etwas geschützt sind; besonders gern scheinen sie sich in den Ausflüssen großer Teiche aufzuhalten. Was oben über die Schwierigkeit der Unterscheidung der Arten der Unionen gesagt wurde, gilt in ganzer Ausdehnung auch für diese Sippe. Hier wie dort hat man an den Schalen keine Kennzeichen, daß ihr Wachsthum vollendet ist. Den Namen Entenmuschel für alle Anodonten will Roßmäßler mehr von der schnabelförmigen Verlängerung des Hinterendes der Muschel herleiten, als davon, daß das Thier von den Enten als eine Lieblingsspeise aufgesucht würde, da zwar allerdings als sehr wahrscheinlich angenommen werden könne, daß das fleischige, schlüpfrige Thier den Enten wohl behagen würde, diese aber es schwerlich mit ihrem weichen Schnabel aus der harten Muschel hervorzulangen im Stande sein dürften. Dem muß ich widersprechen. Meine Untersuchungen über die Entwicklung von Anodonta cygnea geschahen nach Exemplaren aus einem kleinen seichten, schlammigen Bache, in welchem ich Wochen lang mit den Enten um die Wette gefischt habe. Jch bin oft unmittelbar dazu gekommen, wenn eine Ente trotz ihres weichen Schnabels den Schalenrand des Hinterendes so weit bearbeitet hatte, daß sie sich des Fleisches, namentlich der mit den Embryonen gefüllten Kiemen, bemächtigen konnte. Die beiden wichtigsten Formentypen der zahlreichen, über den größten Theil von Europa verbreiteten Anodonten sind Anodonta cygnea, die große Schwanen-Entenmuschel oder Teichmuschel, und Anodonta cellensis. Jene ist eiförmig oder etwas rhombisch, der Oberrand gerade oder meist aufsteigend gebogen; der Unterrand gerundet und von dem Oberrande divergirend. Es kommen Exemplare von 71/2 Zoll Länge und 41/2 Zoll Höhe vor. Diese, die Anodonta cellensis, hat eine verlängerte, sehr dünne, gefurchte Schale, deren Ober- und Unterrand gerade und ziemlich parallel sind. Noch kein sich mit den Najaden im Speciellen beschäftigender Naturforscher hat den Versuch gemacht, nach anatomischen Merkmalen der Weichtheile der Thiere Artunterscheidungen zu begründen, und in der That scheint wenig Aussicht vorhanden, diese Scheidung zu einem erquicklichen Ende zu bringen.
Die Familie der Mießmuscheln(Mytilacea) enthält Sippen, welche sowohl wegen ihres eigenthümlichen Baues und ihrer Lebensweise, als wegen ihres großen Nutzens unsere volle Auf- merksamkeit verdienen. Die mit einer Oberhaut bekleidete Muschel ist gleichschalig. Das Schloß zahnlos oder mit kaum merklichen Zähnchen. Der Eindruck des vorderen Schließmuskels ist meist klein. Hinten bildet der Mantel eine besondere Oeffnung für den After und darunter eine kurze, am Rande gefranste Athemröhre. Die Mundlappen sind schmal und zusammengefaltet. Zu diesen recht charakteristischen Kennzeichen kommt aber noch eine sehr auffallende Beschaffenheit des Fußes und das Vorhandensein einer besonderen Spinndrüse, welche Einrichtungen mit der sitzenden Lebensweise dieser Thiere zusammenhängen. Wir wollen diese Einrichtungen, den finger- förmigen Fuß und den Bart bei der eßbaren Mießmuschel(Mytilus edulis) unserer Meere näher kennen lernen. Was die Gattung an sich betrifft, so ist das Gehäus leicht daran zu erkennen, daß die Wirbel spitzig sind und ganz am vorderen spitzen Winkel der beinahe dreieckigen Schalenhälften sitzen. Die lange Seite der Schale ist die Bauchseite. Jn der nachfolgenden Abbildung haben wir eine durch Hinwegnahme der linken Schalenhälfte und Zurückschlagen der linken Mantel- hälfte geöffnete eßbare Mießmuschel. a ist der Mantelrand. Zu beiden Seiten des Mundes, f, befinden sich die beiden länglichen, schmalen Lippententakeln, g; j ist das äußere, i das innere Kiemenblatt, e und d die Muskeln, welche zum Zurückziehen des Fußes dienen. Letzterer, b, ist fingerförmig und man sieht es schon seiner geringen Größe an, daß er nicht wohl als Fort- bewegungsorgan zu benutzen ist. Unter und hinter dem Grunde des fingerförmigen Fußfortsatzes oder des "Spinners" liegt die sogenannte Byssusdrüse, eine Höhle, von welcher aus auf der Mitte der Unterseite des Spinners eine Längsfurche verläuft, welche vorn in der Nähe der Spitze in eine kurze und tiefe Querfurche endigt. Jn dieser liegt eine halbmondförmige Platte, auf deren vorderen konkavem Rande sieben Oeffnungen stehen. Beginnt das Thier zu spinnen, so
Taschenberg und Schmidt, wirbellose Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 58
Entenmuſchel. Mießmuſchel.
etwas geſchützt ſind; beſonders gern ſcheinen ſie ſich in den Ausflüſſen großer Teiche aufzuhalten. Was oben über die Schwierigkeit der Unterſcheidung der Arten der Unionen geſagt wurde, gilt in ganzer Ausdehnung auch für dieſe Sippe. Hier wie dort hat man an den Schalen keine Kennzeichen, daß ihr Wachsthum vollendet iſt. Den Namen Entenmuſchel für alle Anodonten will Roßmäßler mehr von der ſchnabelförmigen Verlängerung des Hinterendes der Muſchel herleiten, als davon, daß das Thier von den Enten als eine Lieblingsſpeiſe aufgeſucht würde, da zwar allerdings als ſehr wahrſcheinlich angenommen werden könne, daß das fleiſchige, ſchlüpfrige Thier den Enten wohl behagen würde, dieſe aber es ſchwerlich mit ihrem weichen Schnabel aus der harten Muſchel hervorzulangen im Stande ſein dürften. Dem muß ich widerſprechen. Meine Unterſuchungen über die Entwicklung von Anodonta cygnea geſchahen nach Exemplaren aus einem kleinen ſeichten, ſchlammigen Bache, in welchem ich Wochen lang mit den Enten um die Wette gefiſcht habe. Jch bin oft unmittelbar dazu gekommen, wenn eine Ente trotz ihres weichen Schnabels den Schalenrand des Hinterendes ſo weit bearbeitet hatte, daß ſie ſich des Fleiſches, namentlich der mit den Embryonen gefüllten Kiemen, bemächtigen konnte. Die beiden wichtigſten Formentypen der zahlreichen, über den größten Theil von Europa verbreiteten Anodonten ſind Anodonta cygnea, die große Schwanen-Entenmuſchel oder Teichmuſchel, und Anodonta cellensis. Jene iſt eiförmig oder etwas rhombiſch, der Oberrand gerade oder meiſt aufſteigend gebogen; der Unterrand gerundet und von dem Oberrande divergirend. Es kommen Exemplare von 7½ Zoll Länge und 4½ Zoll Höhe vor. Dieſe, die Anodonta cellensis, hat eine verlängerte, ſehr dünne, gefurchte Schale, deren Ober- und Unterrand gerade und ziemlich parallel ſind. Noch kein ſich mit den Najaden im Speciellen beſchäftigender Naturforſcher hat den Verſuch gemacht, nach anatomiſchen Merkmalen der Weichtheile der Thiere Artunterſcheidungen zu begründen, und in der That ſcheint wenig Ausſicht vorhanden, dieſe Scheidung zu einem erquicklichen Ende zu bringen.
