Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.können, bis der Morgen erscheint, und werde ich dann Die Alte sagte hierauf ganz ruhig: Hab tausend Ich glaubte, sie spreche mit mir und sagte: Mutter, Da fuhr die Alte überrascht auf und sprach: Lieber können, bis der Morgen erſcheint, und werde ich dann Die Alte ſagte hierauf ganz ruhig: Hab tauſend Ich glaubte, ſie ſpreche mit mir und ſagte: Mutter, Da fuhr die Alte überraſcht auf und ſprach: Lieber <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0019" n="9"/> können, bis der Morgen erſcheint, und werde ich dann<lb/> den Freund finden, wie ſie? Ach, ich werde die Stadt<lb/> gar nicht erreichen, ich werde, wegemüde, ſchon in dem<lb/> Sande vor dem Thore umſinken und vielleicht gar in<lb/> die Hände der Räuber fallen. So ſprach ich zu mir<lb/> ſelbſt und als ich durch den Lindengang mich der Alten<lb/> wieder näherte, hörte ich ſie halb laut mit geſenktem<lb/> Kopfe vor ſich hin beten. Ich war wunderbar gerührt,<lb/> und trat zu ihr hin und ſprach: Mit Gott, fromme<lb/> Mutter, bete Sie auch ein wenig für mich! — bei welchen<lb/> Worten ich ihr einen Thaler in die Schürze warf.</p><lb/> <p>Die Alte ſagte hierauf ganz ruhig: Hab tauſend<lb/> Dank, mein lieber Herr, daß Du mein Gebet erhört.</p><lb/> <p>Ich glaubte, ſie ſpreche mit mir und ſagte: Mutter,<lb/> habt Ihr mich denn um Etwas gebeten, ich wüßte nicht.</p><lb/> <p>Da fuhr die Alte überraſcht auf und ſprach: Lieber<lb/> Herr, gehe Er doch nach Haus und bete Er fein und<lb/> lege Er ſich ſchlafen. Was zieht Er ſo ſpät noch auf<lb/> der Gaſſe herum, das iſt jungen Geſellen gar nichts<lb/> nütze, denn der Feind geht um, und ſuchet, wo er ſich<lb/> Einen erfange. Es iſt Mancher durch ſolch Nachtlaufen<lb/> verdorben; wen ſucht Er, den Herrn? der iſt in des<lb/> Menſchen Herz, ſo er züchtiglich lebt, und nicht auf der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0019]
können, bis der Morgen erſcheint, und werde ich dann
den Freund finden, wie ſie? Ach, ich werde die Stadt
gar nicht erreichen, ich werde, wegemüde, ſchon in dem
Sande vor dem Thore umſinken und vielleicht gar in
die Hände der Räuber fallen. So ſprach ich zu mir
ſelbſt und als ich durch den Lindengang mich der Alten
wieder näherte, hörte ich ſie halb laut mit geſenktem
Kopfe vor ſich hin beten. Ich war wunderbar gerührt,
und trat zu ihr hin und ſprach: Mit Gott, fromme
Mutter, bete Sie auch ein wenig für mich! — bei welchen
Worten ich ihr einen Thaler in die Schürze warf.
Die Alte ſagte hierauf ganz ruhig: Hab tauſend
Dank, mein lieber Herr, daß Du mein Gebet erhört.
Ich glaubte, ſie ſpreche mit mir und ſagte: Mutter,
habt Ihr mich denn um Etwas gebeten, ich wüßte nicht.
Da fuhr die Alte überraſcht auf und ſprach: Lieber
Herr, gehe Er doch nach Haus und bete Er fein und
lege Er ſich ſchlafen. Was zieht Er ſo ſpät noch auf
der Gaſſe herum, das iſt jungen Geſellen gar nichts
nütze, denn der Feind geht um, und ſuchet, wo er ſich
Einen erfange. Es iſt Mancher durch ſolch Nachtlaufen
verdorben; wen ſucht Er, den Herrn? der iſt in des
Menſchen Herz, ſo er züchtiglich lebt, und nicht auf der
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