Jn der zweiten Gruppe oder Unterordnung sind diejenigen mit Saugnäpfen versehenen Cepha- lopoden vereinigt, welche außer den acht, mit den Armen der Octopoden übereinstimmenden Kopf- bewegungsorganen noch zwei verlängerte Organe besitzen, welche aus einem glatten langen Stiel und auf dem Ende desselben aus einer kürzern, Saugnäpfe tragenden Platte oder Keule bestehen. Jn der Regel sind diese beiden abweichend gebauten Greifarme, wonach der systematische Name Zehnfüßer (Decapoda), in besonderen Scheiden enthalten, in welche sie zum größten Theil zurückgezogen werden können. Sie werden aber nicht als Bewegungsorgane, sondern als Greifwerkzeuge benutzt. Alle Zehnfüßer haben im Rücken einen kalkigen oder hornigen Schulp. Die meisten Arten leben im hohen Meere und nähern sich nur gelegentlich den Küsten, gewöhnlich in zahlreichen Schwärmen wandernd. Von den größeren Fischen verfolgt springen sie über die Oberfläche und stranden oft auf den Booten oder dem Ufer. Da sie in Vorkommen und Lebensweise sehr aus- einander gehen, ziehen wir auch hier die Einzelbeschreibungen den allgemeinen Redensarten vor.
Wir beginnen mit der sehr zierlichen Sepiola, deren Abbildung schon oben gegeben wurde. Die im ganzen adriatischen und Mittelmeere verbreitete Sepiola Rondeletii zeigt als Gattungs- merkmale einen kurzen abgerundeten Körper mit einer halbkreisförmigen Flosse jederseits. Der Rückenschulp ist hornig und biegsam und nur halb so lang als der Körper. Unsre Art gehört zu den kleinsten Cephalopoden, da Exemplare, deren Totallänge vom Hinterende bis zur Spitze der ausgestreckten Greifarme 6 Zoll beträgt, schon seltener sind. Die Exemplare des Triester Fisch- marktes werden selten 3 Zoll lang. Die lebenden Thiere gewähren durch ihre zarte rosenrothe Färbung bei großer Transparenz einen lieblichen Anblick. Sie kommt an allen Küsten des Mittel- meeres vor, ich habe sie sogar im Hafen von Triest einmal mit dem Schleppnetz gefangen. Eine größere Varietät lebt auf Schlammgrund in einer Tiefe von 180 bis 600 Fuß in Gesellschaft der Eledonen; eine andere liebt Sandgrund neben algenbedeckten Felsen. Sie scheint ein Standthier zu sein und nicht schaarenweise zu wandern, da man sie nie in großen Mengen und zu allen Jahres- zeiten fängt. Sie schwimmt sehr graciös und zwar mit Hilfe der Flossen beliebig rückwärts und vorwärts; dabei sind die Greifarme gewöhnlich ganz eingezogen und der Kopf steckt, so zu sagen, zwischen den Schultern. Jhr Fleisch ist sehr geschätzt, und ich für meine Person bekenne, daß ich überhaupt nur dieser Cephalopode habe Geschmack abgewinnen können.
Wenn wir die der Sepiola sehr nahestehende Rossia nicht besonders hervorheben und uns darauf berufen, daß die Fischer einen Unterschied zwischen beiden Formen nicht machen, so geschieht diese Berufung nur ganz ausnahmsweise. Die Fischer pflegen nämlich sehr oberflächliche und unzuverlässige Naturforscher zu sein.
Eine der wichtigsten und in vielen populären und elementaren Werken am häufigsten genannten Gattungen der zehnfüßigen Cephalopoden ist die Sepia (Sepia), mit deren Namen man auch den Tintensaft und die daraus gewonnene Malerfarbe bezeichnet, und deren kalkiger Rückenschulp wenigstens von allen Apothekern, welche eine Prüfung bestehen, als os sepiae, Sepienknochen, gekannt sein muß. Die Sepien haben einen ovalen, verlängerten, etwas platten Körper, der ringsum von einer Flosse umsäumt ist. Am weitesten verbreitet und häufigsten, namentlich im ganzen Mittelmeere, ist die gemeine Sepia (Sepia officinalis). Jhre Arme sind mittelmäßig lang, nur die Greifarme sind länger als der Körper, ihr napftragendes Ende lanzenförmig. Der platte, ovale Rückenknochen ist mit dem abgerundeten, gleichmäßig geschärften Ende nach dem Kopfe gerichtet; am anderen Ende befindet sich ein Ausschnitt, in welchen von der Mittellinie aus ein Dorn hineinragt. Man unterscheidet leicht die drei Lagen des Schulpes. Nach außen ist eine feste, dünne Kalkschichte mit chagrinirter, feinhöckeriger Oberfläche. Die mittlere Schichte ist ein dünnes Hornblatt; das größte Volumen nehmen sehr zahlreiche schief nach oben gerichtete Kalkblättchen ein, welche sich unter einander verbinden und die dritte Schichte bilden. Es sind diese Blättchen, welche man zu Zahnpulver zerreibt und die beim Glätten und Poliren wirken.
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Papiernautilus. Sepia.
Jn der zweiten Gruppe oder Unterordnung ſind diejenigen mit Saugnäpfen verſehenen Cepha- lopoden vereinigt, welche außer den acht, mit den Armen der Octopoden übereinſtimmenden Kopf- bewegungsorganen noch zwei verlängerte Organe beſitzen, welche aus einem glatten langen Stiel und auf dem Ende deſſelben aus einer kürzern, Saugnäpfe tragenden Platte oder Keule beſtehen. Jn der Regel ſind dieſe beiden abweichend gebauten Greifarme, wonach der ſyſtematiſche Name Zehnfüßer (Decapoda), in beſonderen Scheiden enthalten, in welche ſie zum größten Theil zurückgezogen werden können. Sie werden aber nicht als Bewegungsorgane, ſondern als Greifwerkzeuge benutzt. Alle Zehnfüßer haben im Rücken einen kalkigen oder hornigen Schulp. Die meiſten Arten leben im hohen Meere und nähern ſich nur gelegentlich den Küſten, gewöhnlich in zahlreichen Schwärmen wandernd. Von den größeren Fiſchen verfolgt ſpringen ſie über die Oberfläche und ſtranden oft auf den Booten oder dem Ufer. Da ſie in Vorkommen und Lebensweiſe ſehr aus- einander gehen, ziehen wir auch hier die Einzelbeſchreibungen den allgemeinen Redensarten vor.
Wir beginnen mit der ſehr zierlichen Sepiola, deren Abbildung ſchon oben gegeben wurde. Die im ganzen adriatiſchen und Mittelmeere verbreitete Sepiola Rondeletii zeigt als Gattungs- merkmale einen kurzen abgerundeten Körper mit einer halbkreisförmigen Floſſe jederſeits. Der Rückenſchulp iſt hornig und biegſam und nur halb ſo lang als der Körper. Unſre Art gehört zu den kleinſten Cephalopoden, da Exemplare, deren Totallänge vom Hinterende bis zur Spitze der ausgeſtreckten Greifarme 6 Zoll beträgt, ſchon ſeltener ſind. Die Exemplare des Trieſter Fiſch- marktes werden ſelten 3 Zoll lang. Die lebenden Thiere gewähren durch ihre zarte roſenrothe Färbung bei großer Transparenz einen lieblichen Anblick. Sie kommt an allen Küſten des Mittel- meeres vor, ich habe ſie ſogar im Hafen von Trieſt einmal mit dem Schleppnetz gefangen. Eine größere Varietät lebt auf Schlammgrund in einer Tiefe von 180 bis 600 Fuß in Geſellſchaft der Eledonen; eine andere liebt Sandgrund neben algenbedeckten Felſen. Sie ſcheint ein Standthier zu ſein und nicht ſchaarenweiſe zu wandern, da man ſie nie in großen Mengen und zu allen Jahres- zeiten fängt. Sie ſchwimmt ſehr graciös und zwar mit Hilfe der Floſſen beliebig rückwärts und vorwärts; dabei ſind die Greifarme gewöhnlich ganz eingezogen und der Kopf ſteckt, ſo zu ſagen, zwiſchen den Schultern. Jhr Fleiſch iſt ſehr geſchätzt, und ich für meine Perſon bekenne, daß ich überhaupt nur dieſer Cephalopode habe Geſchmack abgewinnen können.
