züchtern, die, um keine Konkurrenz aufkommen zu lassen, nur solche Thiere verkaufen, welche sie vorher "verhütet", d. h. auf gewissen Weiden mit Leberegeln inficirt haben. Jn manchen Fällen will man schon sechs Wochen nach dem Aufenthalte auf verdächtigen Wiesen den Eintritt der Egelkrankheit bei Schafen beobachtet haben." Wie sehr diese von Zeit zu Zeit wüthet, erhellt aus den Angaben eines französischen Naturforschers, der für Frankreich in diesem Jahrhundert 9 Leber- egeljahre aufzählt: 1809, 1812, 1816, 1817, 1820, 1829, 1830, 1853, 1854. Jn der Umgegend von Arles gingen deren 300,000, und bei Nimes und Montpellier 70,000 Schafe zu Grunde. Jn der Leber eines einzigen Thieres sollen mitunter über 1000 Egel gefunden worden sein, die Zahl von 200 scheint aber selten überschritten zu werden.
Ein weit ungefährlicherer, dem Leberegel nahe verwandter und mit ihm denselben Verbreitungs- bezirk theilender Gast ist der kleine Leberegel (Distomum lanceolatum), 4 bis 41/2 Linien lang. Er kommt gewöhnlich nur in geringerer Anzahl vor, und dies, sowie seine Kleinheit und der Mangel der Körperstacheln sind die Ursachen, warum er viel minder zu fürchten ist. Sein Lebensgang scheint ein ähnlicher, wie der des großen Leberegels zu sein und beginnt mit der Periode der bewimperten Larve. Die Einwanderung in den Menschen gehört zu den größten Seltenheiten.
Wir können aber die Gattung Doppelloch noch nicht verlassen, sondern haben noch einige speziell auf den Menschen angewiesene Arten vorzustellen. Ein kleines Distomum ist ein Mal in vier Exemplaren im menschlichen Auge gesunden worden, ein anderes bewohnt den Darmkanal der Egypter, ohne weder häufig, noch gefährlich zu sein, ein drittes aber, Distomum haematobium, ist sowohl deswegen sehr interessant, weil es getrennten Geschlechtes, als vorzugsweise, weil es einer der gefährlichsten Parasiten der egyptischen Fellahs und Kopten ist. Das Männchen ist einen halben Zoll lang, das Weibchen schlanker und etwas länger. Der Saugnapf liegt nahe am Vorderrande. Nach den Untersuchungen einiger in Alexandrien an der medicinischen Schule wirkenden Professoren, besonders Bilharz, leidet wenigstens die Hälfte der erwachsenen Bevölke- rung egyptischen Stammes an diesem Wurme, der sich in den venösen Blutgefäßen des Unterleibes und ganz besonders in den Harnwegen aufhält. Die dadurch verursachten Leiden endigen ost mit allgemeinem Siechthum und Tod. Die Jungen dieses Distomum kommen sehr zahlreich aus den in den leidenden Organen abgelegten Eiern aus; unzählige Eier werden aber auch entleert, und durch sie ist für die so allgemeine Verbreitung dieser Parasitenkrankheit leider mehr als hinreichend gesorgt. "Es wäre von höchstem Jnteresse, die Wege zu erforschen, auf denen Distomum haema- tobium in den menschlichen Körper eindringt. Da die Lebens- und Nahrungsweise der Egypter sehr einfach ist, so dürfte das auch vielleicht eine relativ ziemlich leichte Aufgabe sein. So lautet wenigstens das Urtheil Griesingers, der die medicinischen Zustände Egyptens aus langjähriger Anschauung kennt und sich namentlich um die Aufhellung der Entozoenkrankheiten des Orients große Verdienste erworben hat. Wie derselbe meint, sind bei der Beantwortung der Frage nach dem Jmport des Distomum haematobium hauptsächlich drei Dinge ins Auge zu fassen, das Nil- wasser, welches unfiltrirt genossen wird, das Brod und Getreide, auch vielleicht die Datteln, die ein Hauptnahrungsobjekt bilden, und die Fische, die in halbfaulem Zustande sehr allgemein und gerne von den Fellahs genossen werden. Auch der rohen Blätter und Wurzeln zu gedenken, scheint durchaus gerechtfertigt, da dieselben bei den armen Egyptern einen wesentlichen Bestandtheil der Nahrungsmittel ausmachen. Da es gerade die unteren Schichten der Bevölkerung sind, die von dem Distomum haematobium heimgesucht werden, so liegt die Vermuthung, daß diese Speise durch zufällig beigemischte Schnecken oder Jnsekten die jungen Würmer im eingekapselten Zustande einschleppe, vielleicht noch näher als der Gedanke an die Fische, die wenigstens bei uns zu Lande nur selten von eingekapselten Distomen bewohnt werden." (Leuckart.)
