Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Jag' sie wieder Knall und Fall In den alten Hühnerstall. Aber uns drei Petschaftstechern, Bau' ein Haus mit goldnen Dächern, Mache uns zu Hofagenten, Hoffactoren, Consulenten, Rittern und Kommerzienräthen, Commissären und Propheten. Gieb uns Gold und Geld und Glanz, Stell' uns hoch in der Finanz, Mach' uns schön wie Davids Sohn, Den scharmanten Absalon, Mach' uns glücklich ganz enorm, Orden gieb und Uniform! Ringlein, Ringlein dreh' dich um, Mach' es schön, wir bitten drum. Während sie so am Ring drehten, entstand lautes Mur¬ Jag' ſie wieder Knall und Fall In den alten Huͤhnerſtall. Aber uns drei Petſchaftſtechern, Bau' ein Haus mit goldnen Daͤchern, Mache uns zu Hofagenten, Hoffactoren, Conſulenten, Rittern und Kommerzienraͤthen, Commiſſaͤren und Propheten. Gieb uns Gold und Geld und Glanz, Stell' uns hoch in der Finanz, Mach' uns ſchoͤn wie Davids Sohn, Den ſcharmanten Abſalon, Mach' uns gluͤcklich ganz enorm, Orden gieb und Uniform! Ringlein, Ringlein dreh' dich um, Mach' es ſchoͤn, wir bitten drum. Waͤhrend ſie ſo am Ring drehten, entſtand lautes Mur¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0162" n="122"/> <l>Jag' ſie wieder Knall und Fall</l><lb/> <l>In den alten Huͤhnerſtall.</l><lb/> <l>Aber uns drei Petſchaftſtechern,</l><lb/> <l>Bau' ein Haus mit goldnen Daͤchern,</l><lb/> <l>Mache uns zu Hofagenten,</l><lb/> <l>Hoffactoren, Conſulenten,</l><lb/> <l>Rittern und Kommerzienraͤthen,</l><lb/> <l>Commiſſaͤren und Propheten.</l><lb/> <l>Gieb uns Gold und Geld und Glanz,</l><lb/> <l>Stell' uns hoch in der Finanz,</l><lb/> <l>Mach' uns ſchoͤn wie Davids Sohn,</l><lb/> <l>Den ſcharmanten Abſalon,</l><lb/> <l>Mach' uns gluͤcklich ganz enorm,</l><lb/> <l>Orden gieb und Uniform!</l><lb/> <l>Ringlein, Ringlein dreh' dich um,</l><lb/> <l>Mach' es ſchoͤn, wir bitten drum.</l><lb/> </lg> <p>Waͤhrend ſie ſo am Ring drehten, entſtand lautes Mur¬<lb/> ren und lachen und Schimpfen unter dem verſammelten Volk.<lb/> „Ei, ſeht den alten Bettler, die alte ſchmutzige Bettlerin,<lb/> das ſchmutzige freche Kind, nein das iſt unverſchaͤmt; jagt<lb/> ſie fort, pratſch, pratſch, wie ſie die Eier zertreten!“ — und<lb/> bald ward das Geſchrei und Getuͤmmel ſo allgemein, daß der<lb/> Koͤnig Eifraſius und die Koͤnigin Eilegia und der Prinz Kro¬<lb/> novus ihre Binden von den Augen riſſen, und wie erſtaunten<lb/> ſie nicht, als ſie den Raugrafen Gockel und die Frau Hin¬<lb/> kel und Fraͤulein Gackeleia, die vorher ſo ſchoͤn und jung,<lb/> und praͤchtig gekleidet geweſen waren, in eine alte, haͤ߬<lb/> liche, zerriſſene Bettlerfamilie verwandelt ſahen, welche alle<lb/> Eier auf dem koͤſtlichen Teppich zertreten hatten; auf ihr<lb/> unwilliges Geſchrei riſſen nun auch dieſe Ungluͤcklichen die<lb/> Binden von den Augen, und fiengen an, bitterlich zu wei¬<lb/> nen und zu klagen uͤber ihren verwandelten Zuſtand, beim<lb/> ſie erkannten ſich kaum mehr wieder. Gockel griff nach ſei¬<lb/> nem Ring Salomonis und drehte, aber der falſche verwech¬<lb/> ſelte Ring vermochte nichts; da ſah er den Ring an und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [122/0162]
Jag' ſie wieder Knall und Fall
In den alten Huͤhnerſtall.
Aber uns drei Petſchaftſtechern,
Bau' ein Haus mit goldnen Daͤchern,
Mache uns zu Hofagenten,
Hoffactoren, Conſulenten,
Rittern und Kommerzienraͤthen,
Commiſſaͤren und Propheten.
Gieb uns Gold und Geld und Glanz,
Stell' uns hoch in der Finanz,
Mach' uns ſchoͤn wie Davids Sohn,
Den ſcharmanten Abſalon,
Mach' uns gluͤcklich ganz enorm,
Orden gieb und Uniform!
Ringlein, Ringlein dreh' dich um,
Mach' es ſchoͤn, wir bitten drum.
Waͤhrend ſie ſo am Ring drehten, entſtand lautes Mur¬
ren und lachen und Schimpfen unter dem verſammelten Volk.
„Ei, ſeht den alten Bettler, die alte ſchmutzige Bettlerin,
das ſchmutzige freche Kind, nein das iſt unverſchaͤmt; jagt
ſie fort, pratſch, pratſch, wie ſie die Eier zertreten!“ — und
bald ward das Geſchrei und Getuͤmmel ſo allgemein, daß der
Koͤnig Eifraſius und die Koͤnigin Eilegia und der Prinz Kro¬
novus ihre Binden von den Augen riſſen, und wie erſtaunten
ſie nicht, als ſie den Raugrafen Gockel und die Frau Hin¬
kel und Fraͤulein Gackeleia, die vorher ſo ſchoͤn und jung,
und praͤchtig gekleidet geweſen waren, in eine alte, haͤ߬
liche, zerriſſene Bettlerfamilie verwandelt ſahen, welche alle
Eier auf dem koͤſtlichen Teppich zertreten hatten; auf ihr
unwilliges Geſchrei riſſen nun auch dieſe Ungluͤcklichen die
Binden von den Augen, und fiengen an, bitterlich zu wei¬
nen und zu klagen uͤber ihren verwandelten Zuſtand, beim
ſie erkannten ſich kaum mehr wieder. Gockel griff nach ſei¬
nem Ring Salomonis und drehte, aber der falſche verwech¬
ſelte Ring vermochte nichts; da ſah er den Ring an und
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