Da wir alles, was wir wissen, Durch der Sinnen Sinnlichkeit Fassen und begreifen müssen, Wird man ohn Vermessenheit Sich nicht unbetrieglich nennen, Und ohnfehlbar schätzen können, Sondern glauben, daß vom Schein Wir leicht zu betriegen seyn.
44.
Wer nun zweyerley Gedanken Jn dergleichen Sachen heg't, Und in ihm ein stetes Wanken Wechsels-weise sich erreg't, Der wird weniger ja felen, Solche Meynung zu erwälen, Die von GOttes Gröss' und Pracht Jhm den grösten Eindruck macht.
45.
Nun ist ja nicht zu verneinen, Falls man es recht überleg't, Daß es gröss're Wunder scheinen, Wenn man glaubet und erweg't, Daß GOtt solche grosse Thiere Hab' erschaffen und regiere, Als wenn man den Kreis der Welt Nur für einen Klumpen hält.
46. Die-
43.
Da wir alles, was wir wiſſen, Durch der Sinnen Sinnlichkeit Faſſen und begreifen muͤſſen, Wird man ohn Vermeſſenheit Sich nicht unbetrieglich nennen, Und ohnfehlbar ſchaͤtzen koͤnnen, Sondern glauben, daß vom Schein Wir leicht zu betriegen ſeyn.
44.
Wer nun zweyerley Gedanken Jn dergleichen Sachen heg’t, Und in ihm ein ſtetes Wanken Wechſels-weiſe ſich erreg’t, Der wird weniger ja felen, Solche Meynung zu erwaͤlen, Die von GOttes Groͤſſ’ und Pracht Jhm den groͤſten Eindruck macht.
45.
Nun iſt ja nicht zu verneinen, Falls man es recht uͤberleg’t, Daß es groͤſſ’re Wunder ſcheinen, Wenn man glaubet und erweg’t, Daß GOtt ſolche groſſe Thiere Hab’ erſchaffen und regiere, Als wenn man den Kreis der Welt Nur fuͤr einen Klumpen haͤlt.
46. Die-
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43.
Da wir alles, was wir wiſſen,
Durch der Sinnen Sinnlichkeit
Faſſen und begreifen muͤſſen,
Wird man ohn Vermeſſenheit
Sich nicht unbetrieglich nennen,
Und ohnfehlbar ſchaͤtzen koͤnnen,
Sondern glauben, daß vom Schein
Wir leicht zu betriegen ſeyn.
44.
Wer nun zweyerley Gedanken
Jn dergleichen Sachen heg’t,
Und in ihm ein ſtetes Wanken
Wechſels-weiſe ſich erreg’t,
Der wird weniger ja felen,
Solche Meynung zu erwaͤlen,
Die von GOttes Groͤſſ’ und Pracht
Jhm den groͤſten Eindruck macht.
45.
Nun iſt ja nicht zu verneinen,
Falls man es recht uͤberleg’t,
Daß es groͤſſ’re Wunder ſcheinen,
Wenn man glaubet und erweg’t,
Daß GOtt ſolche groſſe Thiere
Hab’ erſchaffen und regiere,
Als wenn man den Kreis der Welt
Nur fuͤr einen Klumpen haͤlt.
46. Die-
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/243>, abgerufen am 24.11.2024.
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