Breymann, Conrad Andreas: Die Vertreibung der Bitterkeit des Todes/ Welche bey dem Hochansehnlichen Leich-Begängniß/ So auf Hohe Verordnung Sr. Hoch-Fürstl. Durchl. ... Dem ... Herrn Eberhard Finen/ ... Als Derselbe Den 12ten Apr. des 1726ten Jahrs ... entschlafen/ ... vorgestellet ... Blanckenburg, 1727.dem Hertzen getilget werden. Und gleichwie die Gedancken sich weder messen noch einschrencken lassen; also bin ich versichert / daß die vor Betrübnis fast entseelte Frau Wittwe zwar dem Leibe nach zu Braunschweig / mit ihren Gedancken aber bey diesen gegenwärtigen Leich-Begängnis / ja gar in dem Sarge ihres Hertzgeliebten Ehe-HErrns sey. Mann und Weib sind ja ein Leib und ein Hertz / wann nun ein Ehegatte durch den Tod ins Grab gerissen wird / so wird das Hertz gleichsam zerspalten / das eine Theil wird der Erden anvertrauet / das andre Theil aber hänget gleichsam noch zappelnd und Blut-triefend in der Brust. Und dieses kan ich mir an dem Exempel der Hochbetrübten Frau Wittwen gar deutlich vorstellen. Dann als selbige Ihren nunmehro Wohlseeligen Ehe-Herrn in den letzten Zügen liegen sahe / da brach Sie mit fast gebrochenem Hertzen / mit erstarreten Augen / mit schnuckenden Worten in diese Klage aus: Ach der HErr hat mich voll Jammers / voll Jammers gemacht! Und eben so geht es auch der sehr alten und mit einen Fusse schon in Grabe stehenden Frau Mutter / Sie seuffzet und klagt; Der HErr hat mich voll Jammers gemacht! Das vor Alter schwache Hertz ist erstarret / die zitternde Hände werden gerungen / die grauen Haare geraufft / und ge- dem Hertzen getilget werden. Und gleichwie die Gedancken sich weder messen noch einschrencken lassen; also bin ich versichert / daß die vor Betrübnis fast entseelte Frau Wittwe zwar dem Leibe nach zu Braunschweig / mit ihren Gedancken aber bey diesen gegenwärtigen Leich-Begängnis / ja gar in dem Sarge ihres Hertzgeliebten Ehe-HErrns sey. Mann und Weib sind ja ein Leib und ein Hertz / wann nun ein Ehegatte durch den Tod ins Grab gerissen wird / so wird das Hertz gleichsam zerspalten / das eine Theil wird der Erden anvertrauet / das andre Theil aber hänget gleichsam noch zappelnd und Blut-triefend in der Brust. Und dieses kan ich mir an dem Exempel der Hochbetrübten Frau Wittwen gar deutlich vorstellen. Dann als selbige Ihren nunmehro Wohlseeligen Ehe-Herrn in den letzten Zügen liegen sahe / da brach Sie mit fast gebrochenem Hertzen / mit erstarreten Augen / mit schnuckenden Worten in diese Klage aus: Ach der HErr hat mich voll Jammers / voll Jammers gemacht! Und eben so geht es auch der sehr alten und mit einen Fusse schon in Grabe stehenden Frau Mutter / Sie seuffzet und klagt; Der HErr hat mich voll Jammers gemacht! Das vor Alter schwache Hertz ist erstarret / die zitternde Hände werden gerungen / die grauen Haare geraufft / und ge- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0014" n="6"/> dem Hertzen getilget werden. Und gleichwie die Gedancken sich weder messen noch einschrencken lassen; also bin ich versichert / daß die vor Betrübnis fast entseelte Frau Wittwe zwar dem Leibe nach zu Braunschweig / mit ihren Gedancken aber bey diesen gegenwärtigen Leich-Begängnis / ja gar in dem Sarge ihres Hertzgeliebten Ehe-HErrns sey. Mann und Weib sind ja ein Leib und ein Hertz / wann nun ein Ehegatte durch den Tod ins Grab gerissen wird / so wird das Hertz gleichsam zerspalten / das eine Theil wird der Erden anvertrauet / das andre Theil aber hänget gleichsam noch zappelnd und Blut-triefend in der Brust. Und dieses kan ich mir an dem Exempel der Hochbetrübten Frau Wittwen gar deutlich vorstellen. Dann als selbige Ihren nunmehro Wohlseeligen Ehe-Herrn in den letzten Zügen liegen sahe / da brach Sie mit fast gebrochenem Hertzen / mit erstarreten Augen / mit schnuckenden Worten in diese Klage aus: Ach der HErr hat mich voll Jammers / voll Jammers gemacht!</p> <p>Und eben so geht es auch der sehr alten und mit einen Fusse schon in Grabe stehenden Frau Mutter / Sie seuffzet und klagt; Der HErr hat mich voll Jammers gemacht! Das vor Alter schwache Hertz ist erstarret / die zitternde Hände werden gerungen / die grauen Haare geraufft / und ge- </p> </div> </body> </text> </TEI> [6/0014]
dem Hertzen getilget werden. Und gleichwie die Gedancken sich weder messen noch einschrencken lassen; also bin ich versichert / daß die vor Betrübnis fast entseelte Frau Wittwe zwar dem Leibe nach zu Braunschweig / mit ihren Gedancken aber bey diesen gegenwärtigen Leich-Begängnis / ja gar in dem Sarge ihres Hertzgeliebten Ehe-HErrns sey. Mann und Weib sind ja ein Leib und ein Hertz / wann nun ein Ehegatte durch den Tod ins Grab gerissen wird / so wird das Hertz gleichsam zerspalten / das eine Theil wird der Erden anvertrauet / das andre Theil aber hänget gleichsam noch zappelnd und Blut-triefend in der Brust. Und dieses kan ich mir an dem Exempel der Hochbetrübten Frau Wittwen gar deutlich vorstellen. Dann als selbige Ihren nunmehro Wohlseeligen Ehe-Herrn in den letzten Zügen liegen sahe / da brach Sie mit fast gebrochenem Hertzen / mit erstarreten Augen / mit schnuckenden Worten in diese Klage aus: Ach der HErr hat mich voll Jammers / voll Jammers gemacht!
Und eben so geht es auch der sehr alten und mit einen Fusse schon in Grabe stehenden Frau Mutter / Sie seuffzet und klagt; Der HErr hat mich voll Jammers gemacht! Das vor Alter schwache Hertz ist erstarret / die zitternde Hände werden gerungen / die grauen Haare geraufft / und ge-
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