hinteren Schließmuskel in Verbindung setzen. Es bedarf gar keines großen vergleichend- anatomischen Scharfblickes, um in dem koncentrirten, in der Regel auch aus drei Paaren Ganglien bestehenden Schlundringe der Schnecken diese Theile des Muschel-Nervensystems wieder zu erkennen;
[Abbildung]
Nervensystem und andre Organe der Teichmuschel.
ja die Gleichheit ist eine so vollständige, daß die Muscheln sogar die beiden Gehörbläschen auf den Fußganglien besitzen, wie man besonders leicht an den Embryonen mancher Gattungen bei unversehrtem Thiere unter dem Mikroskope sehen kann. Als eine zweite Art von Sinneswerkzeugen haben wir schon die Tastwärzchen am Hinterrande des Mantels kennen gelernt. Wir wundern uns nicht mehr über ihre Empfindlichkeit, wenn wir in jedes derselben von zwei großen, dem dritten Ganglienpaare ent- springenden Nervenstämmen einen Zweig eintreten sehen. Wir finden also eine Reihe der wichtigsten Organe, welche im und am Kopf der Schnecke nahe bei einander liegen, und welche dem Schneckenkopf eigent- lich seine Bedeutung als Kopf geben, hier in der Muschel von einem Ende des Körpers zum andern zerstreut vor: einer der überraschendsten und einfachsten Beweise zu dem allgemeinen gültigen Satze, daß die Kopf- bildung im Thierreich auf einer Koncentration beruht und mithin eine höhere Stufe der Entwicklung anzeigt.
Wir würden noch eine ganze Reihe von Ab- bildungen nöthig haben um die Verhältnisse des Gefäßsystems und Blutlaufes auseinander zu setzen. Das Herz mit seiner rechten und linken Vorkammer liegt in einem dünnen Herzbeutel eingeschlossen am Rücken und treibt das Blut in den Körper. Bevor das Blut aus dem Körper in die Kiemen tritt, muß es seinen Weg durch ein sehr umfangreiches, aber anatomisch höchst schwierig darstellbares Organ, von schwammiger Beschaffenheit und nach seinem Entdecker das Bojanus'sche Organ genannt, nehmen. Durch eine auch beim Zurückschlagen der Kiemen zum Vorschein kommende Oeffnung (y) kann dasselbe Wasser aufnehmen und dem Blutgefäßsystem zuführen. Damit ist ganz auf die Weise, wie bei den Schnecken, das Schwellvermögen unserer Thiere erklärt. Das Aufblähen der Mantel- ränder, vor allem aber das Anschwellen und Hervorstrecken des Fußes ist durch die freiwillige Aufnahme von Wasser in die Blutgefäße möglich. Auch hat man mehrere Oeffnungen an Mantel und Fuß entdeckt, durch welche die Blut-Wasser-Flüssigkeit wieder abgelassen werden kann. Nimmt man die Muschel, welche behaglich den Fuß weit hervorgestreckt hat, plötzlich aus dem Wasser, so wird das Wasser in mehreren Strahlen gewaltsam aus ihrem Körper getrieben. Die Zusammen- ziehungen, welche dieß bewirken, sind zwar so heftig, daß Zerreißungen der Fuß- und Mantel- oberfläche nicht ausbleiben: zu den beständigen, normalen Oeffnungen gehört aber vor allen eine auf der Kante des Fußes. Zu ihr führt ein ansehnlicher Kanal mit dem eigenthümlichen sogenannten Schwellnetz dieses Körpertheiles, welches gegen den Abzugskanal, wenn die Schwellung stattfinden soll, abgesperrt werden kann, während die Schleuße jedesmal geöffnet wird, wenn der Fuß unter der Schale geborgen werden soll. Wir erinnern nochmals an die oben angeführten Versuche von Agassiz.
