen.
Der berüchtigte Medinawurm gehört in die Gattung Filaria, für welche die ausgesprochene Fadenform des Körpers einen Hauptcharakter bildet, während die Beschaffenheit des Kopfendes je nach Anwesenheit oder Mangel von Lippen und Knötchen sehr verschiedenartig ist. Die Männchen zeichnen sich durch ein schraubenförmig gewundenes Schwanzende aus. Wir kennen an 40 Arten solcher Filarien aus Säugethieren und Vögeln und können vor der Hand nur vermuthen, daß die Jungen in mikroskopischer Größe einwandern. Auch über die Lebens- und Entwicklungs- geschichte des so viel genannten Medina- oder Guinea-Wurmes (Filaria medinensis), sind wir noch ganz im Unklaren. Er erreicht, nachdem er im Zellgewebe des Menschen sich einge- siedelt hat, eine Länge von 12 bis 14 Fuß, bei einer Dicke von 1 Linie, und erzeugt durch seine Anwesenheit bösartige Geschwüre. Jn den feuchten Tropen, mit Ausnahme Amerikas, werden Weiße und Farbige von ihm heimgesucht. Nachdem man ihn in der offenen Wunde hat fassen können, sucht man ihn über ein Röllchen aufzuwinden, eine Operation, welche mehrere Tage in Anspruch nimmt und, wenn sie durch das Zerreißen des Wurmes unterbrochen wird, sehr üble Entzündungen zur Folge haben soll. Daß dieß nicht immer eintritt, zeigt ein vor wenigen Jahren in Pesth vorgekommener Fall, wo die beiden einem Tartaren auszuziehenden Medinawürmer zerrissen und die Heilung doch schnell erfolgte. Der Medinawurm ist lebendig gebärend, und man sagte, daß die in die Wunde gerathenden Jungen die erneuerte, heftige Entzündung verursachten. Daß sie dazu beitragen können, ist nicht unwahrscheinlich, ihre Entwicklung wird aber aller Analogie nach im Freien vor sich gehen, wir wissen jedoch weder, ob er mit dem Trinkwasser in den Körper gelangt und sich nach Art der Trichinen aus dem Magen entfernt, oder ob er sich direkt in die Haut einbohrt.
Ob der sogenannte Loawurm eine Filarie sei, ist ungewiß. Er wird bis 2 Zoll lang und findet sich nicht selten auf dem Augapfel der Neger, wo er sehr heftige Schmerzen verursacht. Man hat sogar wiederholt in der Linse staarkranker Europäer kleine, einige Linien lange Würmchen gefunden, welche Filarien zu sein schienen, über deren Herkommen man aber auch nichts weiß.
Mehr Licht ist, Dank den neueren, unermüdlichen Forschungen Leuckarts über die Geschichte der strongylusartigen Rundwürmer (Strongylidea) verbreitet, indem man wenigstens die Lebensperioden einzelner Arten direkt verfolgen und daraus auch für die anderen Arten Schlüsse ziehen konnte. Ein wichtiges Kennzeichen dieser Familie ist, daß das Hinterende der Männchen von einer eigenthümlichen, napf- oder schirmförmigen Krause umfaßt wird, welche oft von rippen-
Spulwurm. Pfriemenſchwanz. Guinea-Wurm.
Thier und Menſch können in manchfaltigſter Weiſe zu einer Verſchleppung beitragen, zumal dieſe durch die Kleinheit und Leichtigkeit der Eier noch beſonders begünſtigt wird. Um ein nahe liegendes Beiſpiel hervorzuheben, brauche ich hier nur die Fliegen zu nennen und an die Beziehungen zu erinnern, welche dieſe Thiere eben ſowohl zu den menſchlichen Nahrungs- mitteln, wie den unſauberſten Gegenſtänden darbieten.“ Wirklich ſchützen kann alſo nur die penibelſte Reinlichkeit und auch dieſe offenbar nicht unbedingt. Mit dem Genuſſe jeden nicht ſorgfältig abgewaſchenen Obſtes, jeder Birne droht die Gefahr der Anſteckung, ja Leuckart will ſelbſt das Mehl, mit dem die Bäcker ihre Waaren zu beſtreuen pflegen, von der Schmuggelei mit Oryuris-Keimen nicht völlig frei ſprechen, da die Eier, die etwa dem Getreide anhängen, wegen ihrer Kleinheit die Proceduren des Dreſchens und Mahlens ungefährdet zu überſtehen vermögen.
