über eine andere Nacktschnecke (Aeolis punctata) dieselbe Behauptung vorliegt, so scheint doch etwas an der Sache zu sein. Man vermuthet, daß die harten Mundwerkzeuge diese Töne hervorbringen.
Die artenreiche, den Stamm der Familie bildende Gattung Aeolis,Fadenschnecke, hat ihr vornehmstes Kennzeichen in den auf dem Rücken stehenden symmetrisch geordneten Papillen, welche auch ein hohes physiologisches Jnteresse wegen ihres Baues erwecken. Jn jede Papille erstreckt sich nämlich ein Schlauch, der nach seiner ganzen Beschaffenheit als ein Theil der auf diese merkwürdige Weise auseinander gelegten Leber erscheint und unten mit dem baumförmig verzweigten Nahrungskanal zusammenhängt. Nach oben aber in der Papille kommunicirt der Leberschlauch mit einem Behältniß, angefüllt mit Nesselzellen, winzigen Bläschen, aus denen ein nesselnder Faden ausgepreßt werden kann, und welche wahrscheinlich in Massen durch die End- öffnung der Papillen entleert werden, um als Vertheidigungs- oder Angriffsmittel zu dienen.
Von den Aeolisarten der Kieler Bucht ist von Meyer und Möbius die ausführlichste Schilderung der großen Aeolis papillosa, der breitwarzigen Fadenschnecke zu Theil geworden, welche dort über 2 Zoll lang wird, an den britischen Küsten aber in Riesenexemplaren von 41/2 Zoll lebt. Das Aeußere des Thieres mit den in schrägen Querreihen stehenden Papillen gibt die Abbildung. Die Grundfarbe ist meist graubraun. Jhre Lebensweise ist nach jener Schilderung
folgende. Sie kriecht langsam und sitzt häufig still. Jn der Ruhe hält sie sich verkürzt, zieht gewöhnlich die Hinterfühler nieder und läßt die Papillen schlaff abgeplattet und gekrümmt über einander liegen. Die Spitzen der Fußlappen und des Hinterkörpers treten nur unter den Papillen vor, wenn sie ausgestreckt kriecht. Wird sie auf den Rücken gelegt, so zieht sie die Fußränder dicht zusammen, kugelt sich wie ein Jgel und bedeckt selbst die Bauchseite mit Paillen. An die Oberfläche, um zu schwimmen, geht sie seltener als andere Fadenschnecken.
Jhre Nahrung sind Thierstoffe; besonders liebt sie Actinien (Seeanemonen). Kleinere Exemplare der Actinia plumosa greift sie am Fußrande an und frißt ein halbmondförmiges Loch hinein, das sie immer mehr vergrößert. Endlich legt sie den ausgedehnten Mund um den ganzen Rest der Beute herum und vertilgt ihn allmälig ohne äußerlich sichtbare Schlingbewegungen. Eines Nachmittags saß eine große Aeolis papillosa bei einer Actinia plumosa, die fast so dick, wie sie selber war, und senkte ihren Mund in deren Fußrand ein. Sie hatte ihr Mahl noch nicht lange angefangen, so kroch eine zweite und endlich noch eine dritte heran, um Theil zu nehmen. Nach 4 Stunden war Alles verzehrt, und keine Spur mehr von der Actinie zu sehen. Die Hamburger Forscher halten es für wahrscheinlich, daß die bei der Beute beschäftigten Aeolis den fernen Genossen durch den Speichel, welchen sie beim Fressen absondern, das leckere Mahl verrathen. Oft hielten Thiere, welche zur Beobachtung aus dem Aquarium genommen wurden, kleine Actinien im Maule, welche sie fahren ließen, aber bald wieder ergriffen. Beim Aufsuchen
Schnecken. Hinterkiemer. Nacktkiemer.
über eine andere Nacktſchnecke (Aeolis punctata) dieſelbe Behauptung vorliegt, ſo ſcheint doch etwas an der Sache zu ſein. Man vermuthet, daß die harten Mundwerkzeuge dieſe Töne hervorbringen.
Die artenreiche, den Stamm der Familie bildende Gattung Aeolis,Fadenſchnecke, hat ihr vornehmſtes Kennzeichen in den auf dem Rücken ſtehenden ſymmetriſch geordneten Papillen, welche auch ein hohes phyſiologiſches Jntereſſe wegen ihres Baues erwecken. Jn jede Papille erſtreckt ſich nämlich ein Schlauch, der nach ſeiner ganzen Beſchaffenheit als ein Theil der auf dieſe merkwürdige Weiſe auseinander gelegten Leber erſcheint und unten mit dem baumförmig verzweigten Nahrungskanal zuſammenhängt. Nach oben aber in der Papille kommunicirt der Leberſchlauch mit einem Behältniß, angefüllt mit Neſſelzellen, winzigen Bläschen, aus denen ein neſſelnder Faden ausgepreßt werden kann, und welche wahrſcheinlich in Maſſen durch die End- öffnung der Papillen entleert werden, um als Vertheidigungs- oder Angriffsmittel zu dienen.
Von den Aeolisarten der Kieler Bucht iſt von Meyer und Möbius die ausführlichſte Schilderung der großen Aeolis papillosa, der breitwarzigen Fadenſchnecke zu Theil geworden, welche dort über 2 Zoll lang wird, an den britiſchen Küſten aber in Rieſenexemplaren von 4½ Zoll lebt. Das Aeußere des Thieres mit den in ſchrägen Querreihen ſtehenden Papillen gibt die Abbildung. Die Grundfarbe iſt meiſt graubraun. Jhre Lebensweiſe iſt nach jener Schilderung
folgende. Sie kriecht langſam und ſitzt häufig ſtill. Jn der Ruhe hält ſie ſich verkürzt, zieht gewöhnlich die Hinterfühler nieder und läßt die Papillen ſchlaff abgeplattet und gekrümmt über einander liegen. Die Spitzen der Fußlappen und des Hinterkörpers treten nur unter den Papillen vor, wenn ſie ausgeſtreckt kriecht. Wird ſie auf den Rücken gelegt, ſo zieht ſie die Fußränder dicht zuſammen, kugelt ſich wie ein Jgel und bedeckt ſelbſt die Bauchſeite mit Paillen. An die Oberfläche, um zu ſchwimmen, geht ſie ſeltener als andere Fadenſchnecken.
Jhre Nahrung ſind Thierſtoffe; beſonders liebt ſie Actinien (Seeanemonen). Kleinere Exemplare der Actinia plumosa greift ſie am Fußrande an und frißt ein halbmondförmiges Loch hinein, das ſie immer mehr vergrößert. Endlich legt ſie den ausgedehnten Mund um den ganzen Reſt der Beute herum und vertilgt ihn allmälig ohne äußerlich ſichtbare Schlingbewegungen. Eines Nachmittags ſaß eine große Aeolis papillosa bei einer Actinia plumosa, die faſt ſo dick, wie ſie ſelber war, und ſenkte ihren Mund in deren Fußrand ein. Sie hatte ihr Mahl noch nicht lange angefangen, ſo kroch eine zweite und endlich noch eine dritte heran, um Theil zu nehmen. Nach 4 Stunden war Alles verzehrt, und keine Spur mehr von der Actinie zu ſehen. Die Hamburger Forſcher halten es für wahrſcheinlich, daß die bei der Beute beſchäftigten Aeolis den fernen Genoſſen durch den Speichel, welchen ſie beim Freſſen abſondern, das leckere Mahl verrathen. Oft hielten Thiere, welche zur Beobachtung aus dem Aquarium genommen wurden, kleine Actinien im Maule, welche ſie fahren ließen, aber bald wieder ergriffen. Beim Aufſuchen
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Schnecken. Hinterkiemer. Nacktkiemer.
über eine andere Nacktſchnecke (Aeolis punctata) dieſelbe Behauptung vorliegt, ſo ſcheint doch etwas
an der Sache zu ſein. Man vermuthet, daß die harten Mundwerkzeuge dieſe Töne hervorbringen.
