Frauen und Jungfrauen, denen die Welt lachend zu Füßen lag und das sonst oft so sehr gesuchte Glück freiwillig anbot, die aber aus Liebe zu Jesus auf Alles verzichteten, um in den stillen, verschlossenen Mauern eines Klosters ein Leben beständiger Selbst- verleugnung und Armuth zu führen oder in dumpfen Hütten die verlassenen Kranken aufzusuchen und zu Pflegen.
Aus jedem Material, wenn man sich hier so aus- drücken kann, hat die Kirche sich ihre heiligen gebildet, nicht bloß aus jenen Jünglingen und Jungfrauen, die noch unberührt waren vom giftigen Hauche der Sünde, sondern auch aus jenen Seelen, in denen die Leiden- schaften Jahre lang ihre schrecklichen Verheerungen an- gerichtet hatten; nicht bloß aus den frommen Mönchen, die nach einer strengen Ordensregel lebten und von den meisten Gefahren der Welt durch ihr Kloster abge- schnitten waren, sondern auch aus Königen und Fürsten, die auf glänzendem Thron saßen, ein weites Reich be- herrschten und mitten im Treiben und Getümmel der Welt lebten, auch aus Soldaten, die in vielen Schlachten große Kühnheit und einen unerschrockenen Muth an den Tag gelegt hatten; nicht bloß aus Männern, die auf ruhiger Flur hinter dem Pfluge einhergingen oder die in stiller Werkstätte arbeiteten, sondern auch aus jenen, welche verwickelte Staatsgeschäfte zu leiten hatten oder sich den tiefsten und gründlichsten Forschungen hingaben. In allen Ständen der Gesellschaft hat die Kirche sich ihre Heiligen erzogen. Mächtige Fürsten
Frauen und Jungfrauen, denen die Welt lachend zu Füßen lag und das sonst oft so sehr gesuchte Glück freiwillig anbot, die aber aus Liebe zu Jesus auf Alles verzichteten, um in den stillen, verschlossenen Mauern eines Klosters ein Leben beständiger Selbst- verleugnung und Armuth zu führen oder in dumpfen Hütten die verlassenen Kranken aufzusuchen und zu Pflegen.
Aus jedem Material, wenn man sich hier so aus- drücken kann, hat die Kirche sich ihre heiligen gebildet, nicht bloß aus jenen Jünglingen und Jungfrauen, die noch unberührt waren vom giftigen Hauche der Sünde, sondern auch aus jenen Seelen, in denen die Leiden- schaften Jahre lang ihre schrecklichen Verheerungen an- gerichtet hatten; nicht bloß aus den frommen Mönchen, die nach einer strengen Ordensregel lebten und von den meisten Gefahren der Welt durch ihr Kloster abge- schnitten waren, sondern auch aus Königen und Fürsten, die auf glänzendem Thron saßen, ein weites Reich be- herrschten und mitten im Treiben und Getümmel der Welt lebten, auch aus Soldaten, die in vielen Schlachten große Kühnheit und einen unerschrockenen Muth an den Tag gelegt hatten; nicht bloß aus Männern, die auf ruhiger Flur hinter dem Pfluge einhergingen oder die in stiller Werkstätte arbeiteten, sondern auch aus jenen, welche verwickelte Staatsgeschäfte zu leiten hatten oder sich den tiefsten und gründlichsten Forschungen hingaben. In allen Ständen der Gesellschaft hat die Kirche sich ihre Heiligen erzogen. Mächtige Fürsten
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Frauen und Jungfrauen, denen die Welt lachend zu
Füßen lag und das sonst oft so sehr gesuchte Glück
freiwillig anbot, die aber aus Liebe zu Jesus auf
Alles verzichteten, um in den stillen, verschlossenen
Mauern eines Klosters ein Leben beständiger Selbst-
verleugnung und Armuth zu führen oder in dumpfen
Hütten die verlassenen Kranken aufzusuchen und zu
Pflegen.
Aus jedem Material, wenn man sich hier so aus-
drücken kann, hat die Kirche sich ihre heiligen gebildet,
nicht bloß aus jenen Jünglingen und Jungfrauen, die
noch unberührt waren vom giftigen Hauche der Sünde,
sondern auch aus jenen Seelen, in denen die Leiden-
schaften Jahre lang ihre schrecklichen Verheerungen an-
gerichtet hatten; nicht bloß aus den frommen Mönchen,
die nach einer strengen Ordensregel lebten und von den
meisten Gefahren der Welt durch ihr Kloster abge-
schnitten waren, sondern auch aus Königen und Fürsten,
die auf glänzendem Thron saßen, ein weites Reich be-
herrschten und mitten im Treiben und Getümmel der
Welt lebten, auch aus Soldaten, die in vielen Schlachten
große Kühnheit und einen unerschrockenen Muth an
den Tag gelegt hatten; nicht bloß aus Männern,
die auf ruhiger Flur hinter dem Pfluge einhergingen
oder die in stiller Werkstätte arbeiteten, sondern auch
aus jenen, welche verwickelte Staatsgeschäfte zu leiten
hatten oder sich den tiefsten und gründlichsten Forschungen
hingaben. In allen Ständen der Gesellschaft hat die
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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/126>, abgerufen am 21.11.2024.
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