Jch brach darauf ein Crocus-Blühmchen ab, Wovon ein jeglichs mir, als ich es nahe Mit Achtsamkeit besahe, Ein sonderbar Vergnügen gab. Des gelben Blühmchens Schein Schien Gold, und die Figur ein kleiner Kelch, zu seyn. Von eben dieser Ahrt sieht man mit tausend Freuden Verschied'ne sich in hohen Purpur kleiden. Verschiedliche sind weiß, wie Silber, und zugleich An Purpur äusserlich, an Gold von innen, reich. Sie stellen all' in Wunder-schönem Flor Des Reichtums und der Ehr beliebte Farben vor. Wie ich nun bald den Glanz, bald ihrer Adern Zier, Bald ihrer Farben bunten Schein Mit Anmut übersah; fiel unvermutet mir Recht mitten in der Lust was traurigs ein:
Jn wenig Stunden Jst alles schöne weg, ist alle Pracht verschwun- den. Ach! fuhr ich ferner fort, ach wäret ihr allein So unbeständig und so flüchtig! Ach daß auch wir nicht minder nichtig, Hinfällig und vergänglich seyn!
Doch wie? begriff ich mich hierauf Nach einem kurzen Trauren, Jst es auch recht, wenn wir der Dinge Lauf, Den GOTT verordnet hat, bedauren? Dieweil es GOTT, dem HERRN der Welt, Also gefallen und gefällt; So muß die flüchtige Beschaffenheit Der Dinge besser seyn, als die Beständigkeit.
Auch
Jch brach darauf ein Crocus-Bluͤhmchen ab, Wovon ein jeglichs mir, als ich es nahe Mit Achtſamkeit beſahe, Ein ſonderbar Vergnuͤgen gab. Des gelben Bluͤhmchens Schein Schien Gold, und die Figur ein kleiner Kelch, zu ſeyn. Von eben dieſer Ahrt ſieht man mit tauſend Freuden Verſchied’ne ſich in hohen Purpur kleiden. Verſchiedliche ſind weiß, wie Silber, und zugleich An Purpur aͤuſſerlich, an Gold von innen, reich. Sie ſtellen all’ in Wunder-ſchoͤnem Flor Des Reichtums und der Ehr beliebte Farben vor. Wie ich nun bald den Glanz, bald ihrer Adern Zier, Bald ihrer Farben bunten Schein Mit Anmut uͤberſah; fiel unvermutet mir Recht mitten in der Luſt was traurigs ein:
Jn wenig Stunden Jſt alles ſchoͤne weg, iſt alle Pracht verſchwun- den. Ach! fuhr ich ferner fort, ach waͤret ihr allein So unbeſtaͤndig und ſo fluͤchtig! Ach daß auch wir nicht minder nichtig, Hinfaͤllig und vergaͤnglich ſeyn!
Doch wie? begriff ich mich hierauf Nach einem kurzen Trauren, Jſt es auch recht, wenn wir der Dinge Lauf, Den GOTT verordnet hat, bedauren? Dieweil es GOTT, dem HERRN der Welt, Alſo gefallen und gefaͤllt; So muß die fluͤchtige Beſchaffenheit Der Dinge beſſer ſeyn, als die Beſtaͤndigkeit.
Auch
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[16/0052]
Jch brach darauf ein Crocus-Bluͤhmchen ab,
Wovon ein jeglichs mir, als ich es nahe
Mit Achtſamkeit beſahe,
Ein ſonderbar Vergnuͤgen gab.
Des gelben Bluͤhmchens Schein
Schien Gold, und die Figur ein kleiner Kelch, zu ſeyn.
Von eben dieſer Ahrt ſieht man mit tauſend Freuden
Verſchied’ne ſich in hohen Purpur kleiden.
Verſchiedliche ſind weiß, wie Silber, und zugleich
An Purpur aͤuſſerlich, an Gold von innen, reich.
Sie ſtellen all’ in Wunder-ſchoͤnem Flor
Des Reichtums und der Ehr beliebte Farben vor.
Wie ich nun bald den Glanz, bald ihrer Adern Zier,
Bald ihrer Farben bunten Schein
Mit Anmut uͤberſah; fiel unvermutet mir
Recht mitten in der Luſt was traurigs ein:
Jn wenig Stunden
Jſt alles ſchoͤne weg, iſt alle Pracht verſchwun-
den.
Ach! fuhr ich ferner fort, ach waͤret ihr allein
So unbeſtaͤndig und ſo fluͤchtig!
Ach daß auch wir nicht minder nichtig,
Hinfaͤllig und vergaͤnglich ſeyn!
Doch wie? begriff ich mich hierauf
Nach einem kurzen Trauren,
Jſt es auch recht, wenn wir der Dinge Lauf,
Den GOTT verordnet hat, bedauren?
Dieweil es GOTT, dem HERRN der Welt,
Alſo gefallen und gefaͤllt;
So muß die fluͤchtige Beſchaffenheit
Der Dinge beſſer ſeyn, als die Beſtaͤndigkeit.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/52>, abgerufen am 21.11.2024.
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