Leberegel. Diſtomum haematobium.
züchtern, die, um keine Konkurrenz aufkommen zu laſſen, nur ſolche Thiere verkaufen, welche ſie vorher „verhütet“, d. h. auf gewiſſen Weiden mit Leberegeln inficirt haben. Jn manchen Fällen will man ſchon ſechs Wochen nach dem Aufenthalte auf verdächtigen Wieſen den Eintritt der Egelkrankheit bei Schafen beobachtet haben.“ Wie ſehr dieſe von Zeit zu Zeit wüthet, erhellt aus den Angaben eines franzöſiſchen Naturforſchers, der für Frankreich in dieſem Jahrhundert 9 Leber- egeljahre aufzählt: 1809, 1812, 1816, 1817, 1820, 1829, 1830, 1853, 1854. Jn der Umgegend von Arles gingen deren 300,000, und bei Nimes und Montpellier 70,000 Schafe zu Grunde. Jn der Leber eines einzigen Thieres ſollen mitunter über 1000 Egel gefunden worden ſein, die Zahl von 200 ſcheint aber ſelten überſchritten zu werden.
Ein weit ungefährlicherer, dem Leberegel nahe verwandter und mit ihm denſelben Verbreitungs- bezirk theilender Gaſt iſt der kleine Leberegel (Distomum lanceolatum), 4 bis 4½ Linien lang. Er kommt gewöhnlich nur in geringerer Anzahl vor, und dies, ſowie ſeine Kleinheit und der Mangel der Körperſtacheln ſind die Urſachen, warum er viel minder zu fürchten iſt. Sein Lebensgang ſcheint ein ähnlicher, wie der des großen Leberegels zu ſein und beginnt mit der Periode der bewimperten Larve. Die Einwanderung in den Menſchen gehört zu den größten Seltenheiten.
Wir können aber die Gattung Doppelloch noch nicht verlaſſen, ſondern haben noch einige ſpeziell auf den Menſchen angewieſene Arten vorzuſtellen. Ein kleines Diſtomum iſt ein Mal in vier Exemplaren im menſchlichen Auge geſunden worden, ein anderes bewohnt den Darmkanal der Egypter, ohne weder häufig, noch gefährlich zu ſein, ein drittes aber, Distomum haematobium, iſt ſowohl deswegen ſehr intereſſant, weil es getrennten Geſchlechtes, als vorzugsweiſe, weil es einer der gefährlichſten Paraſiten der egyptiſchen Fellahs und Kopten iſt. Das Männchen iſt einen halben Zoll lang, das Weibchen ſchlanker und etwas länger. Der Saugnapf liegt nahe am Vorderrande. Nach den Unterſuchungen einiger in Alexandrien an der mediciniſchen Schule wirkenden Profeſſoren, beſonders Bilharz, leidet wenigſtens die Hälfte der erwachſenen Bevölke- rung egyptiſchen Stammes an dieſem Wurme, der ſich in den venöſen Blutgefäßen des Unterleibes und ganz beſonders in den Harnwegen aufhält. Die dadurch verurſachten Leiden endigen oſt mit allgemeinem Siechthum und Tod. Die Jungen dieſes Diſtomum kommen ſehr zahlreich aus den in den leidenden Organen abgelegten Eiern aus; unzählige Eier werden aber auch entleert, und durch ſie iſt für die ſo allgemeine Verbreitung dieſer Paraſitenkrankheit leider mehr als hinreichend geſorgt. „Es wäre von höchſtem Jntereſſe, die Wege zu erforſchen, auf denen Distomum haema- tobium in den menſchlichen Körper eindringt. Da die Lebens- und Nahrungsweiſe der Egypter ſehr einfach iſt, ſo dürfte das auch vielleicht eine relativ ziemlich leichte Aufgabe ſein. So lautet wenigſtens das Urtheil Grieſingers, der die mediciniſchen Zuſtände Egyptens aus langjähriger Anſchauung kennt und ſich namentlich um die Aufhellung der Entozoenkrankheiten des Orients große Verdienſte erworben hat. Wie derſelbe meint, ſind bei der Beantwortung der Frage nach dem Jmport des Distomum haematobium hauptſächlich drei Dinge ins Auge zu faſſen, das Nil- waſſer, welches unfiltrirt genoſſen wird, das Brod und Getreide, auch vielleicht die Datteln, die ein Hauptnahrungsobjekt bilden, und die Fiſche, die in halbfaulem Zuſtande ſehr allgemein und gerne von den Fellahs genoſſen werden. Auch der rohen Blätter und Wurzeln zu gedenken, ſcheint durchaus gerechtfertigt, da dieſelben bei den armen Egyptern einen weſentlichen Beſtandtheil der Nahrungsmittel ausmachen. Da es gerade die unteren Schichten der Bevölkerung ſind, die von dem Distomum haematobium heimgeſucht werden, ſo liegt die Vermuthung, daß dieſe Speiſe durch zufällig beigemiſchte Schnecken oder Jnſekten die jungen Würmer im eingekapſelten Zuſtande einſchleppe, vielleicht noch näher als der Gedanke an die Fiſche, die wenigſtens bei uns zu Lande nur ſelten von eingekapſelten Diſtomen bewohnt werden.“ (Leuckart.)
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Leberegel. Diſtomum haematobium.
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vorher „verhütet“, d. h. auf gewiſſen Weiden mit Leberegeln inficirt haben. Jn manchen Fällen
will man ſchon ſechs Wochen nach dem Aufenthalte auf verdächtigen Wieſen den Eintritt der
Egelkrankheit bei Schafen beobachtet haben.“ Wie ſehr dieſe von Zeit zu Zeit wüthet, erhellt aus
den Angaben eines franzöſiſchen Naturforſchers, der für Frankreich in dieſem Jahrhundert 9 Leber-
egeljahre aufzählt: 1809, 1812, 1816, 1817, 1820, 1829, 1830, 1853, 1854. Jn der Umgegend
von Arles gingen deren 300,000, und bei Nimes und Montpellier 70,000 Schafe zu Grunde.
Jn der Leber eines einzigen Thieres ſollen mitunter über 1000 Egel gefunden worden ſein, die
Zahl von 200 ſcheint aber ſelten überſchritten zu werden.
Ein weit ungefährlicherer, dem Leberegel nahe verwandter und mit ihm denſelben Verbreitungs-
bezirk theilender Gaſt iſt der kleine Leberegel (Distomum lanceolatum), 4 bis 4½ Linien
lang. Er kommt gewöhnlich nur in geringerer Anzahl vor, und dies, ſowie ſeine Kleinheit und
der Mangel der Körperſtacheln ſind die Urſachen, warum er viel minder zu fürchten iſt. Sein
Lebensgang ſcheint ein ähnlicher, wie der des großen Leberegels zu ſein und beginnt mit der
Periode der bewimperten Larve. Die Einwanderung in den Menſchen gehört zu den größten
Seltenheiten.
Wir können aber die Gattung Doppelloch noch nicht verlaſſen, ſondern haben noch einige
ſpeziell auf den Menſchen angewieſene Arten vorzuſtellen. Ein kleines Diſtomum iſt ein Mal
in vier Exemplaren im menſchlichen Auge geſunden worden, ein anderes bewohnt den Darmkanal
der Egypter, ohne weder häufig, noch gefährlich zu ſein, ein drittes aber, Distomum haematobium,
iſt ſowohl deswegen ſehr intereſſant, weil es getrennten Geſchlechtes, als vorzugsweiſe, weil es
einer der gefährlichſten Paraſiten der egyptiſchen Fellahs und Kopten iſt. Das Männchen iſt
einen halben Zoll lang, das Weibchen ſchlanker und etwas länger. Der Saugnapf liegt nahe
am Vorderrande. Nach den Unterſuchungen einiger in Alexandrien an der mediciniſchen Schule
wirkenden Profeſſoren, beſonders Bilharz, leidet wenigſtens die Hälfte der erwachſenen Bevölke-
rung egyptiſchen Stammes an dieſem Wurme, der ſich in den venöſen Blutgefäßen des Unterleibes
und ganz beſonders in den Harnwegen aufhält. Die dadurch verurſachten Leiden endigen oſt mit
allgemeinem Siechthum und Tod. Die Jungen dieſes Diſtomum kommen ſehr zahlreich aus den
in den leidenden Organen abgelegten Eiern aus; unzählige Eier werden aber auch entleert, und
durch ſie iſt für die ſo allgemeine Verbreitung dieſer Paraſitenkrankheit leider mehr als hinreichend
geſorgt. „Es wäre von höchſtem Jntereſſe, die Wege zu erforſchen, auf denen Distomum haema-
tobium in den menſchlichen Körper eindringt. Da die Lebens- und Nahrungsweiſe der Egypter
ſehr einfach iſt, ſo dürfte das auch vielleicht eine relativ ziemlich leichte Aufgabe ſein. So lautet
wenigſtens das Urtheil Grieſingers, der die mediciniſchen Zuſtände Egyptens aus langjähriger
Anſchauung kennt und ſich namentlich um die Aufhellung der Entozoenkrankheiten des Orients
große Verdienſte erworben hat. Wie derſelbe meint, ſind bei der Beantwortung der Frage nach
dem Jmport des Distomum haematobium hauptſächlich drei Dinge ins Auge zu faſſen, das Nil-
waſſer, welches unfiltrirt genoſſen wird, das Brod und Getreide, auch vielleicht die Datteln, die
ein Hauptnahrungsobjekt bilden, und die Fiſche, die in halbfaulem Zuſtande ſehr allgemein und
gerne von den Fellahs genoſſen werden. Auch der rohen Blätter und Wurzeln zu gedenken,
ſcheint durchaus gerechtfertigt, da dieſelben bei den armen Egyptern einen weſentlichen Beſtandtheil
der Nahrungsmittel ausmachen. Da es gerade die unteren Schichten der Bevölkerung ſind, die
von dem Distomum haematobium heimgeſucht werden, ſo liegt die Vermuthung, daß dieſe Speiſe
durch zufällig beigemiſchte Schnecken oder Jnſekten die jungen Würmer im eingekapſelten Zuſtande
einſchleppe, vielleicht noch näher als der Gedanke an die Fiſche, die wenigſtens bei uns zu Lande
nur ſelten von eingekapſelten Diſtomen bewohnt werden.“ (Leuckart.)
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 745. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/789>, abgerufen am 23.11.2024.
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