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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Eierweck von gestern, man nennt sie dort Bubenschenkel.
Das Kind war sehr lustig, und schrie: "kikeriki, ich bin
schon lang fertig."

Nun blies Gockel die Hühnerministerial-Lampe aus,
und sie giengen zu der Thüre hinaus. Gockel gab dem Nacht¬
wächter den Hausschlüssel, und dann verließen sie still durch
die hintere Gartenthüre, die durch die Stadtmauer führte,
das undankbare Gelnhausen.

Kaum waren sie auf einer nahen kleinen Anhöhe, welche
die Stadt überschaut, als Alektryo sich hoch aufrichtete und
mit einem trotzigen kühnen Krähen allen Hahnen von Geln¬
hausen Hohn sprach, die erwachend von Haus zu Haus, von
Thurm zu Thurm sich wieder zukrähten, so daß die Gockelsche
Familie wo nicht unter dem Geläute aller Glocken, doch un¬
ter dem Krähen aller Hahnen die Stadt verließ.

Als Alektryo gekräht hatte, schauten sie alle noch einmal
schweigend nach Gelnhausen zurück. Es lag eine weiße Ne¬
belwolke über der herrlichen Stadt, die Sonne schoß mit ihren
ersten Strahlen nach den blinkenden Wetterhahnen auf den
Thurmspitzen, welche aus dem Nebel hervorblitzten; hie und da
drang ein dunkler dichter Bäckerrauch wie eine dicke braune
Schlange durch den Nebel hervor. Frau Hinkel war betrübt.
Gackeleia fieng laut an zu weinen; ihr Eierweck war ihr ge¬
fallen und sie konnte ihn von dem Hühnerkorb, in dem sie
steckte, gehindert nicht aufheben. -- Gockel hob sie aus dem
Korbe heraus und hängte sich denselben noch hinten auf die
Trage, denn Gackeleia wäre mit diesem Reifrocke an allen
Büschen des wilden Waldes hängen geblieben, durch welchen
jetzt ihr Weg führte.

Frau Hinkel durch das Krähen aller Hahnen in Geln¬
hausen und durch den aufsteigenden Rauch von neuem sehr
betrübt, folgte ihrem Manne mit manchem Seufzer durch
den Wald. Sie gedachte an die Herrlichkeit von Gelnhau¬
sen, wo immer das eine Haus ein Bäckerladen, das andre

Eierweck von geſtern, man nennt ſie dort Bubenſchenkel.
Das Kind war ſehr luſtig, und ſchrie: „kikeriki, ich bin
ſchon lang fertig.“

Nun blies Gockel die Huͤhnerminiſterial-Lampe aus,
und ſie giengen zu der Thuͤre hinaus. Gockel gab dem Nacht¬
waͤchter den Hausſchluͤſſel, und dann verließen ſie ſtill durch
die hintere Gartenthuͤre, die durch die Stadtmauer fuͤhrte,
das undankbare Gelnhauſen.

Kaum waren ſie auf einer nahen kleinen Anhoͤhe, welche
die Stadt uͤberſchaut, als Alektryo ſich hoch aufrichtete und
mit einem trotzigen kuͤhnen Kraͤhen allen Hahnen von Geln¬
hauſen Hohn ſprach, die erwachend von Haus zu Haus, von
Thurm zu Thurm ſich wieder zukraͤhten, ſo daß die Gockelſche
Familie wo nicht unter dem Gelaͤute aller Glocken, doch un¬
ter dem Kraͤhen aller Hahnen die Stadt verließ.

Als Alektryo gekraͤht hatte, ſchauten ſie alle noch einmal
ſchweigend nach Gelnhauſen zuruͤck. Es lag eine weiße Ne¬
belwolke uͤber der herrlichen Stadt, die Sonne ſchoß mit ihren
erſten Strahlen nach den blinkenden Wetterhahnen auf den
Thurmſpitzen, welche aus dem Nebel hervorblitzten; hie und da
drang ein dunkler dichter Baͤckerrauch wie eine dicke braune
Schlange durch den Nebel hervor. Frau Hinkel war betruͤbt.
Gackeleia fieng laut an zu weinen; ihr Eierweck war ihr ge¬
fallen und ſie konnte ihn von dem Huͤhnerkorb, in dem ſie
ſteckte, gehindert nicht aufheben. — Gockel hob ſie aus dem
Korbe heraus und haͤngte ſich denſelben noch hinten auf die
Trage, denn Gackeleia waͤre mit dieſem Reifrocke an allen
Buͤſchen des wilden Waldes haͤngen geblieben, durch welchen
jetzt ihr Weg fuͤhrte.

Frau Hinkel durch das Kraͤhen aller Hahnen in Geln¬
hauſen und durch den aufſteigenden Rauch von neuem ſehr
betruͤbt, folgte ihrem Manne mit manchem Seufzer durch
den Wald. Sie gedachte an die Herrlichkeit von Gelnhau¬
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[10/0032] Eierweck von geſtern, man nennt ſie dort Bubenſchenkel. Das Kind war ſehr luſtig, und ſchrie: „kikeriki, ich bin ſchon lang fertig.“ Nun blies Gockel die Huͤhnerminiſterial-Lampe aus, und ſie giengen zu der Thuͤre hinaus. Gockel gab dem Nacht¬ waͤchter den Hausſchluͤſſel, und dann verließen ſie ſtill durch die hintere Gartenthuͤre, die durch die Stadtmauer fuͤhrte, das undankbare Gelnhauſen. Kaum waren ſie auf einer nahen kleinen Anhoͤhe, welche die Stadt uͤberſchaut, als Alektryo ſich hoch aufrichtete und mit einem trotzigen kuͤhnen Kraͤhen allen Hahnen von Geln¬ hauſen Hohn ſprach, die erwachend von Haus zu Haus, von Thurm zu Thurm ſich wieder zukraͤhten, ſo daß die Gockelſche Familie wo nicht unter dem Gelaͤute aller Glocken, doch un¬ ter dem Kraͤhen aller Hahnen die Stadt verließ. Als Alektryo gekraͤht hatte, ſchauten ſie alle noch einmal ſchweigend nach Gelnhauſen zuruͤck. Es lag eine weiße Ne¬ belwolke uͤber der herrlichen Stadt, die Sonne ſchoß mit ihren erſten Strahlen nach den blinkenden Wetterhahnen auf den Thurmſpitzen, welche aus dem Nebel hervorblitzten; hie und da drang ein dunkler dichter Baͤckerrauch wie eine dicke braune Schlange durch den Nebel hervor. Frau Hinkel war betruͤbt. Gackeleia fieng laut an zu weinen; ihr Eierweck war ihr ge¬ fallen und ſie konnte ihn von dem Huͤhnerkorb, in dem ſie ſteckte, gehindert nicht aufheben. — Gockel hob ſie aus dem Korbe heraus und haͤngte ſich denſelben noch hinten auf die Trage, denn Gackeleia waͤre mit dieſem Reifrocke an allen Buͤſchen des wilden Waldes haͤngen geblieben, durch welchen jetzt ihr Weg fuͤhrte. Frau Hinkel durch das Kraͤhen aller Hahnen in Geln¬ hauſen und durch den aufſteigenden Rauch von neuem ſehr betruͤbt, folgte ihrem Manne mit manchem Seufzer durch den Wald. Sie gedachte an die Herrlichkeit von Gelnhau¬ ſen, wo immer das eine Haus ein Baͤckerladen, das andre

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/32>, abgerufen am 23.11.2024.