Nicht weit von seiner Röhre lässt: Welch' holde Festigkeit er aber bald verlieret, Wenn er sich in die Höhe führet, Wo er, wenn er die Last der Luft mit Mühe träg't, Wie lebend Silber sich beweg't, Das doch noch immer aufwärts eilet, Bis er sich oben auf einmal Beschäumet von einander teilet. Hier hüpfen, springen, steigen, fallen Viel kleine Kugeln, die so rein, Daß auch die rein'sten Berg-Krystallen Nicht rein bey ihrem Schimmer seyn; Zumal, Wenn sie der Sonnen-Stral An einer Seite trifft, und daß die blaue Pracht Des tiefen Firmaments, in welchem jede schwebet, Durch reine Dunkelheit die Schönheit noch erhebet, Und gleichsam sich zu ihrer Fulge macht. Man sollte schweren, Daß alle Diamanten wären, Und würcklich fel't auch nichts, als bloß die Härt' allein, Sonst wäre jeder Tropf ein rechter Demantstein.
Je mehr ich nun ihr helles Glänzen schätzte, Je mehr der reine Glanz und Schimmer mich ergetzte; Je stärker rührte mich die Flüchtigkeit So Farben-reicher Edel-Steine. Jhr Wesen währet' eine kleine, Und ihre Ruh gar keine, Zeit; Jndem sie, wenn sie kaum entstehn, Von andern schon verdrungen gleich vergehn: Worüber ich recht in mich gienge, Und mit gerührtem Geiste dacht:
Wer
Nicht weit von ſeiner Roͤhre laͤſſt: Welch’ holde Feſtigkeit er aber bald verlieret, Wenn er ſich in die Hoͤhe fuͤhret, Wo er, wenn er die Laſt der Luft mit Muͤhe traͤg’t, Wie lebend Silber ſich beweg’t, Das doch noch immer aufwaͤrts eilet, Bis er ſich oben auf einmal Beſchaͤumet von einander teilet. Hier huͤpfen, ſpringen, ſteigen, fallen Viel kleine Kugeln, die ſo rein, Daß auch die rein’ſten Berg-Kryſtallen Nicht rein bey ihrem Schimmer ſeyn; Zumal, Wenn ſie der Sonnen-Stral An einer Seite trifft, und daß die blaue Pracht Des tiefen Firmaments, in welchem jede ſchwebet, Durch reine Dunkelheit die Schoͤnheit noch erhebet, Und gleichſam ſich zu ihrer Fulge macht. Man ſollte ſchweren, Daß alle Diamanten waͤren, Und wuͤrcklich fel’t auch nichts, als bloß die Haͤrt’ allein, Sonſt waͤre jeder Tropf ein rechter Demantſtein.
Je mehr ich nun ihr helles Glaͤnzen ſchaͤtzte, Je mehr der reine Glanz und Schimmer mich ergetzte; Je ſtaͤrker ruͤhrte mich die Fluͤchtigkeit So Farben-reicher Edel-Steine. Jhr Weſen waͤhret’ eine kleine, Und ihre Ruh gar keine, Zeit; Jndem ſie, wenn ſie kaum entſtehn, Von andern ſchon verdrungen gleich vergehn: Woruͤber ich recht in mich gienge, Und mit geruͤhrtem Geiſte dacht:
Wer
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Nicht weit von ſeiner Roͤhre laͤſſt:</l><lb/><l>Welch’ holde Feſtigkeit er aber bald verlieret,</l><lb/><l>Wenn er ſich in die Hoͤhe fuͤhret,</l><lb/><l>Wo er, wenn er die Laſt der Luft mit Muͤhe traͤg’t,</l><lb/><l>Wie lebend Silber ſich beweg’t,</l><lb/><l>Das doch noch immer aufwaͤrts eilet,</l><lb/><l>Bis er ſich oben auf einmal</l><lb/><l>Beſchaͤumet von einander teilet.</l><lb/><l>Hier huͤpfen, ſpringen, ſteigen, fallen</l><lb/><l>Viel kleine Kugeln, die ſo rein,</l><lb/><l>Daß auch die rein’ſten Berg-Kryſtallen</l><lb/><l>Nicht rein bey ihrem Schimmer ſeyn;</l><lb/><l>Zumal,</l><lb/><l>Wenn ſie der Sonnen-Stral</l><lb/><l>An einer Seite trifft, und daß die blaue Pracht</l><lb/><l>Des tiefen Firmaments, in welchem jede ſchwebet,</l><lb/><l>Durch reine Dunkelheit die Schoͤnheit noch erhebet,</l><lb/><l>Und gleichſam ſich zu ihrer Fulge macht.</l><lb/><l>Man ſollte ſchweren,</l><lb/><l>Daß alle Diamanten waͤren,</l><lb/><l>Und wuͤrcklich fel’t auch nichts, als bloß die Haͤrt’ allein,</l><lb/><l>Sonſt waͤre jeder Tropf ein rechter Demantſtein.</l></lg><lb/><lgn="2"><l>Je mehr ich nun ihr helles Glaͤnzen ſchaͤtzte,</l><lb/><l>Je mehr der reine Glanz und Schimmer mich ergetzte;</l><lb/><l>Je ſtaͤrker ruͤhrte mich die Fluͤchtigkeit</l><lb/><l>So Farben-reicher Edel-Steine.</l><lb/><l>Jhr Weſen waͤhret’ eine kleine,</l><lb/><l>Und ihre Ruh gar keine, Zeit;</l><lb/><l>Jndem ſie, wenn ſie kaum entſtehn,</l><lb/><l>Von andern ſchon verdrungen gleich vergehn:</l><lb/><l>Woruͤber ich recht in mich gienge,</l><lb/><l>Und mit geruͤhrtem Geiſte dacht:</l><lb/><l><fwplace="bottom"type="catch">Wer</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
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Nicht weit von ſeiner Roͤhre laͤſſt:
Welch’ holde Feſtigkeit er aber bald verlieret,
Wenn er ſich in die Hoͤhe fuͤhret,
Wo er, wenn er die Laſt der Luft mit Muͤhe traͤg’t,
Wie lebend Silber ſich beweg’t,
Das doch noch immer aufwaͤrts eilet,
Bis er ſich oben auf einmal
Beſchaͤumet von einander teilet.
Hier huͤpfen, ſpringen, ſteigen, fallen
Viel kleine Kugeln, die ſo rein,
Daß auch die rein’ſten Berg-Kryſtallen
Nicht rein bey ihrem Schimmer ſeyn;
Zumal,
Wenn ſie der Sonnen-Stral
An einer Seite trifft, und daß die blaue Pracht
Des tiefen Firmaments, in welchem jede ſchwebet,
Durch reine Dunkelheit die Schoͤnheit noch erhebet,
Und gleichſam ſich zu ihrer Fulge macht.
Man ſollte ſchweren,
Daß alle Diamanten waͤren,
Und wuͤrcklich fel’t auch nichts, als bloß die Haͤrt’ allein,
Sonſt waͤre jeder Tropf ein rechter Demantſtein.
Je mehr ich nun ihr helles Glaͤnzen ſchaͤtzte,
Je mehr der reine Glanz und Schimmer mich ergetzte;
Je ſtaͤrker ruͤhrte mich die Fluͤchtigkeit
So Farben-reicher Edel-Steine.
Jhr Weſen waͤhret’ eine kleine,
Und ihre Ruh gar keine, Zeit;
Jndem ſie, wenn ſie kaum entſtehn,
Von andern ſchon verdrungen gleich vergehn:
Woruͤber ich recht in mich gienge,
Und mit geruͤhrtem Geiſte dacht:
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/147>, abgerufen am 21.11.2024.
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