Sehr einfach verhalten sich die Fortpflanzungsorgane der Muscheln. Sie sind beschränkt auf die inneren Drüsen. Jmmer liegen sie in dem etwa dem Rumpfe anderer Thiere vergleich- baren Körpertheile, der nach oben aus dem Fuße hervorgeht. Bei unseren zweigeschlechtigen
Muſcheln.
hinteren Schließmuskel in Verbindung ſetzen. Es bedarf gar keines großen vergleichend- anatomiſchen Scharfblickes, um in dem koncentrirten, in der Regel auch aus drei Paaren Ganglien beſtehenden Schlundringe der Schnecken dieſe Theile des Muſchel-Nervenſyſtems wieder zu erkennen;
[Abbildung]
Nervenſyſtem und andre Organe der Teichmuſchel.
ja die Gleichheit iſt eine ſo vollſtändige, daß die Muſcheln ſogar die beiden Gehörbläschen auf den Fußganglien beſitzen, wie man beſonders leicht an den Embryonen mancher Gattungen bei unverſehrtem Thiere unter dem Mikroſkope ſehen kann. Als eine zweite Art von Sinneswerkzeugen haben wir ſchon die Taſtwärzchen am Hinterrande des Mantels kennen gelernt. Wir wundern uns nicht mehr über ihre Empfindlichkeit, wenn wir in jedes derſelben von zwei großen, dem dritten Ganglienpaare ent- ſpringenden Nervenſtämmen einen Zweig eintreten ſehen. Wir finden alſo eine Reihe der wichtigſten Organe, welche im und am Kopf der Schnecke nahe bei einander liegen, und welche dem Schneckenkopf eigent- lich ſeine Bedeutung als Kopf geben, hier in der Muſchel von einem Ende des Körpers zum andern zerſtreut vor: einer der überraſchendſten und einfachſten Beweiſe zu dem allgemeinen gültigen Satze, daß die Kopf- bildung im Thierreich auf einer Koncentration beruht und mithin eine höhere Stufe der Entwicklung anzeigt.
Wir würden noch eine ganze Reihe von Ab- bildungen nöthig haben um die Verhältniſſe des Gefäßſyſtems und Blutlaufes auseinander zu ſetzen. Das Herz mit ſeiner rechten und linken Vorkammer liegt in einem dünnen Herzbeutel eingeſchloſſen am Rücken und treibt das Blut in den Körper. Bevor das Blut aus dem Körper in die Kiemen tritt, muß es ſeinen Weg durch ein ſehr umfangreiches, aber anatomiſch höchſt ſchwierig darſtellbares Organ, von ſchwammiger Beſchaffenheit und nach ſeinem Entdecker das Bojanus’ſche Organ genannt, nehmen. Durch eine auch beim Zurückſchlagen der Kiemen zum Vorſchein kommende Oeffnung (y) kann daſſelbe Waſſer aufnehmen und dem Blutgefäßſyſtem zuführen. Damit iſt ganz auf die Weiſe, wie bei den Schnecken, das Schwellvermögen unſerer Thiere erklärt. Das Aufblähen der Mantel- ränder, vor allem aber das Anſchwellen und Hervorſtrecken des Fußes iſt durch die freiwillige Aufnahme von Waſſer in die Blutgefäße möglich. Auch hat man mehrere Oeffnungen an Mantel und Fuß entdeckt, durch welche die Blut-Waſſer-Flüſſigkeit wieder abgelaſſen werden kann. Nimmt man die Muſchel, welche behaglich den Fuß weit hervorgeſtreckt hat, plötzlich aus dem Waſſer, ſo wird das Waſſer in mehreren Strahlen gewaltſam aus ihrem Körper getrieben. Die Zuſammen- ziehungen, welche dieß bewirken, ſind zwar ſo heftig, daß Zerreißungen der Fuß- und Mantel- oberfläche nicht ausbleiben: zu den beſtändigen, normalen Oeffnungen gehört aber vor allen eine auf der Kante des Fußes. Zu ihr führt ein anſehnlicher Kanal mit dem eigenthümlichen ſogenannten Schwellnetz dieſes Körpertheiles, welches gegen den Abzugskanal, wenn die Schwellung ſtattfinden ſoll, abgeſperrt werden kann, während die Schleuße jedesmal geöffnet wird, wenn der Fuß unter der Schale geborgen werden ſoll. Wir erinnern nochmals an die oben angeführten Verſuche von Agaſſiz.