Die artenreiche, den Stamm der Familie bildende Gattung Aeolis, Fadenſchnecke, hat ihr
vornehmſtes Kennzeichen in den auf dem Rücken ſtehenden ſymmetriſch geordneten Papillen, welche
auch ein hohes phyſiologiſches Jntereſſe wegen ihres Baues erwecken. Jn jede Papille erſtreckt
ſich nämlich ein Schlauch, der nach ſeiner ganzen Beſchaffenheit als ein Theil der auf dieſe
merkwürdige Weiſe auseinander gelegten Leber erſcheint und unten mit dem baumförmig
verzweigten Nahrungskanal zuſammenhängt. Nach oben aber in der Papille kommunicirt der
Leberſchlauch mit einem Behältniß, angefüllt mit Neſſelzellen, winzigen Bläschen, aus denen ein
neſſelnder Faden ausgepreßt werden kann, und welche wahrſcheinlich in Maſſen durch die End-
öffnung der Papillen entleert werden, um als Vertheidigungs- oder Angriffsmittel zu dienen.
Von den Aeolisarten der Kieler Bucht iſt von Meyer und Möbius die ausführlichſte
Schilderung der großen Aeolis papillosa, der breitwarzigen Fadenſchnecke zu Theil geworden,
welche dort über 2 Zoll lang wird, an den britiſchen Küſten aber in Rieſenexemplaren von 4½ Zoll
lebt. Das Aeußere des Thieres mit den in ſchrägen Querreihen ſtehenden Papillen gibt die
Abbildung. Die Grundfarbe iſt meiſt graubraun. Jhre Lebensweiſe iſt nach jener Schilderung
[Abbildung Breitwarzige Fadenſchnecke (Acolis papillosa). Nat. Größe.]
folgende. Sie kriecht langſam und ſitzt häufig ſtill. Jn der Ruhe hält ſie ſich verkürzt, zieht
gewöhnlich die Hinterfühler nieder und läßt die Papillen ſchlaff abgeplattet und gekrümmt über
einander liegen. Die Spitzen der Fußlappen und des Hinterkörpers treten nur unter den Papillen
vor, wenn ſie ausgeſtreckt kriecht. Wird ſie auf den Rücken gelegt, ſo zieht ſie die Fußränder
dicht zuſammen, kugelt ſich wie ein Jgel und bedeckt ſelbſt die Bauchſeite mit Paillen. An die
Oberfläche, um zu ſchwimmen, geht ſie ſeltener als andere Fadenſchnecken.
Jhre Nahrung ſind Thierſtoffe; beſonders liebt ſie Actinien (Seeanemonen). Kleinere
Exemplare der Actinia plumosa greift ſie am Fußrande an und frißt ein halbmondförmiges
Loch hinein, das ſie immer mehr vergrößert. Endlich legt ſie den ausgedehnten Mund um den
ganzen Reſt der Beute herum und vertilgt ihn allmälig ohne äußerlich ſichtbare Schlingbewegungen.
Eines Nachmittags ſaß eine große Aeolis papillosa bei einer Actinia plumosa, die faſt ſo dick,
wie ſie ſelber war, und ſenkte ihren Mund in deren Fußrand ein. Sie hatte ihr Mahl noch
nicht lange angefangen, ſo kroch eine zweite und endlich noch eine dritte heran, um Theil zu
nehmen. Nach 4 Stunden war Alles verzehrt, und keine Spur mehr von der Actinie zu ſehen.
Die Hamburger Forſcher halten es für wahrſcheinlich, daß die bei der Beute beſchäftigten Aeolis
den fernen Genoſſen durch den Speichel, welchen ſie beim Freſſen abſondern, das leckere Mahl
verrathen. Oft hielten Thiere, welche zur Beobachtung aus dem Aquarium genommen wurden,
kleine Actinien im Maule, welche ſie fahren ließen, aber bald wieder ergriffen. Beim Aufſuchen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 870. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/918>, abgerufen am 23.11.2024.
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