Wenn wir die der Sepiola ſehr naheſtehende Rossia nicht beſonders hervorheben und uns darauf berufen, daß die Fiſcher einen Unterſchied zwiſchen beiden Formen nicht machen, ſo geſchieht dieſe Berufung nur ganz ausnahmsweiſe. Die Fiſcher pflegen nämlich ſehr oberflächliche und unzuverläſſige Naturforſcher zu ſein.
Eine der wichtigſten und in vielen populären und elementaren Werken am häufigſten genannten Gattungen der zehnfüßigen Cephalopoden iſt die Sepia (Sepia), mit deren Namen man auch den Tintenſaft und die daraus gewonnene Malerfarbe bezeichnet, und deren kalkiger Rückenſchulp wenigſtens von allen Apothekern, welche eine Prüfung beſtehen, als os sepiae, Sepienknochen, gekannt ſein muß. Die Sepien haben einen ovalen, verlängerten, etwas platten Körper, der ringsum von einer Floſſe umſäumt iſt. Am weiteſten verbreitet und häufigſten, namentlich im ganzen Mittelmeere, iſt die gemeine Sepia (Sepia officinalis). Jhre Arme ſind mittelmäßig lang, nur die Greifarme ſind länger als der Körper, ihr napftragendes Ende lanzenförmig. Der platte, ovale Rückenknochen iſt mit dem abgerundeten, gleichmäßig geſchärften Ende nach dem Kopfe gerichtet; am anderen Ende befindet ſich ein Ausſchnitt, in welchen von der Mittellinie aus ein Dorn hineinragt. Man unterſcheidet leicht die drei Lagen des Schulpes. Nach außen iſt eine feſte, dünne Kalkſchichte mit chagrinirter, feinhöckeriger Oberfläche. Die mittlere Schichte iſt ein dünnes Hornblatt; das größte Volumen nehmen ſehr zahlreiche ſchief nach oben gerichtete Kalkblättchen ein, welche ſich unter einander verbinden und die dritte Schichte bilden. Es ſind dieſe Blättchen, welche man zu Zahnpulver zerreibt und die beim Glätten und Poliren wirken.
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Papiernautilus. Sepia.
Jn der zweiten Gruppe oder Unterordnung ſind diejenigen mit Saugnäpfen verſehenen Cepha-
lopoden vereinigt, welche außer den acht, mit den Armen der Octopoden übereinſtimmenden Kopf-
bewegungsorganen noch zwei verlängerte Organe beſitzen, welche aus einem glatten langen Stiel
und auf dem Ende deſſelben aus einer kürzern, Saugnäpfe tragenden Platte oder Keule beſtehen.
Jn der Regel ſind dieſe beiden abweichend gebauten Greifarme, wonach der ſyſtematiſche Name
Zehnfüßer (Decapoda), in beſonderen Scheiden enthalten, in welche ſie zum größten Theil
zurückgezogen werden können. Sie werden aber nicht als Bewegungsorgane, ſondern als Greifwerkzeuge
benutzt. Alle Zehnfüßer haben im Rücken einen kalkigen oder hornigen Schulp. Die meiſten
Arten leben im hohen Meere und nähern ſich nur gelegentlich den Küſten, gewöhnlich in zahlreichen
Schwärmen wandernd. Von den größeren Fiſchen verfolgt ſpringen ſie über die Oberfläche und
ſtranden oft auf den Booten oder dem Ufer. Da ſie in Vorkommen und Lebensweiſe ſehr aus-
einander gehen, ziehen wir auch hier die Einzelbeſchreibungen den allgemeinen Redensarten vor.
Wir beginnen mit der ſehr zierlichen Sepiola, deren Abbildung ſchon oben gegeben wurde.
