Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
unter deinen Füssen deine Speise und Arzeney.
Denn in dem allergeringsten Gräslein und
Sämlein, welches du gar unnütze achtest, ist
grössere Weisheit GOttes, Kraft und Wirkung,
als du ergründen kannst. Darum siehe zu,
daß du GOtt in Seinen Werken nicht verach-
test!
(ww)

Auf diese Ahrt schreibet der theure
Mann; und wie sehr wünsche ich, daß ich
viele seines gleichen hieselbst anführen könn-
te! So aber ist zu bedauren, daß wir nach
mehr denn hundert Jahren, seitdem dersel-
be schon todt ist, in unserer Sprache über-
haupt fast nichts aufweisen können, das mit
seiner Arbeit in einigen Vergleich komme,
ausser was etwa Lutherus selber beyläufig,
und nach ihm die berühmten Männer, Dill-
herr, Scriver, Scheuchzer, Löscher und Tril-
ler geschrieben. Von den Teutschen haben
zwar verschiedene auch in allerhand Lateini-
schen, sonderlich kleinen, Aufsätzen diese Sa-
che mit ziemlichem Eifer getrieben; doch muß
ich ebenfalls zustehen, daß nicht allein andere
nebst uns blühende Völker noch vieles darin
voraus haben, sondern daß auch denenjeni-
gen, so des Lateins unkündig sind, mit solchen
Schriften nichts gedienet sey. Die Franzo-

sen
(ww) Auf der 876sten Seite.
** 5

Vorrede.
unter deinen Fuͤſſen deine Speiſe und Arzeney.
Denn in dem allergeringſten Graͤslein und
Saͤmlein, welches du gar unnuͤtze achteſt, iſt
groͤſſere Weiſheit GOttes, Kraft und Wirkung,
als du ergruͤnden kannſt. Darum ſiehe zu,
daß du GOtt in Seinen Werken nicht verach-
teſt!
(ww)

Auf dieſe Ahrt ſchreibet der theure
Mann; und wie ſehr wuͤnſche ich, daß ich
viele ſeines gleichen hieſelbſt anfuͤhren koͤnn-
te! So aber iſt zu bedauren, daß wir nach
mehr denn hundert Jahren, ſeitdem derſel-
be ſchon todt iſt, in unſerer Sprache uͤber-
haupt faſt nichts aufweiſen koͤnnen, das mit
ſeiner Arbeit in einigen Vergleich komme,
auſſer was etwa Lutherus ſelber beylaͤufig,
und nach ihm die beruͤhmten Maͤnner, Dill-
herr, Scriver, Scheuchzer, Loͤſcher und Tril-
ler geſchrieben. Von den Teutſchen haben
zwar verſchiedene auch in allerhand Lateini-
ſchen, ſonderlich kleinen, Aufſaͤtzen dieſe Sa-
che mit ziemlichem Eifer getrieben; doch muß
ich ebenfalls zuſtehen, daß nicht allein andere
nebſt uns bluͤhende Voͤlker noch vieles darin
voraus haben, ſondern daß auch denenjeni-
gen, ſo des Lateins unkuͤndig ſind, mit ſolchen
Schriften nichts gedienet ſey. Die Franzo-

