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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727.

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Wen dieser Glanz nun noch nicht treiben kann,
Den Schöpfer im Geschöpf zu preisen,
Dem will ich Jhn noch schöner weisen.

Er schau' einst einen Kirschen-Baum,
Der an der Garten-Wand
Mit seinen Zweigen ausgespann't,
Jn seiner Blühte Schmuck bey Licht des Abends an!
Wofern die klare Pracht sodann
Jhn aus dem schweren Traum
Der Unempfindlichkeit nicht reisset;
So weiß ich wahrlich nicht, ob man
Solch einen Menschen wol mit Recht vernünftig heisset,
Jndem er fast mit Fleiß dem Schöpfer widerstreb't.
Es ist so Blüht' als Laub so zart und dünn geweb't,
Und so durchleuchtig, so durchsichtig,
Daß ein daran gehalten Licht
Durch ihr subtiles Wesen bricht,
Und selbst, dadurch gefärb't, die Luft illuminiret,
So daß man hie und dort ein buntes Feuer spüret.
Ja da zugleich der Blick durchs dunk'le noch gestärkt,
Wird an der Wand zugleich vermerkt,
Wie schnell sich manches Bild daran formiret,
Wie viele sanft- und klare Schatten,
Die bald sich trennen, bald sich gatten,
Die schnell entstehn und schnell vergehn,
Durch ihre Dunkelheit
Des schönen Urbilds Lieblichkeit
Und bunten Glanz noch mehr erhöhn.
Ach GOtt, da wir auf dieser Erden
Durch Deine Creatur so oft vergnüget werden;
So gib doch, daß, so oft ich etwas schönes sehe,
Es, ohn' an Dich, Quell' aller Herrlichkeit,
Quell' aller Schönheit, Pracht und Vollenkommenheit,
Mit Andacht und mit Lust zu denken, nie geschehe!


Die

Wen dieſer Glanz nun noch nicht treiben kann,
Den Schoͤpfer im Geſchoͤpf zu preiſen,
Dem will ich Jhn noch ſchoͤner weiſen.

Er ſchau’ einſt einen Kirſchen-Baum,
Der an der Garten-Wand
Mit ſeinen Zweigen ausgeſpann’t,
Jn ſeiner Bluͤhte Schmuck bey Licht des Abends an!
Wofern die klare Pracht ſodann
Jhn aus dem ſchweren Traum
Der Unempfindlichkeit nicht reiſſet;
So weiß ich wahrlich nicht, ob man
Solch einen Menſchen wol mit Recht vernuͤnftig heiſſet,
Jndem er faſt mit Fleiß dem Schoͤpfer widerſtreb’t.
Es iſt ſo Bluͤht’ als Laub ſo zart und duͤnn geweb’t,
Und ſo durchleuchtig, ſo durchſichtig,
Daß ein daran gehalten Licht
Durch ihr ſubtiles Weſen bricht,
Und ſelbſt, dadurch gefaͤrb’t, die Luft illuminiret,
So daß man hie und dort ein buntes Feuer ſpuͤret.
Ja da zugleich der Blick durchs dunk’le noch geſtaͤrkt,
Wird an der Wand zugleich vermerkt,
Wie ſchnell ſich manches Bild daran formiret,
Wie viele ſanft- und klare Schatten,
Die bald ſich trennen, bald ſich gatten,
Die ſchnell entſtehn und ſchnell vergehn,
Durch ihre Dunkelheit
Des ſchoͤnen Urbilds Lieblichkeit
Und bunten Glanz noch mehr erhoͤhn.
Ach GOtt, da wir auf dieſer Erden
Durch Deine Creatur ſo oft vergnuͤget werden;
So gib doch, daß, ſo oft ich etwas ſchoͤnes ſehe,
Es, ohn’ an Dich, Quell’ aller Herrlichkeit,
Quell’ aller Schoͤnheit, Pracht und Vollenkommenheit,
Mit Andacht und mit Luſt zu denken, nie geſchehe!


Die
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[34/0070] Wen dieſer Glanz nun noch nicht treiben kann, Den Schoͤpfer im Geſchoͤpf zu preiſen, Dem will ich Jhn noch ſchoͤner weiſen. Er ſchau’ einſt einen Kirſchen-Baum, Der an der Garten-Wand Mit ſeinen Zweigen ausgeſpann’t, Jn ſeiner Bluͤhte Schmuck bey Licht des Abends an! Wofern die klare Pracht ſodann Jhn aus dem ſchweren Traum Der Unempfindlichkeit nicht reiſſet; So weiß ich wahrlich nicht, ob man Solch einen Menſchen wol mit Recht vernuͤnftig heiſſet, Jndem er faſt mit Fleiß dem Schoͤpfer widerſtreb’t. Es iſt ſo Bluͤht’ als Laub ſo zart und duͤnn geweb’t, Und ſo durchleuchtig, ſo durchſichtig, Daß ein daran gehalten Licht Durch ihr ſubtiles Weſen bricht, Und ſelbſt, dadurch gefaͤrb’t, die Luft illuminiret, So daß man hie und dort ein buntes Feuer ſpuͤret. Ja da zugleich der Blick durchs dunk’le noch geſtaͤrkt, Wird an der Wand zugleich vermerkt, Wie ſchnell ſich manches Bild daran formiret, Wie viele ſanft- und klare Schatten, Die bald ſich trennen, bald ſich gatten, Die ſchnell entſtehn und ſchnell vergehn, Durch ihre Dunkelheit Des ſchoͤnen Urbilds Lieblichkeit Und bunten Glanz noch mehr erhoͤhn. Ach GOtt, da wir auf dieſer Erden Durch Deine Creatur ſo oft vergnuͤget werden; So gib doch, daß, ſo oft ich etwas ſchoͤnes ſehe, Es, ohn’ an Dich, Quell’ aller Herrlichkeit, Quell’ aller Schoͤnheit, Pracht und Vollenkommenheit, Mit Andacht und mit Luſt zu denken, nie geſchehe! Die

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott. Bd. 2. Hamburg, 1727, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen02_1727/70>, abgerufen am 04.12.2024.