Der berüchtigte Medinawurm gehört in die Gattung Filaria, für welche die ausgeſprochene Fadenform des Körpers einen Hauptcharakter bildet, während die Beſchaffenheit des Kopfendes je nach Anweſenheit oder Mangel von Lippen und Knötchen ſehr verſchiedenartig iſt. Die Männchen zeichnen ſich durch ein ſchraubenförmig gewundenes Schwanzende aus. Wir kennen an 40 Arten ſolcher Filarien aus Säugethieren und Vögeln und können vor der Hand nur vermuthen, daß die Jungen in mikroſkopiſcher Größe einwandern. Auch über die Lebens- und Entwicklungs- geſchichte des ſo viel genannten Medina- oder Guinea-Wurmes (Filaria medinensis), ſind wir noch ganz im Unklaren. Er erreicht, nachdem er im Zellgewebe des Menſchen ſich einge- ſiedelt hat, eine Länge von 12 bis 14 Fuß, bei einer Dicke von 1 Linie, und erzeugt durch ſeine Anweſenheit bösartige Geſchwüre. Jn den feuchten Tropen, mit Ausnahme Amerikas, werden Weiße und Farbige von ihm heimgeſucht. Nachdem man ihn in der offenen Wunde hat faſſen können, ſucht man ihn über ein Röllchen aufzuwinden, eine Operation, welche mehrere Tage in Anſpruch nimmt und, wenn ſie durch das Zerreißen des Wurmes unterbrochen wird, ſehr üble Entzündungen zur Folge haben ſoll. Daß dieß nicht immer eintritt, zeigt ein vor wenigen Jahren in Peſth vorgekommener Fall, wo die beiden einem Tartaren auszuziehenden Medinawürmer zerriſſen und die Heilung doch ſchnell erfolgte. Der Medinawurm iſt lebendig gebärend, und man ſagte, daß die in die Wunde gerathenden Jungen die erneuerte, heftige Entzündung verurſachten. Daß ſie dazu beitragen können, iſt nicht unwahrſcheinlich, ihre Entwicklung wird aber aller Analogie nach im Freien vor ſich gehen, wir wiſſen jedoch weder, ob er mit dem Trinkwaſſer in den Körper gelangt und ſich nach Art der Trichinen aus dem Magen entfernt, oder ob er ſich direkt in die Haut einbohrt.
Ob der ſogenannte Loawurm eine Filarie ſei, iſt ungewiß. Er wird bis 2 Zoll lang und findet ſich nicht ſelten auf dem Augapfel der Neger, wo er ſehr heftige Schmerzen verurſacht. Man hat ſogar wiederholt in der Linſe ſtaarkranker Europäer kleine, einige Linien lange Würmchen gefunden, welche Filarien zu ſein ſchienen, über deren Herkommen man aber auch nichts weiß.
Mehr Licht iſt, Dank den neueren, unermüdlichen Forſchungen Leuckarts über die Geſchichte der ſtrongylusartigen Rundwürmer (Strongylidea) verbreitet, indem man wenigſtens die Lebensperioden einzelner Arten direkt verfolgen und daraus auch für die anderen Arten Schlüſſe ziehen konnte. Ein wichtiges Kennzeichen dieſer Familie iſt, daß das Hinterende der Männchen von einer eigenthümlichen, napf- oder ſchirmförmigen Krauſe umfaßt wird, welche oft von rippen-
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Spulwurm. Pfriemenſchwanz. Guinea-Wurm.
Thier und Menſch können in manchfaltigſter Weiſe zu einer Verſchleppung beitragen, zumal
dieſe durch die Kleinheit und Leichtigkeit der Eier noch beſonders begünſtigt wird. Um ein
nahe liegendes Beiſpiel hervorzuheben, brauche ich hier nur die Fliegen zu nennen und an
die Beziehungen zu erinnern, welche dieſe Thiere eben ſowohl zu den menſchlichen Nahrungs-
mitteln, wie den unſauberſten Gegenſtänden darbieten.“ Wirklich ſchützen kann alſo nur die
penibelſte Reinlichkeit und auch dieſe offenbar nicht unbedingt. Mit dem Genuſſe jeden nicht
ſorgfältig abgewaſchenen Obſtes, jeder Birne droht die Gefahr der Anſteckung, ja Leuckart will
ſelbſt das Mehl, mit dem die Bäcker ihre Waaren zu beſtreuen pflegen, von der Schmuggelei mit
Oryuris-Keimen nicht völlig frei ſprechen, da die Eier, die etwa dem Getreide anhängen, wegen
ihrer Kleinheit die Proceduren des Dreſchens und Mahlens ungefährdet zu überſtehen vermögen.
Der berüchtigte Medinawurm gehört in die Gattung Filaria, für welche die ausgeſprochene
Fadenform des Körpers einen Hauptcharakter bildet, während die Beſchaffenheit des Kopfendes je
nach Anweſenheit oder Mangel von Lippen und Knötchen ſehr verſchiedenartig iſt. Die Männchen
zeichnen ſich durch ein ſchraubenförmig gewundenes Schwanzende aus. Wir kennen an 40 Arten
ſolcher Filarien aus Säugethieren und Vögeln und können vor der Hand nur vermuthen, daß
die Jungen in mikroſkopiſcher Größe einwandern. Auch über die Lebens- und Entwicklungs-
geſchichte des ſo viel genannten Medina- oder Guinea-Wurmes (Filaria medinensis), ſind
wir noch ganz im Unklaren. Er erreicht, nachdem er im Zellgewebe des Menſchen ſich einge-
ſiedelt hat, eine Länge von 12 bis 14 Fuß, bei einer Dicke von 1 Linie, und erzeugt durch ſeine
Anweſenheit bösartige Geſchwüre. Jn den feuchten Tropen, mit Ausnahme Amerikas, werden
Weiße und Farbige von ihm heimgeſucht. Nachdem man ihn in der offenen Wunde hat faſſen
können, ſucht man ihn über ein Röllchen aufzuwinden, eine Operation, welche mehrere Tage in
Anſpruch nimmt und, wenn ſie durch das Zerreißen des Wurmes unterbrochen wird, ſehr üble
Entzündungen zur Folge haben ſoll. Daß dieß nicht immer eintritt, zeigt ein vor wenigen Jahren
in Peſth vorgekommener Fall, wo die beiden einem Tartaren auszuziehenden Medinawürmer zerriſſen
und die Heilung doch ſchnell erfolgte. Der Medinawurm iſt lebendig gebärend, und man ſagte,
daß die in die Wunde gerathenden Jungen die erneuerte, heftige Entzündung verurſachten. Daß
ſie dazu beitragen können, iſt nicht unwahrſcheinlich, ihre Entwicklung wird aber aller Analogie
nach im Freien vor ſich gehen, wir wiſſen jedoch weder, ob er mit dem Trinkwaſſer in den
Körper gelangt und ſich nach Art der Trichinen aus dem Magen entfernt, oder ob er ſich direkt
in die Haut einbohrt.
Ob der ſogenannte Loawurm eine Filarie ſei, iſt ungewiß. Er wird bis 2 Zoll lang und
findet ſich nicht ſelten auf dem Augapfel der Neger, wo er ſehr heftige Schmerzen verurſacht.
Man hat ſogar wiederholt in der Linſe ſtaarkranker Europäer kleine, einige Linien lange Würmchen
gefunden, welche Filarien zu ſein ſchienen, über deren Herkommen man aber auch nichts weiß.
Mehr Licht iſt, Dank den neueren, unermüdlichen Forſchungen Leuckarts über die Geſchichte
der ſtrongylusartigen Rundwürmer (Strongylidea) verbreitet, indem man wenigſtens die
Lebensperioden einzelner Arten direkt verfolgen und daraus auch für die anderen Arten Schlüſſe
ziehen konnte. Ein wichtiges Kennzeichen dieſer Familie iſt, daß das Hinterende der Männchen
von einer eigenthümlichen, napf- oder ſchirmförmigen Krauſe umfaßt wird, welche oft von rippen-
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 717. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/761>, abgerufen am 23.11.2024.
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