ſen
(ww) Auf der 876ſten Seite.
** 5
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0029"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vorrede.</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">unter deinen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en deine Spei&#x017F;e und Arzeney.<lb/>
Denn in dem allergering&#x017F;ten Gra&#x0364;slein und<lb/>
Sa&#x0364;mlein, welches du gar unnu&#x0364;tze achte&#x017F;t, i&#x017F;t<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Wei&#x017F;heit GOttes, Kraft und Wirkung,<lb/>
als du ergru&#x0364;nden kann&#x017F;t. Darum &#x017F;iehe zu,<lb/>
daß du GOtt in Seinen Werken nicht verach-<lb/>
te&#x017F;t!</hi> <note place="foot" n="(ww)">Auf der 876&#x017F;ten Seite.</note>
        </p><lb/>
        <p>Auf die&#x017F;e Ahrt &#x017F;chreibet der theure<lb/>
Mann; und wie &#x017F;ehr wu&#x0364;n&#x017F;che ich, daß ich<lb/>
viele &#x017F;eines gleichen hie&#x017F;elb&#x017F;t anfu&#x0364;hren ko&#x0364;nn-<lb/>
te! So aber i&#x017F;t zu bedauren, daß wir nach<lb/>
mehr denn hundert Jahren, &#x017F;eitdem der&#x017F;el-<lb/>
be &#x017F;chon todt i&#x017F;t, in un&#x017F;erer Sprache u&#x0364;ber-<lb/>
haupt fa&#x017F;t nichts aufwei&#x017F;en ko&#x0364;nnen, das mit<lb/>
&#x017F;einer Arbeit in einigen Vergleich komme,<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er was etwa Lutherus &#x017F;elber beyla&#x0364;ufig,<lb/>
und nach ihm die beru&#x0364;hmten Ma&#x0364;nner, Dill-<lb/>
herr, Scriver, Scheuchzer, Lo&#x0364;&#x017F;cher und Tril-<lb/>
ler ge&#x017F;chrieben. Von den Teut&#x017F;chen haben<lb/>
zwar ver&#x017F;chiedene auch in allerhand Lateini-<lb/>
&#x017F;chen, &#x017F;onderlich kleinen, Auf&#x017F;a&#x0364;tzen die&#x017F;e Sa-<lb/>
che mit ziemlichem Eifer getrieben; doch muß<lb/>
ich ebenfalls zu&#x017F;tehen, daß nicht allein andere<lb/>
neb&#x017F;t uns blu&#x0364;hende Vo&#x0364;lker noch vieles darin<lb/>
voraus haben, &#x017F;ondern daß auch denenjeni-<lb/>
gen, &#x017F;o des Lateins unku&#x0364;ndig &#x017F;ind, mit &#x017F;olchen<lb/>
Schriften nichts gedienet &#x017F;ey. Die Franzo-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">** 5</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;en</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0029] Vorrede. unter deinen Fuͤſſen deine Speiſe und Arzeney. Denn in dem allergeringſten Graͤslein und Saͤmlein, welches du gar unnuͤtze achteſt, iſt groͤſſere Weiſheit GOttes, Kraft und Wirkung, als du ergruͤnden kannſt. Darum ſiehe zu, daß du GOtt in Seinen Werken nicht verach- teſt! (ww) Auf dieſe Ahrt ſchreibet der theure Mann; und wie ſehr wuͤnſche ich, daß ich viele ſeines gleichen hieſelbſt anfuͤhren koͤnn- te! So aber iſt zu bedauren, daß wir nach mehr denn hundert Jahren, ſeitdem derſel- be ſchon todt iſt, in unſerer Sprache uͤber- haupt faſt nichts aufweiſen koͤnnen, das mit ſeiner Arbeit in einigen Vergleich komme, auſſer was etwa Lutherus ſelber beylaͤufig, und nach ihm die beruͤhmten Maͤnner, Dill- herr, Scriver, Scheuchzer, Loͤſcher und Tril- ler geſchrieben. Von den Teutſchen haben zwar verſchiedene auch in allerhand Lateini- ſchen, ſonderlich kleinen, Aufſaͤtzen dieſe Sa- che mit ziemlichem Eifer getrieben; doch muß ich ebenfalls zuſtehen, daß nicht allein andere nebſt uns bluͤhende Voͤlker noch vieles darin voraus haben, ſondern daß auch denenjeni- gen, ſo des Lateins unkuͤndig ſind, mit ſolchen Schriften nichts gedienet ſey. Die Franzo- ſen (ww) Auf der 876ſten Seite. ** 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/29
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/29>, abgerufen am 21.11.2024.