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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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und da Verena mir den ganzen Brautschmuck meiner seligen
Mutter anlegte und das Bruststück mit den vielen feinen,
schönen Seidenröschen und das Amaranthen-Brautkränzchen,
Alles, was ich sonst so geliebt, strömten meine Thränen nie¬
der. Oft fragte sie um die Ursache meiner Thränen, mei¬
ner Stummheit, aber ich antwortete nicht. Als ich ganz
geschmückt war, traten die Brautführerinnen, die Kloster¬
frauen mit den Lilien, die Gespielen mit den Pflichthühnern
herein, und nun begann der Zug; voran ging Verena mit
dem langen Korbe, dann folgten meine acht Gespielen mit
den Ordenszeichen der freudig frommen Kinder, sie trugen
die Pfiichthühner in schön geflochtenen Nestkörben unter dem
einen Arme und faßten mit der andern Hand an die ama¬
ranthseidne Decke von Hennegau, die sie zwischen sich aus¬
gebreitet trugen, dann folgte ich armes Kind von Hennegau
im Brautkleid meiner Mutter, die Kleinode von Vadutz und
das Hühnlein Gallina auf der Schulter, an jeder Seite
eine der Lilienfräulein mit ihren Lilien und hinter mir Kla¬
reta, die mir die Schleppe trug; so zog ich zur Kapelle und
war nicht lustig, der Inhalt des Brautgesangs machte mich
noch trauriger, meine Thränen strömten immer reichlicher,
sie sangen aber abwechselnd;

Die Gespielen.

Komm heraus, komm heraus, o du schöne, schöne Braut,
Deine guten Tage sind nun alle, alle aus,
Dein Schleierlein weht so feucht und thränenschwer,
O wie weinet die schöne Braut so sehr!
Mußt die Mägdlein lassen stehn,
Mußt nun zu den Frauen gehn.

Die Lilienfräulein.

Ihr klugen Jungfraun zieht hinaus,
Die Lampen sind geschmücket,
Ans Herz den reinen Blumenstrauß
Der Bräutigam nun drücket,
22 *

und da Verena mir den ganzen Brautſchmuck meiner ſeligen
Mutter anlegte und das Bruſtſtuͤck mit den vielen feinen,
ſchoͤnen Seidenroͤschen und das Amaranthen-Brautkraͤnzchen,
Alles, was ich ſonſt ſo geliebt, ſtroͤmten meine Thraͤnen nie¬
der. Oft fragte ſie um die Urſache meiner Thraͤnen, mei¬
ner Stummheit, aber ich antwortete nicht. Als ich ganz
geſchmuͤckt war, traten die Brautfuͤhrerinnen, die Kloſter¬
frauen mit den Lilien, die Geſpielen mit den Pflichthuͤhnern
herein, und nun begann der Zug; voran ging Verena mit
dem langen Korbe, dann folgten meine acht Geſpielen mit
den Ordenszeichen der freudig frommen Kinder, ſie trugen
die Pfiichthuͤhner in ſchoͤn geflochtenen Neſtkoͤrben unter dem
einen Arme und faßten mit der andern Hand an die ama¬
ranthſeidne Decke von Hennegau, die ſie zwiſchen ſich aus¬
gebreitet trugen, dann folgte ich armes Kind von Hennegau
im Brautkleid meiner Mutter, die Kleinode von Vadutz und
das Huͤhnlein Gallina auf der Schulter, an jeder Seite
eine der Lilienfraͤulein mit ihren Lilien und hinter mir Kla¬
reta, die mir die Schleppe trug; ſo zog ich zur Kapelle und
war nicht luſtig, der Inhalt des Brautgeſangs machte mich
noch trauriger, meine Thraͤnen ſtroͤmten immer reichlicher,
ſie ſangen aber abwechſelnd;

Die Geſpielen.

Komm heraus, komm heraus, o du ſchoͤne, ſchoͤne Braut,
Deine guten Tage ſind nun alle, alle aus,
Dein Schleierlein weht ſo feucht und thraͤnenſchwer,
O wie weinet die ſchoͤne Braut ſo ſehr!
Mußt die Maͤgdlein laſſen ſtehn,
Mußt nun zu den Frauen gehn.

Die Lilienfraͤulein.

Ihr klugen Jungfraun zieht hinaus,
Die Lampen ſind geſchmuͤcket,
Ans Herz den reinen Blumenſtrauß
Der Braͤutigam nun druͤcket,
22 *
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[339/0395] und da Verena mir den ganzen Brautſchmuck meiner ſeligen Mutter anlegte und das Bruſtſtuͤck mit den vielen feinen, ſchoͤnen Seidenroͤschen und das Amaranthen-Brautkraͤnzchen, Alles, was ich ſonſt ſo geliebt, ſtroͤmten meine Thraͤnen nie¬ der. Oft fragte ſie um die Urſache meiner Thraͤnen, mei¬ ner Stummheit, aber ich antwortete nicht. Als ich ganz geſchmuͤckt war, traten die Brautfuͤhrerinnen, die Kloſter¬ frauen mit den Lilien, die Geſpielen mit den Pflichthuͤhnern herein, und nun begann der Zug; voran ging Verena mit dem langen Korbe, dann folgten meine acht Geſpielen mit den Ordenszeichen der freudig frommen Kinder, ſie trugen die Pfiichthuͤhner in ſchoͤn geflochtenen Neſtkoͤrben unter dem einen Arme und faßten mit der andern Hand an die ama¬ ranthſeidne Decke von Hennegau, die ſie zwiſchen ſich aus¬ gebreitet trugen, dann folgte ich armes Kind von Hennegau im Brautkleid meiner Mutter, die Kleinode von Vadutz und das Huͤhnlein Gallina auf der Schulter, an jeder Seite eine der Lilienfraͤulein mit ihren Lilien und hinter mir Kla¬ reta, die mir die Schleppe trug; ſo zog ich zur Kapelle und war nicht luſtig, der Inhalt des Brautgeſangs machte mich noch trauriger, meine Thraͤnen ſtroͤmten immer reichlicher, ſie ſangen aber abwechſelnd; Die Geſpielen. Komm heraus, komm heraus, o du ſchoͤne, ſchoͤne Braut, Deine guten Tage ſind nun alle, alle aus, Dein Schleierlein weht ſo feucht und thraͤnenſchwer, O wie weinet die ſchoͤne Braut ſo ſehr! Mußt die Maͤgdlein laſſen ſtehn, Mußt nun zu den Frauen gehn. Die Lilienfraͤulein. Ihr klugen Jungfraun zieht hinaus, Die Lampen ſind geſchmuͤcket, Ans Herz den reinen Blumenſtrauß Der Braͤutigam nun druͤcket, 22 *

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/395>, abgerufen am 21.11.2024.