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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869.

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Mützenschnecke. Natica. Wurmschnecke.
eine, Natica helicoides, zugleich als See- und Süßwasserbewohner bekannt geworden. Zuerst
im Jnnern von Neuspanien entdeckt, ist sie dann an der Peruanischen Küste in einer Tiefe von
30 Faden gefunden."



Wer sich an felsiger Meeresküste mit dem Einsammeln von Pflanzen und Thieren beschäftigt
und um ungenirt zu sein, sich der Fußbekleidung entledigt hat, wird nicht selten durch blutige
Füße sich seine Ausbeute erkaufen müssen.

[Abbildung] Gewöhnliche Wurmschnecke (Vermetus lumbricalis).
Es giebt, wie ich z. B. am flachen Felsen-
gestade der herrlichen Anhöhe von El
Canon auf Corfu erfuhr, und wie La-
caze-Duthiers
von einer Bucht des
prächtigen Hafens von Mahon erzählt,
es giebt Stellen, welche dicht mit mehr
oder weniger unregelmäßigen Kalkröhren
von großer Festigkeit und mit so scharfer
Mündung bedeckt sind, daß nur der leb-
hafte Eifer zur Wissenschaft die Pein
überwinden hilft, auf dieser, wie aus
Dornen und Messern zusammengesetzten
Unterlage nach Pflanzen und Gethier zu
suchen. Wir haben es nicht, wie der erste
Anblick glauben machen könnte, mit einem
Wurme aus der Familie der Serpeln zu
thun, sondern mit der Wurmschnecke
(Vermetus) und ihren Gehäusen, einem
der Weichthiere, deren fremdartige abweichende Gestalt sie scheinbar weit von ihren nächsten
Verwandten entfernt, während die Zergliederung des erwachsenen Thieres, vor allem aber der
Gang der Entwicklung uns über die wahre Natur dieser abschweifenden Formen Aufschluß geben.

Es würde schwer sein, aus den leeren Schaalen, welche bei den meisten Arten (z. B. Vermetus
gigas
und triqueter) weiß, bei einer ebenfalls im Mittelmeere häufigen Art (Vermetus subcancellatus)
schwarz sind, auf die Thierklasse zu schließen. Zwar, der immer der steinigen Unterlage angewachsene
Anfangstheil ist regelmäßig spiralig gewunden, gleich einer Thurmschnecke. Nach einer gewissen
Anzahl von Umgängen aber wird die sich erweiternde Röhre unregelmäßig, und da es nun auch
verschiedene Arten von Röhrenwürmern der Sippe Serpula gibt, deren Kalkwohnungen ganz
ähnlich gewunden sind, so ist jedenfalls die bloße Schale ein sehr trügerischer Wegweiser. Man
kommt aber bald über das Thier ins Reine, wenn man die Geduld hat, in unbequemer Lage
am Strande zu warten, bis es den Kopf hervorstreckt, wenn man es nicht vorzieht, mit dem
Spitzhammer, welcher bei zoologischen Ausflügen nie fehlen darf, einige Thiere mit einem Stück
ihrer Unterlage abzusprengen, um sie in einem größeren Gefäße nach Hause zu tragen und dort
mit Muße ihre sehr einfachen Lebensäußerungen zu beobachten. Die Wurmschnecke kann sich tief
in ihre Röhre zurückziehen. Macht sie Anstalt, sich umzusehen, so kommt über der Schalenöffnung
zuerst eine Art von Stöpsel zum Vorschein, auf dessen oberer abgerundeter und glatter Fläche sich
eine kleine hornige Platte befindet. Gerade so sieht der Fuß und der Deckel bei manchen anderen
Seeschnecken im Zustande der größten Zusammenziehung aus. Jn unserem Falle behält der Fuß
aber diese Stoppel-Form auch nach dem Hervorstrecken bei. Auch ein kleiner Einschnitt zwischen
Fußwurzel und Körper ist so, wie bei den unten zu beschreibenden Purpur- und Kreiselschnecken
vorhanden. Nun folgt ein sehr plumper, durch die starke Entwicklung der Schlingwerkzeuge

Mützenſchnecke. Natica. Wurmſchnecke.
eine, Natica helicoides, zugleich als See- und Süßwaſſerbewohner bekannt geworden. Zuerſt
im Jnnern von Neuſpanien entdeckt, iſt ſie dann an der Peruaniſchen Küſte in einer Tiefe von
30 Faden gefunden.“



Wer ſich an felſiger Meeresküſte mit dem Einſammeln von Pflanzen und Thieren beſchäftigt
und um ungenirt zu ſein, ſich der Fußbekleidung entledigt hat, wird nicht ſelten durch blutige
Füße ſich ſeine Ausbeute erkaufen müſſen.

