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Breitscheid, Tony: Die Notwendigkeit der Forderung des allgemeinen, gleichen, direkten, geheimen Wahlrechts (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 4). Berlin, 1909.

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Reihe von Staaten eingesehen hat, daß es Verschwendung ist, die
Kräfte der Frauen nicht nutzbar zu machen für den Staat, so wird
auch das deutsche Reich einmal lernen, die Mitarbeit der Frau zu
schätzen. Deutschland wird und muß den Ländern folgen, die ihren
Frauen das volle Staatsbürgerrecht zuerkannt haben.

Wir sind nun der Ansicht, daß alle Frauen, die nur ein wenig
Selbstachtung und Selbstvertrauen haben, daran arbeiten müßten, um
dieses Ziel zu erringen. Sie sollten alle zusammenstehen, reiche und
arme, Hausfrauen und berufstätige, keine sollte den Wunsch haben
nur für sich selbst ein Recht zu erhalten, sondern alle sollten beseelt
sein von dem Gedanken, allen Frauen die gleiche Möglichkeit
zu verschaffen auf die Gesetzgebung einzuwirken. Wir, die wir die
"bürgerlichen Frauen" genannt werden, wollen kein Vorrecht vor den
Arbeiterinnen, wir wollen die Gleichberechtigung. Und wenn sie auch
in anderen Organisationen stehen, so wollen wir doch auf das
gleiche Ziel gehen und müssen uns auf dem Wege gegenseitig unter-
stützen. Wir verlangen, daß die bürgerlichen Frauen, die die politische
Gleichberechtigung mit dem Manne fordern, einsehen, daß sie gleich-
zeitig die Gleichberechtigung aller Frauen erstreben müssen. Deshalb
muß ihre einzige Parole sein: Das allgemeine, gleiche,
direkte, geheime Wahlrecht ohne Unterschied der
Geschlechter für Kommune, Landtag und Reichstag.

Wir appellieren an das Selbstbewußtsein der deutschen Frauen
und wir appellieren an ihren Gerechtigkeitssinn.

[Abbildung]

Reihe von Staaten eingesehen hat, daß es Verschwendung ist, die
Kräfte der Frauen nicht nutzbar zu machen für den Staat, so wird
auch das deutsche Reich einmal lernen, die Mitarbeit der Frau zu
schätzen. Deutschland wird und muß den Ländern folgen, die ihren
Frauen das volle Staatsbürgerrecht zuerkannt haben.

Wir sind nun der Ansicht, daß alle Frauen, die nur ein wenig
Selbstachtung und Selbstvertrauen haben, daran arbeiten müßten, um
dieses Ziel zu erringen. Sie sollten alle zusammenstehen, reiche und
arme, Hausfrauen und berufstätige, keine sollte den Wunsch haben
nur für sich selbst ein Recht zu erhalten, sondern alle sollten beseelt
sein von dem Gedanken, allen Frauen die gleiche Möglichkeit
zu verschaffen auf die Gesetzgebung einzuwirken. Wir, die wir die
„bürgerlichen Frauen“ genannt werden, wollen kein Vorrecht vor den
Arbeiterinnen, wir wollen die Gleichberechtigung. Und wenn sie auch
in anderen Organisationen stehen, so wollen wir doch auf das
gleiche Ziel gehen und müssen uns auf dem Wege gegenseitig unter-
stützen. Wir verlangen, daß die bürgerlichen Frauen, die die politische
Gleichberechtigung mit dem Manne fordern, einsehen, daß sie gleich-
zeitig die Gleichberechtigung aller Frauen erstreben müssen. Deshalb
muß ihre einzige Parole sein: Das allgemeine, gleiche,
direkte, geheime Wahlrecht ohne Unterschied der
Geschlechter für Kommune, Landtag und Reichstag.

Wir appellieren an das Selbstbewußtsein der deutschen Frauen
und wir appellieren an ihren Gerechtigkeitssinn.

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[14/0016] Reihe von Staaten eingesehen hat, daß es Verschwendung ist, die Kräfte der Frauen nicht nutzbar zu machen für den Staat, so wird auch das deutsche Reich einmal lernen, die Mitarbeit der Frau zu schätzen. Deutschland wird und muß den Ländern folgen, die ihren Frauen das volle Staatsbürgerrecht zuerkannt haben. Wir sind nun der Ansicht, daß alle Frauen, die nur ein wenig Selbstachtung und Selbstvertrauen haben, daran arbeiten müßten, um dieses Ziel zu erringen. Sie sollten alle zusammenstehen, reiche und arme, Hausfrauen und berufstätige, keine sollte den Wunsch haben nur für sich selbst ein Recht zu erhalten, sondern alle sollten beseelt sein von dem Gedanken, allen Frauen die gleiche Möglichkeit zu verschaffen auf die Gesetzgebung einzuwirken. Wir, die wir die „bürgerlichen Frauen“ genannt werden, wollen kein Vorrecht vor den Arbeiterinnen, wir wollen die Gleichberechtigung. Und wenn sie auch in anderen Organisationen stehen, so wollen wir doch auf das gleiche Ziel gehen und müssen uns auf dem Wege gegenseitig unter- stützen. Wir verlangen, daß die bürgerlichen Frauen, die die politische Gleichberechtigung mit dem Manne fordern, einsehen, daß sie gleich- zeitig die Gleichberechtigung aller Frauen erstreben müssen. Deshalb muß ihre einzige Parole sein: Das allgemeine, gleiche, direkte, geheime Wahlrecht ohne Unterschied der Geschlechter für Kommune, Landtag und Reichstag. Wir appellieren an das Selbstbewußtsein der deutschen Frauen und wir appellieren an ihren Gerechtigkeitssinn. [Abbildung]

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Zitationshilfe: Breitscheid, Tony: Die Notwendigkeit der Forderung des allgemeinen, gleichen, direkten, geheimen Wahlrechts (= Schriften des Preußischen Landesvereins für Frauenstimmrecht, Bd. 4). Berlin, 1909, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/breitscheid_notwendigkeit_1909/16>, abgerufen am 23.11.2024.