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Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [107]–162. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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bringen wollte. Er fragte nach der Ursache des Geschreis. Annerl schrie: Er will mich umbringen! Ich war außer mir vor Entsetzen. Der Richter erzählte dem Bürgermeister das Ereigniß. Dieser verwies ihm seinen Aberglauben, wie er es nannte, heftig und unter scharfen Drohungen. Der Richter blieb ganz ruhig dabei und sprach: So haben's meine Väter gehalten, so halt' ich's. Da sprach der Bürgermeister: Meister Franz, wenn Ihr glaubtet, Euer Schwert habe sich gerührt, weil ich Euch hiermit anzeige, daß morgen früh um 6 Uhr der Jäger Jürge von Euch soll geköpft werden, so wollt' ich es noch verzeihen; aber daß Ihr daraus Etwas auf dies liebe Kind schließen wollt, das ist unvernünftig und toll. Es könnte so Etwas einen Menschen in Verzweiflung bringen, wenn man es ihm später in seinem Alter sagte, daß es ihm in seiner Jugend geschehen sei. Man soll keinen Menschen in Versuchung führen. -- Aber auch keines Richters Schwert, sagte Meister Franz vor sich und hing sein Schwert wieder in den Schrank. Nun küßte der Bürgermeister das Annerl und gab ihm eine Semmel aus seiner Jagdtasche, und da er mich gefragt, wer ich sei, wo ich herkomme und wo ich hin wolle? und ich ihm den Tod meiner Base erzählt hatte und auch den Auftrag an den Jäger Jürge, sagte er mir: Ihr sollt ihn ausrichten, ich will Euch selbst zu ihm führen. Er hat ein hartes Herz, vielleicht wird ihn das Andenken einer guten Sterbenden in seinen letzten Stunden rühren. Da nahm der gute Herr mich und Annerl auf seinen Wagen,

bringen wollte. Er fragte nach der Ursache des Geschreis. Annerl schrie: Er will mich umbringen! Ich war außer mir vor Entsetzen. Der Richter erzählte dem Bürgermeister das Ereigniß. Dieser verwies ihm seinen Aberglauben, wie er es nannte, heftig und unter scharfen Drohungen. Der Richter blieb ganz ruhig dabei und sprach: So haben's meine Väter gehalten, so halt' ich's. Da sprach der Bürgermeister: Meister Franz, wenn Ihr glaubtet, Euer Schwert habe sich gerührt, weil ich Euch hiermit anzeige, daß morgen früh um 6 Uhr der Jäger Jürge von Euch soll geköpft werden, so wollt' ich es noch verzeihen; aber daß Ihr daraus Etwas auf dies liebe Kind schließen wollt, das ist unvernünftig und toll. Es könnte so Etwas einen Menschen in Verzweiflung bringen, wenn man es ihm später in seinem Alter sagte, daß es ihm in seiner Jugend geschehen sei. Man soll keinen Menschen in Versuchung führen. — Aber auch keines Richters Schwert, sagte Meister Franz vor sich und hing sein Schwert wieder in den Schrank. Nun küßte der Bürgermeister das Annerl und gab ihm eine Semmel aus seiner Jagdtasche, und da er mich gefragt, wer ich sei, wo ich herkomme und wo ich hin wolle? und ich ihm den Tod meiner Base erzählt hatte und auch den Auftrag an den Jäger Jürge, sagte er mir: Ihr sollt ihn ausrichten, ich will Euch selbst zu ihm führen. Er hat ein hartes Herz, vielleicht wird ihn das Andenken einer guten Sterbenden in seinen letzten Stunden rühren. Da nahm der gute Herr mich und Annerl auf seinen Wagen,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T13:27:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T13:27:19Z)

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [107]–162. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_annerl_1910/43>, abgerufen am 21.11.2024.