Sehr einfach verhalten ſich die Fortpflanzungsorgane der Muſcheln. Sie ſind beſchränkt auf die inneren Drüſen. Jmmer liegen ſie in dem etwa dem Rumpfe anderer Thiere vergleich- baren Körpertheile, der nach oben aus dem Fuße hervorgeht. Bei unſeren zweigeſchlechtigen
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Muſcheln.
hinteren Schließmuskel in Verbindung ſetzen. Es bedarf gar keines großen vergleichend-
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[Abbildung Nervenſyſtem und andre Organe der Teichmuſchel.]
ja die Gleichheit iſt eine ſo vollſtändige, daß die
Muſcheln ſogar die beiden Gehörbläschen auf den
Fußganglien beſitzen, wie man beſonders leicht an
den Embryonen mancher Gattungen bei unverſehrtem
Thiere unter dem Mikroſkope ſehen kann. Als eine
zweite Art von Sinneswerkzeugen haben wir ſchon
die Taſtwärzchen am Hinterrande des Mantels
kennen gelernt. Wir wundern uns nicht mehr über
ihre Empfindlichkeit, wenn wir in jedes derſelben
von zwei großen, dem dritten Ganglienpaare ent-
ſpringenden Nervenſtämmen einen Zweig eintreten
ſehen. Wir finden alſo eine Reihe der wichtigſten
Organe, welche im und am Kopf der Schnecke nahe bei
einander liegen, und welche dem Schneckenkopf eigent-
lich ſeine Bedeutung als Kopf geben, hier in der Muſchel
von einem Ende des Körpers zum andern zerſtreut
vor: einer der überraſchendſten und einfachſten Beweiſe
zu dem allgemeinen gültigen Satze, daß die Kopf-
bildung im Thierreich auf einer Koncentration beruht
und mithin eine höhere Stufe der Entwicklung anzeigt.
Wir würden noch eine ganze Reihe von Ab-
bildungen nöthig haben um die Verhältniſſe des
Gefäßſyſtems und Blutlaufes auseinander zu ſetzen. Das Herz mit ſeiner rechten und linken
Vorkammer liegt in einem dünnen Herzbeutel eingeſchloſſen am Rücken und treibt das Blut in
den Körper. Bevor das Blut aus dem Körper in die Kiemen tritt, muß es ſeinen Weg durch
ein ſehr umfangreiches, aber anatomiſch höchſt ſchwierig darſtellbares Organ, von ſchwammiger
Beſchaffenheit und nach ſeinem Entdecker das Bojanus’ſche Organ genannt, nehmen. Durch
eine auch beim Zurückſchlagen der Kiemen zum Vorſchein kommende Oeffnung (y) kann daſſelbe
Waſſer aufnehmen und dem Blutgefäßſyſtem zuführen. Damit iſt ganz auf die Weiſe, wie bei
den Schnecken, das Schwellvermögen unſerer Thiere erklärt. Das Aufblähen der Mantel-
ränder, vor allem aber das Anſchwellen und Hervorſtrecken des Fußes iſt durch die freiwillige
Aufnahme von Waſſer in die Blutgefäße möglich. Auch hat man mehrere Oeffnungen an Mantel
und Fuß entdeckt, durch welche die Blut-Waſſer-Flüſſigkeit wieder abgelaſſen werden kann. Nimmt
man die Muſchel, welche behaglich den Fuß weit hervorgeſtreckt hat, plötzlich aus dem Waſſer,
ſo wird das Waſſer in mehreren Strahlen gewaltſam aus ihrem Körper getrieben. Die Zuſammen-
ziehungen, welche dieß bewirken, ſind zwar ſo heftig, daß Zerreißungen der Fuß- und Mantel-
oberfläche nicht ausbleiben: zu den beſtändigen, normalen Oeffnungen gehört aber vor allen eine
auf der Kante des Fußes. Zu ihr führt ein anſehnlicher Kanal mit dem eigenthümlichen
ſogenannten Schwellnetz dieſes Körpertheiles, welches gegen den Abzugskanal, wenn die Schwellung
ſtattfinden ſoll, abgeſperrt werden kann, während die Schleuße jedesmal geöffnet wird, wenn der
Fuß unter der Schale geborgen werden ſoll. Wir erinnern nochmals an die oben angeführten
Verſuche von Agaſſiz.
Sehr einfach verhalten ſich die Fortpflanzungsorgane der Muſcheln. Sie ſind beſchränkt
auf die inneren Drüſen. Jmmer liegen ſie in dem etwa dem Rumpfe anderer Thiere vergleich-
baren Körpertheile, der nach oben aus dem Fuße hervorgeht. Bei unſeren zweigeſchlechtigen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 894. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/942>, abgerufen am 23.11.2024.
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