Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.Martius. Es bricht der Martius, der uns den Frühling bringet,Nachdem der Winter fort, heut abermal herein. Es dringt der Saft ins Holz, nachdem der Sonnen Schein Mit ihrem Lebens-Feur die laue Luft durchdringet. Man siehet itzt mit Lust das Feld aufs neu beleb't, Der Acker wird gedüngt, man siehet, voll Vergnügen, Das Land zum Sommer-Korn mit Pferd- und Ochsen pflügen, So Erbs-als Linsen sä'n, Hanf, Haber, Hirs' und Lein: Die Graben reinigt man, man macht die Wiesen rein, Man radet Unkraut aus, man köpft die schlanken Weiden, Man fänget gleichfalls an, den Hopfen zu beschneiden, Jndem der Gärtner dort den fetten Garten gräb't, Beschneidet, sä't und pflanzt. Ach! mögt' auch ich verspüren, Jndem sich überall die Kräft' und Säfte rühren, Daß auch in mir so Geist als Blut, Beleb't durch neuer Andacht Gluht, Sich, GOtt zum Ruhm, aufs neue regen mögte! Ach daß ich doch, mit neuem Fleiß, Dem Schöpfer der Natur Lob, Ehrfurcht, Ruhm und Preis Jn einer durch Sein Werk erfreuten Sele brächte! Ach! mögt' ich doch zu diesen Zeiten Mich auch, so wie das Land, bereiten! Ach mögt' ich doch zugleich in mir, So wie anitzo von den Weiden, Von aller eitelen Begier Den wilden Ausschuß wol beschneiden! HErr, laß mich doch in diesem Merz, Mit frohem Eifer, in mein Herz, Da Dein Geschöpf so wunderschön; Den Samen der Betrachtung sä'n! Apri-
Martius. Es bricht der Martius, der uns den Fruͤhling bringet,Nachdem der Winter fort, heut abermal herein. Es dringt der Saft ins Holz, nachdem der Sonnen Schein Mit ihrem Lebens-Feur die laue Luft durchdringet. Man ſiehet itzt mit Luſt das Feld aufs neu beleb’t, Der Acker wird geduͤngt, man ſiehet, voll Vergnuͤgen, Das Land zum Sommer-Korn mit Pferd- und Ochſen pfluͤgen, So Erbſ-als Linſen ſaͤ’n, Hanf, Haber, Hirſ’ und Lein: Die Graben reinigt man, man macht die Wieſen rein, Man radet Unkraut aus, man koͤpft die ſchlanken Weiden, Man faͤnget gleichfalls an, den Hopfen zu beſchneiden, Jndem der Gaͤrtner dort den fetten Garten graͤb’t, Beſchneidet, ſaͤ’t und pflanzt. Ach! moͤgt’ auch ich verſpuͤren, Jndem ſich uͤberall die Kraͤft’ und Saͤfte ruͤhren, Daß auch in mir ſo Geiſt als Blut, Beleb’t durch neuer Andacht Gluht, Sich, GOtt zum Ruhm, aufs neue regen moͤgte! Ach daß ich doch, mit neuem Fleiß, Dem Schoͤpfer der Natur Lob, Ehrfurcht, Ruhm und Preis Jn einer durch Sein Werk erfreuten Sele braͤchte! Ach! moͤgt’ ich doch zu dieſen Zeiten Mich auch, ſo wie das Land, bereiten! Ach moͤgt’ ich doch zugleich in mir, So wie anitzo von den Weiden, Von aller eitelen Begier Den wilden Ausſchuß wol beſchneiden! HErr, laß mich doch in dieſem Merz, Mit frohem Eifer, in mein Herz, Da Dein Geſchoͤpf ſo wunderſchoͤn; Den Samen der Betrachtung ſaͤ’n! Apri-
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Martius.
Es bricht der Martius, der uns den Fruͤhling bringet,
Nachdem der Winter fort, heut abermal herein.
Es dringt der Saft ins Holz, nachdem der Sonnen Schein
Mit ihrem Lebens-Feur die laue Luft durchdringet.
Man ſiehet itzt mit Luſt das Feld aufs neu beleb’t,
Der Acker wird geduͤngt, man ſiehet, voll Vergnuͤgen,
Das Land zum Sommer-Korn mit Pferd- und Ochſen pfluͤgen,
So Erbſ-als Linſen ſaͤ’n, Hanf, Haber, Hirſ’ und Lein:
Die Graben reinigt man, man macht die Wieſen rein,
Man radet Unkraut aus, man koͤpft die ſchlanken Weiden,
Man faͤnget gleichfalls an, den Hopfen zu beſchneiden,
Jndem der Gaͤrtner dort den fetten Garten graͤb’t,
Beſchneidet, ſaͤ’t und pflanzt. Ach! moͤgt’ auch ich verſpuͤren,
Jndem ſich uͤberall die Kraͤft’ und Saͤfte ruͤhren,
Daß auch in mir ſo Geiſt als Blut,
Beleb’t durch neuer Andacht Gluht,
Sich, GOtt zum Ruhm, aufs neue regen moͤgte!
Ach daß ich doch, mit neuem Fleiß,
Dem Schoͤpfer der Natur Lob, Ehrfurcht, Ruhm und Preis
Jn einer durch Sein Werk erfreuten Sele braͤchte!
Ach! moͤgt’ ich doch zu dieſen Zeiten
Mich auch, ſo wie das Land, bereiten!
Ach moͤgt’ ich doch zugleich in mir,
So wie anitzo von den Weiden,
Von aller eitelen Begier
Den wilden Ausſchuß wol beſchneiden!
HErr, laß mich doch in dieſem Merz,
Mit frohem Eifer, in mein Herz,
Da Dein Geſchoͤpf ſo wunderſchoͤn;
Den Samen der Betrachtung ſaͤ’n!
Apri-
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