[Abbildung] Gewöhnliche Wurmſchnecke (Vermetus lumbricalis).
Es giebt, wie ich z. B. am flachen Felſen-
geſtade der herrlichen Anhöhe von El
Canon auf Corfu erfuhr, und wie La-
caze-Duthiers
von einer Bucht des
prächtigen Hafens von Mahon erzählt,
es giebt Stellen, welche dicht mit mehr
oder weniger unregelmäßigen Kalkröhren
von großer Feſtigkeit und mit ſo ſcharfer
Mündung bedeckt ſind, daß nur der leb-
hafte Eifer zur Wiſſenſchaft die Pein
überwinden hilft, auf dieſer, wie aus
Dornen und Meſſern zuſammengeſetzten
Unterlage nach Pflanzen und Gethier zu
ſuchen. Wir haben es nicht, wie der erſte
Anblick glauben machen könnte, mit einem
Wurme aus der Familie der Serpeln zu
thun, ſondern mit der Wurmſchnecke
(Vermetus) und ihren Gehäuſen, einem
der Weichthiere, deren fremdartige abweichende Geſtalt ſie ſcheinbar weit von ihren nächſten
Verwandten entfernt, während die Zergliederung des erwachſenen Thieres, vor allem aber der
Gang der Entwicklung uns über die wahre Natur dieſer abſchweifenden Formen Aufſchluß geben.

Es würde ſchwer ſein, aus den leeren Schaalen, welche bei den meiſten Arten (z. B. Vermetus
gigas
und triqueter) weiß, bei einer ebenfalls im Mittelmeere häufigen Art (Vermetus subcancellatus)
ſchwarz ſind, auf die Thierklaſſe zu ſchließen. Zwar, der immer der ſteinigen Unterlage angewachſene
Anfangstheil iſt regelmäßig ſpiralig gewunden, gleich einer Thurmſchnecke. Nach einer gewiſſen
Anzahl von Umgängen aber wird die ſich erweiternde Röhre unregelmäßig, und da es nun auch
verſchiedene Arten von Röhrenwürmern der Sippe Serpula gibt, deren Kalkwohnungen ganz
ähnlich gewunden ſind, ſo iſt jedenfalls die bloße Schale ein ſehr trügeriſcher Wegweiſer. Man
kommt aber bald über das Thier ins Reine, wenn man die Geduld hat, in unbequemer Lage
am Strande zu warten, bis es den Kopf hervorſtreckt, wenn man es nicht vorzieht, mit dem
Spitzhammer, welcher bei zoologiſchen Ausflügen nie fehlen darf, einige Thiere mit einem Stück
ihrer Unterlage abzuſprengen, um ſie in einem größeren Gefäße nach Hauſe zu tragen und dort
mit Muße ihre ſehr einfachen Lebensäußerungen zu beobachten. Die Wurmſchnecke kann ſich tief
in ihre Röhre zurückziehen. Macht ſie Anſtalt, ſich umzuſehen, ſo kommt über der Schalenöffnung
zuerſt eine Art von Stöpſel zum Vorſchein, auf deſſen oberer abgerundeter und glatter Fläche ſich
eine kleine hornige Platte befindet. Gerade ſo ſieht der Fuß und der Deckel bei manchen anderen
Seeſchnecken im Zuſtande der größten Zuſammenziehung aus. Jn unſerem Falle behält der Fuß
aber dieſe Stoppel-Form auch nach dem Hervorſtrecken bei. Auch ein kleiner Einſchnitt zwiſchen
Fußwurzel und Körper iſt ſo, wie bei den unten zu beſchreibenden Purpur- und Kreiſelſchnecken
vorhanden. Nun folgt ein ſehr plumper, durch die ſtarke Entwicklung der Schlingwerkzeuge

