Um gröss're Schmerzen zu vermeiden, Entschloß ich mich, daß mir ein Zahn Der mir bishero weh gethan, Würd' ausgebrochen, zu erleiden. Wann aber die Natur bey starken Gliedern (So ich dem Schöpfer nie durch Dank kann g'nug erwiedern) Auch starke Zähne mir verliehn; So schien es erst, als ob, ihn auszuziehn Der kluge Carpser selbst, der an Geschicklichkeit Kaum seines gleichen kennt, sich etwas scheu't'; allein, Weil ich darauf bestund, war er dazu bereit.
Jch nam mir vor, die strenge Pein Ohn' alles Zucken, sonder Schrey'n Beherzt und standhaft auszustehen. Er setzte drauf den Pelican, Den ich vorhero wol besehen, Mit Kraft und Vorsicht an. Wir hielten uns zu Anfang beyde gut: Er brach; ich hielte fest, noch fester doch der Zahn. Er knackt', ich wiche nicht. Doch endlich war mein Mut Noch eher, als der Zahn, gebrochen. Es riß ein gräßliches Gekrach, Wodurch des ganzen Hauptes Knochen Zu spalten schien, ein kurz doch kläglichs Ach Mir aus der Brust. Die feurig-wilde Pein, Der bitt're Schmerz, durchdrang so Fleisch als Bein.
Dieß
Der Zahn.
Um groͤſſ’re Schmerzen zu vermeiden, Entſchloß ich mich, daß mir ein Zahn Der mir bishero weh gethan, Wuͤrd’ ausgebrochen, zu erleiden. Wann aber die Natur bey ſtarken Gliedern (So ich dem Schoͤpfer nie durch Dank kann g’nug erwiedern) Auch ſtarke Zaͤhne mir verliehn; So ſchien es erſt, als ob, ihn auszuziehn Der kluge Carpſer ſelbſt, der an Geſchicklichkeit Kaum ſeines gleichen kennt, ſich etwas ſcheu’t’; allein, Weil ich darauf beſtund, war er dazu bereit.
Jch nam mir vor, die ſtrenge Pein Ohn’ alles Zucken, ſonder Schrey’n Beherzt und ſtandhaft auszuſtehen. Er ſetzte drauf den Pelican, Den ich vorhero wol beſehen, Mit Kraft und Vorſicht an. Wir hielten uns zu Anfang beyde gut: Er brach; ich hielte feſt, noch feſter doch der Zahn. Er knackt’, ich wiche nicht. Doch endlich war mein Mut Noch eher, als der Zahn, gebrochen. Es riß ein graͤßliches Gekrach, Wodurch des ganzen Hauptes Knochen Zu ſpalten ſchien, ein kurz doch klaͤglichs Ach Mir aus der Bruſt. Die feurig-wilde Pein, Der bitt’re Schmerz, durchdrang ſo Fleiſch als Bein.
Dieß
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Der Zahn.
Um groͤſſ’re Schmerzen zu vermeiden,
Entſchloß ich mich, daß mir ein Zahn
Der mir bishero weh gethan,
Wuͤrd’ ausgebrochen, zu erleiden.
Wann aber die Natur bey ſtarken Gliedern
(So ich dem Schoͤpfer nie durch Dank kann g’nug erwiedern)
Auch ſtarke Zaͤhne mir verliehn;
So ſchien es erſt, als ob, ihn auszuziehn
Der kluge Carpſer ſelbſt, der an Geſchicklichkeit
Kaum ſeines gleichen kennt, ſich etwas ſcheu’t’; allein,
Weil ich darauf beſtund, war er dazu bereit.
Jch nam mir vor, die ſtrenge Pein
Ohn’ alles Zucken, ſonder Schrey’n
Beherzt und ſtandhaft auszuſtehen.
Er ſetzte drauf den Pelican,
Den ich vorhero wol beſehen,
Mit Kraft und Vorſicht an.
Wir hielten uns zu Anfang beyde gut:
Er brach; ich hielte feſt, noch feſter doch der Zahn.
Er knackt’, ich wiche nicht. Doch endlich war mein Mut
Noch eher, als der Zahn, gebrochen.
Es riß ein graͤßliches Gekrach,
Wodurch des ganzen Hauptes Knochen
Zu ſpalten ſchien, ein kurz doch klaͤglichs Ach
Mir aus der Bruſt. Die feurig-wilde Pein,
Der bitt’re Schmerz, durchdrang ſo Fleiſch als Bein.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/414>, abgerufen am 27.07.2024.
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