Die Familie der Mießmuſcheln(Mytilacea) enthält Sippen, welche ſowohl wegen ihres eigenthümlichen Baues und ihrer Lebensweiſe, als wegen ihres großen Nutzens unſere volle Auf- merkſamkeit verdienen. Die mit einer Oberhaut bekleidete Muſchel iſt gleichſchalig. Das Schloß zahnlos oder mit kaum merklichen Zähnchen. Der Eindruck des vorderen Schließmuskels iſt meiſt klein. Hinten bildet der Mantel eine beſondere Oeffnung für den After und darunter eine kurze, am Rande gefranſte Athemröhre. Die Mundlappen ſind ſchmal und zuſammengefaltet. Zu dieſen recht charakteriſtiſchen Kennzeichen kommt aber noch eine ſehr auffallende Beſchaffenheit des Fußes und das Vorhandenſein einer beſonderen Spinndrüſe, welche Einrichtungen mit der ſitzenden Lebensweiſe dieſer Thiere zuſammenhängen. Wir wollen dieſe Einrichtungen, den finger- förmigen Fuß und den Bart bei der eßbaren Mießmuſchel(Mytilus edulis) unſerer Meere näher kennen lernen. Was die Gattung an ſich betrifft, ſo iſt das Gehäus leicht daran zu erkennen, daß die Wirbel ſpitzig ſind und ganz am vorderen ſpitzen Winkel der beinahe dreieckigen Schalenhälften ſitzen. Die lange Seite der Schale iſt die Bauchſeite. Jn der nachfolgenden Abbildung haben wir eine durch Hinwegnahme der linken Schalenhälfte und Zurückſchlagen der linken Mantel- hälfte geöffnete eßbare Mießmuſchel. a iſt der Mantelrand. Zu beiden Seiten des Mundes, f, befinden ſich die beiden länglichen, ſchmalen Lippententakeln, g; j iſt das äußere, i das innere Kiemenblatt, e und d die Muskeln, welche zum Zurückziehen des Fußes dienen. Letzterer, b, iſt fingerförmig und man ſieht es ſchon ſeiner geringen Größe an, daß er nicht wohl als Fort- bewegungsorgan zu benutzen iſt. Unter und hinter dem Grunde des fingerförmigen Fußfortſatzes oder des „Spinners“ liegt die ſogenannte Byſſusdrüſe, eine Höhle, von welcher aus auf der Mitte der Unterſeite des Spinners eine Längsfurche verläuft, welche vorn in der Nähe der Spitze in eine kurze und tiefe Querfurche endigt. Jn dieſer liegt eine halbmondförmige Platte, auf deren vorderen konkavem Rande ſieben Oeffnungen ſtehen. Beginnt das Thier zu ſpinnen, ſo
Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 58
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Entenmuſchel. Mießmuſchel.
etwas geſchützt ſind; beſonders gern ſcheinen ſie ſich in den Ausflüſſen großer Teiche aufzuhalten.
Was oben über die Schwierigkeit der Unterſcheidung der Arten der Unionen geſagt wurde, gilt
in ganzer Ausdehnung auch für dieſe Sippe. Hier wie dort hat man an den Schalen keine
Kennzeichen, daß ihr Wachsthum vollendet iſt. Den Namen Entenmuſchel für alle Anodonten
will Roßmäßler mehr von der ſchnabelförmigen Verlängerung des Hinterendes der Muſchel
herleiten, als davon, daß das Thier von den Enten als eine Lieblingsſpeiſe aufgeſucht würde,
da zwar allerdings als ſehr wahrſcheinlich angenommen werden könne, daß das fleiſchige, ſchlüpfrige
Thier den Enten wohl behagen würde, dieſe aber es ſchwerlich mit ihrem weichen Schnabel aus
der harten Muſchel hervorzulangen im Stande ſein dürften. Dem muß ich widerſprechen. Meine
Unterſuchungen über die Entwicklung von Anodonta cygnea geſchahen nach Exemplaren aus
einem kleinen ſeichten, ſchlammigen Bache, in welchem ich Wochen lang mit den Enten um die
Wette gefiſcht habe. Jch bin oft unmittelbar dazu gekommen, wenn eine Ente trotz ihres weichen
Schnabels den Schalenrand des Hinterendes ſo weit bearbeitet hatte, daß ſie ſich des Fleiſches,
namentlich der mit den Embryonen gefüllten Kiemen, bemächtigen konnte. Die beiden wichtigſten
Formentypen der zahlreichen, über den größten Theil von Europa verbreiteten Anodonten ſind
Anodonta cygnea, die große Schwanen-Entenmuſchel oder Teichmuſchel, und Anodonta cellensis.
Jene iſt eiförmig oder etwas rhombiſch, der Oberrand gerade oder meiſt aufſteigend gebogen;
der Unterrand gerundet und von dem Oberrande divergirend. Es kommen Exemplare von 7½ Zoll
Länge und 4½ Zoll Höhe vor. Dieſe, die Anodonta cellensis, hat eine verlängerte, ſehr dünne,
gefurchte Schale, deren Ober- und Unterrand gerade und ziemlich parallel ſind. Noch kein ſich
mit den Najaden im Speciellen beſchäftigender Naturforſcher hat den Verſuch gemacht, nach
anatomiſchen Merkmalen der Weichtheile der Thiere Artunterſcheidungen zu begründen, und in
der That ſcheint wenig Ausſicht vorhanden, dieſe Scheidung zu einem erquicklichen Ende zu bringen.
Die Familie der Mießmuſcheln (Mytilacea) enthält Sippen, welche ſowohl wegen ihres
eigenthümlichen Baues und ihrer Lebensweiſe, als wegen ihres großen Nutzens unſere volle Auf-
merkſamkeit verdienen. Die mit einer Oberhaut bekleidete Muſchel iſt gleichſchalig. Das Schloß
zahnlos oder mit kaum merklichen Zähnchen. Der Eindruck des vorderen Schließmuskels iſt
meiſt klein. Hinten bildet der Mantel eine beſondere Oeffnung für den After und darunter eine
kurze, am Rande gefranſte Athemröhre. Die Mundlappen ſind ſchmal und zuſammengefaltet.
Zu dieſen recht charakteriſtiſchen Kennzeichen kommt aber noch eine ſehr auffallende Beſchaffenheit
des Fußes und das Vorhandenſein einer beſonderen Spinndrüſe, welche Einrichtungen mit der
ſitzenden Lebensweiſe dieſer Thiere zuſammenhängen. Wir wollen dieſe Einrichtungen, den finger-
förmigen Fuß und den Bart bei der eßbaren Mießmuſchel (Mytilus edulis) unſerer Meere
näher kennen lernen. Was die Gattung an ſich betrifft, ſo iſt das Gehäus leicht daran zu
erkennen, daß die Wirbel ſpitzig ſind und ganz am vorderen ſpitzen Winkel der beinahe dreieckigen
Schalenhälften ſitzen. Die lange Seite der Schale iſt die Bauchſeite. Jn der nachfolgenden Abbildung
haben wir eine durch Hinwegnahme der linken Schalenhälfte und Zurückſchlagen der linken Mantel-
hälfte geöffnete eßbare Mießmuſchel. a iſt der Mantelrand. Zu beiden Seiten des Mundes, f,
befinden ſich die beiden länglichen, ſchmalen Lippententakeln, g; j iſt das äußere, i das innere
Kiemenblatt, e und d die Muskeln, welche zum Zurückziehen des Fußes dienen. Letzterer, b, iſt
fingerförmig und man ſieht es ſchon ſeiner geringen Größe an, daß er nicht wohl als Fort-
bewegungsorgan zu benutzen iſt. Unter und hinter dem Grunde des fingerförmigen Fußfortſatzes
oder des „Spinners“ liegt die ſogenannte Byſſusdrüſe, eine Höhle, von welcher aus auf der
Mitte der Unterſeite des Spinners eine Längsfurche verläuft, welche vorn in der Nähe der Spitze
in eine kurze und tiefe Querfurche endigt. Jn dieſer liegt eine halbmondförmige Platte, auf
deren vorderen konkavem Rande ſieben Oeffnungen ſtehen. Beginnt das Thier zu ſpinnen, ſo
Taſchenberg und Schmidt, wirbelloſe Thiere. (Brehm, Thierleben VI.) 58
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 6. Hildburghausen, 1869, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben06_1869/961>, abgerufen am 17.06.2024.
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