Die im ganzen adriatiſchen und Mittelmeere verbreitete Sepiola Rondeletii zeigt als Gattungs-
merkmale einen kurzen abgerundeten Körper mit einer halbkreisförmigen Floſſe jederſeits. Der
Rückenſchulp iſt hornig und biegſam und nur halb ſo lang als der Körper. Unſre Art gehört
zu den kleinſten Cephalopoden, da Exemplare, deren Totallänge vom Hinterende bis zur Spitze der
ausgeſtreckten Greifarme 6 Zoll beträgt, ſchon ſeltener ſind. Die Exemplare des Trieſter Fiſch-
marktes werden ſelten 3 Zoll lang. Die lebenden Thiere gewähren durch ihre zarte roſenrothe
Färbung bei großer Transparenz einen lieblichen Anblick. Sie kommt an allen Küſten des Mittel-
meeres vor, ich habe ſie ſogar im Hafen von Trieſt einmal mit dem Schleppnetz gefangen. Eine
größere Varietät lebt auf Schlammgrund in einer Tiefe von 180 bis 600 Fuß in Geſellſchaft der
Eledonen; eine andere liebt Sandgrund neben algenbedeckten Felſen. Sie ſcheint ein Standthier
zu ſein und nicht ſchaarenweiſe zu wandern, da man ſie nie in großen Mengen und zu allen Jahres-
zeiten fängt. Sie ſchwimmt ſehr graciös und zwar mit Hilfe der Floſſen beliebig rückwärts und
vorwärts; dabei ſind die Greifarme gewöhnlich ganz eingezogen und der Kopf ſteckt, ſo zu ſagen,
zwiſchen den Schultern. Jhr Fleiſch iſt ſehr geſchätzt, und ich für meine Perſon bekenne, daß ich
überhaupt nur dieſer Cephalopode habe Geſchmack abgewinnen können.
Wenn wir die der Sepiola ſehr naheſtehende Rossia nicht beſonders hervorheben und uns darauf
berufen, daß die Fiſcher einen Unterſchied zwiſchen beiden Formen nicht machen, ſo geſchieht dieſe
Berufung nur ganz ausnahmsweiſe. Die Fiſcher pflegen nämlich ſehr oberflächliche und unzuverläſſige
Naturforſcher zu ſein.
Eine der wichtigſten und in vielen populären und elementaren Werken am häufigſten
genannten Gattungen der zehnfüßigen Cephalopoden iſt die Sepia (Sepia), mit deren Namen
man auch den Tintenſaft und die daraus gewonnene Malerfarbe bezeichnet, und deren kalkiger
Rückenſchulp wenigſtens von allen Apothekern, welche eine Prüfung beſtehen, als os sepiae,
Sepienknochen, gekannt ſein muß. Die Sepien haben einen ovalen, verlängerten, etwas platten
Körper, der ringsum von einer Floſſe umſäumt iſt. Am weiteſten verbreitet und häufigſten,
namentlich im ganzen Mittelmeere, iſt die gemeine Sepia (Sepia officinalis). Jhre Arme
ſind mittelmäßig lang, nur die Greifarme ſind länger als der Körper, ihr napftragendes Ende
lanzenförmig. Der platte, ovale Rückenknochen iſt mit dem abgerundeten, gleichmäßig geſchärften
Ende nach dem Kopfe gerichtet; am anderen Ende befindet ſich ein Ausſchnitt, in welchen von der
Mittellinie aus ein Dorn hineinragt. Man unterſcheidet leicht die drei Lagen des Schulpes. Nach
außen iſt eine feſte, dünne Kalkſchichte mit chagrinirter, feinhöckeriger Oberfläche. Die mittlere
Schichte iſt ein dünnes Hornblatt; das größte Volumen nehmen ſehr zahlreiche ſchief nach oben
gerichtete Kalkblättchen ein, welche ſich unter einander verbinden und die dritte Schichte bilden.
Es ſind dieſe Blättchen, welche man zu Zahnpulver zerreibt und die beim Glätten und Poliren wirken.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 771. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/817>, abgerufen am 23.11.2024.
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