Männer thöricht und gottlos über die Kirche und ihr Wirken reden? Ist das nicht höchst unmännlich? wo bleibt den da noch die gesunde Vernunft?
Von einem Manne erwartet man ferner, daß er in Allem sich gleich bleibe, daß er nicht bei jeder Gelegenheit seine Ansichten ändere. Das wäre sonst ein Beweis, daß er überhaupt keine festen Grundsätze und keine sichere Ueberzeugung hätte. Wohl kann jeder Mann irren; sieht er dann seinen Irrthum ein und ist er demüthig genug, ihn einzugestehen und sich be- lehren zu lassen, so verdient das großes Lob; denn dem echten Manne geht die Wahrheit über Alles. Aber mir nichts dir nichts seine Ansichten ändern, wie April- wetter sich ändert, oder doch so reden, als hätte man sie geändert, das ist unmännlich, ja das ist eine Schmach für den Mann. Das thut aber der Mann, welcher immer von der feigen Rücksicht auf Andere sich leiten läßt. Ist er in dieser Stunde in Gesellschaft von guten, eifrigen Katholiken, so spricht er begeistert über kirch- liche Angelegenheiten; nach seinen Reden sollte man meinen, er sei bereit, für die gute Sache die größten Opfer zu bringen. Doch kommt er in der folgenden Stunde mit abgestandenen Katholiken oder mit Anders- gläubigen zusammen, so stimmt er ein in all die Lügen und Verdächtigungen, welche man dort gegen die katho- lische Kirche vorbringt, und spricht, als hätte er im- mer eine solche Ansicht von ihr gehabt. Morgens be- grüßt er in einer gut katholischen Familie einen be- kannten Priester freundlich und ehrfurchtsvoll und drückt
Männer thöricht und gottlos über die Kirche und ihr Wirken reden? Ist das nicht höchst unmännlich? wo bleibt den da noch die gesunde Vernunft?
Von einem Manne erwartet man ferner, daß er in Allem sich gleich bleibe, daß er nicht bei jeder Gelegenheit seine Ansichten ändere. Das wäre sonst ein Beweis, daß er überhaupt keine festen Grundsätze und keine sichere Ueberzeugung hätte. Wohl kann jeder Mann irren; sieht er dann seinen Irrthum ein und ist er demüthig genug, ihn einzugestehen und sich be- lehren zu lassen, so verdient das großes Lob; denn dem echten Manne geht die Wahrheit über Alles. Aber mir nichts dir nichts seine Ansichten ändern, wie April- wetter sich ändert, oder doch so reden, als hätte man sie geändert, das ist unmännlich, ja das ist eine Schmach für den Mann. Das thut aber der Mann, welcher immer von der feigen Rücksicht auf Andere sich leiten läßt. Ist er in dieser Stunde in Gesellschaft von guten, eifrigen Katholiken, so spricht er begeistert über kirch- liche Angelegenheiten; nach seinen Reden sollte man meinen, er sei bereit, für die gute Sache die größten Opfer zu bringen. Doch kommt er in der folgenden Stunde mit abgestandenen Katholiken oder mit Anders- gläubigen zusammen, so stimmt er ein in all die Lügen und Verdächtigungen, welche man dort gegen die katho- lische Kirche vorbringt, und spricht, als hätte er im- mer eine solche Ansicht von ihr gehabt. Morgens be- grüßt er in einer gut katholischen Familie einen be- kannten Priester freundlich und ehrfurchtsvoll und drückt
<TEI><text><body><divn="7"><divn="2"><p><pbfacs="#f0174"xml:id="B836_001_1901_pb0162_0001"n="162"/>
Männer thöricht und gottlos über die Kirche und ihr<lb/>
Wirken reden? Ist das nicht höchst unmännlich? wo<lb/>
bleibt den da noch die gesunde Vernunft?</p><p>Von einem Manne erwartet man ferner, daß er<lb/>
in Allem sich gleich bleibe, daß er nicht bei jeder<lb/>
Gelegenheit seine Ansichten ändere. Das wäre sonst<lb/>
ein Beweis, daß er überhaupt keine festen Grundsätze<lb/>
und keine sichere Ueberzeugung hätte. Wohl kann jeder<lb/>
Mann irren; sieht er dann seinen Irrthum ein und<lb/>
ist er demüthig genug, ihn einzugestehen und sich be-<lb/>
lehren zu lassen, so verdient das großes Lob; denn dem<lb/>
echten Manne geht die Wahrheit über Alles. Aber<lb/>
mir nichts dir nichts seine Ansichten ändern, wie April-<lb/>
wetter sich ändert, oder doch so reden, als hätte man<lb/>
sie geändert, das ist unmännlich, ja das ist eine Schmach<lb/>
für den Mann. Das thut aber der Mann, welcher<lb/>
immer von der feigen Rücksicht auf Andere sich leiten<lb/>
läßt. Ist er in dieser Stunde in Gesellschaft von guten,<lb/>
eifrigen Katholiken, so spricht er begeistert über kirch-<lb/>
liche Angelegenheiten; nach seinen Reden sollte man<lb/>
meinen, er sei bereit, für die gute Sache die größten<lb/>
Opfer zu bringen. Doch kommt er in der folgenden<lb/>
Stunde mit abgestandenen Katholiken oder mit Anders-<lb/>
gläubigen zusammen, so stimmt er ein in all die Lügen<lb/>
und Verdächtigungen, welche man dort gegen die katho-<lb/>
lische Kirche vorbringt, und spricht, als hätte er im-<lb/>
mer eine solche Ansicht von ihr gehabt. Morgens be-<lb/>
grüßt er in einer gut katholischen Familie einen be-<lb/>
kannten Priester freundlich und ehrfurchtsvoll und drückt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[162/0174]
Männer thöricht und gottlos über die Kirche und ihr
Wirken reden? Ist das nicht höchst unmännlich? wo
bleibt den da noch die gesunde Vernunft?
Von einem Manne erwartet man ferner, daß er
in Allem sich gleich bleibe, daß er nicht bei jeder
Gelegenheit seine Ansichten ändere. Das wäre sonst
ein Beweis, daß er überhaupt keine festen Grundsätze
und keine sichere Ueberzeugung hätte. Wohl kann jeder
Mann irren; sieht er dann seinen Irrthum ein und
ist er demüthig genug, ihn einzugestehen und sich be-
lehren zu lassen, so verdient das großes Lob; denn dem
echten Manne geht die Wahrheit über Alles. Aber
mir nichts dir nichts seine Ansichten ändern, wie April-
wetter sich ändert, oder doch so reden, als hätte man
sie geändert, das ist unmännlich, ja das ist eine Schmach
für den Mann. Das thut aber der Mann, welcher
immer von der feigen Rücksicht auf Andere sich leiten
läßt. Ist er in dieser Stunde in Gesellschaft von guten,
eifrigen Katholiken, so spricht er begeistert über kirch-
liche Angelegenheiten; nach seinen Reden sollte man
meinen, er sei bereit, für die gute Sache die größten
Opfer zu bringen. Doch kommt er in der folgenden
Stunde mit abgestandenen Katholiken oder mit Anders-
gläubigen zusammen, so stimmt er ein in all die Lügen
und Verdächtigungen, welche man dort gegen die katho-
lische Kirche vorbringt, und spricht, als hätte er im-
mer eine solche Ansicht von ihr gehabt. Morgens be-
grüßt er in einer gut katholischen Familie einen be-
kannten Priester freundlich und ehrfurchtsvoll und drückt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/174>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.