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[821/0869] Mützenſchnecke. Natica. Wurmſchnecke. eine, Natica helicoides, zugleich als See- und Süßwaſſerbewohner bekannt geworden. Zuerſt im Jnnern von Neuſpanien entdeckt, iſt ſie dann an der Peruaniſchen Küſte in einer Tiefe von 30 Faden gefunden.“ Wer ſich an felſiger Meeresküſte mit dem Einſammeln von Pflanzen und Thieren beſchäftigt und um ungenirt zu ſein, ſich der Fußbekleidung entledigt hat, wird nicht ſelten durch blutige Füße ſich ſeine Ausbeute erkaufen müſſen. [Abbildung Gewöhnliche Wurmſchnecke (Vermetus lumbricalis).] Es giebt, wie ich z. B. am flachen Felſen- geſtade der herrlichen Anhöhe von El Canon auf Corfu erfuhr, und wie La- caze-Duthiers von einer Bucht des prächtigen Hafens von Mahon erzählt, es giebt Stellen, welche dicht mit mehr oder weniger unregelmäßigen Kalkröhren von großer Feſtigkeit und mit ſo ſcharfer Mündung bedeckt ſind, daß nur der leb- hafte Eifer zur Wiſſenſchaft die Pein überwinden hilft, auf dieſer, wie aus Dornen und Meſſern zuſammengeſetzten Unterlage nach Pflanzen und Gethier zu ſuchen. Wir haben es nicht, wie der erſte Anblick glauben machen könnte, mit einem Wurme aus der Familie der Serpeln zu thun, ſondern mit der Wurmſchnecke (Vermetus) und ihren Gehäuſen, einem der Weichthiere, deren fremdartige abweichende Geſtalt ſie ſcheinbar weit von ihren nächſten Verwandten entfernt, während die Zergliederung des erwachſenen Thieres, vor allem aber der Gang der Entwicklung uns über die wahre Natur dieſer abſchweifenden Formen Aufſchluß geben. Es würde ſchwer ſein, aus den leeren Schaalen, welche bei den meiſten Arten (z. B. Vermetus gigas und triqueter) weiß, bei einer ebenfalls im Mittelmeere häufigen Art (Vermetus subcancellatus) ſchwarz ſind, auf die Thierklaſſe zu ſchließen. Zwar, der immer der ſteinigen Unterlage angewachſene Anfangstheil iſt regelmäßig ſpiralig gewunden, gleich einer Thurmſchnecke. Nach einer gewiſſen Anzahl von Umgängen aber wird die ſich erweiternde Röhre unregelmäßig, und da es nun auch verſchiedene Arten von Röhrenwürmern der Sippe Serpula gibt, deren Kalkwohnungen ganz ähnlich gewunden ſind, ſo iſt jedenfalls die bloße Schale ein ſehr trügeriſcher Wegweiſer. Man kommt aber bald über das Thier ins Reine, wenn man die Geduld hat, in unbequemer Lage am Strande zu warten, bis es den Kopf hervorſtreckt, wenn man es nicht vorzieht, mit dem Spitzhammer, welcher bei zoologiſchen Ausflügen nie fehlen darf, einige Thiere mit einem Stück ihrer Unterlage abzuſprengen, um ſie in einem größeren Gefäße nach Hauſe zu tragen und dort mit Muße ihre ſehr einfachen Lebensäußerungen zu beobachten. Die Wurmſchnecke kann ſich tief in ihre Röhre zurückziehen. Macht ſie Anſtalt, ſich umzuſehen, ſo kommt über der Schalenöffnung zuerſt eine Art von Stöpſel zum Vorſchein, auf deſſen oberer abgerundeter und glatter Fläche ſich eine kleine hornige Platte befindet. Gerade ſo ſieht der Fuß und der Deckel bei manchen anderen Seeſchnecken im Zuſtande der größten Zuſammenziehung aus. Jn unſerem Falle behält der Fuß aber dieſe Stoppel-Form auch nach dem Hervorſtrecken bei. Auch ein kleiner Einſchnitt zwiſchen Fußwurzel und Körper iſt ſo, wie bei den unten zu beſchreibenden Purpur- und Kreiſelſchnecken vorhanden. Nun folgt ein ſehr plumper, durch die ſtarke Entwicklung der Schlingwerkzeuge

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 821. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/869>, abgerufen am 23.11.2024.