Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.Zufällige Poetische Gedanken bey Erblickung der vier ersten Bogen vom IIten Theile des Brockesischen Jrdischen Vergnügens in GOTT, vornemlich in Absicht auf die beydes in dem ersten, als auch sonderlich diesem andern Theile von dem Hochberühmten Verfasser mehr nach dem Leben geschilderten, als beschriebenen verschiedenen Bluhmen. TIBI lilia plenis Die Bluhmen kamen nächst mit klagen zur Natur; Was hilft es, riefen sie, daß wir so schön gebildet, So Kunst-reich ausgemal't, versilbert und vergüldet, Und ein ambrir'ter Geist in uns're Cörper fuhr? Wenn man uns auf der Welt nur obenhin betrachtet, Und im Vorübergehn, so oft man uns erblickt, Als was vergängliches und flüchtiges verachtet, Und dannenher zertritt, zerreibet und zerpflückt? Kommt's hoch; so braucht man uns etwa bey einem Schmauß, Umkränzt die Schüsseln mit, belegt die Servietten, Streu't uns ins weisse Zeug, auf Kleider, in die Betten, Und zwingt uns, Sclaven gleich, mit Band in einen Strauß: Man
Zufaͤllige Poetiſche Gedanken bey Erblickung der vier erſten Bogen vom IIten Theile des Brockeſiſchen Jrdiſchen Vergnuͤgens in GOTT, vornemlich in Abſicht auf die beydes in dem erſten, als auch ſonderlich dieſem andern Theile von dem Hochberuͤhmten Verfaſſer mehr nach dem Leben geſchilderten, als beſchriebenen verſchiedenen Bluhmen. TIBI lilia plenis Die Bluhmen kamen naͤchſt mit klagen zur Natur; Was hilft es, riefen ſie, daß wir ſo ſchoͤn gebildet, So Kunſt-reich ausgemal’t, verſilbert und verguͤldet, Und ein ambrir’ter Geiſt in unſ’re Coͤrper fuhr? Wenn man uns auf der Welt nur obenhin betrachtet, Und im Voruͤbergehn, ſo oft man uns erblickt, Als was vergaͤngliches und fluͤchtiges verachtet, Und dannenher zertritt, zerreibet und zerpfluͤckt? Kommt’s hoch; ſo braucht man uns etwa bey einem Schmauß, Umkraͤnzt die Schuͤſſeln mit, belegt die Servietten, Streu’t uns ins weiſſe Zeug, auf Kleider, in die Betten, Und zwingt uns, Sclaven gleich, mit Band in einen Strauß: Man
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Zufaͤllige Poetiſche Gedanken
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des
Brockeſiſchen
Jrdiſchen Vergnuͤgens
in GOTT,
vornemlich in Abſicht
auf die beydes in dem erſten, als auch ſonderlich
dieſem andern Theile
von dem Hochberuͤhmten Verfaſſer
mehr nach dem Leben geſchilderten,
als beſchriebenen
verſchiedenen Bluhmen.
TIBI lilia plenis
Ecce ferunt Nymphae calathis: TIBI candida Nais
Pallentes violas, et ſumma papavera carpens
Narciſſum et florem jungit beneolentis anethi:
Tum, caſia atque aliis intexens ſuavibus herbis
Mollia luteola pingit vaccinia, caltha. Virgilius.
Die Bluhmen kamen naͤchſt mit klagen zur Natur;
Was hilft es, riefen ſie, daß wir ſo ſchoͤn gebildet,
So Kunſt-reich ausgemal’t, verſilbert und verguͤldet,
Und ein ambrir’ter Geiſt in unſ’re Coͤrper fuhr?
Wenn man uns auf der Welt nur obenhin betrachtet,
Und im Voruͤbergehn, ſo oft man uns erblickt,
Als was vergaͤngliches und fluͤchtiges verachtet,
Und dannenher zertritt, zerreibet und zerpfluͤckt?
Kommt’s hoch; ſo braucht man uns etwa bey einem Schmauß,
Umkraͤnzt die Schuͤſſeln mit, belegt die Servietten,
Streu’t uns ins weiſſe Zeug, auf Kleider, in die Betten,
Und zwingt uns, Sclaven gleich, mit Band in einen Strauß:
Man
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