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Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838.

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Erde fiel. Darum hatte sie noch einen viel größern Unwil¬
len gegen den ehrlichen Stammhahn Alektryo, und jagte ihn
überall hinweg, wo sie zu thun hatte. Auch hätte sie ihm
gerne längst den Hals abgeschnitten, weil er sie alle Morgen
um 3 Uhr von ihrem Lager aufweckte. Aber er war ihr zu
der Hühnerzucht, auf welche Gockel alle seine Hoffnung ge¬
stellt hatte, gar zu nöthig.

Wenn nun Gockel Abends heimkehrte, kam ihm gewöhn¬
lich Alektryo entgegengeflogen, schlug mit den Flügeln und
krähte ihm allerlei vor, als wolle er Hinkel und Gackeleia
wegen ihrer Nachläßigkeit verklagen, und diese verklagten
den Hahn wieder und es gieng ein strenges Nachforschen
Gockels über Alles an, wo dann Hinkel und Gackeleia man¬
cherlei Verdruß bekamen, so daß sie dem Alektryo täglich
feindseliger wurden. Das Alles währte so fort, bis die
Henne Gallina dreißig Eier gelegt hatte, auf denen sie brü¬
tend saß. Auf diese Brut setzte Gockel alle seine Hoffnung
für die Zukunft, und zürnte darum so gewaltig auf Frau
Hinkel, als sie die Vorsprecherin der Raubvögel werden
wollte, die gern im Schloße aufgenommen gewesen wären,
worüber ihr Gockel einen so derben Verweis gab, wie ich
gleich anfangs erzählte.

Die Freude des guten Gockels über seine brütende Henne
war ungemein groß, und da er täglich erwartete, daß die
kleinen Hühnchen auskriechen sollten, eilte er nach einer nahe
gelegenen Stadt, Hirse zu ihrem Futter zu kaufen, und em¬
pfahl sowohl der Frau Hinkel als der kleinen Gackeleia sehr
auf die brütende Gallina Acht zu haben, daß ihr ja niemals
etwas mangle. Er gieng schon um Mitternacht weg, weil
er einen weiten Weg vor sich hatte. Frau Hinkel dachte nun
einmal recht auszuschlafen, und nahte sich dem Hahn Alek¬
tryo, der noch auf seiner Stange schlafend saß, ergriff ihn
und steckte ihn in einen dunkeln Sack, damit er den anbre¬
chenden Morgen nicht erblicken und sie mit seinem Krähen

Erde fiel. Darum hatte ſie noch einen viel groͤßern Unwil¬
len gegen den ehrlichen Stammhahn Alektryo, und jagte ihn
uͤberall hinweg, wo ſie zu thun hatte. Auch haͤtte ſie ihm
gerne laͤngſt den Hals abgeſchnitten, weil er ſie alle Morgen
um 3 Uhr von ihrem Lager aufweckte. Aber er war ihr zu
der Huͤhnerzucht, auf welche Gockel alle ſeine Hoffnung ge¬
ſtellt hatte, gar zu noͤthig.

Wenn nun Gockel Abends heimkehrte, kam ihm gewoͤhn¬
lich Alektryo entgegengeflogen, ſchlug mit den Fluͤgeln und
kraͤhte ihm allerlei vor, als wolle er Hinkel und Gackeleia
wegen ihrer Nachlaͤßigkeit verklagen, und dieſe verklagten
den Hahn wieder und es gieng ein ſtrenges Nachforſchen
Gockels uͤber Alles an, wo dann Hinkel und Gackeleia man¬
cherlei Verdruß bekamen, ſo daß ſie dem Alektryo taͤglich
feindſeliger wurden. Das Alles waͤhrte ſo fort, bis die
Henne Gallina dreißig Eier gelegt hatte, auf denen ſie bruͤ¬
tend ſaß. Auf dieſe Brut ſetzte Gockel alle ſeine Hoffnung
fuͤr die Zukunft, und zuͤrnte darum ſo gewaltig auf Frau
Hinkel, als ſie die Vorſprecherin der Raubvoͤgel werden
wollte, die gern im Schloße aufgenommen geweſen waͤren,
woruͤber ihr Gockel einen ſo derben Verweis gab, wie ich
gleich anfangs erzaͤhlte.

