Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.kann nur Zeitliches, Natürliches, Künstliches, Weltliches, Als sie Alles mit Freuden betrachtet hatten, wurden sie "Ach der edle Alektryo!" seufzte Gockel, "ich kanns "Salomo du weiser König, Dem die Geister unterthänig, Mache meine Eltern froh Durch den Hahn Alektryo; Ringlein! Ringlein! dreh' dich um, Mach geschwind, ich bitt' dich drum." Da hob sich ein Wölkchen auf der Stelle aus dem Bo¬ Aller Freude über Alektryo war sehr groß, er selbst aber kann nur Zeitliches, Natuͤrliches, Kuͤnſtliches, Weltliches, Als ſie Alles mit Freuden betrachtet hatten, wurden ſie „Ach der edle Alektryo!“ ſeufzte Gockel, „ich kanns „Salomo du weiſer Koͤnig, Dem die Geiſter unterthaͤnig, Mache meine Eltern froh Durch den Hahn Alektryo; Ringlein! Ringlein! dreh' dich um, Mach geſchwind, ich bitt' dich drum.“ Da hob ſich ein Woͤlkchen auf der Stelle aus dem Bo¬ Aller Freude uͤber Alektryo war ſehr groß, er ſelbſt aber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0233" n="183"/> kann nur Zeitliches, Natuͤrliches, Kuͤnſtliches, Weltliches,<lb/> aber nichts Ewiges und Geiſtliches geben.</p><lb/> <p>Als ſie Alles mit Freuden betrachtet hatten, wurden ſie<lb/> durch den Anblick des Hahns auf dem Grabmal des Urgo¬<lb/> ckels recht lebhaft an den guten Alektryo erinnert. Sie dach¬<lb/> ten an das Halsgericht, das Gockel hier gehalten. Frau<lb/> Hinkel und Gackeleia ſchlugen die Augen nieder; da ſpielte<lb/> auf einmal der Organiſt eine ſehr ruͤhrende Arie: „Wie ſie<lb/> ſo ſanft ruhn.“ Es war ein gar feierlicher Moment. —</p><lb/> <p>„Ach der edle Alektryo!“ ſeufzte Gockel, „ich kanns<lb/> nicht aushalten,“ ſchluchzte Frau Hinkel, „ach waͤre er nur<lb/> wieder da!“ — „Ei,“ dachte Gackeleia, „dazu kann ich<lb/> helfen“ und drehte ganz ſtill an ihrem Ring:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Salomo du weiſer Koͤnig,</l><lb/> <l>Dem die Geiſter unterthaͤnig,</l><lb/> <l>Mache meine Eltern froh</l><lb/> <l>Durch den Hahn Alektryo;</l><lb/> <l>Ringlein! Ringlein! dreh' dich um,</l><lb/> <l>Mach geſchwind, ich bitt' dich drum.“</l><lb/> </lg> <p>Da hob ſich ein Woͤlkchen auf der Stelle aus dem Bo¬<lb/> den, wo die Gebeine Alektryo's verbrannt worden waren,<lb/> und wirbelte und ballte ſich zuſammen und ward wie ein<lb/> Hahn und der Uralektryo auf dem Grabmal ruͤhrte ſich,<lb/> ſtreckte den Hals, ſchlug mit den Fluͤgeln und kraͤhte durch¬<lb/> dringend, und es fuhr wie ein Feuerſtrahl aus ſeiner Kehle<lb/> ſichelfoͤrmig zu der kleinen Wolke nieder, die im Augenblick<lb/> der alte kraͤftige Alektryo ward, auf Gockels Schulter flog,<lb/> mit den Fluͤgeln ſchlug und mit ritterlichem Kraͤhen dem<lb/> ſteinernen Hahn antwortete, worauf draußen in dem Huͤh¬<lb/> nerhof alle Hahnen antworteten; es gieng wie ein Zurufen<lb/> der Schildwachen von Hahn zu Hahn das Kraͤhen umher.</p><lb/> <p>Aller Freude uͤber Alektryo war ſehr groß, er ſelbſt aber<lb/> war tiefſinnig und nachdenklich, er meditirte. Da nun von<lb/> allen Seiten die Huͤhner und Hahnen in die Kapelle hinein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [183/0233]
kann nur Zeitliches, Natuͤrliches, Kuͤnſtliches, Weltliches,
aber nichts Ewiges und Geiſtliches geben.
Als ſie Alles mit Freuden betrachtet hatten, wurden ſie
durch den Anblick des Hahns auf dem Grabmal des Urgo¬
ckels recht lebhaft an den guten Alektryo erinnert. Sie dach¬
ten an das Halsgericht, das Gockel hier gehalten. Frau
Hinkel und Gackeleia ſchlugen die Augen nieder; da ſpielte
auf einmal der Organiſt eine ſehr ruͤhrende Arie: „Wie ſie
ſo ſanft ruhn.“ Es war ein gar feierlicher Moment. —
„Ach der edle Alektryo!“ ſeufzte Gockel, „ich kanns
nicht aushalten,“ ſchluchzte Frau Hinkel, „ach waͤre er nur
wieder da!“ — „Ei,“ dachte Gackeleia, „dazu kann ich
helfen“ und drehte ganz ſtill an ihrem Ring:
„Salomo du weiſer Koͤnig,
Dem die Geiſter unterthaͤnig,
Mache meine Eltern froh
Durch den Hahn Alektryo;
Ringlein! Ringlein! dreh' dich um,
Mach geſchwind, ich bitt' dich drum.“
Da hob ſich ein Woͤlkchen auf der Stelle aus dem Bo¬
den, wo die Gebeine Alektryo's verbrannt worden waren,
und wirbelte und ballte ſich zuſammen und ward wie ein
Hahn und der Uralektryo auf dem Grabmal ruͤhrte ſich,
ſtreckte den Hals, ſchlug mit den Fluͤgeln und kraͤhte durch¬
dringend, und es fuhr wie ein Feuerſtrahl aus ſeiner Kehle
ſichelfoͤrmig zu der kleinen Wolke nieder, die im Augenblick
der alte kraͤftige Alektryo ward, auf Gockels Schulter flog,
mit den Fluͤgeln ſchlug und mit ritterlichem Kraͤhen dem
ſteinernen Hahn antwortete, worauf draußen in dem Huͤh¬
nerhof alle Hahnen antworteten; es gieng wie ein Zurufen
der Schildwachen von Hahn zu Hahn das Kraͤhen umher.
Aller Freude uͤber Alektryo war ſehr groß, er ſelbſt aber
war tiefſinnig und nachdenklich, er meditirte. Da nun von
allen Seiten die Huͤhner und Hahnen in die Kapelle hinein
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