Viel bunte Bluhmen einzuflechten. Auf vielen Blättern prangt' ein grün mit gelb gemengt; Viel' andre waren gelb mit grün und rot besprengt; Verschied'ne Bäume stunden ganz Jm gelben teils, und teils im roten Glanz: Von denen wiederum verschied'ne durch den Schatten, Verschied'ne durch das Licht, vertiefet und erhöht, Jn bunter Harmonie ein herrlichs Ansehn hatten. Ein jeder Baum schien lauter Diamanten Auf jedem Blat' hervor zu bringen, Und reg'te sich die Luft; so schien es, daß Brilljanten Voll Schimmer, Gluht und Glanz an allen Blättern hingen, Jndem ihr gelb und rot, wodurch der Herbst sie schmückte, Sich in die glatten Tropfen drückte, Die denn, da sie den bunten Eindruck fül'ten, Noch desto lieblicher und schöner spielten. Die ganze Landschaft schien durch diesen bunten Schein, Wodurch der Sonnen Licht, als allgemein, Sich noch vermehrete, noch heller stral'te; Nichts irdisches, was himmlisches zu seyn.
Jndem ich nun voll Freuden stand, Und alle Herrlichkeit, vor Lust erstaunt, besahe; Ach höret, was mir da geschahe, Was ich verwunderlichs empfand!
Jn einem Augenblick verschwand Licht, Himmel, Sonne, Wasser, Land. Ein' unvermutete Pech-schwarze Dunkelheit Verschlang das reine Licht, Begrub des Himmels Pracht,
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Viel bunte Bluhmen einzuflechten. Auf vielen Blaͤttern prangt’ ein gruͤn mit gelb gemengt; Viel’ andre waren gelb mit gruͤn und rot beſprengt; Verſchied’ne Baͤume ſtunden ganz Jm gelben teils, und teils im roten Glanz: Von denen wiederum verſchied’ne durch den Schatten, Verſchied’ne durch das Licht, vertiefet und erhoͤht, Jn bunter Harmonie ein herrlichs Anſehn hatten. Ein jeder Baum ſchien lauter Diamanten Auf jedem Blat’ hervor zu bringen, Und reg’te ſich die Luft; ſo ſchien es, daß Brilljanten Voll Schimmer, Gluht und Glanz an allen Blaͤttern hingen, Jndem ihr gelb und rot, wodurch der Herbſt ſie ſchmuͤckte, Sich in die glatten Tropfen druͤckte, Die denn, da ſie den bunten Eindruck fuͤl’ten, Noch deſto lieblicher und ſchoͤner ſpielten. Die ganze Landſchaft ſchien durch dieſen bunten Schein, Wodurch der Sonnen Licht, als allgemein, Sich noch vermehrete, noch heller ſtral’te; Nichts irdiſches, was himmliſches zu ſeyn.
Jndem ich nun voll Freuden ſtand, Und alle Herrlichkeit, vor Luſt erſtaunt, beſahe; Ach hoͤret, was mir da geſchahe, Was ich verwunderlichs empfand!
Jn einem Augenblick verſchwand Licht, Himmel, Sonne, Waſſer, Land. Ein’ unvermutete Pech-ſchwarze Dunkelheit Verſchlang das reine Licht, Begrub des Himmels Pracht,
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Viel bunte Bluhmen einzuflechten.
Auf vielen Blaͤttern prangt’ ein gruͤn mit gelb gemengt;
Viel’ andre waren gelb mit gruͤn und rot beſprengt;
Verſchied’ne Baͤume ſtunden ganz
Jm gelben teils, und teils im roten Glanz:
Von denen wiederum verſchied’ne durch den Schatten,
Verſchied’ne durch das Licht, vertiefet und erhoͤht,
Jn bunter Harmonie ein herrlichs Anſehn hatten.
Ein jeder Baum ſchien lauter Diamanten
Auf jedem Blat’ hervor zu bringen,
Und reg’te ſich die Luft; ſo ſchien es, daß Brilljanten
Voll Schimmer, Gluht und Glanz an allen Blaͤttern hingen,
Jndem ihr gelb und rot, wodurch der Herbſt ſie ſchmuͤckte,
Sich in die glatten Tropfen druͤckte,
Die denn, da ſie den bunten Eindruck fuͤl’ten,
Noch deſto lieblicher und ſchoͤner ſpielten.
Die ganze Landſchaft ſchien durch dieſen bunten Schein,
Wodurch der Sonnen Licht, als allgemein,
Sich noch vermehrete, noch heller ſtral’te;
Nichts irdiſches, was himmliſches zu ſeyn.
Jndem ich nun voll Freuden ſtand,
Und alle Herrlichkeit, vor Luſt erſtaunt, beſahe;
Ach hoͤret, was mir da geſchahe,
Was ich verwunderlichs empfand!
Jn einem Augenblick verſchwand
Licht, Himmel, Sonne, Waſſer, Land.
Ein’ unvermutete Pech-ſchwarze Dunkelheit
Verſchlang das reine Licht,
Begrub des Himmels Pracht,
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/429>, abgerufen am 25.11.2024.
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