Der zerkäuten Speise Teile Sind teils glatt, gelind' und rund, Teils recht spitz wie kleine Pfeile, Wodurch, wann sie Zung' und Mund Mit verschied'ner Schärfe rühren, Wir was saur- und herbes spüren, Da, was rund, was weich und leicht, Uns hingegen süsse deucht.
100.
Ungeschmackt sind alle Sachen, Die zu flüssig und zu fest, Weil sie keinen Eindruck machen, Da sich dieß nicht lösen lässt, Und das feuchte kein Bewegen Jn den Nerven kann erregen; Aber Salz schmeckt allen wol, Weil es zarter Spitzen voll.
101.
Daß die innerlichen Flammen Uns nicht tödten vor der Zeit, Zieht sich in den Mund zusammen Eine laue Feuchtigkeit, Welche diese Hitze lindert, Und die heisse Brunst vermindert, Daß des Menschen flüssigs Blut Nicht gerinne von der Gluht.
102. Jn
99.
Der zerkaͤuten Speiſe Teile Sind teils glatt, gelind’ und rund, Teils recht ſpitz wie kleine Pfeile, Wodurch, wann ſie Zung’ und Mund Mit verſchied’ner Schaͤrfe ruͤhren, Wir was ſaur- und herbes ſpuͤren, Da, was rund, was weich und leicht, Uns hingegen ſuͤſſe deucht.
100.
Ungeſchmackt ſind alle Sachen, Die zu fluͤſſig und zu feſt, Weil ſie keinen Eindruck machen, Da ſich dieß nicht loͤſen laͤſſt, Und das feuchte kein Bewegen Jn den Nerven kann erregen; Aber Salz ſchmeckt allen wol, Weil es zarter Spitzen voll.
101.
Daß die innerlichen Flammen Uns nicht toͤdten vor der Zeit, Zieht ſich in den Mund zuſammen Eine laue Feuchtigkeit, Welche dieſe Hitze lindert, Und die heiſſe Brunſt vermindert, Daß des Menſchen fluͤſſigs Blut Nicht gerinne von der Gluht.
102. Jn
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99.
Der zerkaͤuten Speiſe Teile
Sind teils glatt, gelind’ und rund,
Teils recht ſpitz wie kleine Pfeile,
Wodurch, wann ſie Zung’ und Mund
Mit verſchied’ner Schaͤrfe ruͤhren,
Wir was ſaur- und herbes ſpuͤren,
Da, was rund, was weich und leicht,
Uns hingegen ſuͤſſe deucht.
100.
Ungeſchmackt ſind alle Sachen,
Die zu fluͤſſig und zu feſt,
Weil ſie keinen Eindruck machen,
Da ſich dieß nicht loͤſen laͤſſt,
Und das feuchte kein Bewegen
Jn den Nerven kann erregen;
Aber Salz ſchmeckt allen wol,
Weil es zarter Spitzen voll.
101.
Daß die innerlichen Flammen
Uns nicht toͤdten vor der Zeit,
Zieht ſich in den Mund zuſammen
Eine laue Feuchtigkeit,
Welche dieſe Hitze lindert,
Und die heiſſe Brunſt vermindert,
Daß des Menſchen fluͤſſigs Blut
Nicht gerinne von der Gluht.
102. Jn
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/355>, abgerufen am 22.11.2024.
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