Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.sehr wußte, was sie wollte, daß sie, als sey sie ganz Was fehlt dieser alten Frau? fragte ich einen der ſehr wußte, was ſie wollte, daß ſie, als ſey ſie ganz Was fehlt dieſer alten Frau? fragte ich einen der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="6"/> ſehr wußte, was ſie wollte, daß ſie, als ſey ſie ganz<lb/> allein in ihrem Kämmerlein, mitten unter den Leuten<lb/> es ſich unter freiem Himmel zur Nachtruhe bequem<lb/> machte. Sie nahm ihre Schürze als ein Mäntelchen<lb/> um, zog ihren großen ſchwarzen wachsleinenen Hut tiefer<lb/> in die Augen, legte ſich ihr Bündel unter den Kopf zu¬<lb/> recht und gab auf keine Frage Antwort.</p><lb/> <p>Was fehlt dieſer alten Frau? fragte ich einen der<lb/> Anweſenden; da kamen Antworten von allen Seiten:<lb/> Sie kömmt ſechs Meilen Weges vom Lande, ſie kann<lb/> nicht weiter, ſie weiß nicht Beſcheid in der Stadt, ſie<lb/> hat Befreundete am andern Ende der Stadt und kann<lb/> nicht hin finden. Ich wollte ſie führen, ſagte Einer,<lb/> aber es iſt ein weiter Weg und ich habe meinen Haus¬<lb/> ſchlüſſel nicht bei mir. Auch würde ſie das Haus nicht<lb/> kennen, wo ſie hin will. Aber hier kann die Frau nicht<lb/> liegen bleiben, ſagte ein Neuhinzugetretener. Sie will<lb/> aber platterdings, antwortete der Erſte, ich habe es ihr<lb/> längſt geſagt: ich wolle ſie nach Haus bringen, doch ſie<lb/> redet ganz verwirrt, ja ſie muß wohl betrunken ſeyn.<lb/> — Ich glaube, ſie iſt blödſinnig. Aber hier kann ſie<lb/> doch in keinem Fall bleiben, wiederholte Jener, die Nacht<lb/> iſt kühl und lang.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [6/0016]
ſehr wußte, was ſie wollte, daß ſie, als ſey ſie ganz
allein in ihrem Kämmerlein, mitten unter den Leuten
es ſich unter freiem Himmel zur Nachtruhe bequem
machte. Sie nahm ihre Schürze als ein Mäntelchen
um, zog ihren großen ſchwarzen wachsleinenen Hut tiefer
in die Augen, legte ſich ihr Bündel unter den Kopf zu¬
recht und gab auf keine Frage Antwort.
Was fehlt dieſer alten Frau? fragte ich einen der
Anweſenden; da kamen Antworten von allen Seiten:
Sie kömmt ſechs Meilen Weges vom Lande, ſie kann
nicht weiter, ſie weiß nicht Beſcheid in der Stadt, ſie
hat Befreundete am andern Ende der Stadt und kann
nicht hin finden. Ich wollte ſie führen, ſagte Einer,
aber es iſt ein weiter Weg und ich habe meinen Haus¬
ſchlüſſel nicht bei mir. Auch würde ſie das Haus nicht
kennen, wo ſie hin will. Aber hier kann die Frau nicht
liegen bleiben, ſagte ein Neuhinzugetretener. Sie will
aber platterdings, antwortete der Erſte, ich habe es ihr
längſt geſagt: ich wolle ſie nach Haus bringen, doch ſie
redet ganz verwirrt, ja ſie muß wohl betrunken ſeyn.
— Ich glaube, ſie iſt blödſinnig. Aber hier kann ſie
doch in keinem Fall bleiben, wiederholte Jener, die Nacht
iſt kühl und lang.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |