Er war, den holden Rosen gleich, An scharfer Dornen Spitzen reich. Jch sahe seinen Stolz bewundernd an. Denn ob gleich seine starre Spitzen Mehr Schaden bringen, als sie nützen, Und einem kleinen Stachel-Schwein Jm Bluhmen-Reiche fast ganz ähnlich seyn; So ist doch ihr Gewächs sehr künstlich anzusehn. Es ist der runde Knopf Vortrefflich schön, Als wie mit einem Netz', umgeben, Auf welchem an dem netten Bluhmen-Kopf Viel dünne Blätter sich erheben, Jn deren jedem noch viel dünne weisse Spitzen Jn schöner Ordnung sitzen.
Nachhero wandt' ich Blick und Sinn Auf die so mannigfach geformten Kräuter hin, Jn welchen GOtt aufs neu' ein ganzes Feld Voll Wunder uns vor Augen stellt. Wie reich erzeigt sich doch die bildende Natur Jn mannigfaltiger Figur, Die sie den Kräutern beygeleget, Da manches recht wie scharfe Spiesse Mit seinen spitzen Blättern liesse. Dem war die Bildung eingepräget Von einer Zung', und dort schien eines, wie ein Herz; Hier sahen unterschied'ne Ahrten Recht aus wie krause Helleparten; Wie Löffel schienen ihrer viele, Die allen Regen durch die Stiele Gemächlich nach dem Stamm und nach der Wurzel, führen, Von welchen allen ich das Gras zusamt dem Klee, Jedoch am allerliebsten seh.
Wie lieblich sind des Grases grüne Spitzen,
Die
Er war, den holden Roſen gleich, An ſcharfer Dornen Spitzen reich. Jch ſahe ſeinen Stolz bewundernd an. Denn ob gleich ſeine ſtarre Spitzen Mehr Schaden bringen, als ſie nuͤtzen, Und einem kleinen Stachel-Schwein Jm Bluhmen-Reiche faſt ganz aͤhnlich ſeyn; So iſt doch ihr Gewaͤchs ſehr kuͤnſtlich anzuſehn. Es iſt der runde Knopf Vortrefflich ſchoͤn, Als wie mit einem Netz’, umgeben, Auf welchem an dem netten Bluhmen-Kopf Viel duͤnne Blaͤtter ſich erheben, Jn deren jedem noch viel duͤnne weiſſe Spitzen Jn ſchoͤner Ordnung ſitzen.
Nachhero wandt’ ich Blick und Sinn Auf die ſo mannigfach geformten Kraͤuter hin, Jn welchen GOtt aufs neu’ ein ganzes Feld Voll Wunder uns vor Augen ſtellt. Wie reich erzeigt ſich doch die bildende Natur Jn mannigfaltiger Figur, Die ſie den Kraͤutern beygeleget, Da manches recht wie ſcharfe Spieſſe Mit ſeinen ſpitzen Blaͤttern lieſſe. Dem war die Bildung eingepraͤget Von einer Zung’, und dort ſchien eines, wie ein Herz; Hier ſahen unterſchied’ne Ahrten Recht aus wie krauſe Helleparten; Wie Loͤffel ſchienen ihrer viele, Die allen Regen durch die Stiele Gemaͤchlich nach dem Stamm und nach der Wurzel, fuͤhren, Von welchen allen ich das Gras zuſamt dem Klee, Jedoch am allerliebſten ſeh.
Wie lieblich ſind des Graſes gruͤne Spitzen,
Die
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Er war, den holden Roſen gleich,</l><lb/><l>An ſcharfer Dornen Spitzen reich.</l><lb/><l>Jch ſahe ſeinen Stolz bewundernd an.</l><lb/><l>Denn ob gleich ſeine ſtarre Spitzen</l><lb/><l>Mehr Schaden bringen, als ſie nuͤtzen,</l><lb/><l>Und einem kleinen Stachel-Schwein</l><lb/><l>Jm Bluhmen-Reiche faſt ganz aͤhnlich ſeyn;</l><lb/><l>So iſt doch ihr Gewaͤchs ſehr kuͤnſtlich anzuſehn.</l><lb/><l>Es iſt der runde Knopf</l><lb/><l>Vortrefflich ſchoͤn,</l><lb/><l>Als wie mit einem Netz’, umgeben,</l><lb/><l>Auf welchem an dem netten Bluhmen-Kopf</l><lb/><l>Viel duͤnne Blaͤtter ſich erheben,</l><lb/><l>Jn deren jedem noch viel duͤnne weiſſe Spitzen</l><lb/><l>Jn ſchoͤner Ordnung ſitzen.</l></lg><lb/><lgn="6"><l>Nachhero wandt’ ich Blick und Sinn</l><lb/><l>Auf die ſo mannigfach geformten Kraͤuter hin,</l><lb/><l>Jn welchen GOtt aufs neu’ ein ganzes Feld</l><lb/><l>Voll Wunder uns vor Augen ſtellt.</l><lb/><l>Wie reich erzeigt ſich doch die bildende Natur</l><lb/><l>Jn mannigfaltiger Figur,</l><lb/><l>Die ſie den Kraͤutern beygeleget,</l><lb/><l>Da manches recht wie ſcharfe Spieſſe</l><lb/><l>Mit ſeinen ſpitzen Blaͤttern lieſſe.</l><lb/><l>Dem war die Bildung eingepraͤget</l><lb/><l>Von einer Zung’, und dort ſchien eines, wie ein Herz;</l><lb/><l>Hier ſahen unterſchied’ne Ahrten</l><lb/><l>Recht aus wie krauſe Helleparten;</l><lb/><l>Wie Loͤffel ſchienen ihrer viele,</l><lb/><l>Die allen Regen durch die Stiele</l><lb/><l>Gemaͤchlich nach dem Stamm und nach der Wurzel, fuͤhren,</l><lb/><l>Von welchen allen ich das Gras zuſamt dem Klee,</l><lb/><l>Jedoch am allerliebſten ſeh.</l></lg><lb/><lgn="7"><l>Wie lieblich ſind des Graſes gruͤne Spitzen,</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
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Er war, den holden Roſen gleich,
An ſcharfer Dornen Spitzen reich.
Jch ſahe ſeinen Stolz bewundernd an.
Denn ob gleich ſeine ſtarre Spitzen
Mehr Schaden bringen, als ſie nuͤtzen,
Und einem kleinen Stachel-Schwein
Jm Bluhmen-Reiche faſt ganz aͤhnlich ſeyn;
So iſt doch ihr Gewaͤchs ſehr kuͤnſtlich anzuſehn.
Es iſt der runde Knopf
Vortrefflich ſchoͤn,
Als wie mit einem Netz’, umgeben,
Auf welchem an dem netten Bluhmen-Kopf
Viel duͤnne Blaͤtter ſich erheben,
Jn deren jedem noch viel duͤnne weiſſe Spitzen
Jn ſchoͤner Ordnung ſitzen.
Nachhero wandt’ ich Blick und Sinn
Auf die ſo mannigfach geformten Kraͤuter hin,
Jn welchen GOtt aufs neu’ ein ganzes Feld
Voll Wunder uns vor Augen ſtellt.
Wie reich erzeigt ſich doch die bildende Natur
Jn mannigfaltiger Figur,
Die ſie den Kraͤutern beygeleget,
Da manches recht wie ſcharfe Spieſſe
Mit ſeinen ſpitzen Blaͤttern lieſſe.
Dem war die Bildung eingepraͤget
Von einer Zung’, und dort ſchien eines, wie ein Herz;
Hier ſahen unterſchied’ne Ahrten
Recht aus wie krauſe Helleparten;
Wie Loͤffel ſchienen ihrer viele,
Die allen Regen durch die Stiele
Gemaͤchlich nach dem Stamm und nach der Wurzel, fuͤhren,
Von welchen allen ich das Gras zuſamt dem Klee,
Jedoch am allerliebſten ſeh.
Wie lieblich ſind des Graſes gruͤne Spitzen,
Die
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/104>, abgerufen am 21.11.2024.
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