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Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901.

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Geld zu erwerben und reicher zu werden, so schreckt er
gewöhnlich vor keinem Mittel zurück, wenn er nur
seinen Zweck erreicht und der Strafe des weltlichen Ge-
richtes zu entgehen hofft. Ein altes Sprichwort sagt:
"Ein goldener Hammer sprengt eiserne Thore." Und
König Philipp von Macedonien hat einst den Ausspruch
gethan: "Keine Burg ist so verschlossen, daß ein mit
Gold beladenes Maulthier sie nicht einnehmen könne."

Ja dieser heidnische König scheint noch eine viel zu
gute Meinung gehabt zu haben von den Männern, die
das Gold unordentlich lieben. Denn bei Solchen ist
nicht ein mit schwerem Gold beladenes Maulthier noth-
wendig, um im Herzen die Festung des Gerechtigkeits-
sinnes zu erobern, sondern viel weniger genügt dazu;
manchmal sind schon ein paar Mark oder Groschen, ja
selbst Pfennige dazu hinreichend. Gibt es nicht Männer,
die von ihrer Geldliebe sich wegen eines kleinen Vor-
theiles zur Ungerechtigkeit, zum Betrug oder Diebstahl
bestimmen lassen; gibt es nicht Männer, die zur Lüge
ihre Zuflucht nehmen, wenn sie dadurch nur drei oder
vier Pfennige gewinnen können? Muß auf diese Weise
nicht nach und nach aller Sinn für Wahrheit und Ge-
rechtigkeit unter dem Volke schwinden? Wie traurig ist
es aber bestellt um ein Volk, wenn diese beiden Grund-
pfeiler der gesellschaftlichen Ordnung wanken, wenn kaum
ein Bruder dem andern mehr trauen darf?

Die Ueberschätzung des Geldes und die
unordentliche Liebe zu demselben ertödtet
die christliche Nächstenliebe in der Gesell-

Geld zu erwerben und reicher zu werden, so schreckt er
gewöhnlich vor keinem Mittel zurück, wenn er nur
seinen Zweck erreicht und der Strafe des weltlichen Ge-
richtes zu entgehen hofft. Ein altes Sprichwort sagt:
„Ein goldener Hammer sprengt eiserne Thore.“ Und
König Philipp von Macedonien hat einst den Ausspruch
gethan: „Keine Burg ist so verschlossen, daß ein mit
Gold beladenes Maulthier sie nicht einnehmen könne.“

Ja dieser heidnische König scheint noch eine viel zu
gute Meinung gehabt zu haben von den Männern, die
das Gold unordentlich lieben. Denn bei Solchen ist
nicht ein mit schwerem Gold beladenes Maulthier noth-
wendig, um im Herzen die Festung des Gerechtigkeits-
sinnes zu erobern, sondern viel weniger genügt dazu;
manchmal sind schon ein paar Mark oder Groschen, ja
selbst Pfennige dazu hinreichend. Gibt es nicht Männer,
die von ihrer Geldliebe sich wegen eines kleinen Vor-
theiles zur Ungerechtigkeit, zum Betrug oder Diebstahl
bestimmen lassen; gibt es nicht Männer, die zur Lüge
ihre Zuflucht nehmen, wenn sie dadurch nur drei oder
vier Pfennige gewinnen können? Muß auf diese Weise
nicht nach und nach aller Sinn für Wahrheit und Ge-
rechtigkeit unter dem Volke schwinden? Wie traurig ist
es aber bestellt um ein Volk, wenn diese beiden Grund-
pfeiler der gesellschaftlichen Ordnung wanken, wenn kaum
ein Bruder dem andern mehr trauen darf?

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unordentliche Liebe zu demselben ertödtet
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[232/0244] Geld zu erwerben und reicher zu werden, so schreckt er gewöhnlich vor keinem Mittel zurück, wenn er nur seinen Zweck erreicht und der Strafe des weltlichen Ge- richtes zu entgehen hofft. Ein altes Sprichwort sagt: „Ein goldener Hammer sprengt eiserne Thore.“ Und König Philipp von Macedonien hat einst den Ausspruch gethan: „Keine Burg ist so verschlossen, daß ein mit Gold beladenes Maulthier sie nicht einnehmen könne.“ Ja dieser heidnische König scheint noch eine viel zu gute Meinung gehabt zu haben von den Männern, die das Gold unordentlich lieben. Denn bei Solchen ist nicht ein mit schwerem Gold beladenes Maulthier noth- wendig, um im Herzen die Festung des Gerechtigkeits- sinnes zu erobern, sondern viel weniger genügt dazu; manchmal sind schon ein paar Mark oder Groschen, ja selbst Pfennige dazu hinreichend. Gibt es nicht Männer, die von ihrer Geldliebe sich wegen eines kleinen Vor- theiles zur Ungerechtigkeit, zum Betrug oder Diebstahl bestimmen lassen; gibt es nicht Männer, die zur Lüge ihre Zuflucht nehmen, wenn sie dadurch nur drei oder vier Pfennige gewinnen können? Muß auf diese Weise nicht nach und nach aller Sinn für Wahrheit und Ge- rechtigkeit unter dem Volke schwinden? Wie traurig ist es aber bestellt um ein Volk, wenn diese beiden Grund- pfeiler der gesellschaftlichen Ordnung wanken, wenn kaum ein Bruder dem andern mehr trauen darf? Die Ueberschätzung des Geldes und die unordentliche Liebe zu demselben ertödtet die christliche Nächstenliebe in der Gesell-

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Zitationshilfe: Bremscheid, Matthias von. Der christliche Mann in seinem Glauben und Leben. Mainz, 1901, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bremscheid_mann_1901/244>, abgerufen am 10.05.2024.