Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.in den Stall und banden den alten Finkel und seinen in den Stall und banden den alten Finkel und ſeinen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0046" n="36"/> in den Stall und banden den alten Finkel und ſeinen<lb/> Sohn und ſchleppten ſie in ihre Stube. Kasper aber<lb/> grub das Felleiſen hervor und nahm die zwei Kränze<lb/> heraus, und ging nicht in die Stube, er ging nach dem<lb/> Kirchhofe an das Grab ſeiner Mutter. Der Tag war<lb/> angebrochen: ich war auf der Wieſe geweſen, und hatte<lb/> für mich und für Kasper zwei Kränze von Blümelein<lb/> Vergiß nicht mein geflochten, ich dachte: er ſoll mit mir<lb/> das Grab ſeiner Mutter ſchmücken, wenn er von ſei¬<lb/> nem Ritt zurück kommt. Da hörte ich allerlei unge¬<lb/> wohnten Lärm im Dorf, und weil ich das Getümmel<lb/> nicht mag, und am liebſten allein bin, ſo ging ich um's<lb/> Dorf herum nach dem Kirchhof. Da fiel ein Schuß,<lb/> ich ſah den Dampf in die Höhe ſteigen, ich eilte auf<lb/> den Kirchhof, o Du lieber Heiland! erbarme Dich ſein.<lb/> Kasper lag todt auf dem Grabe ſeiner Mutter, er hatte<lb/> ſich die Kugel durch das Herz geſchoſſen, auf welches er<lb/> ſich das Kränzlein, das er für ſchön Annerl mitgebracht,<lb/> am Knopfe befeſtigt hatte, durch dieſen Kranz hatte er<lb/> ſich ins Herz geſchoſſen. Den Kranz für die Mutter<lb/> hatte er ſchon an das Kreuz befeſtigt. Ich meinte, die<lb/> Erde thäte ſich unter mir auf bei dem Anblick, ich ſtürzte<lb/> über ihn hin und ſchrie immer: Kasper, o Du unglück¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0046]
in den Stall und banden den alten Finkel und ſeinen
Sohn und ſchleppten ſie in ihre Stube. Kasper aber
grub das Felleiſen hervor und nahm die zwei Kränze
heraus, und ging nicht in die Stube, er ging nach dem
Kirchhofe an das Grab ſeiner Mutter. Der Tag war
angebrochen: ich war auf der Wieſe geweſen, und hatte
für mich und für Kasper zwei Kränze von Blümelein
Vergiß nicht mein geflochten, ich dachte: er ſoll mit mir
das Grab ſeiner Mutter ſchmücken, wenn er von ſei¬
nem Ritt zurück kommt. Da hörte ich allerlei unge¬
wohnten Lärm im Dorf, und weil ich das Getümmel
nicht mag, und am liebſten allein bin, ſo ging ich um's
Dorf herum nach dem Kirchhof. Da fiel ein Schuß,
ich ſah den Dampf in die Höhe ſteigen, ich eilte auf
den Kirchhof, o Du lieber Heiland! erbarme Dich ſein.
Kasper lag todt auf dem Grabe ſeiner Mutter, er hatte
ſich die Kugel durch das Herz geſchoſſen, auf welches er
ſich das Kränzlein, das er für ſchön Annerl mitgebracht,
am Knopfe befeſtigt hatte, durch dieſen Kranz hatte er
ſich ins Herz geſchoſſen. Den Kranz für die Mutter
hatte er ſchon an das Kreuz befeſtigt. Ich meinte, die
Erde thäte ſich unter mir auf bei dem Anblick, ich ſtürzte
über ihn hin und ſchrie immer: Kasper, o Du unglück¬
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |