Wie müssen sie den Schlamm des Abgrunds, wenn sie spielen, Mit ihrer fetten Last verwirren und zerwülen? Der Zustand schreckt mich recht, den dieses Reich der Nacht Mir ins Gemüte präg't; bald aber denk' ich wieder Auf Den, der diese Tief' und was sie heg't, gemacht, Und sing' in Demut Jhm Lob-Dank- und Freuden-Lieder: Die Wasser sehen dich, o GOtt, sie sehen Dich, Sie ängstigen und drengen sich. Ach hör't, wie ihren HErrn, bald still und bald mit toben, Die dunkel-grauen Tiefen loben! Voll solcher prächtigen Gedanken und Jdeen Von GOttes Wunder-Gröss' und unumschrenkter Macht Fül' ich in meiner Brust ein Andachts-Feu'r entstehen. Jch denke nicht, wie ich zuvor gedacht. Ein unbekanntes Etwas reisst Mir meinen fast erstaun'ten Geist Aus seinem Sitz', und füret meinen Sinn, O grosses All! von Deinem Wunder-Wesen Zur deutlichern Betrachtung hin, Wozu ich denn das Meer zum Spiegel auserlesen.
Jch stelle mir, Unendlich grosser GOtt, dadurch aufs neu von Dir Ein unbegreiflichs Wesen für, So nebst der Welt zugleich das weite Luft-Revier An allen Orten füll't, und welches aller Meere Verborg'ne Tiefe, Dicke, Breite, Samt seiner äussern Fläch' entsetzlich weiten Weite Auf einmal übersieht: vor Dem der Wallfisch' Heere Bald in den dunkeln Tiefen wülen,
Bald
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Wie muͤſſen ſie den Schlamm des Abgrunds, wenn ſie ſpielen, Mit ihrer fetten Laſt verwirren und zerwuͤlen? Der Zuſtand ſchreckt mich recht, den dieſes Reich der Nacht Mir ins Gemuͤte praͤg’t; bald aber denk’ ich wieder Auf Den, der dieſe Tief’ und was ſie heg’t, gemacht, Und ſing’ in Demut Jhm Lob-Dank- und Freuden-Lieder: Die Waſſer ſehen dich, o GOtt, ſie ſehen Dich, Sie aͤngſtigen und drengen ſich. Ach hoͤr’t, wie ihren HErrn, bald ſtill und bald mit toben, Die dunkel-grauen Tiefen loben! Voll ſolcher praͤchtigen Gedanken und Jdeen Von GOttes Wunder-Groͤſſ’ und unumſchrenkter Macht Fuͤl’ ich in meiner Bruſt ein Andachts-Feu’r entſtehen. Jch denke nicht, wie ich zuvor gedacht. Ein unbekanntes Etwas reiſſt Mir meinen faſt erſtaun’ten Geiſt Aus ſeinem Sitz’, und fuͤret meinen Sinn, O groſſes All! von Deinem Wunder-Weſen Zur deutlichern Betrachtung hin, Wozu ich denn das Meer zum Spiegel auserleſen.
Jch ſtelle mir, Unendlich groſſer GOtt, dadurch aufs neu von Dir Ein unbegreiflichs Weſen fuͤr, So nebſt der Welt zugleich das weite Luft-Revier An allen Orten fuͤll’t, und welches aller Meere Verborg’ne Tiefe, Dicke, Breite, Samt ſeiner aͤuſſern Flaͤch’ entſetzlich weiten Weite Auf einmal uͤberſieht: vor Dem der Wallfiſch’ Heere Bald in den dunkeln Tiefen wuͤlen,
Bald
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Wie muͤſſen ſie den Schlamm des Abgrunds, wenn ſie ſpielen,
Mit ihrer fetten Laſt verwirren und zerwuͤlen?
Der Zuſtand ſchreckt mich recht, den dieſes Reich der Nacht
Mir ins Gemuͤte praͤg’t; bald aber denk’ ich wieder
Auf Den, der dieſe Tief’ und was ſie heg’t, gemacht,
Und ſing’ in Demut Jhm Lob-Dank- und Freuden-Lieder:
Die Waſſer ſehen dich, o GOtt, ſie ſehen Dich,
Sie aͤngſtigen und drengen ſich.
Ach hoͤr’t, wie ihren HErrn, bald ſtill und bald mit
toben,
Die dunkel-grauen Tiefen loben!
Voll ſolcher praͤchtigen Gedanken und Jdeen
Von GOttes Wunder-Groͤſſ’ und unumſchrenkter Macht
Fuͤl’ ich in meiner Bruſt ein Andachts-Feu’r entſtehen.
Jch denke nicht, wie ich zuvor gedacht.
Ein unbekanntes Etwas reiſſt
Mir meinen faſt erſtaun’ten Geiſt
Aus ſeinem Sitz’, und fuͤret meinen Sinn,
O groſſes All! von Deinem Wunder-Weſen
Zur deutlichern Betrachtung hin,
Wozu ich denn das Meer zum Spiegel auserleſen.
Jch ſtelle mir,
Unendlich groſſer GOtt, dadurch aufs neu von Dir
Ein unbegreiflichs Weſen fuͤr,
So nebſt der Welt zugleich das weite Luft-Revier
An allen Orten fuͤll’t, und welches aller Meere
Verborg’ne Tiefe, Dicke, Breite,
Samt ſeiner aͤuſſern Flaͤch’ entſetzlich weiten Weite
Auf einmal uͤberſieht: vor Dem der Wallfiſch’ Heere
Bald in den dunkeln Tiefen wuͤlen,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/201>, abgerufen am 21.11.2024.
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