Die Freude des guten Gockels uͤber ſeine bruͤtende Henne
war ungemein groß, und da er taͤglich erwartete, daß die
kleinen Huͤhnchen auskriechen ſollten, eilte er nach einer nahe
gelegenen Stadt, Hirſe zu ihrem Futter zu kaufen, und em¬
pfahl ſowohl der Frau Hinkel als der kleinen Gackeleia ſehr
auf die bruͤtende Gallina Acht zu haben, daß ihr ja niemals
etwas mangle. Er gieng ſchon um Mitternacht weg, weil
er einen weiten Weg vor ſich hatte. Frau Hinkel dachte nun
einmal recht auszuſchlafen, und nahte ſich dem Hahn Alek¬
tryo, der noch auf ſeiner Stange ſchlafend ſaß, ergriff ihn
und ſteckte ihn in einen dunkeln Sack, damit er den anbre¬
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[34/0060] Erde fiel. Darum hatte ſie noch einen viel groͤßern Unwil¬ len gegen den ehrlichen Stammhahn Alektryo, und jagte ihn uͤberall hinweg, wo ſie zu thun hatte. Auch haͤtte ſie ihm gerne laͤngſt den Hals abgeſchnitten, weil er ſie alle Morgen um 3 Uhr von ihrem Lager aufweckte. Aber er war ihr zu der Huͤhnerzucht, auf welche Gockel alle ſeine Hoffnung ge¬ ſtellt hatte, gar zu noͤthig. Wenn nun Gockel Abends heimkehrte, kam ihm gewoͤhn¬ lich Alektryo entgegengeflogen, ſchlug mit den Fluͤgeln und kraͤhte ihm allerlei vor, als wolle er Hinkel und Gackeleia wegen ihrer Nachlaͤßigkeit verklagen, und dieſe verklagten den Hahn wieder und es gieng ein ſtrenges Nachforſchen Gockels uͤber Alles an, wo dann Hinkel und Gackeleia man¬ cherlei Verdruß bekamen, ſo daß ſie dem Alektryo taͤglich feindſeliger wurden. Das Alles waͤhrte ſo fort, bis die Henne Gallina dreißig Eier gelegt hatte, auf denen ſie bruͤ¬ tend ſaß. Auf dieſe Brut ſetzte Gockel alle ſeine Hoffnung fuͤr die Zukunft, und zuͤrnte darum ſo gewaltig auf Frau Hinkel, als ſie die Vorſprecherin der Raubvoͤgel werden wollte, die gern im Schloße aufgenommen geweſen waͤren, woruͤber ihr Gockel einen ſo derben Verweis gab, wie ich gleich anfangs erzaͤhlte. Die Freude des guten Gockels uͤber ſeine bruͤtende Henne war ungemein groß, und da er taͤglich erwartete, daß die kleinen Huͤhnchen auskriechen ſollten, eilte er nach einer nahe gelegenen Stadt, Hirſe zu ihrem Futter zu kaufen, und em¬ pfahl ſowohl der Frau Hinkel als der kleinen Gackeleia ſehr auf die bruͤtende Gallina Acht zu haben, daß ihr ja niemals etwas mangle. Er gieng ſchon um Mitternacht weg, weil er einen weiten Weg vor ſich hatte. Frau Hinkel dachte nun einmal recht auszuſchlafen, und nahte ſich dem Hahn Alek¬ tryo, der noch auf ſeiner Stange ſchlafend ſaß, ergriff ihn und ſteckte ihn in einen dunkeln Sack, damit er den anbre¬ chenden Morgen nicht erblicken und ſie mit ſeinem Kraͤhen

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Zitationshilfe: Brentano, Clemens: Gockel, Hinkel und Gackeleia. Frankfurt, 1838, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brentano_gockel_1838/60>, abgerufen am 04.12.2024.