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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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ihn tüchtig und schien ihn küssen zu wollen in plötzlicher
Freude, aber sie besann sich, erröthete über und über und
trat wieder zu den anderen Frauen. Es war die Mutter
des Johannisengels, den sie schier allzu lieb hat. Sie ge¬
hörte wohl hier zum Feste, denn in ihr glühet ein wahres
Johannisengelfeuer offen unter freiem Himmel hin und her¬
wehend, und alle Engel springen durch ihr Herz, daß die
lichte Lohe herausschlägt, und auch der liebe Immel scheint
nur ein Engel, der durch ihr Herz gesprungen, nur ein
Flämmchen, das aus diesem Feuer hervorgezuckt. -- Wie
könnte ich sie nicht lieben, ich muß ja, denn wer sie anschaut,
der muß singen:

"Feuerrothes Röselein,
Aus dem Blute springt der Schein,
Aus der Erde dringt der Wein,
Roth schwingst du dein Fähnelein."

Während der Andacht sangen die drei Lilienfräulein gar
schöne Lieder und nachher segnete Jakob von Guise mich un¬
ter Gebet, wobei er sprach: "in Rebecka erscheint die Ge¬
walt holdseliger Freundlichkeit über die Herzen anderer, ihre
Schultern, die den Krug zum Brunnen trugen, den Boten
Abrahams und seine Kameele zu tränken, sind die Werke
ihrer Menschenliebe, durch welche sie die Brautgeschmeide
Jakobs verdiente, dessen Weib sie ward. Aus den Fluthen
schöpft die Liebe Gluthen." -- Dann segnete er die Spange
auf meiner rechten Schulter mit den Worten Isacks zu Ja¬
kob: "Gott gebe dir vom Thaue des Himmels und dem Fette
der Erde die Fülle an Korn und Wein und Oel" und hierauf
die linke Spange mit den Worten zu Esau: "dein Segen
wird seyn vom Fette der Erde und vom Thaue des Himmels
von oben her." -- Auch sprach er Worte von den Schulter¬
spangen Aarons und sodann: "gieb deine Füße in die
Fesseln der Weisheit und nimm ihr Halsband an deinen Hals,
neige deine Schultern und trage sie und habe keinen Verdruß

ihn tuͤchtig und ſchien ihn kuͤſſen zu wollen in ploͤtzlicher
Freude, aber ſie beſann ſich, erroͤthete uͤber und uͤber und
trat wieder zu den anderen Frauen. Es war die Mutter
des Johannisengels, den ſie ſchier allzu lieb hat. Sie ge¬
hoͤrte wohl hier zum Feſte, denn in ihr gluͤhet ein wahres
Johannisengelfeuer offen unter freiem Himmel hin und her¬
wehend, und alle Engel ſpringen durch ihr Herz, daß die
lichte Lohe herausſchlaͤgt, und auch der liebe Immel ſcheint
nur ein Engel, der durch ihr Herz geſprungen, nur ein
Flaͤmmchen, das aus dieſem Feuer hervorgezuckt. — Wie
koͤnnte ich ſie nicht lieben, ich muß ja, denn wer ſie anſchaut,
der muß ſingen:

»Feuerrothes Roͤſelein,
Aus dem Blute ſpringt der Schein,
Aus der Erde dringt der Wein,
Roth ſchwingſt du dein Faͤhnelein.«

Waͤhrend der Andacht ſangen die drei Lilienfraͤulein gar
ſchoͤne Lieder und nachher ſegnete Jakob von Guiſe mich un¬
ter Gebet, wobei er ſprach: „in Rebecka erſcheint die Ge¬
walt holdſeliger Freundlichkeit uͤber die Herzen anderer, ihre
Schultern, die den Krug zum Brunnen trugen, den Boten
Abrahams und ſeine Kameele zu traͤnken, ſind die Werke
ihrer Menſchenliebe, durch welche ſie die Brautgeſchmeide
Jakobs verdiente, deſſen Weib ſie ward. Aus den Fluthen
ſchoͤpft die Liebe Gluthen.“ — Dann ſegnete er die Spange
auf meiner rechten Schulter mit den Worten Iſacks zu Ja¬
kob: „Gott gebe dir vom Thaue des Himmels und dem Fette
der Erde die Fuͤlle an Korn und Wein und Oel“ und hierauf
die linke Spange mit den Worten zu Eſau: „dein Segen
wird ſeyn vom Fette der Erde und vom Thaue des Himmels
von oben her.“ — Auch ſprach er Worte von den Schulter¬
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[292/0346] ihn tuͤchtig und ſchien ihn kuͤſſen zu wollen in ploͤtzlicher Freude, aber ſie beſann ſich, erroͤthete uͤber und uͤber und trat wieder zu den anderen Frauen. Es war die Mutter des Johannisengels, den ſie ſchier allzu lieb hat. Sie ge¬ hoͤrte wohl hier zum Feſte, denn in ihr gluͤhet ein wahres Johannisengelfeuer offen unter freiem Himmel hin und her¬ wehend, und alle Engel ſpringen durch ihr Herz, daß die lichte Lohe herausſchlaͤgt, und auch der liebe Immel ſcheint nur ein Engel, der durch ihr Herz geſprungen, nur ein Flaͤmmchen, das aus dieſem Feuer hervorgezuckt. — Wie koͤnnte ich ſie nicht lieben, ich muß ja, denn wer ſie anſchaut, der muß ſingen: »Feuerrothes Roͤſelein, Aus dem Blute ſpringt der Schein, Aus der Erde dringt der Wein, Roth ſchwingſt du dein Faͤhnelein.« Waͤhrend der Andacht ſangen die drei Lilienfraͤulein gar ſchoͤne Lieder und nachher ſegnete Jakob von Guiſe mich un¬ ter Gebet, wobei er ſprach: „in Rebecka erſcheint die Ge¬ walt holdſeliger Freundlichkeit uͤber die Herzen anderer, ihre Schultern, die den Krug zum Brunnen trugen, den Boten Abrahams und ſeine Kameele zu traͤnken, ſind die Werke ihrer Menſchenliebe, durch welche ſie die Brautgeſchmeide Jakobs verdiente, deſſen Weib ſie ward. Aus den Fluthen ſchoͤpft die Liebe Gluthen.“ — Dann ſegnete er die Spange auf meiner rechten Schulter mit den Worten Iſacks zu Ja¬ kob: „Gott gebe dir vom Thaue des Himmels und dem Fette der Erde die Fuͤlle an Korn und Wein und Oel“ und hierauf die linke Spange mit den Worten zu Eſau: „dein Segen wird ſeyn vom Fette der Erde und vom Thaue des Himmels von oben her.“ — Auch ſprach er Worte von den Schulter¬ ſpangen Aarons und ſodann: „gieb deine Fuͤße in die Feſſeln der Weisheit und nimm ihr Halsband an deinen Hals, neige deine Schultern und trage ſie und habe keinen Verdruß

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/346>, abgerufen am 22.11.2024.