Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.Das plötzliche Reden des steinernen Urgockels brachte Als es wieder etwas ruhig geworden, rief Alektryo zum "Wendt Niemand was dawider ein, und aller Anwesenden Augen waren auf das Bild UrgockelsSo sollen sie verlobet seyn!" gerichtet, welches sprach: "Ich segne euer Bündniß nur, Wenn ihr gehalten euern Schwur, Den ihr bei meinem Namen sprachet, Als ihr beim Fest die Bretzel brachet, Nur dann einander nie zu lassen, Wenn die gebrochnen Stücke passen!" Urgockel hatte aber diese Worte kaum ausgesprochen, als Das ploͤtzliche Reden des ſteinernen Urgockels brachte Als es wieder etwas ruhig geworden, rief Alektryo zum „Wendt Niemand was dawider ein, und aller Anweſenden Augen waren auf das Bild UrgockelsSo ſollen ſie verlobet ſeyn!“ gerichtet, welches ſprach: „Ich ſegne euer Buͤndniß nur, Wenn ihr gehalten euern Schwur, Den ihr bei meinem Namen ſprachet, Als ihr beim Feſt die Bretzel brachet, Nur dann einander nie zu laſſen, Wenn die gebrochnen Stuͤcke paſſen!“ Urgockel hatte aber dieſe Worte kaum ausgeſprochen, als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0236" n="186"/> <p>Das ploͤtzliche Reden des ſteinernen Urgockels brachte<lb/> keine geringe Stoͤrung unter die hohen Anweſenden und deren<lb/> Federvieh, Gackeleia hatte kaum das Wort „Kunſtfigur von<lb/> Beſenreis“ gehoͤrt, als eine gluͤhende Roͤthe ihre Wangen<lb/> uͤberzog; aber ſie ſammelte ſich augenblicklich und winkte dem<lb/> Organiſten, der in einem Spiegelchen Alles ſah, was am<lb/> Altare geſchah, und dieſer ließ ploͤtzlich alle Pfeifen los und<lb/> machte einen Tuſch wie mit Paucken und Trompeten, ſo<lb/> daß die ganze Drohung Urgockels nicht gehoͤrt ward. Indeſ¬<lb/> ſen zog Gackeleia die Kunſtfigur auf, gab ihr einen kleinen<lb/> Klingelbeutel in die Haͤndchen und ließ ſie unter den anwe¬<lb/> ſenden Huͤhnern herumſchnurren, mehrere junge Hahnen aber,<lb/> welche kein kleines Geld bei ſich hatten, fiengen daruͤber zu<lb/> ſchwaͤtzen und endlich zu ſtreiten an, und ein kleiner Junge<lb/> nahm einen Sprengwedel und ſpritzte unter ſie, daß ſie mit<lb/> großem Geſchrei wegliefen, dazu ſchrie Alektryo fortwaͤhrend<lb/> von der Kanzel, und Gackeleia war herzlich froh, daß man<lb/> uͤber all dem Spektakel die Worte Urgockels nicht gehoͤrt<lb/> und Kronovus ſeinen Degen wieder eingeſteckt hatte.</p><lb/> <p>Als es wieder etwas ruhig geworden, rief Alektryo zum<lb/> drittenmal:<lb/><lg type="poem"><l>„Wendt Niemand was dawider ein,</l><lb/><l>So ſollen ſie verlobet ſeyn!“</l><lb/></lg> und aller Anweſenden Augen waren auf das Bild Urgockels<lb/> gerichtet, welches ſprach:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>„Ich ſegne euer Buͤndniß nur,</l><lb/> <l>Wenn ihr gehalten euern Schwur,</l><lb/> <l>Den ihr bei meinem Namen ſprachet,</l><lb/> <l>Als ihr beim Feſt die Bretzel brachet,</l><lb/> <l>Nur dann einander nie zu laſſen,</l><lb/> <l>Wenn die gebrochnen Stuͤcke paſſen!“</l><lb/> </lg> <p>Urgockel hatte aber dieſe Worte kaum ausgeſprochen, als<lb/> auch Gackeleia gleich aus ihrem Koͤrbchen und Kronovus<lb/> aus ſeiner Jagdtaſche, die Haͤlfte der Bretzel und des Bu¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [186/0236]
Das ploͤtzliche Reden des ſteinernen Urgockels brachte
keine geringe Stoͤrung unter die hohen Anweſenden und deren
Federvieh, Gackeleia hatte kaum das Wort „Kunſtfigur von
Beſenreis“ gehoͤrt, als eine gluͤhende Roͤthe ihre Wangen
uͤberzog; aber ſie ſammelte ſich augenblicklich und winkte dem
Organiſten, der in einem Spiegelchen Alles ſah, was am
Altare geſchah, und dieſer ließ ploͤtzlich alle Pfeifen los und
machte einen Tuſch wie mit Paucken und Trompeten, ſo
daß die ganze Drohung Urgockels nicht gehoͤrt ward. Indeſ¬
ſen zog Gackeleia die Kunſtfigur auf, gab ihr einen kleinen
Klingelbeutel in die Haͤndchen und ließ ſie unter den anwe¬
ſenden Huͤhnern herumſchnurren, mehrere junge Hahnen aber,
welche kein kleines Geld bei ſich hatten, fiengen daruͤber zu
ſchwaͤtzen und endlich zu ſtreiten an, und ein kleiner Junge
nahm einen Sprengwedel und ſpritzte unter ſie, daß ſie mit
großem Geſchrei wegliefen, dazu ſchrie Alektryo fortwaͤhrend
von der Kanzel, und Gackeleia war herzlich froh, daß man
uͤber all dem Spektakel die Worte Urgockels nicht gehoͤrt
und Kronovus ſeinen Degen wieder eingeſteckt hatte.
Als es wieder etwas ruhig geworden, rief Alektryo zum
drittenmal:
„Wendt Niemand was dawider ein,
So ſollen ſie verlobet ſeyn!“
und aller Anweſenden Augen waren auf das Bild Urgockels
gerichtet, welches ſprach:
„Ich ſegne euer Buͤndniß nur,
Wenn ihr gehalten euern Schwur,
Den ihr bei meinem Namen ſprachet,
Als ihr beim Feſt die Bretzel brachet,
Nur dann einander nie zu laſſen,
Wenn die gebrochnen Stuͤcke paſſen!“
Urgockel hatte aber dieſe Worte kaum ausgeſprochen, als
auch Gackeleia gleich aus ihrem Koͤrbchen und Kronovus
aus ſeiner Jagdtaſche, die Haͤlfte der Bretzel und des Bu¬
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