Brentano, Clemens: Geschichte vom braven Kasperl und dem schönen Annerl. Berlin, 1838.Ihm: es war mir ein Stein vor das Herz gelegt, wie Als mein Pathchen, die schöne Annerl, ihre Mutter Ihm: es war mir ein Stein vor das Herz gelegt, wie Als mein Pathchen, die ſchöne Annerl, ihre Mutter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0054" n="44"/> Ihm: es war mir ein Stein vor das Herz gelegt, wie<lb/> ein Eisbrecher, und alle die Schmerzen, die wie Grund¬<lb/> eis gegen mich ſtürzten und mir das Herz gewiß abge¬<lb/> ſtoßen hätten, die zerbrachen an dieſem Stein und trie¬<lb/> ben kalt vorüber. Ich will Ihm etwas erzählen, das<lb/> iſt betrübt:</p><lb/> <p>Als mein Pathchen, die ſchöne Annerl, ihre Mutter<lb/> verlor, die eine Baſe von mir war und ſieben Meilen<lb/> von uns wohnte, war ich bei der kranken Frau. Sie<lb/> war die Wittwe eines armen Bauern, und hatte in ihrer<lb/> Jugend einen Jäger lieb gehabt, ihn aber wegen ſeines<lb/> wilden Lebens nicht genommen. Der Jäger war endlich<lb/> in ſolch Elend gekommen, daß er auf Tod und Leben<lb/> wegen eines Mordes gefangen ſaß. Das erfuhr meine<lb/> Baſe auf ihrem Krankenlager und es that ihr ſo weh,<lb/> daß ſie täglich ſchlimmer wurde und endlich in ihrer<lb/> Todesſtunde, als ſie mir die liebe ſchöne Annerl als<lb/> mein Pathchen übergab, und Abſchied von mir nahm,<lb/> noch in den letzten Augenblicken zu mir ſagte: Liebe<lb/> Anne Margareth, wenn Du durch das Städtchen kömmſt,<lb/> wo der arme Jürge gefangen liegt, ſo laſſe ihm ſagen<lb/> durch den Gefangenwärter, daß ich ihn bitte auf mei¬<lb/> nem Todesbett: er ſolle ſich zu Gott bekehren, und daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0054]
Ihm: es war mir ein Stein vor das Herz gelegt, wie
ein Eisbrecher, und alle die Schmerzen, die wie Grund¬
eis gegen mich ſtürzten und mir das Herz gewiß abge¬
ſtoßen hätten, die zerbrachen an dieſem Stein und trie¬
ben kalt vorüber. Ich will Ihm etwas erzählen, das
iſt betrübt:
Als mein Pathchen, die ſchöne Annerl, ihre Mutter
verlor, die eine Baſe von mir war und ſieben Meilen
von uns wohnte, war ich bei der kranken Frau. Sie
war die Wittwe eines armen Bauern, und hatte in ihrer
Jugend einen Jäger lieb gehabt, ihn aber wegen ſeines
wilden Lebens nicht genommen. Der Jäger war endlich
in ſolch Elend gekommen, daß er auf Tod und Leben
wegen eines Mordes gefangen ſaß. Das erfuhr meine
Baſe auf ihrem Krankenlager und es that ihr ſo weh,
daß ſie täglich ſchlimmer wurde und endlich in ihrer
Todesſtunde, als ſie mir die liebe ſchöne Annerl als
mein Pathchen übergab, und Abſchied von mir nahm,
noch in den letzten Augenblicken zu mir ſagte: Liebe
Anne Margareth, wenn Du durch das Städtchen kömmſt,
wo der arme Jürge gefangen liegt, ſo laſſe ihm ſagen
durch den Gefangenwärter, daß ich ihn bitte auf mei¬
nem Todesbett: er ſolle ſich zu Gott bekehren, und daß
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